Erfurt & Sohn KG

Innendämmung: "Es darf nicht ohne Sachverstand gedämmt werden"


Stefan Hunke ist Klimatec-Spezialist bei Erfurt & Sohn. Wir haben mit ihm über die Potenziale von Innendämmung gesprochen.

BTH Heimtex: Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Innendämmung?

Stefan Hunke: Innendämmungen werden fast ausschließlich bei der Sanierung eingesetzt. Wir haben in Deutschland rund 42 Mio. Wohnungen. Davon wurden etwa 28 Mio. vor 1980 gebaut und sind in einem schlechten energetischen Zustand. Bei rund 6 Mio. Wohnungen kommt aus unterschiedlichen Gründen eine Dämmung von außen nicht in Frage. Der Bedarf für Innendämmungen ist also enorm. Der Druck durch Politik und steigende Energiekosten wird immer größer, die Gebäudesubstanz energetisch zu sanieren. Das merken wir auch an der Nachfrage.

Treibt die Politik die Nachfrage nach Innen- wie auch Außendämmung?

Die Politik hat drei Möglichkeiten Einfluss zu nehmen: Um in den Genuss einer staatlichen Förderung für eine energetische Sanierung zu kommen, müssen die Bauteile einen minimalen Wärmedurchlasswiderstand erreichen. Die Anforderungen sind so hoch, dass sich das mit Innendämmungen nur mit großem Aufwand umsetzen lässt. Sie können nur indirekt profitieren: Wenn zum Beispiel neue Fenster als Einzelmaßnahme gefördert werden sollen, geht das nur, wenn die Wände einen besseren Wärmedurchlasswiderstand als die Fenster haben. Das lässt sich mit Innendämmungen sehr gut umsetzen.

Das neue Gebäude Energie Gesetz (GEG) nimmt Immobilienkäufer in die Pflicht, einige Bauteile nach dem Erwerb auf einen energetischen Mindeststandard zu bringen. Auch wenn einzelne Bauteile erneuert werden, müssen Anforderungen an den Mindestwärmeschutz erfüllt werden. Hiervon kann die Innendämmung nicht profitieren. Allerdings werden bei einer Sanierung mit Innendämmungen keine Anforderungen an einen Mindestwärmeschutz gestellt.

Die CO2-Abgabe treibt die Energiepreise nach oben. Der Druck wird also immer größer, Heizkosten einzusparen. Das in eine Wärmedämmung investierte Geld bringt über die Einsparung an Heizkosten eine bessere Rendite als die meisten anderen Anlagemöglichkeiten.

Welche Materialien für die Innendämmung werden vorzugsweise nachgefragt?

Im Gegensatz zu den Außendämmungen spielen Polystyrol und Polyurethan bei Innendämmungen keine große Rolle. Das liegt daran, dass Innendämmungen einen größeren Einfluss auf das Wohnklima, die Luftfeuchtigkeit und Luftqualität haben als Außendämmungen. Deswegen werden vorzugsweise diffusionsoffene Systeme eingesetzt. Mineralische Baustoffe haben den Vorteil, dass sie dem Schimmel keinen Nährboden bieten - ganz natürlich ohne Zugabe von Bioziden.

Innendämmung gilt als nicht so wirksam wie Außendämmung, ist aber für den Hausbesitzer möglicherweise günstiger. Ist jede Dämmung besser als keine?

Die Behauptung, dass Innendämmungen nicht so wirksam wären wie Außendämmungen, kann ich so nicht stehen lassen. Bei mehrschichtigen Wandaufbauten ist es für die Berechnung des Wärmedurchlasswiderstandes völlig egal, an welcher Stelle die Dämmung angebracht wird. Innendämmungen haben den Vorteil, dass Räume schneller aufgeheizt werden. Natürlich haben die Wärmebrücken einen größeren Einfluss und der Feuchteschutz muss berücksichtigt werden. Die nachträgliche Wärmedämmung ist ein Eingriff in die Bauphysik, deshalb darf auch nicht ohne jeden Sachverstand gedämmt werden.

Welches sind die Nachteile der Innendämmung gegenüber Außendämmung?

Die Wärmebrücken, der Feuchteschutz, der Wohnraumverlust und bei der Ausführung werden die Bewohner mehr beeinträchtigt.
Innendämmung: "Es darf nicht ohne Sachverstand gedämmt werden"
Foto/Grafik: Erfurt & Sohn
Stefan Hunke, Klimatec-Spezialist bei Erfurt & Sohn.
aus BTH Heimtex 02/22 (Wirtschaft)