IFH Institut für Handelsforschung GmbH

IFH rät dem Großhandel zu Marktplatzmodellen

"Wer jetzt nicht die modernen online-affinen Kundenwünsche bedient, für den wird es schon bald zu spät sein", warnen Marktforscher den Großhandel. Die B2C-Einkaufsgewohnheiten übertragen sich nach ihren Erkenntnissen zunehmend auf den B2B-Bereich.

Der Einkauf auf Onlinemarktplätzen ist privat für die meisten Konsumenten Alltag. Nun übertragen sich die B2C-Einkaufsgewohnheiten auch auf den B2B-Bereich. E-Commerce und speziell Marktplätze sind deshalb auch in diesem Sektor auf dem Vormarsch, so die Studie "Plattformökonomie im Großhandel - (Marktplatz-) Strategien im Fokus" vom Institut für Handelsforschung (IFH) Köln und der Mirakl Marktplatz Plattform. Das Marktgeschehen treibe den Großhandel dazu, die aktuellen Geschäftsmodelle und -strategien zu überprüfen und zu erweitern. Es gehe darum, Kundenerwartungen zu befriedigen, Logistikstrategien zu optimieren und neue Wachstumsstrategien für die Zukunft zu definieren. Aber die Großhändler zögerten mit konkreten Umsetzungsschritten.

Vor allem bei den Kundenerwartungen zeigen sich nach der Studie Veränderungen. So würden auf Basis von Erfahrungen aus dem B2C-Handel auch für B2B Anforderungen wie On-Time-Delivery, Preistransparenz und -vergleichbarkeit, die einfache Auffindbarkeit der Produkte, ein breites Sortiment und die Warenverfügbarkeit zunehmend erwartet. "Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, steht der Großhandel jetzt vor diversen Herausforderungen und muss sich Themen wie Lieferengpässen, Lagerkapazitätsknappheit, steigende Over-Sea-Kosten und mangelnder Nachhaltigkeit im Lieferprozess annehmen und die traditionellen Strukturen der Logistik überdenken", betonen die Marktforscher.

Noch sehen sich die Großhändler in einer guten Ausgangslage: 76 % der Großhändler und Hersteller beurteilen die aktuelle wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens als gut oder sehr gut. Onlinemarktplätze und Big Player würden wahrgenommen und beobachtet. Aber nur rund ein Drittel der Großhändler erkennt B2B-Onlinemarktplätze als künftige Wettbewerber. Nach Angaben der Forscher hält sich der Großhandel durch Verkaufsexklusivität, kundenorientierte Services und logistische Optimierungen nah am Kunden und einzigartig.

Anforderungen insbesondere jüngerer und digitaler B2B-Einkäufer würden zwar wahrgenommen, aktive Reaktionen stellten die Grossisten jedoch hinten an. Zu groß sei die Furcht, durch einen Eintritt in die Marktplatzökonomie langjährige Kundenbeziehungen zu verlieren, sich durch höhere Transparenz von Preis und Verfügbarkeit angreifbar zu machen und die eigene Souveränität sowie Kontrolle an den Marktplatz abzugeben.

"Zwar sind die Vorurteile und Skepsis der Großhändler gegenüber Marktplätzen nachvollziehbar. Fest steht jedoch: Wer jetzt nicht die modernen online-affinen Kundenwünsche bedient, für den wird es schon bald zu spät sein", warnen die Studienverfasser. Das Ausruhen auf traditionellen Vertriebsstrukturen werde nicht ausreichen, um langfristig erfolgreich am Markt zu bestehen. Die Integration digitaler Ansätze in die Wertschöpfungskette biete hingegen die Chance, online-affine Kundenwünsche zu erfüllen, das Sortiment auszubauen, das Image durch Sichtbarkeit aufzuwerten und neue Märkte sowie Kundengruppen zu erschließen.

Die Studie "Plattformökonomie im Großhandel - (Marktplatz-) Strategien im Fokus" gibt es als Download auf www.ifhkoeln.de.| ck
IFH rät dem Großhandel zu Marktplatzmodellen
Foto/Grafik: IFH Köln
Kund:innen von Großhändlern sind Vielfältig...
aus BTH Heimtex 10/21 (Wirtschaft)