Innung Nordost traf sich in Halle

Die Geschäfte laufen gut, doch Risiken lauern im Detail

"Endlich wieder Innungstreffen" lautete das Aufatmen unter den Mitgliedern der Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost, die im Juli zu einem informellen Zusammensein in Halle eintrafen. 65 Teilnehmer hatten sich angemeldet, inklusive Vertretern aus der Industrie. Die eigentliche Herbstversammlung ist vom 20. bis 22. Oktober in Potsdam geplant. Dann soll es Neuwahlen geben, da Obermeister Torsten Weber sein Amt zur Verfügung stellt.

In Halle leitete der stellvertretende Obermeister Ronny Wagner das Wiedersehenstreffen der Mitglieder der Innung Nordost. Sein Bericht zeigte: Auf den Mitgliederstand der Innung hatte Corona keinen Einfluss. Bei aktuell 137 aktiven Betrieben und 69 Gastmitgliedern verzeichnete die Innung nur zwei Austritte, dafür aber sieben neue Anwärter. Selbst die Lehrlingsausbildung, wenn auch im Wechselunterricht, ist weiter ungebrochen. Dazu passt, dass die Handwerkskammer Halle-Saale an der "Straße der Handwerker" mit bis zu 14 Mio. EUR Eigenkapital und 75 % Förderung ein neues Bildungszentrum bauen wird. Parkettverlegung ist dort allerdings nicht geplant, wie HWK-Hauptgeschäftsführer Dirk Neumann den anwesenden Holzprofis bedauernd mitteilen musste.

Immerhin hatte die Handwerkskammer auf ihrem Gelände aus DDR-Zeiten einen Raum für das aktuelle Innungstreffen zur Verfügung gestellt. Das war auch nötig, denn weil das Wetter nicht recht mitspielen wollte, musste der Grill unter einem Zelt aufgebaut werden. Die Teilnehmer blieben weitgehend in der alten Mensa. Im Gegensatz zu Ronny Wagner, der von "turbulenten Jahren, aber durchweg zufriedenen Betrieben mit guter Auftragslage" sprach, verpasste Dirk Neumann in einem warnenden Vortrag zum Thema "Materialpreisgleitklausel" dem Optimismus einen kleinen Seitenhieb.

Die Crux mit der Materialpreisgleitklausel

Was passiert, wenn ein Bauvertrag mit verbindlichen Preisen geschlossen wurde, bei Baubeginn aber die Kosten für Material in die Höhe schießen? Dann bleibt der Bauunternehmer auf den Mehrkosten sitzen. Davor schützt eine Materialpreisgleitklausel im Vertrag, erklärte Jurist Neumann. Zwar kann bei einem unzumutbaren Anstieg von Materialkosten auch mit dem Auftragnehmer verhandelt oder der Vertrag aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gekündigt werden, aber die Voraussetzungen dafür sind nicht immer eindeutig. "Sicherer ist eine klar formulierte Materialpreisgleitklausel", betonte Neumann. "Alles andere ist Russisch Roulette. Also Hände weg von Auftraggebern, die eine solche Vertragsklausel nicht akzeptieren wollen."

Das Problem ist durchaus aktuell, da in der Holzbranche verschiedene Werkstoffe drastische Preissteigerungen erfahren haben. Für Baumaßnahmen des Bundes gibt es bereits einen Runderlass zur Aufnahme von Materialpreisgleitklauseln. Die öffentliche Hand im regionalen und lokalen Rahmen allerdings muss dem nicht folgen. Und Betriebsunternehmer, die eigene Klauseln in ihre Verträge schreiben, warnte Neumann vor unwirksamen Formulierungen: "Gegenstand und Preis sind grundlegende Bestandteile eine Vertrages. Ohne klar erkennbare Preisermittlung gibt es keinen Vertrag. Laut Oberlandesgericht Köln muss eine Materialpreisgleitklausel exakt darlegen, unter welchen Bedingungen sich der Preis ändert."

Gibt es auch andere Wege, Materialkosten abzudecken? Neumann: "Der Verarbeiter kann Bindefristen von seinem Lieferanten übernehmen. Dazu braucht man faire Lösungen zwischen Hersteller, Handel, Handwerker und Verbraucher."

Am Ende dieses Vortrages verglich Neumann die häufige Unkenntnis in Bezug auf den Umgang mit Materialpreissteigerungen mit einem anderen juristischen Stolperstein, dem viele Handwerker zu wenig Beachtung schenken: dem Widerrufrecht des Verbrauchers. Seit einer EU-Richtlinie von 2014 muss sich der Handwerker in den eigenen Geschäftsräumen von seinen Kunden eine Widerrufbelehrung unterschreiben lassen. Tut er das nicht, hat der Verbraucher selbst bei erfolgter Abnahme im Streitfall das Recht, alle erfolgten Zahlungen inklusive Arbeitslohn zurückzuverlangen. Und das ohne Begründung und ohne Rückbau der installierten Materialien. Neumann: "Solche betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Dinge sollte der Handwerker wissen, denn sein Erfolg hängt nur zu 15 % von handwerklichen Fähigkeiten ab."
Henrik Stoldt


Den Nachwuchs in den Social Media-Kanälen abholen

Einen versierten Kollegen für ihre Präsenz in den Sozialen Netzwerken konnte die Innung Nordost gewinnen. Ericco Krügerke, der vier Semester Medieninformatik studiert hat und seit 2003 das heute mit vier Parkettlegern arbeitende Unternehmen Berliner Diele samt Parkettstudio Bernau führt, betreut nun die Auftritte bei Facebook, Twitter, Instagram und Youtube. "Ich bin mit meinem Handwerksbetrieb auf diesen Plattformen schon sehr gut aufgestellt", sagt Krügerke. "Neuerdings probieren wir zusätzlich TikTok aus. Uns geht es um die Jugend. Wir müssen den Nachwuchs auf allen Social Media-Kanälen abholen." Für die Innung Nordost hat Ericco Krügerke in Corona-Zeiten überdies Online-Konferenzen mit verschiedenen Tools organisiert.
aus Parkett Magazin 05/21 (Wirtschaft)