21. Internationales BEB-Sachverständigentreffen in Schweinfurt

Generationenwechsel in den Arbeitskreisen

Toleranzen im Hochbau, Abdichtungen, anerkannte Regeln der Technik, Recht im Spannungsfeld mit Technik, Möglichkeiten und Grenzen von Baustoffen und Schnellzementestrichen - die Bandbreite der anspruchsvollen Themen beim 21. Sachverständigentreffen des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) war eindrucksvoll. Ausgewählt hatte sie der BEB-Arbeitskreis Sachverständige mit ihrem Obmann Simon Thanner.

Von den ursprünglich 282 angemeldeten Teilnehmern nahmen 250 am 21. internationalen BEB-Sachverständigentreffen in Schweinfurt teil. Genauso hielten die rund 25 Aussteller im Foyer der Veranstaltung die Treue. Die Stand-Besetzungen freuten sich gleichermaßen über das wieder in Präsenz mögliche Branchentreffen. Der Wunsch nach Weiterbildung und Netzwerken war vielen Teilnehmern deutlich anzumerken. Als Moderator führte Simon Thanner, Obmann des BEB-Arbeitskreises Sachverständige, durch die Veranstaltung. Er konnte berichten, dass der Meisterkurs für Estrichleger in 2021 überbucht war und forderte für den Fortbestand des Estrichlegerhandwerks dazu auf, freie Ausbildungsstellen der Handwerksbetriebe auf der Webseite von www.das-ist-bodenhandwerk.de zu melden.

Der BEB-Vorsitzende Michael Schlag betonte zu Beginn: "Technische Fragestellungen und rechtliche Rahmenbedingungen stellen die Branche immer wieder vor neue Herausforderungen." Aus diesem Grund sei das BEB-Sachverständigentreffen ein Beitrag dafür, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Schlag erinnerte daran, dass das große Ziel der Wiedereinführung der Meisterpflicht im Estrichlegerhandwerk erreicht wurde. Er mahnte aber gleichermaßen, dass in wenigen Jahren die Novellierung der Handwerksordnung auf den Prüfstand komme. Es müsse sich bis dahin zeigen, das es richtig war, das Estrichlegerhandwerk wieder in die Anlage A aufzunehmen - und dafür sei ein erneuter Kraftaufwand notwendig.

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Ehrung von langjährigen BEB-Ehrenamtsträgern: Ulrike Bittorf, Walter Böhl, Heinz-Dieter Altmann und Manfred König treten nun ins zweite Glied. In Schweinfurt wurden sie für ihre Verdienste zu Ehrenmitgliedern des BEB ernannt. Der Rückzug dieser vier Persönlichkeiten läutet einen Generationenwechsel in den Arbeitskreisen des Verbands ein. Der BEB muss die vakanten Positionen neu besetzen - ein durchaus spannender Prozess. Details dazu haben wir in dem Kasten auf dieser Doppelseite zusammengefasst.

FussbodenTechnik fasst die Vorträge auf den nächsten Seiten in Kurzform zusammen:
Simon Thanner, Obmann des BEB-Arbeitskreises Sachverständige
Projekt "Praxisgerechte Merkblätter im Fußbodenbau"

Simon Thanner, der in Personalunion auch Bundesfachgruppenleiter Estrich und Belag im ZDB ist, stellte das ihm am Herzen liegende Projekt "Praxisgerechte Merkblätter im Fußbodenbau" (PRIF) vor, das nach seiner Einschätzung derzeit auf der Kippe stehe. Schwierig sei der Konsenz unter den beteiligten Verbänden beim Streit-Thema Feuchtemessung von Untergründen. "Mir ist es wichtig, dass wir endlich mal ein gemeinsames Messprozedere vereinbaren", wünschte sich Thanner eine einheitliche Linie.

Aber von Anfang an: Die Ideengeber von PRIF haben sich zu Beginn gesagt, dass alle Beteiligten - unter anderem aus den Gewerken Estrich, Belag und Heizung - ein gemeinschaftlich funktionierendes Ergebnis abliefern müssen. Dafür stelle sich regelmäßig die Frage, ob die Leistung nach den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt wurde. In diesem Zusammenhang kann man mittlerweile rund 120 Merkblätter zu Rate ziehen, die 15 Verbände und Organisationen herausgeben. "Bei der Gesamtzahl kann man leicht den Überblick verlieren", stellte Thanner fest. Der Wunsch bestand darin, die Anzahl auf ein händelbares Maß zu reduzieren und technische Widersprüche zu beseitigen, um Handwerkern ein größeres Maß an Sicherheit zu geben. Anfänglich war Thanner nach eigenem Bekunden "überrascht und erfreut, wie schnell ein Konsens gefunden wurde." Ganz nebenbei wurde beschlossen, die Merkblätter alle sieben Jahre einer Revision zu unterziehen, da einige schon länger nicht mehr aktualisiert worden waren.

Fazit: Thanner appellierte an die Teilnehmer des Arbeitskreises Praxisgerechte Regelwerke im Fußbodenbau: "Wir als Experten müssen den Planern und Ausführenden etwas an die Hand geben, damit diese hinreichend sicher Bauleistungen erbringen können." Wir alle, aber besonders die Handwerker, haben das Ziel einer schadensfreien Bauausführung. Die Merkblätter werden zukünftig auf der Webseite
www.merkblatt-fussbodenbau.de gesammelt, die aktuell noch nicht freigeschaltet ist.


Burkhard Prechel, Sachverständiger
Toleranzen im Fußbodenbau - eine ganzheitliche Betrachtung

Der Sachverständige Burkhard Prechel stellte eine Information des BEB-Arbeitskreises Sachverständige vor, die 2020 erschien und Leitsätze zu den Toleranzen im Fußbodenbau aufstellt. Der Referent kündigte an, dass die Veröffentlichung künftig zu einem BEB-Merkblatt werden könnte. Die vollständige Veröffentlichung kann unter dem Web-Link bit.ly/Toleranzen_im_Fussbodenbau abgerufen werden.

Der Referent erläuterte zunächst den Zusammenhang zwischen Estrichen und Toleranzen im Fußbodenbau: Estriche haben neben anderen auch die Funktion, eine vorgegebene Höhenlage zu erreichen. Bei der Beurteilung der Maßgenauigkeit und Einhaltung zulässiger Toleranzen und Grenzwerte für die Herstellung von Estrichen und Bodenbelägen stellt sich immer wieder heraus, dass geltende Normen und Hinweisblätter nicht alle Punkte umfassend behandeln und keine eindeutigen Bewertungskriterien enthalten.

An erster Stelle der Bewertung muss die Frage stehen: "Was war vereinbart und damit vertraglich geschuldet?" Nur durch eine klare Beschreibung der Vorstellungen des Bestellers weiß der Auftragnehmer, was erwartet wird, so Prechel. Wenn keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden, gilt die übliche Beschaffenheit. Diese ist im Allgemeinen durch Vertragsregelwerke, wie die VOB, und die anerkannten Regeln der Technik beschrieben.

Für die Beurteilung von Toleranzen wird in der Regel zuerst DIN 18202 "Toleranzen im Hochbau - Bauwerke" in der jeweils gültigen Fassung herangezogen. In dieser Norm beschriebene Toleranzen dienen zur Begrenzung von Abweichungen der Nennmaße, Größe, Gestalt und Lage von Bauteilen. Das ist erforderlich, um trotz unvermeidbarer herstellungsbedingter Ungenauigkeiten die vorgesehenen Funktionen zu erfüllen und das funktionsgerechte Zusammenfügen von Bauteilen zu ermöglichen. Der Arbeitskreis Sachverständige hat sich einiger wichtiger Punkte der Ausführungsgenauigkeit bei der Estrichherstellung und der Bodenbelagsverlegung angenommen und zu bisher nicht genau definierten Sachverhalten sieben Leitsätze entwickelt.

Fazit: Burkhard Prechel mahnte beim Einsatz von Messgeräten an: Sachverständige müssen aufpassen, was sie messen. Bei manchen Messgeräten müsse der Sachverständige gerätetypische Messfehler berücksichtigen. Und: Randabsenkungen durch Trocknung und Schwinden des Estrichs nach einer Belagsverlegung können nicht als Toleranzen im Sinne des DIN 18202 bewertet werden.


André Bartel, Gesellschafter Barit
Schnittstellen und Anschlussdetails in Großküchen

"Großküchen können immer dann unangenehm werden, wenn es von dort in die nächste Ebene durchtropft", warnte Barit-Gesellschafter André Bartel. Die große Herausforderung bei Großküchen-Objekten bestehe in deren Beständigkeit. Barit stellt Böden auf Basis von Epoxidharz, Polyurenthanharz und Zuschlagstoffen her. Noch vor 30 Jahren sei man in Großküchen damit ausgekommen, Fliesenbeläge in ein mineralisches Bett zu legen und dieses ebenfalls mineralisch zu verfugen.

Heute werden Fliesenbeläge in Kunstharz verlegt und mit Epoxidharz verfugt. In der Fläche seien diese ebenso dampfdiffusionsdicht wie ein Kunstharzbelag. Daraus folgt: Falls bei Bauschäden Feuchtigkeit eindringt, so hat die Feuchtigkeit keine Möglichkeit, über mineralische Fugen zu diffundieren.
Einen Schwerpunkt legte Bartel auf das Thema Reinigung von Großküchenböden: Er empfahl Reinigungsanweisungen direkt mit dem ausführenden Personal abzusprechen, damit die Küche vier Wochen nach der Fertigstellung noch genauso gut aussehe. Für die Zukunft könnte er sich unterstützend den Einsatz von Reinigungsrobotern vorstellen.

Fazit: Egal, ob der Unterbau einer Großküche ein schwimmender Estrich oder ein Verbundestrich ist, die Konstruktion muss von oben dicht sein. Falls keine Verbundkonstruktion möglich sei, helfe entweder eine Überwachung der Konstruktion durch Revisionsklappen oder Messfühler oder alternativ der Verzicht auf eine untere Abdichtung. "Nur so lässt sich die Gefahr eines Totalschadens in der Großküche vermeiden", sagte Bartel abschließend.

Prof. Dr. Gerd Motzke,
Rechtsanwalt und früherer Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München
Die Regeln der
Technik und das Recht

Prof. Dr. Gerd Motzke zitierte für den Begriff der anerkannten Regeln der Technik den Juristen Peter Kamphausen: "Anerkannte Regeln der Technik bezeichnen allgemein solche qualifizierten Technikregeln, die von einer hinreichend großen Zahl kompetenter Fachleute des betreffenden Sachgebiets deshalb getragen und akzeptiert werden, weil ein Konsens darüber besteht, dass die Regeln richtig, zur Zweckerreichung geeignet und das mit der Regelbefolgung erzielbare Ergebnis brauchbar und praxisbewährt ist.

Der Referent machte darauf aufmerksam, dass DIN-Normen keine Rechtsnormen seien, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. "Sie können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben oder hinter diesen zurückbleiben", sagte Prof. Motzke. Nach seiner Auffassung haben dagegen die anerkannten Regeln der Technik einen Entscheidungs- und nicht einen Empfehlungscharakter.

Prof. Motzke empfahl, sich zu vergegenwärtigen, dass die anerkannten Regeln der Technik nicht der Oberbegriff und schriftliche Regelwerke der Unterbegriff seien, sondern beides vielmehr unterschiedliche Kategorien seien. Der große Bereich der Technik zeichne sich durch Vielfalt, Buntheit und auch sprachliche Vielfalt aus. In diesem Zusammenhang nannte er Normen, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise, Arbeitsblätter und Empfehlungen. Im Gegensatz dazu herrsche im Rechtsbereich eine grundsätzliche Einheit, die auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zurückgehe, und zweigeteilt auf das Werkvertragsrecht und den VOB-Vertrag abstelle.

Der frühere Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht München betonte: "Entspricht eine Sache einer DIN-Norm, so ist sie noch lange nicht mangelfrei oder fehlerhaft." Eine Norm sei eine Empfehlung und nicht mehr. Neben ihr gebe es auch noch etwas anderes - oder wie Prof. Motzke es ausdrückte: "Eine Norm ist nicht die einzige, sondern nur eine Erkenntnisquelle."

Fazit: Die anerkannten Regeln der Technik sind ein unbestimmter Rechtsbegriff. Die Frage, ob eine handwerkliche Leistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht, ist dagegen eine Frage zur Beurteilung durch den Sachverständigen. Prof. Motzke empfahl den Sachverständigen beim Auftritt vor Gericht, ausschließlich die technischen Fragen zu beurteilen. Er machte auch deutlich, wie wertvoll Sachverständige für das Gericht seien. Dies würde auch erklären, dass sie manchmal wie "ein rohes Ei" behandelt werden würden, scherzte der Referent abschließend.


Prof. Dr. Matthias Zöller, Sachverständiger
Innenraumabdichtungen
und allgemein anerkannte
Regeln der Technik

Anerkannte Regeln der Technik sind ein zentraler Bestandteil aller Bauverträge und haben eine juristische Bedeutung. Der Referent Prof. Dr. Matthias Zöller wies darauf hin, dass sich die anerkannten Regeln der Technik regelmäßig nicht feststellen lassen, weil sie nicht mit Regelwerken gleichzusetzen seien. Auf Baubeteiligte, Planer, Ausführende und Sachverständige komme die Aufgabe zu, technische Sachverhalte aufzuklären, wobei sie dafür nicht nur auf die Regelwerke abstellen dürfen. Es gelte zwar die Vermutungsregel, dass DIN-Normen anerkannte Regeln der Technik seien. Allgemeine Regeln der Technik seien Mindeststandards, von daher seien technische Lösungen aufzuzeigen, um eine allgemeine und konkrete Gebrauchstauglichkeit sicherzustellen. Insgesamt stellte der Vortrag auf das Spannungsfeld zwischen Technik und Recht ab und thematisierte philosophische Überlegungen, die viele Bewertungen im Bauwesen zumindest in Frage stellten.

Fazit: Prof. Dr. Zöller empfahl, technische Sachverhalte aufzuklären und Regelwerksvorgaben als Orientierung zu betrachten. Bei Schäden sei es wichtig, kausale Zusammenhänge und die Verwendungseignung zu klären. Hilfestellung bietet dabei der anerkannte Stand der Technik.

Weitere Vorträge:
Dr. Ulrike Schirmer,
Bauhaus Universität Weimar
Untersuchung
polymerer Baustoffe

Dr. Ulrike Schirmer beschäftigte sich mit der Vielfalt polymerer Baustoffe wie Polymerbeton, polymermodifizierte Mörtel und Betone sowie polymerbasierte Instandsetzungsmaterialien. Die Referentin erklärte die Anforderung der Analytik und die unterschiedlichen Methoden zur Analyse polymerer Baustoffe.


Dr. Holger Kletti,
Bauhaus Universität Weimar
Untersuchung
mineralischer Baustoffe

Dr. Holger Kletti stellte die Untersuchung mineralischer Baustoffe, Möglichkeiten und Grenzen vor. Er beschrieb verschiedene Methoden und Arten der Mikroskopie sowie Röntgenmethoden.


Prof. Dr. Sylvia Stürmer,
Hochschule Konstanz
Beständigkeit von Ettringit
in Schnellzementestrichen

Prof. Dr. Sylvia Stürmer erklärte anschaulich die Beständigkeit von Ettringit. Hierzu trug sie vor, dass Ettringit in jedem Zement vorhanden ist und dass eine normale Erstarrung nicht ohne Calciumsulfat funktioniert, weil sonst ein zu frühes Erstarren eintritt ("Löffelbinder" genannt). Demnach ist die Anwesenheit von Ettringit in den erhärteten Mörteln und Betonen notwendig. Weiterhin erklärte sie die Wirkungsweise von ternären Schnellzementen in Verbindung mit dem erforderlichen Ettringit und chemisch gebundenem Wasser. Hierzu wurde im Besonderen auch auf das Schwindverhalten und daraus auch auf die DIN18560-1 (Schwindklassen SW0 bis SW3) hingewiesen.

Fazit: Das Ettringit als primäre und stabile Hydratphase in Schnellzementestrichen (SZ-T) bindet mehr Wasser als die C-S-H-Phasen in Normalzement-Estrichen. Das Bindemittel von SZ-T setzt sich aus genormten Einsatzstoffen (u. a. Normalzement und Sulfatträger) zusammen. Die herstellerseitig optimierte Ettringitbildung mit "Innerer Trocknung" sorgt für eine schnellere Glättbarkeit und Belegereife.
aus FussbodenTechnik 01/22 (Wirtschaft)