ABK OPEN

Endlich wieder in Präsenz

Halle/Westf. Gute Stimmung an den Ständen und eine Messe mit Masken: Die ABK Open fand unter den Gegebenheiten der Corona-Pandemie statt. Das wirkte sich erwartungsgemäß auf die Besucherzahl aus. Doch unterm Strich überwog die Zufriedenheit, sich endlich wieder in Präsenz begegnet zu sein. Dass ABK und Garant Gruppe künftig kooperieren wollen, gab der Messe einen besonderen Kick.

Eine Messe mit Maske - kann das gut gehen? Es kann, wie die ABK Open in Halle/Westf. gezeigt haben. Die coronabedingten Hygieneauflagen wurden von den Messegästen selbstverständlich und mit großer Gelassenheit in Kauf genommen. Einer der häufigsten Sätze in den Ausstellergesprächen lautete: "Wir sind so froh, dass man sich wieder persönlich begegnen kann." Das ließ viele auch über die Frequenz hinwegsehen, die mit einem Messebetrieb unter Normalbedingungen natürlich nicht vergleichbar war.

ABK-Geschäftsführer Thomas Fehr zeigte sich dennoch bereits zur Halbzeit am Mittwochmittag gut gelaunt: "Ich muss gestehen, ich bin positiv überrascht", sagte er mit Blick auf die Besucherzahlen. "Ich hätte mit weniger gerechnet." Doch in der letzten Woche vor dem Messestart hätten die Anmeldungen noch einmal deutlich angezogen. Allerdings lichteten sich die Reihen auch am zweiten Messetag am frühen Nachmittag bereits deutlich, und das auch ohne Konkurrenz durch ein deutsches EM-Fußballspiel wie am Dienstag.

Immerhin hatten die Corona-Auflagen auch einen positiven Nebeneffekt: Da sich alle Bsucherinnen und Besucher für jeden einzelnen Ausstellungstag anmelden mussten, war auch vorab klar, wie hoch die Frequenz wird. "Jeder wusste, welche Kunden wann kommen", so Fehr. Die Anmeldungen waren im Vorfeld an die Aussteller weitergegeben worden - ein Service, den so mancher auch in der Zukunft gerne hätte. Doch Fehr dämpfte hier gleich die Erwartungen: "Das hat sich bewährt, ist aber ein riesiger Aufwand."

Weiterer positiver Effekt des Hygienekonzeptes: Die Messe wirkte deutlich großzügiger. Die Gänge mussten breiter gestaltet werden, damit die Abstände eingehalten werden konnten. Auch die Zahl der Aussteller war geringer als sonst. "Unser Fazit fällt positiv aus, aber natürlich nur unter dem Blickwinkel der besonderen Situation", erklärte der ABK-Geschäftsführer. "Wir brauchen in Zukunft wieder deutlich engere Gänge und mehr produktive Fläche. Es war in diesem Jahr wesentlich luftiger und wirklich schön, aber das Verhältnis 50:50 kann nicht gut sein."

Klarer Gewinner der Situation war das Anbau-Zelt, das in den Vorjahren am Ende der Besucherlaufs lag. Durch den neu geschaffenen Eingangsbereich lag es nun an dessen Anfang und wurde damit deutlich aufgewertet - hier mussten alle durch, was vor allem den ausstellenden Matratzenherstellern gefallen haben dürfte. "Ich finde, dass wir auf jeden Fall darüber nachdenken sollten, die Eingangssituation so zu belassen", unterstrich Fehr. "Wir sind dort mit unserer Verbandsfläche auch sehr zufrieden."

Immer wieder war an den Ständen Dankbarkeit für die Organisation der Messe und ihren reibungslosen Ablauf zu vernehmen. Ein Lob, das Thomas Fehr sogleich zurückspielte: "Alle Beteiligten, auch beim Aufbau, haben sich mit hoher Disziplin an die Auflagen gehalten, das war ganz hervorragend." Wem es mit der Maske am Stand zu dumm wurde, der nutzte die Außenflächen. Immer wieder war zu beobachten, dass sich Aussteller und Besucher zu Gesprächen oder zur Kollektionsvorlage auf die Außenterrasse setzten - Musterkoffer inklusive.

Währenddessen richtete Thomas Fehr den Blick schon auf die ABK Open 2022. "Wir laufen kapazitätsmäßig mit dieser Messe am Limit. Ich liebäugele manchmal schon damit zu sagen, wir suchen uns eine intakte Infrastruktur." Denn natürlich ist die Traglufthalle mit angehängtem Zelt nur ein charmanter und liebgewonnener Kompromiss, aber keine wirkliche Messehalle, auch wenn die endlich fertiggestellte Autobahnanbindung ein echter Pluspunkt des Standortes ist,ebenso wie die Hotelunterbringung vor Ort.

Dennoch bleibt die Frage nach den vorhandenen Kapazitäten, die wie ein Luxusproblem klingt und für den Erfolg und die Beliebtheit der Veranstaltung spricht, sich aber eben nicht von alleine löst. Die teilweise neue Standplatzierung und die größeren Flächen in diesem Jahr könnten bei einigen Ausstellern Begehrlichkeiten wecken, sich 2022 wieder genau so großzügig präsentieren zu können. "Wir müssen sehen, wie wir das im kommenden Jahr gestalten. Aber die Messe wird es auf jeden Fall weiter geben", betont Fehr.

Ein Satz, der unter den aktuellen Umständen eine besondere Bedeutung hat. "Die internationalen Messen werden es in den nächsten Jahren sehr schwer haben, so lange es Reisebeschränkungen geben wird. Es gibt auch bei unseren Ausstellern eine große Skepsis, was den kommenden Januar angeht", erklärte er in Halle. "Der Bedarf an Verbandsmessen wird steigen."

ABK und Garant
planen Kooperation

Aber natürlich hat das Bekenntnis zur ABK Open noch einen anderen Hintergrund: ABK und die Garant Gruppe rücken geschäftlich näher zusammen, ein entsprechender Letter of Intent wurde bereits unterzeichnet. Die operative Zusammenarbeit soll planmäßig am 1. Januar 2022 starten und in den Folgejahren schrittweise weiter intensiviert werden. Vorausgesetzt, die ABK-Gesellschafter stimmen der Kooperationsvereinbarung Ende September im Rahmen der ABK-Cheftagung in Göttingen zu (siehe dazu auch das Interview mit Thomas Fehr). Die anwesenden Gesellschafter wurden am Vorabend der Messe in Halle informiert, im Laufe der nächsten Wochen sollen persönliche Gesprächen über alle Details folgen, wo dies gewünscht wird.

ABK und der Garant Spezialverband "Gutes Schlafen" repräsentieren im deutschen Betten-Fachhandel nach eigenen Angaben gemeinsam rund 250 Handelspartner mit derzeit knapp 300 Standorten. Ziel der Zusammenarbeit ist es, den inhabergeführten Betten-Fachgeschäften und -Fachmärkten nachhaltig mehr Gewicht zu geben, betonen die künftigen Partner vor dem Hintergrund eines sich dynamisch konzentrierenden Marktes. Die Zentralregulierung und der strategische Einkauf sollen künftig über die Garant Gruppe organisiert werden, die über bestehende Einkaufsgesellschaften und Verbands-Kooperationen bereits relevante Einkaufsvolumen in allen Warengruppen rund ums Schlafen bündelt, wie es hierzu in der in Halle verteilten Pressemitteilung heißt.

In der operativen Sortimentsgestaltung der Handelsmarken Royal Dream und Aventura (ABK) sowie Morgana, Notturno und Garant Collection (Garant) sollen die Gremien beziehungsweise Warenkommissionen beider Verbände künftig eng zusammenarbeiten, um mögliche Synergien in der Beschaffung zu nutzen. Die separate Vermarktung der Exklusiv-Kollektionen in Richtung Endverbraucher soll an den bestehenden Standorten weiterhin erhalten bleiben. Tritt die Vereinbarung in Kraft, können die ABK-Gesellschafter über eine Zweitmitgliedschaft bei Garant künftig auch auf das umfangreiche Dienstleistungsportfolio aus Rheda-Wiedenbück zugreifen - insbesondere im Bereich des (digitalen) Marketings, aber auch etwa der Finanzdienstleistungen oder der ganzheitlichen Betriebsberatung.

"Wer nicht kooperiert, verliert"

"Uns ist klar, dass man in einem sich so stark verändernden Markt Kräfte bündeln muss - wer nicht kooperiert, verliert", erklärt ABK-Geschäftsführer Thomas Fehr. "Gleichzeitig ist es uns wichtig, das zu bewahren, was die ABK als Händlergemeinschaft immer ausgemacht hat: intensive Sortimentsarbeit, starke Eigenmarken-Kollektionen und ein enges und vertrauensvolles Miteinander etwa in den Erfa-Gruppen." Fehr ist sicher, "dass das gemeinsame Vorgehen den Anschlusshäusern beider Gruppierungen erheblichen Nutzen bringt."

Thomas Ochmann, ABK-Aufsichtsratsvorsitzender, ergänzt: "Garant ist eine stetig wachsende Verbundgruppe und verfügt sowohl über eine Menge Kooperations-Erfahrung mit anderen Verbänden in vielen Branchen als auch über ein breites Spektrum und Knowhow bei für den Fachhandel relevanten Dienstleistungen im eigenen Hause, die für die ABK-Gesellschafter hochinteressant sind und welche wir in unserer Gruppe kaum eigenständig entwickeln könnten."

Garant-Geschäftsführer Jens Hölper sieht neben den Vorteilen für die heutigen ABK-Gesellschafter auch erheblichen Nutzen sowohl für die eigenen Mitglieder als auch für die gemeinsamen Industriepartner: "Zusammen mit den ABK-Häusern repräsentieren wir die größte Händlergruppierung im Bettenfachhandel und bauen damit unsere strategisch führende Position im Beschaffungsmarkt auch für unsere eigenen Mitglieder weiter aus." Für die Industrie sei es von Vorteil, "eng mit der Nummer 1 des mittelständischen Bettenfachhandels zusammenarbeiten, um eine Durchdringung ihrer Produkte im Fachhandel sicherzustellen." Dessen Zukunft wertet Hölper optimistisch: "Schließlich bin ich davon überzeugt, dass viele Bettenfachhändler im Markt in unserer Gruppierung auch eine interessante Zukunftsoption für ihr eigenes Haus sehen."


ABK Einkaufsverband
-Gegründet 2004 als Zusammenschluss von "Ambra" und "Bettenkreis"
-57 Gesellschafter mit 85 Verkaufsstellen im Bettenfachhandel in Deutschland

Garant Gruppe
-Gegründet 1956
-Insgesamt 1.807 Mitglieder in den Geschäftsbereichen Wohnen & Schlafen, Küchen sowie Bad +Haus in Deutschland
-davon im Spezialverband "Garant Gutes Schlafen" 189 Partner mit insgesamt 209 Verkaufsstellen im Bettenfachhandel



Kommentar von Stefan Mielchen

Ein kleiner Coup

Man tritt Thomas Fehr nicht zu nahe, wenn man unterstellt, dass da einer rechtzeitig das Feld bestellen will. Vor kurzem ist der ABK-Geschäftsführer 60 geworden, da ist der Ruhestand absehbar. Spätestens in drei Jahren stünde die Suche nach einem Nachfolger an, der dann noch eingearbeitet werden müsste. Fehr hat zum richtigen Zeitpunkt verantwortungsvoll gehandelt. Aus seiner Sicht braucht es keinen Nachfolger in der ABK-Geschäftsführung, sondern einen starken Partner, der dem Verband und seinen Gesellschaftern eine Zukunftsperspektive bietet. Mit der Garant Gruppe kann das etwas werden.

Noch ist nichts entschieden, auch wenn davon auszugehen ist, dass die Gesellschafterversammlung der geplanten Kooperation im Herbst zustimmt. Das wird man in Filderstadt und Neufahrn aufmerksam beobachten, wo mit Bettenring und MZE die beiden anderen Größen des Fachhandels sitzen. Dass die Zahl der Bettenhändler schrumpft, weiß man auch dort. Vielleicht ist es für die ABK in der aktuellen Situation sogar von Vorteil, der kleinste der vier Verbände zu sein. Das macht beweglicher.

Wobei Thomas Fehr kein Geheimnis daraus macht, wo die eigenen Grenzen liegen. Wichtige Zukunftsinvestitionen erfordern Kapital. Das bringt man gemeinsam leichter auf. Fehr ist auch uneitel genug, die Kompetenzen bei Digitalisierung und Marketing hervorzuheben, die es bei Garant fraglos gibt. Die ABK muss sich gleichwohl nicht verstecken. Sie hat schließlich mit ihren Eigenmarken, dem Future Store und der ABK Open sehr viel einzubringen. Das wiederum wissen auch die künftigen Partner zu schätzen.

Mit der überraschenden Ankündigung ihrer Zusammenarbeit ist Garant und ABK ein kleiner Coup gelungen. Ob’s passt, muss sich in den kommenden Jahren erst noch zeigen. Die Chancen stehen gut - auch dafür, dass sich die Verbandslandschaft in Zukunft noch weiter verändert.
aus Haustex 08/21 (Wirtschaft)