Schmidt Gipser- und Malerbedarf GmbH

Die digitale Transformation erfasst den Großhandel

Synergien heben: Schmidt Gipser- & Malerbedarf GmbH aus Teningen setzt seit einigen Jahren neben dem stationären Verkauf auch auf einen eigenen Online-Shop. Um sein Netzwerk zu stärken, tritt das Unternehmen nun der Decor Union bei.

Der Onlinehandel boomt. Nicht erst seit Corona wächst das E-Commerce-Geschäft rasant und lässt Kundenströme vom stationären Einzelhandel zum Internet abwandern. Tobias Schmidt, Inhaber der "Schmidt Gipser & Maler GmbH" mit Hauptsitz in Teningen im südlichen Baden-Württemberg nahe Freiburg, ist überzeugt, dass auch Maler, Stuckateure und damit sein Zielklientel in absehbarer Zeit Putze, Farben, Lacke und das nötige Zubehör für den Arbeitsalltag auf der Baustelle nicht ausschließlich, aber zunehmend online bestellen werden. Deshalb hat der 43-jährige Geschäftsmann neben dem etablierten Großhandel mit Abholmarkt und Lieferservice 2015 eine zweite Firma gegründet und damit das Web-Portal "Malerversand.de" aufgesetzt. Nach gut sechs Jahren, vielen schlaflosen Nächten und viel Lehrgeld erwirtschaftet Schmidt online mittlerweile 50 Prozent seines Gesamtumsatzes - Tendenz steigend.

"Ich bin überzeugt, online ist die Zukunft. Der stationäre Handel bleibt und behält auch seine Berechtigung, gerade wenn es um die fachlich qualifizierte Beratung geht. Aber bei der Beschaffung verliert er an Boden, da Absatzmengen und Einkaufsmacht sowie die Kostenumsatzrelation an Relevanz gewinnen. Deshalb muss man beide Kanäle professionell bespielen, stationär wie online", sagt Tobias Schmidt und ergänzt: "Denn hochwertige Verbrauchsmaterialien, von denen unsere Geschäftskunden nach mehrmaligem Gebrauch überzeugt sind, können sie auch online bestellen. Da erübrigt sich dann jede Beratung. Deshalb setzen wir auf starke Eigenmarken, die gleichbleibend hohe Profiqualitäten gewährleisten, und haben mit unserer Hausmarke Schmidt ein starkes Produktportfolio etabliert, das bestens nachgefragt wird von unseren Handwerkerkunden."

Der Erkenntnisgewinn aus sechs Jahren "Malerversand.de" sollen deshalb auch in den künftigen Web-Shop des Großhandels einfließen, der deutlich mehr sein wird, als ein reiner Shopping-Kanal auf Regionalebene. "Noch ist es so, dass 90 Prozent unserer Geschäftskunden uns stationär aufsuchen. Bei den Privatkunden bestellen indes schon 70 Prozent online. Damit sind stationär und online gegenwärtig zwei unterschiedliche Kundenströme, die auch unterschiedlich angesprochen werden wollen. Doc h die digitale Transformation schreitet rasant voran", sagt Schmidt, der aber auch an den stationären Handel glaubt und deshalb 2019 in Waldkirch eine Filiale eröffnet hat, wo das Warenangebot sogar noch um hochwertige Bodenbeläge wie Designerböden und Laminate erweitert werden soll. Hier setzt der Unternehmen auf die Kompetenz der Decor Union, der er sich als Großhändler Anfang 2021 angeschlossen hat.

"Ein wesentlichen Grund, der DU als Verband beizutreten, war, dass ich den fachlichen Austausch mit Kollegen suche und intensiv netzwerken möchte, um Synergien zu heben. Vor allem eben im wachsenden Onlinegeschäft. Als DU-Mitglied profitieren wir von besseren Einkaufskonditionen bei den Lieferanten, können auf mehr Produkte zugreifen und unsere Position damit stärken", sagt Tobias Schmidt, der sich aus dem tagesaktuellen Geschäft weitestgehend zurückgezogen hat und vor allen Strategien für zukünftige Geschäftsmodelle entwickelt, und betont: "Dieses Wissen darum teile ich gerne mit Verbandskollegen. Denn nur als Gemeinschaft sind wir stark genug, um die Nische der Qualitätsprodukte für das Handwerk so zu besetzen, dass wir gegenüber Giganten wie Amazon und Co. langfristig bestehen. Dafür braucht es neben einer guten Markenstrategie eben auch eine stimmige Marktplatzstrategie, die von vielen getragen wird."
Die Schmidt-Unternehmensgeschichte startet vor gut 30 Jahren. Damals war sein Vater Außendienstler für einen großen Putzhersteller, fuhr täglich die Baustellen an und lieferte vor Ort aus. "Weil Stuckateure aber nicht nur Putz für ihre Arbeit brauchen, fragten die Kunden bei meinem Vater immer wieder auch Klebebänder nach. Das brachte meinen Vater auf die Idee, nebenher sein eigenes kleines Geschäft mit Klebebändern aufzubauen", erzählt Schmidt. 2004 professionalisierte Schmidt Senior seinen Handel, machte sich selbstständig und belieferte in Südbaden fortan Handwerkskunden mit Klebebändern jeder Art. Ein Volumenartikel, der damals noch eine ordentliche Marge abwarf. Schmidt-Klebebänder waren gefragt. Das überzeugte auch Sohn Tobias, nach einem Blick in die Bücher, 2006 ins Unternehmen einzusteigen.

"Ich war damals in Bonn beschäftigt. Da ich mich beruflich verändern wollte, ging ich zurück ins sonnige Baden, weil ich doch mit der Region verwurzelt bin. Von Beginn an gab mir mein Vater freie Hand den Betrieb nach meinen Vorstellungen zu gestalten, stand mir jedoch immer unterstützend zur Seite. Dies war schon ein wenig der Stoß ins kalte Wasser", sagt Schmidt, der die Ärmel hochkrempelte, Vollgas gab und sukzessive das Produktportfolio ausbaute. Zu den Klebebändern gesellten sich Putze, Lacke, Pinsel, Walzen, Gipskartonplatten - eben alles, was Gipser, Maler und Trockenbauer so brauchen. Als spezialisierter Baustoffgroßhändler setzte Schmidt schon früh auf die Eigenmarkenstrategie bei Farben und Lacken. "Die sind unverwechselbar, von gleichbleibend hoher Qualität und: Jeder Farbeimer ist Werbung", sagt Schmidt.

2009 baute Schmidt in Teningen neu und schuf damit den nötigen Lager- und Wirkraum, um die Liefergarantie auch auf dem eingeschlagenen, schnellen Expansionskurs gewährleisten zu können. Schon früh stelle er qualifizierte Spezialisten ein - vom Maler- und Lackierermeister über den erfahrenen Trockenbauer bis hin zum gestandenen Gipser - die in ihren jeweiligen Disziplinen ein profundes Fachwissen mitbrachten und damit herausragende Beratungsqualität garantierten.

Parallel dazu übertrug er Verantwortung auf die Mitarbeiter, zog flache Hierarchien ein und schuf damit den nötigen "Freiraum", damit die Angestellten eigene Ideen einbringen, eigenständig Produkterweiterungen vornehmen und eigenverantwortlich arbeiten konnten. Mittlerweile beschäftigt Schmidt im Großhandel 35 Mitarbeiter. Der Lieferfuhrpark umfasst drei Transporter, drei LKWs und einen Kran-LKW, die täglich durchs Badische rollen und Baustellen ansteuern. "Unser Team ist ganz nah dran am Geschäftskunden, weiß um deren Bedürfnisse und kann deshalb zielgerichtete Produktlösungen anbieten. Gekoppelt mit unserer starken Eigenmarke haben wir damit in der Region ein Alleinstellungsmerkmal, das beim Zielklientel ankommt", sagt Schmidt.

In direkter Nachbarschaft zum Stammsitz ist das mittlerweile 15-köpfige Team von "Malerversand.de" untergekommen, die täglich Hunderte Pakete mit Pinseln, Farben, Lacken, Tapeten, dem nötigen Werkzeug zur Verarbeitung und vielem mehr versenden. Aktuell können online gut 2000 verschiedene Artikel geordert werden. Der Bau einer weiteren Lagerhalle für den Onlinehandel ist bereits bewilligt und startet noch in diesem Jahr.

"Mit dem 2015 aufgesetzten Online-Job wollte ich neue Kundengruppen gewinnen und war überzeugt, dass das schnell klappt, was sich als naiv herausstellte. Denn der Kunde muss die Webseite erst einmal finden. Das war mir anfangs so nicht bewusst, weil ich dachte, über die Googlesuche wird das Portal schnell von vielen Usern genutzt. Pustekuchen. Es gab Tage, da machten wir vierstellige Verluste. Da wurde mir schon mulmig ob meiner eigenen Courage. Wenn ich anfangs gewusst hätte, was mich erwartet, ich weiß nicht, ob ich dann losgelaufen wäre. Klar war aber auch, dass man nicht auf halber Strecke umkehren kann. Also habe ich die blutige Nase als Erfahrungsschatz abgespeichert und den Auftritt samt Shopsystem und technischem Unterbau immer weiter professionalisiert. Und der wachsende Erfolg gibt uns recht", sagt Schmidt.

Als Tobias Schmidt 2006 den elterlichen Betrieb in zweiter Generation übernahm, lag der Jahresumsatz bei 250000 Euro. Mittlerweile erwirtschaftet Schmidt mit beiden Geschäftsfeldern knapp 10 Millionen Euro - und die Kurve zeigt weiter nach oben. Eine Erfolgsgeschichte, die eng verzahnt ist mit der Erkenntnis, dass ein digitales Schaufenster nicht mehr ausreicht, um auch in zehn Jahren noch gute Geschäfte machen zu können.
aus BTH Heimtex 07/21 (Wirtschaft)