VDB-Tagung

Die Branche brauchtmutige Schritte

Kassel. Nach drei Jahren erstmals wieder in Präsenz gab es bei der diesjährigen VDB-Tagung viel zu besprechen. Herausfordernde Zeiten erfordern mutige Schritte, so das Resümee der zweitägigen Veranstaltung, die diesmal in Kassel stattfand. Inspiration dafür lieferten zahlreiche Vorträge, sowohl von Verbandsseite als auch von hochkarätigen Gastrednern.

"Seit wir uns 2019 zuletzt getroffen haben, hat die Welt sich dramatisch verändert", begrüßte VDB-Präsident Marc Böhle die Tagungsmitglieder in Kassel und spielte damit nicht nur auf die Corona-Pandemie an. Diese, so Böhle, habe der mittelständische Bettenfachhandel zum allergrößten Teil sehr gut gemeistert. "Vor allem das Jahr 2020 entwickelte sich für viele Händler sogar zu einem Rekordjahr." Auch 2021 seien die Ergebnisse - trotz des extrem langen Lockdowns zu Beginn des Jahres - grundsätzlich noch immer gut gewesen. Dann allerdings hätten sich neue Probleme zum Corona-Thema gesellt. "Teils gravierende Lieferverzögerungen und damit verbundene Preissteigerungen waren so nicht vorhersehbar und werden uns auf unabsehbare Zeit weiter beschäftigen", prognostizierte Marc Böhle.

Ein anderes Thema, das der VDB-Präsident mit Sorge betrachtet, ist die Personalentwicklung im Fachhandel. Vor allem an wirtschaftsstarken Standorten, wo sich auch die Wohnungsmieten kontinuierlich verteuerten, seien bereits jetzt gute Verkaufskräfte kaum noch zu bekommen oder zu bezahlen. "Wir erleben zunehmend, dass Mitarbeiter es nicht mehr schaffen, ihr eigenes Gehalt zu erwirtschaften", erklärte Böhle, "Und die Problematik wird sich aus demografischen Gründen kontinuierlich verstärken."

Die geburtenstarken Jahrgänge gehen langsam in Rente und deutlich weniger junge Arbeitnehmer kommen nach. Die Zahlen sprechen für sich: Anfang 2021 standen in Deutschland 5,82 Millionen 60- bis 65-Jährigen nur 3,86 Millionen 15- bis 20-Jährige gegenüber. "Rein statistisch wird diese Diskrepanz dazu führen, dass unser Arbeitsmarkt künftig rund 400.000 Beschäftigte verliert - und zwar jedes Jahr", zeichnete Marc Böhle ein Zukunftsbild, dem die Branche dringend entgegenwirken müsse. Der erste Schritt hier sei, zu verstehen, dass sich der Arbeitsmarkt in Richtung eines Arbeitnehmermarkts entwickle und der nächste, kompetente Kräfte mit mehr Geld an den Fachhandel zu binden.

Vor diesem Hintergrund sei es natürlich erfreulich, dass viele Bettenhäuser in den vergangenen beiden Jahren ihre Erträge deutlich steigern konnten. "Leider geht diese Hochphase jetzt aber zu Ende", so Böhle. Auch angesichts des Ukraine-Kriegs und damit verbundener Preiserhöhungen sinke die Kauflaune der Verbraucher spürbar. Gleichzeitig steigen auch die Kosten für die Händler, zum Beispiel für Energie.

Mit dieser Situation umzugehen und dafür zu sorgen, dass wir auch künftig unsere Geschäfte rentabel führen können, ist die Aufgabe, die wir meistern müssen", appellierte Marc Böhle an seine Kollegen. Die Branche brauche mutige Schritte, ist der VDB-Präsident überzeugt. "Wenn um uns herum alle Branchen die Preise erhöhen, müssen wir mitgehen. Angesichts der auch weiterhin zu erwartenden Kostensteigerungen benötigen wir merklich höhere Erträge."

Statt Vorbehalte gegen steigende Preise zu pflegen, gelte es, gemeinsam mit den Lieferanten Strategien zu entwickeln, alte Konditionen zu überarbeiten und Handelsspannen anzupassen. Natürlich sei die Sorge, dass viele Kunden steigende Preise nicht zahlen können oder wollen, nicht unbegründet. "Aber erstens gibt es in Deutschland eine wohlhabende Gesellschaftsschicht, die auch in Krisenzeiten stabil ist", so Marc Böhle. Und zweitens fahre der Bettenfachhandel mit seiner Strategie, die bewusst auf Qualität setzt, seit vielen Jahren sehr gut. "Ich bin zuversichtlich, dass wir auch künftig erfolgreich sein werden."


Martin Auerbach, Geschäftsführer Heimtex-Verband

"Kreislaufwirtschaft in derBettenbranche ist möglich"

Kreislaufwirtschaft ist eine Mammutaufgabe für Industrie und Handel. Was sich genau dahinter verbirgt und welchen Einfluss Kreislaufwirtschaft künftig auf die Bettenbranche haben wird, darüber sprach Martin Auerbach auf der VDB-Tagung. "Hierzulande wird der Begriff oft auf die Abfallwirtschaft reduziert und bezeichnet nur die umweltverträgliche Rückführung von Rohstoffen oder das Recycling von Produkten", erklärte der Geschäftsführer des Heimtex-Verbandes. "Echte Kreislaufwirtschaft" sei vielmehr ein geschlossenes System von der Produktion bis zur Rückführung und Wiederverwendung der Rohstoffe auf gleichbleibendem Niveau. Das heißt, bei einer Produktion muss zuerst festgelegt werde, welche gut recycelbaren Materialien verwendet werden, bevor diese in einem kreislauffähigen Design zusammengebracht werden. Erste kreislauffähige Matratzentypen, so Auerbach, gäbe es bereits, und die Forschung laufe weiter. Sein Appell: "Es ist wichtig, dass Industrie und Handel hier zusammenarbeiten, dann bin ich zuversichtlich, dass wir Kreislaufwirtschaft sukzessive in der Branche umsetzen können."


Markus Kamps, Schlafcoach

"Megatrend Gesundheit macht Schlafprodukte populär"

Mit Serviceleistungen und (digitalen) Tools rund um das Thema Schlaf können Fachhändler bei den Kunden punkten, davon ist Markus Kamps überzeugt. Auf der VDB-Tagung gab der Schlafcoach einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten. "Jeder, der Betten verkauft, kann einen Zusatzumsatz fahren, indem er sich mit ergänzenden Produkten am Markt positioniert", sagte Kamps. Besonders der Megatrend Gesundheit mache Schlafprodukte aktuell populär. Die entsprechende Palette reicht von Massagegeräten über Schnarchhilfen bis hin zu Blaulichtfilterbrillen, Luftreinigern oder Schlaftrackern. Wichtig bei der Umsetzung am POS sei, so Kamps weiter, die Verkäufer mit ins Boot zu holen, um eine kompetente Beratung zu gewährleisten. Darüber hinaus empfiehlt Markus Kamps den Fachhändlern, die Zusatzprodukte nach Möglichkeit an konkrete Dienstleistungen zu koppeln. Diese könnten etwa die Auswertung von Schlaftracker-Daten sein oder das Angebot von Leihgeräten.


Peter Frank, BBE München

"Die aktuellenBetriebsergebnisse sind eine gute Basis"

"Der Bettenfachhandel steht eigentlich gut da", leitete BBE-Berater Peter Frank die Vorstellung der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Branche für das Jahr 2021 auf der VDB-Tagung ein. Insgesamt seien die Nettoumsätze des vergangenen Geschäftsjahrs sehr erfreulich. Betriebsergebnisse von im Durchschnitt 15 %, bei besonders ertragreicheren Unternehmen sogar über 20 % des Umsatzes, wertete der Experte als solide Basis, auf der sich nun gut arbeiten lasse. Denn, auch das machte Frank in seinem Vortrag klar, selbst bei einer zu erwartenden soliden Umsatzentwicklung halte die Zukunft für die Fachhändler einige Herausforderungen bereit. Eine Möglichkeit, sinkender Frequenz bei zeitgleich steigenden Einkaufspreisen, Nebenkosten und Stundenlöhnen zu begegnen, sieht der BBE-Berater in einem konsequenten Kundenbeziehungsmanagement. Darüber hinaus gelte es, beim Einkauf auf Lieferfähigkeit und Kalkulationsmöglichkeiten zu achten und auf eine hohe Qualifizierung der Mitarbeiter zu setzen. Denn entscheidend sei, die Conversion Rate zu erhöhen, also mehr Interessenten in Kunden umzuwandeln.
aus Haustex 05/22 (Wirtschaft)