Saum & Viebahn hat Strategiewechsel abgeschlossen

In fünf Schritten zum Erfolg

Es war ein langer, arbeitsreicher, aufwendiger, manchmal auch schmerzhafter Prozess, dem sich Saum & Viebahn in den letzten fünf Jahren unterzogen hat: Das Traditionsunternehmen hatte sich 2002 einen grundlegenden Kurswechsel verordnet und in der Folgezeit in fünf Schritten vom ursprünglichen Sortimentsgroßhändler zum international tätigen Textilverlag gewandelt. Das war mit zum Teil einschneidenden Maßnahmen wie der Trennung von angestammten Geschäftsfeldern, dem Verlust von Umsatz und Mitarbeitern, der Neuausrichtung des Sortiments und der Kunden-Zielgruppen wie auch veränderten Eigentumsverhältnissen verbunden. Selbst die Töchter Coratex und Sofatex blieben nicht verschont. Aber alle Anstrengungen haben sich gelohnt: Heute sind die geschäftsführende Gesellschafterin Susanne Schicker-Westhoff und Geschäftsführer Dr. Wolfgang Wechsler dort, wohin sie wollten. Und Saum & Viebahn präsentiert sich als arrivierter Verleger mit europäisiertem Vertrieb und komfortablem Umsatzzuwachs in allen Sparten.

So unterschiedlich Susanne Schicker-Westhoff und Dr. Wolfgang Wechsler sind, so erfolgreich arbeiten sie als Team zusammen: Innerhalb von fünf Jahren haben die geschäftsführende Gesellschafterin und der langjährige Geschäftsführer von Saum & Viebahn das traditionsreiche Kulmbacher Familienunternehmen mitsamt seiner Tochtergesellschaften Coratex und Sofatex von Grund auf umstrukturiert und neu positioniert - ein harter, am Ende jedoch erfolgreicher und weiter erfolgversprechender Weg. "Wir sind jetzt dort angekommen, wohin wir wollten", zogen die beiden gegenüber BTH Heimtex ein zufriedenes Resümee. Und weil sie ihren Strategiewechsel als "beispielhaft für die ganze Branche" sehen, waren sie gern bereit, BTH Heimtex die fünf Schritte von der Ausgangsposition bis zum gelungenen Image- und Profilwandel offen zu legen.

Bis 2002 war Saum & Viebahn ein klassisches Großhandelshaus mit einem Vollsortiment an Stoffen, Bodenbelägen - bis auf Parkett und Laminat, davon hat man sich in Kulmbach immer distanziert - und Zubehör, das mit zehn Niederlassungen im gesamten Bundesgebiet seine Klientel bediente, die sich vornehmlich aus dem Raumausstatter-Handwerk rekrutierte. Das Unternehmen war hoch angesehen, das Geschäft lief nicht schlecht, versprach für die Zukunft aber auch keine großen Wachstumsraten bzw. Expansionsmöglichkeiten. Die Konstellation mit mehreren Gesellschaftern erschwerte einen klaren Kurs. In dieser unbefriedigenden Lage entschloss man sich zu einer "Flucht nach vorn", engagierte eine Unternehmensberatug, um verschiedene Zukunftsszenarien zu prüfen und fällte schließlich eine folgenreiche Entscheidung: Die Trennung vom angestammten Bodenbelagsgeschäft und die Konzentration auf die Stoffaktivitäten, mit dem Ziel, sich als Textilverlag zu profilieren. "Das funktioniert nur international", sagt Susanne Schicker-Westhoff, soll heißen mit Lieferanten aus dem In- und Ausland und mit einer Ausweitung des Vertriebsgebietes ins Ausland.

Solch eine tiefgreifende Neuorientierung lässt sich natürlich nur sukzessive umsetzen. In fünf Schritten ging man voran:

Der erste, Wechsler nennt ihn "Erfolg durch gezielte Veränderung, war der einschneidendste: 2003 verkaufte Saum & Viebahn seine Bodenbelagssparte, was die Firma prompt halbierte - sowohl im Umsatz als auch in der Mitarbeiterzahl. Doch sorgte dieser Schnitt für eine Verbesserung der Rendite und der Eigenkapitalbasis.

Nicht alle Gesellschafter trugen die neue Richtung hundertprozentig mit. Daher erwarb Familie Schicker alle Anteile des Unternehmens, um künftig volle Kraft voraus steuern zu können.

Das ermöglichte den zweiten Schritt, die "Sortimentsprofilierung vom Großhandels-Bauchladen zum Multispezialisten und internationalen Textilverlag". Für das Führungsduo bedeutete das bei Möbelstoffen das "Mitspielen in der Champions League", bei Dekos, Gardinen und Sonnenschutz ein "profiliertes Sortiment mit guten Zuwachsraten". Das Ziel sei jetzt nach fünf Jahren erreicht.

Schritt 3 war wiederum nicht einfach, denn dabei ging es um die "Marktpositionierung und Konzentration auf Kundenzielgruppen" - was den Abschied von einem Teil der Stammklientel mit sich brachte. "Wir haben auf Kunden und Umsatz in der unteren Mitte verzichtet und uns auf das gehobene und hochwertige Marktsegment fokussiert, das auf Qualität, Marke und Service setzt. Darüber hinaus wurden verstärkt die Industrie und der Export anvisiert. "Wir haben unser Engagement in Österreich, Italien und Osteuropa intensiviert, Spanien und Portugal neu aufgebaut", erklärt Wechsler. Dadurch sei der Exportanteil bereits auf 35% gestiegen.

Im vierten Schritt wurde mit der sogenannten "Cappuccino"-Strategie die Kundenbindung durch zusätzliche Service- und Dienstleistungen verbessert. Erklärend der Vergleich von Wechsler: "So wie bei einem Cappuccino der Kaffee den Standard darstellt, der Milchschaum das normale Extra und erst die Schokostreusel ihn zu einem besonderen Erlebnis machen, zur Marke, ist bei uns Sortiment und kompetenter Außen- und Innendienst der Standard. Unser Shop-in-Shop-System, das Wohnmagazin Interieur, Seminare, Wohn- und Fachpressearbeit sowie die Verkaufsförderung repräsentieren die normalen Extras. Und das Kooperationsmarketing mit Coratex und Sofatex steht für die Schokostreusel." Und alles zusammen sorge für eine "enge, partnerschaftliche Bindung".

Den langfristigen Erfolg sichern soll der fünfte Schritt: "Wir-Gefühl durch Motivation und Weiterbildung der Mitarbeiter". Grundlage dafür war für die Geschäftsleitung die Schaffung flacher Hierarchien - es wurden mehrere Ebenen eliminiert-, Aufgabendelegation und klare Zielvereinbarungen, die eigenverantwortliches Handeln fördern sollen. Zudem nehmen alle Mitarbeiter vom Verkaufssachberater, Innendienst bis zur obersten Führungsebene an regelmäßigen Strategieschulungen teil. "Das soll ein starkes Wir-Gefühl schaffen und damit zu einer hohen Identifikation mit dem Unternehmen führen", sagt Schicker-Westhoff. Für Kompetenz wird durch die Ausbildung und Förderung im eigenen Haus gesorgt; so wird unter anderem in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Hof die duale Ausbildung zu Industriekaufleuten geboten, ferner der neuen Ausbildungsgang der Euro-Industriekaufleute. Dieser Einsatz wurde mit dem Ausbildungspreis belohnt.

Das angestrebte Ziel ist also zunächst erreicht, nun gilt es, diese Basis weiter auszubauen. Die Voraussetzungen dafür erscheinen vielversprechend: 2007 fuhr der Verlag ein einstelliges Umsatzplus ein, im Sonnenschutzbereich konnte in Deutschland sogar ein zweistelliger Zuwachs realisiert werden. Und auch 2008 hat sich die positive Entwicklung in ähnlicher Größenordnung fortgesetzt.


Saum & Viebahn - Fakten und Zahlen

Gründung: 1901
Geschäftsführende Gesellschafterin: Susanne Schicker-Westhoff
Geschäftsführer: Dr. Wolfgang Wechsler
Umsatz: 31 Mio. EUR (2007), davon 35 % im Export
Mitarbeiter: 175, davon 40 in Augsburg und 33 im Außendienst
Stammsitz mit Kompetenz-Center Stoffe: Kulmbach- ca. 10 000 Lagerpositionen- ca. 800 - 1200 Aufträge pro Tag
Kompetenz-Center innenliegender Sonnenschutz/Stilgarnituren: Augsburg- ca. 200 - 300 Aufträge pro Tag
Export: Schwerpunkt Benelux, Italien, Österreich, Portugal, Schweiz, Spanien, Skandinavien, Russland sowie Osteuropa, Exportanteil in einzelnen Segmenten bis 35 %

Sortiment:
Möbelstoffe (50 % Umsatzanteil)"Haus der Marken" mit:- Alcantara- Charmelle- Q 2- Infinity Loft
Dekostoffe und Gardinen (30 % Umsatzanteil)3 Wohnwelten- New Classics- Modern- Emotionseparate Linie "My Home"

Sonnenschutz (20 % Umsatzanteil)- Flächenvorhänge- Plissees- Vertikallamellen- Stilstangen

Service und Dienstleistungen:
- Kompetenter Außen- und Innendienst
- 24-Stundenservice
- Zentrallager
- Kooperationsmarketing Coratex und Sofatex
- Shop-in-Shop System Living & Design
- Banner Coupon-/Deko-Paket
- Verkaufsförderung / Werbemittel
- Homepage Servicemodule
- Zentrale Hotline
- Pressearbeit Wohn- und Fachpresse
- Wohnmagazin Interieur
- Mitarbeitertraining/Seminare/ Weiterbildung
- Unternehmens-Zieltage
- Jungmeistertagung
aus BTH Heimtex 09/08 (Wirtschaft)