Interview mit Dr. Uwe Sayer, Geschäftsführer FSC, Arbeitsgruppe Deutschland e.V.

Hintergrundinformationen zur Zertifizierung von Parkett

Einer der Referenten und Diskussionsteilnehmer des Parkett-Symposiums "Welches Parkett können wir morgen noch problemlos verkaufen" war Dr. Uwe Sayer vom FSC-Deutschland. Es liegt in der Natur der Sache, dass im Rahmen einer Podiumsdiskussion nicht alle offenen Fragen beantwortet werden können. Moderator Jürgen Früchtenicht nimmt dies zum Anlass, mit einem Interview Antworten auf verschiedene offene Fragen zu erhalten.

ParkettMagazin: Unser Parkett-Symposium liegt nun einige Wochen zurück. Welche Eindrücke haben Sie auf dieser Veranstaltung gewonnen?

Dr. Sayer: Einen sehr guten. Besonders spannend fand ich die Anmerkung eines Teilnehmers, dass wir nur noch begrenzt Zeit haben. Jetzt muss gehandelt werden. Vor diesem Hintergrund hat mich etwas beruhigt, dass offenbar alle anwesenden Holzhandelskooperationen signalisiert haben, dass Sie nun aktiver zur Information von zertifizierten Produkten gegenüber Kunden und Mitarbeitern beitragen wollen. Ich habe eine positive Bewegung gespürt, die unter anderem durch Ihre Veranstaltung stimuliert wurde.

ParkettMagazin: Man hört im Markt, dass es inzwischen auch Plantagenhölzer mit einer FSC-Zertifizierung gibt. Wie ist dies unter Berücksichtigung Ihrer Kriterien möglich?

Dr. Sayer: Die Zertifizierung von Plantagen erlaubt der FSC bereits seit 1994, also kurz nach Gründung. Der FSC versteht sich nicht als Zertifizierungssystem von Naturwäldern, sondern als Organisation, die Lösungen für jede Form der Waldwirtschaft anbietet. Gerade auf intensiv bewirtschafteten Flächen ist daher ein Steuerungsinstrument wie der FSC elementar wichtig, das neben der Produktion auch Schutz von Bevölkerung und Umwelt verlangt.

Für die Beurteilung von Plantagen sind die Rahmenbedingungen wichtig. Durch die FSC-Zertifizierung werden Betriebe unterstützt, die für eine "andere" Art der Plantagenbewirtschaftung stehen. So sind z.B. Plantagen, die nach 1994 aus Primärwald umgewandelt wurden, nicht durch den FSC zertifizierbar. Ein FSC-zertifizierter Plantagenbetrieb muss bestehende Naturwaldrelikte erhalten und fördern. Konkret bedeutet dies die Sicherung von Waldresten, Versuche mit Relikten natürlicher Baumarten, Sicherung von Waldresten entlang von Wasserläufen etc.. Gentechnisch veränderte Baumarten sind in allen FSC-zertifizierten Wäldern und damit auch in FSC-Plantagen verboten. Gefährliche Pestizide (beispielsweise Pestizide der Kategorie A und B der WHO) sind in FSC-zertifizierten Betrieben und damit auch in FSC-Plantagen ausgeschlossen. Bestimmte Betriebsteile müssen von FSC-zertifizierten Plantagenbetreibern so bewirtschaftet werden, dass der natürliche Zustand von Waldflächen langfristig wieder hergestellt wird. Maßnahmen müssen ergriffen werden, um negative Auswirkungen auf Böden und Wasser zu minimieren. Die Nutzung von Holz aus Plantagen sorgt auf diese Weise zur Entlastung von natürlichen Wäldern.

Viele FSC-zertifizierte Plantagen gehen zudem auf Situationen zurück, in denen degradierte Standorte wieder in Nutzung genommen wurden mit dem Ziel einer geregelten Holznutzung.

Derzeit existieren etwa 8,5 Mio. ha Plantagenflächen bei einer FSC-Gesamtfläche von 113 Mio. ha.

ParkettMagazin: Die britische Naturschutzorganisation "Friends of the Earth", die dem deutschen BUND nahe steht, hat Ihnen kürzlich die Unterstützung entzogen. Können Sie uns die Gründe erläutern?

Dr. Sayer: Die Unterstützung des FSC durch Umweltorganisationen wurde in den letzten 15 Jahren immer wieder auf die Probe gestellt. Zentrale Kritik sind Plantagenzertifizierungen, die aus Sicht von NGOs überprüft werden sollten. Zahlreiche NGOs haben in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um das FSC-System "integer" zu machen und Schwachstellen zu beseitigen. Die meisten dieser NGOs sind bis heute Mitglied im FSC und versuchen den FSC zu verbessern.

Friends of the Earth UK (FOE UK) sieht im FSC weiterhin das Holzzertifizierungssystem mit den besten Umweltstandards weltweit an. FOE UK erkennt auch an, dass die Mehrzahl der FSC-Zertifikate weltweit zu einer Verbesserung der Situation in vielen Ländern geführt hat. Aufgrund einiger kontrovers diskutierter FSC-Zertifikate hat FOE UK sich im April entschlossen, zunächst kein Zertifizierungssystem zu empfehlen und seine Mitgliedschaft im FSC zu überdenken. Der FSC unternimmt auf allen Ebenen sehr umfangreiche Anstrengungen, bestehende Konflikte zu klären und sein System integer und glaubwürdig zu halten. Bis heute ist FOE UK Mitglied des FSC. Es kann also nicht die Rede davon sein, das FOE UK die Unterstützung entzogen hat.

Der BUND in Deutschland hat auf der deutschen FSC-Vollversammlung im Oktober seine Unterstützung bestätigt und angekündigt, sich auch auf europäischer Ebene für eine intensive Fortsetzung der Unterstützung von Friends of the Earth weltweit einzusetzen.

ParkettMagazin: Zugegeben, es ist aus ökologischer Betrachtungsweise wenig sinnvoll, wenn tropische Primärwälder zu Gunsten von schnell wachsenden Holzplantagen abgeholzt werden. Man kann allerdings die Zeit nicht zurückdrehen. Stellen wir uns also einmal vor, dass verschiedene Flächen in Asien vor 25 Jahren zum Beispiel mit Hevea Brasiliensis und andere mit Eukalyptus bepflanzt worden sind. Nach ca. 25 Jahren ist die Latex-Produktion aus dem Hevea Baum nicht mehr ökonomisch sinnvoll. Die Bäume müssen gefällt werden, um Platz für eine neue Anpflanzung zu schaffen. Sollte man nicht beispielsweise zwischen Eukalyptus-Plantagen und Hevea-Plantagen unterscheiden? Es ist doch besser, das Holz der Hevea Bäume ökonomisch zu nutzen und nicht sinnlos und umweltschädlich zu verbrennen?

Dr. Sayer: Natürlich ist es immer sinnvoll, wenn Produkte genutzt anstatt verbrannt werden. Die Frage ist, ob der FSC das geeignete Instrument ist, um diese Unterschiede zu kommunizieren. Das FSC Siegel macht Aussagen über die Einhaltung bestimmter Standards bei der Bewirtschaftung von Wäldern und Plantagen. Hält ein Betrieb diese Standards ein, darf er das FSC-Siegel zur Vermarktung seiner Produkte verwenden. Es gibt weltweit sehr viele Betriebe, die zu einzelnen Aspekten erheblich mehr leisten, als der FSC-Standard verlangt. Eine Differenzierung zwischen Bronze (z.B. Eukalyptus Plantage), Silber (z.B. Hevea-Plantage) oder der Bewirtschaftung von naturnahen Wäldern in Gold (z.B. Buchenwald), wie Sie mit Ihrer Frage suggerieren, sieht der FSC bewusst nicht vor. Stattdessen versucht der FSC eine klare und einfache Botschaft gegenüber Verbrauchern zu kommunizieren, die sich einem weltweit einheitlichen Siegel abbildet und leicht verstanden werden kann.

ParkettMagazin: Wie kann man den aus unserer Sicht ökologischen Unsinn vermeiden, dass Parkettproduzenten in Südostasien FSC-zertifiziertes Holz aus Brasilien, Afrika oder Neuseeland importieren und für Mittellage und Gegenzug im Mehrschichtparkett einsetzen und stattdessen das heimische Hevea-Holz, das automatisch bei der Latex-Gewinnung als Kuppelprodukt anfällt, links liegen lassen?

Dr. Sayer: Natürlich kann man es als ökologischen Unsinn ansehen, wenn Produkte aus aller Welt unsere Märkte erreichen. Wichtig sind aus meiner Sicht jedoch eine sachliche Analyse des jeweiligen Produktes und keine pauschalen Aussagen. Der Transport auf dem Seeweg ist auch über sehr weite Strecken oftmals eine klimaunschädlichere Variante als weite Inlandstransporte per LKW auf der Straße. Grundsätzlich muss man sehr differenziert betrachten, bevor von "ökologischem Unsinn" gesprochen wird.

Wichtig ist, dass der FSC globalisierte Märkte und damit auch den von Ihnen beschriebenen Transport von Produkten aus aller Welt als Realität anerkennt. Eine Bewertung über den ökologischen Sinn von Produkten, die den weltweiten Gütertransport umfassend und sachlich bilanziert, lässt das FSC-Logo nicht zu. Nach meiner Kenntnis existiert ein derartiges Instrument weltweit noch nicht.

Ich möchte eine Gegenfrage stellen: Muss man den Import von Produkten aus Südostasien grundsätzlich für ökologisch unsinnig halten? Wenn ja, würde dies einen Großteil unsere Konsumprodukte in Deutschland in Frage stellen.

ParkettMagazin: In jüngster Zeit tauchen sogar Bambus-Fußböden mit einem FSC-Zertifikat auf dem Markt auf. Interpretiert Ihre Organisation diesbezüglich nicht den Begriff "Forstwirtschaft" ein wenig zu weit? Bambus ist biologisch gesehen ein Gras.

Dr. Sayer: Es stimmt, Bambus ist biologisch gesehen ein Gras. Faktisch haben viele Bambusbestände allerdings Waldcharakter und lassen sich wie andere baumdominierte Vegetationsformen nach den Grundsätzen einer verantwortlichen Forstwirtschaft bewirtschaften. Zudem kann Bambus auch als Nichtholzprodukt in Naturwäldern vorkommen und als solches bewirtschaftet und geerntet werden.

ParkettMagazin: Besteht bei Ihrer Regelung der sogenannten "Mixed Sources" nicht die Gefahr von Missbrauch, Irreführung der Verbraucher und sogar Diskriminierung einzelner Hersteller? Der Mehrschichtproduzent mit 15 mm Gesamtdicke und 4 mm Laufschicht kann im Vergleich zum Zweischichtproduzenten mit 10 mm Gesamtdicke und 4 mm Laufschicht seine Ware mit Ihrem Label verkaufen, vorausgesetzt er kauft zumindest für Mittellage und Gegenzug zertifiziertes Holz. Der Zweischichtproduzent hat hingegen keine Chance, wenn er kein Laufschichtholz mit FSC-Zertifikat am Markt kaufen kann. Besonders absurd erscheint das Beispiel eines 15 mm Mehrschichtparketts aus Südostasien, hergestellt mit Mittellage und Gegenzug aus zertifiziertem Holz aus Brasilien mit einer Laufschicht von 4 mm aus "kontrolliertem" Merbau. Dieses Produkt taucht auf dem Markt in Europa mit Ihrem Label auf und der Konsument glaubt tatsächlich, ein ökologisch "sauberes Produkt" gekauft zu haben. Wie stehen Sie zu dieser Problematik?

Dr. Sayer: Sie sprechen hier die Minimumprozentregel des FSC an, die eine mögliche Lösung im Rahmen der Chain of Custody darstellt. Diese verlangt, dass für die Herstellung eines Produktes eingesetzte Rohmaterialien zumindest zu 70% FSC-zertifiziert oder recycelt sein müssen. Solche Minimumprozentregeln sind auch in anderen Systemen oder Produktsegmenten üblich und belohnen eben denjenigen, der - auf das Produkt bezogen - einen höheren Beitrag zur einem verantwortlichen Umgang mit Waldressourcen leistet. Der Zweischichtparketthersteller hat aber durchaus die Möglichkeit, einen Teil seiner Produktion über das Mengenbilanzierungssystem als zertifiziert zu vermarkten. Dies ist ein anderes ebenfalls übliches System der Chain of Custody. Dort können Produkte entsprechend dem Anteil der eingesetzten zertifizierten Rohmaterialien mit dem FSC-Zeichen gekennzeichnet werden. Von Diskriminierung einzelner Hersteller zu sprechen, ist daher völlig unzutreffend. Im Gegenteil, der FSC stellt glaubwürdige und gleichzeitig pragmatische und industriefreundliche Lösungen bereit.

Dass nicht alle Komponenten eines Produktes zertifiziert sein müssen, um dieses als solches labeln zu können, ist der Realität der Marktverfügbarkeit zertifizierter Rohmaterialien geschuldet. Will man als Zertifizierungssystem nicht ausschließlich Nischenmärkte erreichen, muss man Herstellern die Möglichkeit einräumen, in das System durch ein schrittweises Umstellen ihrer Zuliefererketten "hineinzuwachsen". Die Frage, ob die für den Kunden sichtbaren Produktkomponenten wie Laufschichten oder Deckfurniere nicht in jedem Falle zertifiziert sein müssten, wird tatsächlich auch innerhalb der FSC-Mitglieder kontrovers diskutiert. Eine entsprechende Regelung würde das System aber unverhältnismäßig verkomplizieren und ist daher zugunsten einer höheren Praktikabilität nicht eingeführt worden.

Sie spielen schließlich auf die Frage der Sinnhaftigkeit bzw. Umweltverträglichkeit globaler Märkte an. Hier muss klar festgehalten werden, dass pauschale Aussagen wie "Produkt X aus Deutschland oder Europa ist umweltfreundlicher als das gleiche Produkt aus Fernost oder Übersee" so nicht haltbar sind. Klimabilanzen zeigen, dass die höchsten Emissionen durch den Inlandstransport per LKW entstehen, so dass auf dem Seewege transportierte bzw. importierte Güter durchaus eine vergleichbare oder günstigere CO2-Bilanz aufweisen können als "heimische" Waren.

ParkettMagazin: Einzelne Hersteller von Mehrschichtparkett, die die 4 mm Laufschicht aus zertifiziertem Rohstoff einsetzen und die 11 mm Mittellage und Gegenzug nur aus kontrolliertem Anbau ohne Zertifikat beziehen, behaupten, dass sie Ihr Fertigprodukt trotzdem mit Ihrem FSC-Zertifikat verkaufen könnten. Als Begründung wird behauptet, dass man nur 30% der Produktion mit Ihrem Label versehen darf und 70% ohne Ihr Label verkaufen muss. Dies erscheint uns unlogisch zu sein. Können Sie diesen Punkt klarstellen?

Dr. Sayer: Sie sprechen hier das Input-Output-Verfahren bzw. Mengenbilanzierungssystem an. Hersteller, welche die Mindestprozentanteile in ihrer Produktion nicht erreichen, können ein solche Bilanzierung anwenden, um zumindest einen Anteil ihrer Produktion als zertifiziert vermarkten zu können. Das Mengenbilanzierungssystem ermöglicht also gerade denjenigen Unternehmen eine Produktaussage zur Herkunft der eingesetzten Materialien zu treffen, die einen Einstieg in den Zertifizierungsmarkt finden wollen oder aber aufgrund der Produktcharakteristik bzw. Rohmaterialverfügbarkeit nur einen begrenzten Anteil zertifiziertes Material einsetzen können, Die Logik des Systems ist, dass nur soviel produzierte Ware als zertifiziert vermarktet und gelabelt werden darf, wie auf der Eingangsseite als "Haben" verbucht werden konnte. Setzt ein Hersteller wie in Ihrem Beispiel also nur 30% zertifiziertes Rohmaterial ein, darf er entsprechend auch nur 30% der daraus produzierten Güter labeln. Ein vergleichbares Bilanzierungssystem findet man z.B. auch im Ökostrommarkt.

ParkettMagazin: Warum bestehen Sie darauf, dass alle beteiligten Zwischenhändler und sogar die Verleger von Parkett ein Chain-Of-Custody Zertifikat vorweisen müssen? Reicht es nicht aus, wenn Wald, Sägewerk, Hersteller und im Falle von Drittlandsware der Importeur zertifiziert sind?

Dr. Sayer: Das Konzept des FSC ist einfach. Es baut darauf auf, die Lasten des Nachweises über die gesamte Verarbeitungs- und Handelskette zu verteilen und nicht einem Glied in der Kette aufzubürden. Möchte jemand ein FSC-Produkt herstellen, muss er drei Dinge sicherstellen: Er verfügt über ein entsprechendes internes Verarbeitungs- und Trennsystem, er kauft von einem zertifizierten Zulieferer und das gekaufte Produkt ist ein FSC-Produkt. Die Zertifizierung des Handwerkers am Ende der Kette ist nur dann erforderlich, wenn der Kunde explizit einen sicheren Nachweis verlangt. Dies findet z.B. im Rahmen der öffentlichen Beschaffung statt. In vielen anderen Fällen kann der Handel FSC-Produkte wie jedes andere Produkt handeln. Zur Bewerbung der Produkte mit dem FSC-Siegel ist nur eine kostenlose Registrierung erforderlich. Dort wird lediglich verlangt, dass das beworbene Produkt ein FSC-Produkt ist, das von einem FSC-zertifizierten Betrieb gekauft wurde.

ParkettMagazin: Sehen Sie keinen Wettbewerbsnachteil für das Handwerk? Die Zertifizierung verursacht schließlich Kosten. Folglich zahlt der Endverbraucher, der sein Parkett vom Fachmann verlegen lässt, mehr Zertifizierungskosten als der Selbermacher, der das gleiche Parkett im Baumarkt kauft.

Dr. Sayer: Entscheidend ist doch, ob der Endverbraucher möchte, dass der Handwerker ein FSC-zertifiziertes Parkett verlegt und sich auf einen Nachweis des Handwerkers verlässt oder ob der Kunde einen Boden haben möchte, der selbst das FSC-Siegel trägt und zu dem öffentliche Werbeaussagen gemacht werden sollen. Nur in diesem Fall ist eine FSC-Zertifizierung erforderlich, dies wird jedoch in den wenigsten Fällen zutreffen. Im Privatkundenbereich bestehen somit keine Wettbewerbsunterschiede. Anders im Rahmen der öffentlichen Beschaffung, in der eine Zertifizierung durch den Handwerker in den meisten Fällen erforderlich ist, da nur auf diese Weise ein gesicherter Nachweis gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber erbracht werden kann.

ParkettMagazin: Wir werden wohl vorerst damit leben müssen, dass es neben Ihnen auch das PEFC- und diverse nationale Zertifikate gibt und eine Fusion oder zumindest gegenseitige Anerkennung vorerst nicht möglich ist. Wäre es nicht wenigstens machbar, dass zumindest die Chain-of-Custody Zertifikate harmonisiert und gegenseitig anerkannt werden?

Dr. Sayer: Die Chain-of-Custody-Zertifikate von FSC und PEFC unterscheiden sich nur noch in wenigen Details. Hier gab es in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte. Viele Zertifizierer bieten inzwischen eine Doppelzertifizierung an.

Unterschiede haben sich in jüngster Vergangenheit durch verschiedene Anforderungen bei der Mischung mit Nicht-zertifiziertem Holz ergeben. Während PEFC hier nur illegales Holz ausschließt, hat der FSC hier erheblich weitergehende Anforderungen. Wir sind sicher, dass es im Interesse eines jeden Händlers liegt, beispielsweise keine gentechnisch veränderten Hölzer zu haben oder kein Holz, dass in besonders schützenswerten Urwäldern eingeschlagen wurde. Gerade in Verbindung zu beigemischten Anteilen zertifizierter Produkte müssen Menschenrechtsverletzungen und die Umwandlung von Naturwald in Plantagen ausgeschlossen sein. Bei PEFC werden solche Hölzer nicht ausgeschlossen, für den FSC sind es jedoch essentielle Anforderungen. Ob sich in dieser Frage in naher Zukunft eine Harmonisierung erreichen lässt, ist offen. Bislang hat der FSC bei solchen Fragen häufig einen Trend gesetzt, der von anderen Systemen im Nachgang aufgegriffen wurde. Dies ist zwar für den Handel lästig, rechtfertigt jedoch die Existenz von FSC-Zertifikaten.

ParkettMagazin: Eine kurze Abschlussfrage: Umweltschutzorganisationen wie der WWF sind in Ihrem Vorstand vertreten. Sehen Sie diesbezüglich keine Interessenskonflikte?

Dr. Sayer: Im Gegenteil. Hier liegt gerade das Kernstück unserer Arbeit. Nur wenn wir es schaffen, Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsinteressen zu gemeinsamen Lösungen zusammen zu bringen, werden wird langfristig Erfolg haben. Aus diesem Grund ist es geradezu notwendig, dass jeweils zwei Vertreter aus jedem Lager gemeinsam einen Vorstand bilden. Interessenskonflikte würden nach unserem Selbstverständnis dann entstehen, wenn Umweltschutzorganisationen oder eine Gruppe von Unternehmen oder Waldbesitzern die Organisation FSC dominieren würden und es nicht zu einer Balance aus verschiedenen Interessen kommt. Immer dann, wenn eine Organisation interessensgesteuert entweder vorwiegend Umwelt- oder vorwiegend Wirtschaftsinteressen vertritt, entsteht der von Ihnen angedeutete Interessenskonflikt. Ich darf die Gegenfrage stellen: Wer würde ein Zertifikat für glaubwürdig halten, in dem der zu überprüfende Betrieb die Regeln für seine eigene Überprüfung festlegt?
aus Parkett Magazin 01/09 (Wirtschaft)