Interview mit dem neuen Kerakoll-Geschäftsführer Anselmo Marchi

"Wir haben den Mitarbeitern jetzt deutlich mehr Verantwortung übertragen"

Der neue Geschäftsführer von Kerakoll Deutschland heißt Anselmo Marchi. Sein Vorgänger Hans-Dieter Albreit wird bei dem italienischen Verlegewerkstoffhersteller zukünftig in beratender Funktion tätig sein. Albreit hatte die deutsche Tochtergesellschaft 2006 aufgebaut. Der neue Geschäftsführer soll gemeinsam mit den Vertretern der Inhaber-Familie, Fabio Sghedoni und Paolo Benassi, die Geschicke auf dem deutschen Markt lenken. ParkettMagazin wollte von Anselmo Marchi wissen, wo Kerakoll 2009 seine Schwerpunkte setzt.

ParkettMagazin: Was werden Sie anders machen als Ihr Vorgänger?

Anselmo Marchi: Es gibt sicherlich viele bewährte Punkte, die wir nicht ändern werden. Das ist z.B. die Philosophie, nur qualitativ hochwertige Produkte anzubieten und Technologien zu entwickeln, die möglichst der Marktsituation einen Schritt voraus sind. Der Kunde steht nach wie vor im Mittelpunkt unseres Handelns. Es ist die mit dem Verwaltungsrat des Mutterhauses abgestimmte Geschäftspolitik, den Handel, die Verleger, Planer und Architekten noch intensiver zu schulen. Dies gibt den Verlegern mehr Sicherheit beim Einsatz unserer Produktsysteme und vertieft die Beziehungen zu unseren Marktpartnern. Dazu werden wir die anwendungstechnische Qualität unserer Gebietsleiter optimieren. Sie werden so zukünftig als technische Verkäufer unseren Partnern noch stärker beratend zur Seite stehen können. Wichtig ist mir auch, möglichst lange mit unseren Mitarbeitern zusammen zu arbeiten. Wir werden ein Team sein, mit den Zielen Kerakoll nachhaltig nach vorne zu bringen und Spaß an unserer Aufgabe zu haben.

PM: Welche sofortigen Maßnahmen werden Sie als neuer Geschäftsführer von Kerakoll Deutschland kurzfristig durchführen?

Marchi: Im ersten Schritt haben wir die Zuständigkeiten der Mitarbeiter klar definiert und ihnen dabei auch deutlich mehr Verantwortung übertragen. Jeder Mitarbeiter sollte sich als "Unternehmer im Unternehmen" sehen und so handeln. Als Rahmen für seine Entscheidungen stehen klar definierte Zielvereinbarungen und die Leitlinien der Unternehmensphilosophie zur Verfügung. Außerdem bin ich dabei, möglichst jeden Handelspartner persönlich kennen zu lernen, um mit ihm die aktuelle Situation zu besprechen und mögliche Optimierungen zu vereinbaren.

PM: Welche Schwerpunkte setzen Sie für 2009?

Marchi: Innovation und Ausbildung bilden die beiden Säulen der Entwicklung der Gruppe und auf diese beiden Faktoren werden wir auch in 2009 setzen. Für Innovationen investieren wir eine Quote von 5,5% des Jahresumsatzes, von der 75% für "grüne" Forschung eingesetzt wird. Wir berücksichtigen die Wünsche der Kunden hinsichtlich Lebensqualität, Umwelt und neuem Lifestyle. Im Bereich Ausbildung werden 3,2% des Umsatzes eingesetzt. Unsere Schwerpunkte werden auch die Umsetzung der jetzt eingeleiteten organisatorischen Optimierungen sein und wir werden die personelle Ausstattung im Verkauf der SLC-Sparte ausbauen. Sicherlich werden wir auch anstreben, unsere Kundenstruktur zu qualifizieren und die Kundenanzahl deutlich zu erhöhen.

PM: Welche Anforderungen stellt der deutsche Markt verglichen mit dem italienischen Markt?

Marchi: Jeder Markt hat seine Besonderheiten, aber ich möchte betonen, dass unsere Mission überall auf der Welt die gleiche ist: Ein innovatives Unternehmen zu sein, das den besten Service und die besten Bau-Systeme bietet. In Deutschland finden wir viel mehr Vorschriften und Verordnungen im Vergleich zu anderen Ländern. Er ist damit einer der technisch anspruchsvollsten Märkte. Insbesondere bei der Parkett- und Fußbodentechnik geht der Trend zu hochwertigen Ausstattungen. Diesen Anspruch werden wir seit vielen Jahren mit unseren 1K- und 2K-SLC Parkettklebstoffen gerecht.

PM: Welche Produktgruppen (Spachtelmassen, Parkettklebstoffe etc.) wollen Sie auf dem deutschen Markt stärker positionieren?

Marchi: Wir haben viele Wachstums- und Entwicklungsprojekte auf dem deutschen Markt. Neben der progressiven Stärkung des Firmenkerngeschäftes, professionelle Verlege-Systeme und chemische Bauprodukte, werden wir auf innovative Technologien in Übereinstimmung mit vertretbaren Entwicklungsprinzipien setzen. Ein Highlight unseres Angebotsspektrums ist sicherlich der Parkettklebstoff SLC L36, den wir als kennzeichnungsfreien Reaktionsharzklebstoff weiter in den Fokus rücken wollen.

PM: Auf welchen Januar-Messen wird Kerakoll Deutschland 2009 ausstellen?

Marchi: Die Messen sind nicht Teil unserer Strategie. Schon seit einigen Jahren nehmen wir nicht mehr an wichtigen Messen, wie z. B. der Cersaie, Bau oder Domotex teil. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Messe-Kosten immer mehr explodiert und der stolze Ehrgeiz einiger Wettbewerber, mit immer größeren, immer eindrucksvolleren Messeständen zu imponieren, passt nicht mehr in die Zeit, in der unsere Kunden auf ein optimales Preis-/Leistungsverhältnis achten. Letztendlich sind es ja die Kunden, die die "Zeche" zahlen. Das an dieser Stelle gesparte Geld investieren wir besser in Forschung und Entwicklung und in die Ausbildung von Anwendern und Handel.
aus Parkett Magazin 01/09 (Wirtschaft)