Heimtextil und imm Cologne abgesagt

Schon wieder keine internationalen Leitmessen

Frankfurt/Köln. Déjà-vu der unschönen Art: Mit den Absagen von Heimtextil und imm Cologne finden zwei internationale Leitmessen der Einrichtungsbranche 2022 im zweiten Jahr in Folge nicht statt. Die Entwicklung der Pandemie ließ den Verantwortlichen keine andere Wahl. Aber es gibt auch andere Gründe.

Es ist bitter, aber es kam nicht überraschend. Erst teilte des Messe Frankfurt ihre Entscheidung mit, dass es 2022 keine Heimtextil geben wird, dann folgte im Abstand von sechs Tagen die Koelnmesse mit der Absage der imm Cologne. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Pandemielage in Deutschland, verbunden mit den internationalen Reiserestriktionen, ließen sich beide Messen einfach nicht mehr halten.

"Das Zusammenspiel aus interkontinentalen Beschlüssen und nationalen Forderungen macht die verantwortungsvolle und wirtschaftliche Planung der Heimtextil für uns als Veranstalter als auch für unsere ausstellenden Unternehmen leider unmöglich. Die Absage fällt uns, mit Blick auf die vielversprechenden Ausgangsbedingungen für den Re-Start der Heimtextil, umso schwerer", sagte Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies.

"Wir haben uns diese für uns sehr bittere Entscheidung nicht leicht gemacht, betrachten es aber als unsere Pflicht, diesen Schritt in enger Abstimmung mit der Industrie jetzt zu gehen", erklärte in Köln Messe-Geschäftsführer Oliver Frese. "Die aktuellen besonderen Rahmenbedingungen in der Interior-Design-Branchemachen die Umsetzbarkeit der imm Cologne so gut wie unmöglich."

Zu diesen Rahmenbedingungen gehört, dass viele Unternehmen längst im Vorfeld für sich geklärt hatten, nicht auf den großen internationalen Messen vertreten zu sein. Zu unsicher waren die Aussichten, die sich nun bestätigen - die globale Reisebereitschaft ist kurzfristig massiv gesunken. Auch die Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten zum Schutz vor gesundheitlichen Risiken spielt in vielen Unternehmen eine wesentliche Rolle, in denen Dienstreisen wieder ausgesetzt oder zumindest auf ein Minimum reduziert sind. Nicht zuletzt gibt es auch den dringenden Appell nicht nur des Robert-Koch-Instituts, Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren und alle größeren Veranstaltungen abzusagen.Hinzu kommen in der Betrachtung vieler Aussteller auch die Kosten eines Messeauftritts, dessen Erfolg sehr unsicher gewesen wäre, wenn Heimtextil und Möbelmesse hätten stattfinden können. All dies führte zu zahlreichen Stornierungen.

Besonders krass wirkte sich das in Frankfurt aus, wo ein Großteil der haustextilen Aussteller aus Deutschland beschlossen hatte, der Messe fernzubleiben. Und auch der Sleep-Bereich in Köln hätte ein völlig anderes Gesicht erhalten angesichts der Absagen zahlreicher prominenter Unternehmen. Viele der aus Frankfurt abgewanderten Aussteller sind nun Ende Januar auf der ABK Open Home in Bad Salzuflen zu finden (Bericht ab Seite 30). Hersteller von Matratzen und Schlafsystemen sind dort indes Mangelware. Aus Sicht von Martin Auerbach, Geschäftsführer des Matratzenverbandes, ist die Absage der imm Cologne sehr bedauerlich, "mit Blick auf die Rahmenbedingungen aber die absolut richtige Entscheidung." Sie führe auch bei den Ausstellern in deren teils stark angespannten Lagen zu einer gewissen Entlastung, so Auerbach.

In der Tat darf hinterfragt werden, wie schmerzhaft das Messe-Aus für Hersteller ist, die derzeit mit den Folgen der Pandemie kämpfen und mit Rohstoffknappheit, Lieferengpässen und Preissteigerungen umgehen müssen. Ohnehin ist es eine alte Diskussion, ob die Schlafbranche in Köln tatsächlich jedes Jahr vertreten sein muss oder, analog zur Küche, nicht mit einem zweijährigen Rhythmus besser aufgestellt wäre; verschiedene Aussteller praktizieren dies längst. In der aktuellen Gemengelage könnte diese Debatte wieder an Fahrt aufnehmen.

Zudem wird in vielen Unternehmen verschärft aufs Geld geschaut und hinterfragt, ob Aufwand und Ertrag der internationalen Großveranstaltungen noch in Einklang stehen. Hier kommt, zumindest aus Sicht deutscher Aussteller, die nicht so sehr auf das internationale Geschäft schielen, der Premiere der ABK Open Home im Januar eine besondere Bedeutung zu. Stimmt dort die Frequenz, könnte das 2023 zu deutlichen Verschiebungen in der Messelandschaft führen, zumal am neuen ABK-Standort in Bad Salzuflen dann erheblich mehr Fläche zur Verfügung stünde als noch 2022. Die Karten könnten dann ganz schnell neu gemischt werden. Doch das ist bislang nicht viel mehr als Kaffeesatzleserei.

Die Messe Frankfurt prüft nach eigenen Angaben zusammen mit der Branche, ob und in welcher Form ein neues Angebot der Heimtextil im Sommer parallel zum Messeduo Techtextil/Texprocess vom 21. bis 24. Juni 2022 gestaltet werden kann. Später stattfindende Veranstaltungen wie etwa die Ambiente sollen - Stand Anfang Dezember - stattfinden, heißt es in Frankfurt. Und auch in Köln ist das Bemühen groß, die Absage nicht als Menetekel für die kommenden Monate erscheinen zu lassen. "Dieser Schritt beschränkt sich ausdrücklich auf die imm Cologne und ihre spezifischen Anforderungen an den Messebetrieb", unterstreicht Geschäftsführer Oliver Frese. "Grundsätzlich halten wir unverändert an der Durchführung unserer Frühjahrsveranstaltungen 2022 fest."

Bis zum Frühlingsanfang 2022 sind nach Angaben des Verbandes der deutschen Messewirtschaft (AUMA) gut 130 Veranstaltungen in Deutschland geplant, mehr als ein Dutzend davon aber bereits verschoben oder abgesagt. Auch das abgelaufene Jahr war für die Branche bitter: 71 Prozent der geplanten Messen wurden 2021 abgesagt, 2020 waren es 68 Prozent.
aus Haustex 01/22 (Wirtschaft)