Sachverständigenpraxis mit Holger Wiehle

Klassische Schäden durch Feuchtewechsel, Materialfehler, Hohllagen

Holger Wiehle, Vorstandsmitglied der Innung Nordost und Ansprechpartner für Sachverständigen-Angelegenheiten und Meisterausbildung, stellte auf der Innungstagung einige besondere Schadensfälle bei Parkett- und Laminatböden vor.

Ein ganz aktueller Fallstrick für Parkettleger ist der Umgang seitens der Bauherrschaft mit Fußbodenkühlungen. Dies betrifft meist Neubauten. Da werden Wärmepumpen mit der Bezeichnung "active cooling" oder "natural cooling" eingebaut, die etwa 7 °C kaltes Wasser in den Kreislauf der Fußbodenheizung einspeisen, worüber der Parkettleger nicht informiert wird. Lediglich ein Frostschutzthermostat ist vorhanden.

Laut Hersteller dieser technischen Anlagen darf aber nur 50 % der Fußbodenfläche für eine Kühlung genutzt werden. Und völlig unbeachtet bleiben die zehn Gebote von Prof. Dr. Andreas Rapp, in denen unter anderem empfohlen wird, dass die Kühlfunktion erst bei 26 °C Raumtemperatur anspringen soll, nicht länger als 21 Tage im Jahr laufen darf und man dem Holzboden nach ein bis zwei Wochen Kühlung erst einmal zwei Wochen Pause gönnen muss. Es geht ja um die Frage des Taupunktes. In gesättigter warmer Luft ist viel Wasser enthalten und das schlägt sich als Kondenswasser am kühlsten Punkt des Raumes nieder, nämlich am Boden. Eine Deckenkühlung kommt aus Kostengründen meist nicht zum Einsatz.

Bedenkenanmeldung, wenn Planer
Information der Baugewerke unterlässt

Holger Wiehle sagt dazu: "Es ist Sache der Planer, unter Nutzung der Schnittstellenkoordination alle am Bau beteiligten Gewerken darüber zu informieren, welche Besonderheiten vorherrschen. Meist fehlt die Schnittstellenkoordination, und der Parkettleger erhält nur nebenbei die Information, dass die eigentliche Fußbodenheizung auch als Kühlung eingesetzt werden wird. In diesem Fall sollte der Parkettleger mit entsprechenden Bedenkenanmeldungen auf die Unterlassung der Informationspflicht und damit verbundene Planungsfehler reagieren.

Feuchtewechsel verursacht
Deckschichtablösung

In dieser Sache zeigten sich in zwei Fällen Überstände aufgrund von Deckschichtablösungen, einmal bei einem zweischichtigen Wenge-Stab sowie bei einem gut 20 Jahre alten Ahorn-Mehrschichtboden, der normalerweise zweimal aufgearbeitet werden dürfte. Bei letzterem begann sich die noch 2,9 mm dicke Deckschicht drei Wochen nach einer solchen Renovierung mit Neuversiegelung zu lösen.

Der Grund war schnell ermittelt: Die Renovierung hatte im Winter bei deutlicher Raumluft-Untertrocknung stattgefunden. Zusätzlich hatte das Lüften des Raumes die letzte begünstigende Luftfeuchtigkeit nach außen getragen und den Boden noch weiter untertrocknet. Beim Versiegeln nach dem Schliff saugte dieser Boden die Feuchtigkeit gierig wieder auf und gab sie beim Trocknen erneut ab. Ein derartiger Feuchtewechsel führte zu Spannungen im Holz, die der ermüdete Klebstoff zwischen Nutz- und Trägerschicht nicht mehr halten konnte. Wiehle: "Wer solches Fertigparkett renoviert, sollte in seinen Angebotstext aufnehmen, dass er nicht garantieren kann, dass keine Ablöseerscheinungen der Decklage erscheinen."

Landhausdiele
mit lauter Hohlstellen

bei einem weiteren Schadensfall konnte man kaum von Hohlstellen unter Landhausdielen sprechen, denn bis auf im Raum verteilte Punkte lag der gesamte Boden lose. In diesem Fall hatte eine Firma, die sich nicht hauptsächlich mit Parkettverlegung beschäftigt, eine dreischichtige Landhausdiele auf eine rund 4 cm dicke Ausgleichsmasse geklebt. Diese Nivellierschicht war in dem Raum auf eine vorhandene alte Dielenkonstruktion gekippt worden, konnte aber allein keine Ebenheit herstellen. Im Ergebnis gab es bei der Klebung keine Haftung zwischen Landhausdielen und Untergrund.

Ausbrechen von Kittstellen

Können gekittete Stellen in rustikalem Parkett ausbrechen? "Das gibt es durchaus", ist die Erfahrung von Holger Wiehle. "Ich hatte eine strukturierte 15 mm-Dreischichtdiele in Werkssortierung zu begutachten, wo Ausbrüche bei gekitteten Ästen, Drehwuchsstellen und Rissen zu sehen und zu messen waren. Unter dem Mikroskop konnte ich an den Rändern der Risse feststellen, dass hier durchaus Reste von Kitt anhafteten. Die Frage, ob überhaupt verkittet worden war, konnte also bejaht werden.

Wenn Hersteller behaupten, Kitt könne oder dürfe nicht ausbrechen, entspricht dies nicht der Realität. Kitt ist nicht unbedingt dauerhaft. Ausbrüche können aber vor Ort aufgefüllt und nachgearbeitet werden. Deshalb wäre der Hinweis angebracht, dass Fugenmaterial keine dauerhafte Dichtigkeit garantiert. Durch Auffeuchtung und Untertrocknung oder klimatische Spitzen, möglicherweise schon im Werk, kann nämlich bei rustikalen, gekitteten Dielen ein solches Problem früher oder später auftreten.

Laminatboden
mit Überständen

In diesem Fall handelte es sich um ein vom Bauherrn gestelltes Material, das bereits auf der Baustelle lagerte. Es war mit typischer Klickverbindung ausgestattet und werkseitig mit unterseitiger Dämmschicht ausgestattet worden. Nach der Verlegung zeigten sich immer dann Überstände, wenn man an den Kopfverbindungen ein Element belastete. Der Überzahn von einer Diele zur anderen betrug bis zu 1,5 mm.

Holger Wiehle: "Weil der Bauherr noch Restdielen besaß, konnte ich das Material überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die Klickverbindung mit Plastikfeder in der Verriegelung ein Spiel von rund 0,3 mm zuließ. Der übrige Teil des Überzahns rührte von der Dämmschicht her, die bei Druck von oben nachgab." Die Beanstandungen des Bauherrn beruhten also nicht auf einem Verlegefehler, sondern waren einem Materialfehler zuzuschreiben.
Klassische Schäden durch Feuchtewechsel, Materialfehler, Hohllagen
Foto/Grafik: Wiehle
Rissbereiche längs zur Faser zeigen unter dem Mikroskop, wo Kitt ausgebrochen ist.
aus Parkett Magazin 06/21 (Wirtschaft)