Viele große Anbieter fehlten

Surfaces - Gemischte Gefühle

Die amerikanische Bodenbelagsmesse Surfaces (30. Januar - 1. Februar 2008) liegt hinter uns und hinterlässt gemischte Gefühle. Offizielle Statistiken des Veranstalters liegen zwar noch nicht vor, jedoch haben wir den subjektiven Eindruck gewonnen, dass die Anzahl der Besucher - wie schon im Vorjahr - rückläufig sein dürfte. Auch die belegte Fläche dürfte etwas geringer geworden sein. Möglicherweise ist die Anzahl der Aussteller angestiegen. Ob dies jedoch als positives Zeichen gewertet werden kann, wagen wir zu bezweifeln.

In den USA gibt es offensichtlich bald keine Hersteller mittlerer Größe mehr. In den vergangenen Jahren hat auf dem amerikanischen Markt ein Konzentrationsprozess von extremen Ausmaßen stattgefunden. Die Großen werden immer größer und mittelgroße Anbieter werden aufgekauft. Aus den Teppichgiganten Shaw und Mohawk sowie dem PVC- Hersteller Armstrong sind inzwischen Anbieter der gesamten Bandbreite von Bodenbelägen geworden. Neben Teppichboden werden Laminat, PVC, Parkett und sogar keramische Fliesen aus einer Hand angeboten und inzwischen auch selbst produziert. Es herrscht eine Mentalität, die schön mit dem Satz "fressen oder gefressen werden" umschrieben werden kann. Hatte einst Armstrong vor einigen Jahren den bunten Reigen eröffnet und Bruce, den wohl damals größten Parketthersteller der Welt, und kurze Zeit später auch die DLW gekauft, so sind Mohawk und Shaw in den letzten Jahren verstärkt auf dem Markt aktiv geworden. Wir erinnern natürlich noch die Übernahme von Unilin durch Mohawk.

Im Jahre 2007 hatte der mittelgroße amerikanische Parketthersteller Columbia die bekannte Firma Universal bzw. Malaysia Wood Industries mit einer Produktionskapazität von ca. 2 Mio. qm Fertigparkett in Sungai Petani/Malaysia gekauft. Kürzlich hat nun Mohawk das Unternehmen Columbia inklusive Malaysia Wood Industries gekauft. Damit wird die Mohawk-Tochter Unilin in Europa zum Parkettanbieter. Ein vorläufiges Ende dieser Übernahmeschlacht ist Shaws Akquisition des angesehenen, mittelständischen Parkettherstellers Anderson Ende 2007. Sicher wird dies nicht die letzte Übernahme auf dem amerikanischen Markt gewesen sein. Wir dürfen gespannt sein, wen es als Nächsten treffen wird.

Wirtschaftsprofessoren nennen diesen Prozess wohl Konsolidierung. Man fragt sich allerdings, ob diese Prozesse gut für den Markt und damit den Endverbraucher sind. Vermutlich wird etwas Kreativität und Dynamik auf der Strecke bleiben. Große Unternehmungen sind nun einmal nicht so flexibel wie mittelgroße und kleine Firmen.

Was ist nun eine amerikanische Bodenbelagsmesse wert, wenn viele der wichtigsten Marktteilnehmer schlicht nicht präsent sind? Shaw war nur über die neue Tochter Anderson dabei, Mohawk nur über die Tochter Unilin, Tarkett hatte einen sehr kleinen Stand, der der Bedeutung der Unternehmung nicht entsprach. Forbo und Armstrong haben wir vergeblich gesucht. Nur Mannington und Beaulieu/Berry haben als Anbieter einer Vielzahl von Bodenbelagsarten die Fahne hochgehalten.

Ersatzweise gab es beinahe eine Invasion aus China. Wir haben es aufgegeben, die Vielzahl von Anbietern aus dem Reich der Mitte zu zählen, die Parkett, Laminat, Fliesen oder Granit-Platten verkaufen wollten.

Auch im Bereich der Laminat-Hersteller haben wir viele große Anbieter vermisst. Unilin, Alloc, Kronotex, Kronoswiss, Faus waren präsent. Classen, Egger, Kronospan, Kaindl und Witex, um nur einige der Großen zu nennen, haben wir vergeblich gesucht.

So macht die Surfaces keinen Sinn! Sicherlich mehr als die Hälfte des amerikanischen Bodenbelagsangebotes wird nicht ausgestellt. Woran liegt dies? Sind es die hohen Kosten der Messebeteiligung? In der Tat ist Las Vegas teuer geworden. Trotz des starken Euros wundert man sich doch sehr über viele Preise für Hotel, Restaurant oder auch nur Getränke in den Messehallen. Auch die Aussteller berichten von hohen Standmieten. 320 USD/qm scheint sehr viel Geld für nur drei Messetage mit insgesamt nur 23 Stunden Messezeit zu sein. Oder ist die amerikanische Wirtschaftskrise schuld? Gemäß dem Bureau of Economic Analysis ist der Index für den privaten Wohnungsbau auch in 2007 weiter gesunken. Gegenüber der Spitze in 2003 liegt der private Wohnungsbau nunmehr um über 30 Prozentpunkte niedriger. Auf der anderen Seite wächst der Markt für sämtliche anderen Bereiche des Bauwesens wie Büros, Hotels und dergleichen mehr. Auch hierfür werden Bodenbeläge in großer Menge benötigt.

Nach Abwägung aller möglichen Ursachen sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass es die ganz großen Hersteller einfach nicht mehr nötig haben, eine Messe als Werbeplattform zu nutzen. Der Kunde hat offensichtlich keine andere Wahl mehr, als ohnehin mit diesen Großlieferanten zu arbeiten. Die Gespräche finden daher wohl eher im Hause des Lieferanten als auf der Messe statt. Es bleibt abzuwarten, ob irgendwann der Kunde die Messe Surfaces nicht mehr besucht, weil er an dem Angebot der Vielzahl von kleineren Anbietern nicht interessiert ist.

Heftige Einbrüche nur im mittleren Preissegment des Parkettangebots?

Die verschiedenen Gespräche mit Ausstellern zeigen ganz deutlich, dass hochwertige Parkettqualität zumindest eine stabile Nachfrage oder sogar trotz Wirtschaftskrise Steigerungen der Absatzmenge erfahren hat. Dies liegt offensichtlich an der positiven Konjunktur im Objektgeschäft. Besonders preiswerte Ware scheint ebenfalls stabil nachgefragt zu werden. Diese Ware findet ihren Weg über die DIY-Märkte insbesondere im Bereich der Renovierung. Heftig ist jedoch das mittlere Preissegment gebeutelt worden. Einzelne Hersteller schätzen den Rückgang des gesamten Bodenbelagsmarktes auf bis zu 25% und deuten an, dass der Rückgang im Parkettverbrauch sogar noch darüber liegen könnte. Diese Einschätzung klingt in Anbetracht des dramatischen Rückganges des Wohnungsbaus schlüssig.

Aktuelle Trends in Amerika

Hochglänzende Lacke haben deutlich an Bedeutung verloren. Es gibt sie zwar noch, jedoch haben seidenmatte und sogar matte Glanzgrade kräftig aufgeholt. Selbst geölte Oberflächen sind inzwischen auf dem Markt.

Die Zeit der "antiken" bzw. künstlich gealterten Oberflächen ist passé. In den letzten Jahren enthielten fast alle Kollektionen Produkte, die mit den Begriffen "distressed" und "reclaimed" umschrieben worden sind. Heute sehen wir diese Oberflächen nur noch vereinzelt. Die handgehobelte Oberfläche ist jedoch nach wie vor gefragt, obwohl auch hier die Unebenheit nicht mehr so stark ausgeprägt ist, wie dies in den letzten Jahren noch der Fall war.

Amerika ist "grüner" geworden. In Europa hat man eher den Eindruck, dass die Amerikaner kein ausgeprägtes Umweltbewusstsein haben. Die harte Verhandlungsposition der USA auf den letzten Umweltgipfeln in Kyoto und auf Bali ist noch in Erinnerung. Dieser Eindruck ist allerdings falsch! Der amerikanische Konsument hat sich sehr gewandelt und fragt ganz eindeutig umweltfreundliche Produkte nach. Dieser Trend hilft natürlich den Produkten Holz und Kork.

Vor 10-15 Jahren war das Fertigparkett in Amerika nahezu bedeutungslos. Es wurden fast ausschließlich Stabparkett und Massivdielen verkauft. Dies hat sich stark geändert. Brachenkenner schätzen den Marktanteil des Fertigparketts, in Amerika "engineered" genannt, inzwischen auf über 60%.

Insgesamt ist der amerikanische Parkettmarkt vielfältiger geworden. Es wird nicht mehr nur Roteiche und Ahorn angeboten. Eine Vielzahl von Holzarten, dunklere Töne, allgemeine Farbvielfalt, Strukturierungen der Oberfläche, verschiedene Glanzgrade und dergleichen mehr prägen den Markt. Amerikas Parkettangebot ist nicht mehr eintönig, sondern vibrierend.

Stärkung der Inlandsproduktion in den USA?

In den vergangenen Jahren haben reihenweise bedeutende amerikanische Parketthersteller ihre Produktion "outsourced" und durch Importe aus Asien, insbesondere aus China, ersetzt. Dieser Trend scheint vorerst gebrochen zu sein. Bedingt durch die Abwertung des Dollars auch gegenüber dem chinesischen RMB, einem Importzoll in Höhe von 8% auf Fertigparkett und weggefallener Exportförderung der Chinesen hat der Importdruck zu Gunsten der heimischen Produktion deutlich nachgelassen. Auch chinesische Anbieter von Massivparkett haben teilweise ihren Wettbewerbsvorteil verloren. Neben den oben genannten Gründen haben chinesische Hersteller zusätzlich das Problem, dass nahezu keine chinesische Eiche mehr auf dem Markt ist. Die Fabriken versorgen sich in Russland. Russische Eiche ist jedoch deutlich teuerer geworden. Einerseits steigt der Weltmarktpreis ohnehin, andererseits wirkt sich auch der Exportzoll für russisches Rundholz negativ aus. All dies hilft dem amerikanischen Hersteller von Massivparkett, der sich verhältnismäßig günstig auf dem heimischen Schnittholzmarkt versorgen kann.

Europäische Enthaltsamkeit

Im Vergleich zu allen Besuchen auf amerikanischen Messen haben wir wohl noch niemals so wenige Europäer wie in diesem Jahr getroffen. Diese Aussage gilt sowohl hinsichtlich der Aussteller als auch hinsichtlich der Besucher. Der Klebstoffhersteller Stauf und die Firmen Osmo, Pan Silva und Plyquet waren wohl die einzigen deutschen Anbieter unserer Branche. Aus diesem Bild lassen sich sehr deutlich die Exportschwierigkeiten bedingt durch den starken Euro ablesen.

Geheimniskrämerei

Ganz im Gegensatz zu Europa und Asien neigen amerikanische Anbieter nicht unbedingt zu überschäumender Auskunftsfreudigkeit. Umsatzzahlen, Absatzmengen und jegliche Neuentwicklung werden allgemein wie ein Staatsgeheimnis behandelt. Es ist erstaunlich, dass kein Gesprächspartner in der Lage war, den Gesamtmarkt und seine Entwicklung einzuschätzen. Den Vogel abgeschossen hat zweifelsohne John Woolsey, Marketing-Manager von Anderson, der unserem Redakteur gleich zweimal das Erschießen angedroht hat, falls wir über Umsatzzahlen oder Produktionstechnologien berichten würden. Nun denn - im wilden Westen gelten halt andere Gesetze, aber so ernst war die Drohung wohl nicht gemeint.
aus Parkett Magazin 02/08 (Wirtschaft)