Schadensanalyse mit Prof. Andreas Rapp

Braune Streifen im Eichenparkett

Kleine, dunkle Streifen im Eichenparkett, jeweils begrenzt auf den einzelnen Stab, aber in der Fläche durchaus sichtbar - ist das wirklich ein Schadensbild? Und woher kommen die Streifen? Mit diesen Fragen haben sich Prof. Andreas Rapp und die Studentin Elena Teunissen auseinandergesetzt. Auf dem Sachverständigentag 2021 in Köln taten auch andere Fachleute dazu ihre Meinung kund.

Vorausgeschickt werden muss, dass besagte Streifen bei der Verklebung des Rohparketts nicht aufgefallen waren. Erst nachdem bauseitig ein zweifacher Auftrag mit Wasserlack erfolgt war, traten die dunklen, nicht sehr langen Streifen hervor. Ammoniak konnte als Ursache ausgeschlossen werden.

Hatte der Handwerker etwas falsch gemacht? Die Untersuchung ergab, dass der fugenfrei verlegte Eichenboden nach dem Schleifen weder vollflächig gekittet noch grundiert worden war. Letzteres war vom Lackhersteller auch nicht vorgeschrieben gewesen. Vielmehr hatte der seinen Lack zum zweifachen Direktauftrag freigegeben.

Untersuchungen im Labor

Auffällig war, dass es keinen Farbzusammenhang über mehrere Stäbe gab. Nur einzelne Stäbe waren betroffen, manchmal sogar mit starker Abgrenzung innerhalb eines Stabes. Das Phänomen musste ins Labor.

In der genauen Untersuchung des Holzes zeigte sich, dass die Stellen über den Frühholzporen betroffen waren. Die braune Färbung folgte diesem Verlauf und durchtränkte sogar den Lack. Aber auch abseits der Versiegelung waren Poren mit einem braunen Inhaltsstoff gefüllt. Die sogenannten Eichen-Thyllen, die eigentlich so hell wie das übrige Holz hätten sein sollen, waren braun geworden.

Der braune Inhaltsstoff stellte sich als wasserlöslich und auswaschbar heraus. Also hatte es eine Wechselwirkung zwischen Holzinhaltsstoffen und Wasserlack gegeben. Fraglos war das Braun schon vorher im Holz vorhanden gewesen, wurde durch den Wasserlack ausgeschwemmt und blutete bis in den Lack hinein aus. So vergrößerten sich die vorher nur 0,2 mm messenden Streifen auf deutlich sichtbare 2 mm.

Unvollständige Verkernung

Im Test mit Eisen(III)chlorid konnten die braunen Pfropfen in den Frühholzporen als phenolischer Gerbstoff (Tannin) identifiziert werden. Vergleiche mit anderen Eichenproben zeigten ähnliche Farbeindrücke. Es war also kein so seltenes Phänomen. Das verwendete Eichenholz hatte in seiner Wachstumsphase bei der Verkernung die Stärke nicht vollständig umgewandelt. Eigentlich ein ganz natürlicher Prozess, denn Pflanzen speichern Saccharide in Form einer organischen Verbindung, die zu den Kohlenhydraten zählt - Stärke nämlich.

Und dieses Stärkedepot wird im Verkernungsprozess durch das Absterben von Parenchymzellen bei gleichzeitiger Einlagerung von Kernstoffen, Verschluss der Hoftüpfel und Inkrustierung ihrer Membranen samt Bildung von Thyllen aufgelöst. Und wenn nicht? Liegt dann ein Materialfehler vor?

Bewertung ist nicht einheitlich

Wenn es in der Natur so vorkommt, muss es der Verbraucher akzeptieren, würde vermutlich ein Hersteller oder Lieferant sagen. Andreas Rapp, in seiner Funktion als Sachverständiger, vertritt eine andere Ansicht: "Wenn das Flächenbild im Auge des Betrachters wehtut, liegt ein Mangel vor."

Aber hätte der Verarbeiter erkennen können, dass sein Auftrag von Wasserlack diese Holzinhaltsstoffe ans Tageslicht fördert? Diese Frage sei überhaupt nicht von Belang, resümiert Prof. Matthias Zöller, Architekt und Bausachverständiger: "Es kommt nicht darauf an, ob man das Problem vorab erkennt, wenn sich ein Ergebnis einstellt, das der Kunde nicht erwartet hat. Noch schlimmer wird es, wenn der Auftraggeber ein fehlerfreies Muster erhalten hat." Nach dieser Lesart liegt allein deshalb ein Schaden vor, weil das Material die Erwartungshaltung des Kunden nicht eingelöst hat.

Kann man dem Handwerker vielleicht auch einen Verarbeitungsfehler unterstellen? Möglicherweise ist die erste Lackschicht zu dick aufgetragen worden. Das bleibt Spekulation. Und hätte eine Grundierung geholfen? Sicherlich keine auf Wasserbasis. "Wenn man Wasser auf Eiche nicht verwenden soll, müsste dieses Holz künftig nur noch geölt werden", gab der Sachverständige Dieter Humm zu bedenken. "Geholfen hätte in diesem Fall vielleicht eine silanbasierte Spachtelgrundierung", ergänzte ein Kollege.

Tatsächlich haben einige Parkettleger im Alltag das Problem mit den braunen Streifen in der Eiche schon erlebt. Selbst in Eichenmöbeln kommt es vor. Reklamationen sind in diesem Zusammenhang allerdings kaum bekannt. Das spricht dafür, dass diese naturtypische Eigenschaft hingenommen wird. Erst wenn im Streitfall ein Parkettsachverständiger dem Gericht zu verstehen gibt, dass er selber dieses Oberflächenbild für nicht akzeptabel hält, wird ein Richter mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zustand als Mangel bewerten.

Wer letztlich dann verantwortlich ist - Parkettleger, Parketthersteller, Lackhersteller oder Endkunde - kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Der Parkettleger hat auf jeden Fall das Recht zur Nachbesserung und in einem vergleichbaren Beispiel möglicherweise gute Chancen, die Oberfläche des Eichenparketts mit neuem Schliff und anderer Beschichtung zu renovieren.
| Henrik Stoldt
Braune Streifen im Eichenparkett
Foto/Grafik: Rapp
Braune Holzinhaltsstoffe sind aus der Eiche in den Wasserlack ausgeblutet und bilden Streifen.
aus Parkett Magazin 02/22 (Wirtschaft)