Rasch: Interview mit Dario Rasch, Dr. Frederik Rasch und Bernhard Holzapfel

"Unsere Ateliers in Frankreich und England beeinflussen den Rasch-Stilmix positiv"

Rasch ist auf allen Ebenen erfolgreich: Im Inland wie im Ausland, beim arrivierten Fachhandel wie im Baumarkt. Geschickt gelingt dem Familienunternehmen der Spagat zwischen den Ansprüchen der verschiedenen Zielgruppen und Marktsegmente. BTH Heimtex wollte von den beiden Geschäftsführern Dario Rasch und Dr. Frederik Rasch sowie Designchef Bernhard Holzapfel wissen, auf welche Weise dieser Erfolg zustande kommt und wie das Unternehmen die eigenen und die Zukunftsaussichten des Marktes einschätzt.

BTH Heimtex: Rasch ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Auf welchen Märkten gab es dabei den größten Schub?

Dario Rasch 2006 und 2007 sind wir sowohl in West- als auch in Osteuropa kräftig gewachsen, besonders in den großen Märkten England und Frankreich. Auch in Deutschland waren wir sehr erfolgreich.

BTH Heimtex: Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Dario Rasch: Die Listung bei Praktiker ist einer der Gründe für die positive Entwicklung. Aber am Ende 2007 hat Praktiker den deutlich kleineren Teil unseres Wachstums ausgemacht. In den anderen Kundengruppen haben wir deutlich mehr zugelegt. Das hat uns selber überrascht. Viel gebracht haben uns Innovationen und Trading-up.

BTH Heimtex: Sind denn die Potenziale im Baumarktsektor schon ausgeschöpft?

Dario Rasch: In Deutschland wächst die Vertriebsform Baumarkt nicht mehr so stark, die Tapetenfläche wurde sogar verringert. Aber wir sind hier gut aufgestellt. Und sollte sich eine Chance bieten, unsere Präsenz auszubauen, werden wir sie auch nutzen. Wir möchten hier aber nichts übers Knie brechen, sondern unsere Partner sorgfältig aussuchen. In den Baumärkten sehen wir eher international Potenzial.

BTH Heimtex: Und womit ist der Erfolg in Osteuropa, genauer in Russland, zu begründen?

Dario Rasch: Dort rechnen wir seit Jahren damit, dass die heimischen Hersteller die Nachfrage befriedigen können und die westeuropäischen Anbieter größere Schwierigkeiten bekommen, weil sie sich nur noch über Design und Innovation absetzen können. Aber die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem, auch wenn es dort Kapazitätserweiterungen gegeben hat. Wir sehen in Osteuropa weiterhin große Chancen und ein kräftiges Wachstumspotenzial. Von der aktuellen Marktsituation profitieren nicht nur wir, sondern die gesamte westeuropäische Tapetenindustrie.

Der russische Markt hat prozentual inzwischen einen höheren Vliesanteil als der deutsche. Wobei wir dort natürlich eher hochwertige Produkte verkaufen. Mit ihnen sind unsere Marktchancen größer als mit preiswerten Produkten, denn wir haben natürlich zusätzliche Kosten für Transport, Verzollung usw.

BTH Heimtex: Wollen Sie im Export noch weitere Märkte erschließen, zum Beispiel Japan oder Indien?

Dario Rasch: Ich kenne Japan gut, habe dort auch einige Zeit gelebt. Allerdings agiert der zweitgrößte Tapetenmarkt nach Russland sehr geschlossen. Wir rechnen uns daher keine allzu großen Chancen aus. Wenn wir dort ein bis zwei Container pro Jahr verkaufen, sind wir schon sehr froh. Allerdings haben wir im B2B-Bereich gute Kontakte zu japanischen Tapetenherstellern.

Auch in Indien haben wir bereits B2B-Kunden. Doch noch ist der Markt für uns nicht interessant genug, wir sind in Wartestellung.

In China haben wir eine eigene Niederlassung und eine Vertriebsmannschaft. Auf niedrigem Niveau ist das ein interessanter Wachstumsmarkt. Geschäfte, die dort Rasch-Tapeten vertreiben, müssen bestimmte Standards erfüllen. Sie verpflichten sich, einen bestimmten Anteil ihres Sortimentes mit unseren Produkten zu bestreiten, das Rasch-Logo am Schaufenster zu tragen und unsere Vorgaben bei der Präsentation einzuhalten.

BTH Heimtex: Welchen Einfluss hat die gesamtwirtschaftliche Situation auf Ihr Geschäft?

Dr. Frederik Rasch: Obwohl das wirtschaftliche Umfeld momentan nicht optimal ist, wachsen wir. Die Bankenkrise hat überhaupt keinen Einfluss. Die Rezession in Amerika berührt uns kaum, da der amerikanische Markt für Rasch von untergeordneter Bedeutung ist.

Aber wir leiden unter der Stärke des Euros. Allerdings nicht so sehr, wie es bei einer Firma mit einer Exportquote von 65 % zu vermuten wäre. Die für uns wichtigen Auslandsmärkte liegen entweder in der Eurozone oder dort wird in Euro bezahlt, wie zum Beispiel in Russland.

Einen größeren Einfluss auf unsere Wertschöpfung hat der Ölpreis, der sich sofort auf die Kosten für unsere Rohstoffe auswirkt - direkt oder indirekt.
Dario Rasch: Dadurch, dass wir in Euro einkaufen, konnten wir die hohen Rohstoffpreise noch etwas ausgleichen. Allerdings fakturieren wir auch in dieser teuren Währung. Unter dem Strich bedeutet das eher ein Risiko.

Dr. Frederik Rasch: Ein Risiko, unter dem alle Anbieter leiden, die mit uns die gleichen Märkte bedienen. Wer diese Verteuerung am besten weitergeben kann, wird am erfolgreichsten sein. Und derjenige, der die marktgerechtesten Produkte entwickelt.

BTH Heimtex: Erfolgreich ist also derjenige mit den meisten Neuheiten?

Dario Rasch:. Hohes Innovationstempo, schnell drehende Produkte - dann hat man eine gute Chance. Das gilt auch für den Massenmarkt. Die Kunden verlangen ständig nach Neuheiten und außergewöhnlichen Produkten.

BTH Heimtex: Welchen Markt definieren Sie als Leit- bzw. Innovationsmarkt?

Dario Rasch: Deutschland ist unser wichtigster Markt. Aber wir haben auch Ateliers in Frankreich und England, die sich modisch von denen in Deutschland unterscheiden. Sie sind uns zum Teil voraus und haben einen guten Einfluss auf den deutschen Markt. Immer mehr Produkte, die im Ausland für das Ausland entwickelt wurden, werden in Deutschland gerne angenommen. Der Mix macht die Strategie komplett.

BTH Heimtex: Was für den französischen oder englischen Markt designt wird, funktioniert also auch teilweise in Deutschland. Lässt sich daraus ablesen, dass wir in unserem Jahrzehnt keinen klar definierten Trend haben?

Bernhard Holzapfel: Es können immer viele Trends nebeneinander existieren. Das ist wie in der Musik: Da gibt es auch viele Richtungen, die nebeneinander existieren und jede findet ihre Abnehmergruppe. So muss man das auch im Interieur-Design sehen.

Dr. Frederik Rasch: Das ist eine schöne Parallele - Trends im Design und in der Musik. Bezogen auf die Tapete, befinden wir uns momentan in Zeiten mit extrem guter Musik.

BTH Heimtex: Und welchen Trend sehen Sie zurzeit?

Holzapfel: Wir erkennen eine sehr viel stärkere Klassifizierung, etwa nach Altersstufen. Der Konsument wird dadurch greifbarer und nicht mehr nur allein in weiblich und männlich unterteilt. Natürlich spielt auch diese Unterscheidung eine Rolle, aber die Definition der Zielgruppen muss deutlich detaillierter sein.

Dazu beobachten wir genau, welche Trends sich aktuell abzeichnen. Welche Stars sind beispielsweise bei den Kindern gerade angesagt? Bei der Einrichtung von Kinderzimmern spielen eben sowohl die Vorlieben der Eltern - also der eigentlichen Kunden - als auch die Wünsche der Kinder eine Rolle. Wir lassen beide Seiten in unsere Produkte einfließen. Das machen wir in Deutschland, aber auch in Frankreich und England.

BTH Heimtex: Wie bringen Sie dabei die verschieden Strömungen Ihrer Ateliers zusammen, zum Beispiel von Deutschland, England und Russland?

Holzapfel: Wir sind sehr stark vernetzt, tauschen uns aus. Dabei steht immer der Konsument im Mittelpunkt, und zwar der europäische.

BTH Heimtex: Würden Sie Rasch als Innovationsführer bezeichnen?

Dr. Frederik Rasch Wir sind innovativ. Aber wir müssen nicht unbedingt immer Innovationsführer sein. Es ist gar nicht so wichtig, wer Innovationsführer in Deutschland ist. Viel wichtiger ist es, zu erkennen, dass es in Deutschland zwei Arten von Herstellern gibt. Das sind entweder die, die Kreation als Teil der Wertschöpfung sehen und sich deshalb eine große Kreativabteilung erlauben. Oder Unternehmen, die kein Atelier und keine Entwicklungsabteilung haben, die diese Arbeit nicht als wesentlichen Teil der Wertschöpfung sehen. Wir gehören ganz klar zur ersten Kategorie, und das gilt auch für die Zukunft.

Holzapfel: Nur weil Rasch jetzt wächst, müssen wir nicht anfangen zu experimentieren. Wir wollen in allen Bereichen eine hohe Qualität bieten und nicht einfach etwas ausprobieren, das vielleicht für den Markt interessant sein könnte. In unserem Unternehmen sind 450 Menschen beschäftigt. Daraus ergibt sich eine große Verantwortung.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielen denn Innovationen für den Erfolg von Rasch?

Dario Rasch: Die entscheidende Frage bei Innovationen ist, ob sie vom Markt angenommen werden. In unseren regelmäßigen Gesprächen mit der Entwicklungsabteilung, dem Atelier und mit Kunden versuchen wir das zu herauszufinden. Erst wenn wir davon überzeugt sind, dass eine neue Idee am Markt eine Chance hat, werden die Produkte zur Marktreife gebracht. Es gibt auch Innovationen, von denen wir uns viel versprechen, aber bei denen wir noch nicht genau wissen, wie der Markt darauf reagieren wird, bei denen noch nicht klar ist, ob, wann und wie sie in die Kollektion einfließen. Das können neue Designs sein. Interessanter wird es aber, wenn es auch um technische Innovationen geht.

BTH Heimtex: Können Sie Beispiele nennen?

Dario Rasch: Man muss sich auch mal kleine Verrücktheiten erlauben, zum Beispiel den Digitaldruck. Wir haben als erste in diese Technologie investiert, obwohl wir nicht wussten, ob sich diese Investitionen auch auszahlen. Wir haben einfach daran geglaubt und es gemacht. Unser neues Bodenbeschichtungssystem Rapoxy ist auch so ein Beispiel.

BTH Heimtex: Wie entwickelt sich denn der Bereich Digitaldruck?

Dario Rasch: Der Digitaldruck ist heute ein wichtiger und profitabler Sortimentsbestandteil. Hier können wir zum Beispiel Formate realisieren, die auf unseren Druckmaschinen technisch nicht umgesetzt werden können. Digitaldruck ist auch eine Technologie für kleine Losgrößen oder Sonderaufträge.

BTH Heimtex: Und wie geht es bei Rapoxy vorwärts?

Dario Rasch: Die technischen Hürden haben wir alle genommen. Und wir werden damit zügig auf den Markt kommen. Wann genau, kann ich allerdings noch nicht sagen.

Es wird wohl drei Oberflächen geben, glänzend, matt und rutschfest.

Bei der Verlegung haben wir zwei Ansätze. Erstens eine Verlegung auf einer Platte, die den existierenden Boden abdeckt, mit Nut und Feder oder Leim. Zweitens den klassischen Fußbodenaufbau, also beispielsweise mit einer Ausgleichsmasse. Dieser Boden wird wesentlich dünner und belastbarer sein, also ideal für Industrieböden.

BTH Heimtex: Wie ist die Resonanz aus dem Markt, von potenziellen Kunden oder Handwerkern?

Dario Rasch: Die Resonanz ist weiterhin gewaltig. Wobei es schwer fällt, den wirtschaftlichen Erfolg abzuschätzen. Wir glauben, dass diese Innovation zur momentanen Mode passt, zu den Ornamenten für den Fußboden, zur Auflösung der Trennung von Wand und Fußboden. Wir werden durch Rapoxy ja kein Fußbodenhersteller, sondern wir machen Tapeten für den Fußboden. Unsere 6.000 Artikel bieten wir alle für den Fußboden an, zuzüglich der unendlichen Möglichkeiten durch den Digitaldruck.

Zwar ist die Verarbeitung von Rapoxy relativ kompliziert. Aber der Verbraucher bekommt eine Vielfalt an Designs geboten, die heute wohl kein anderer Hersteller bieten kann.

BTH Heimtex: Man sollte sich also durchaus eine kreative Spielwiese gönnen?

Dr. Frederik Rasch: Unbedingt. Ein Raum für Kreativität und für Entwicklung bzw. eine Budget, einen Verantwortlichen und eine Struktur - das sind die Faktoren, die den Wettbewerbsvorteil von morgen darstellen.

Holzapfel: Für uns ist es jedenfalls die richtige Entscheidung.

BTH Heimtex: Innovative Produktneuheiten sind die eine Seite. Aber wie erfährt der Konsument von den neuen Kreationen aus dem Hause Rasch?
Holzapfel: Es gibt in Deutschland leider kaum mehr Geschäfte, in denen die Kunden diese Innovationen gezeigt bekommt, in denen die Verbraucher von begeisterten Menschen beraten werden, die Stoffe und Tapeten verkaufen können.

BTH Heimtex: Müssen wir uns diese Beratungs- und Verkaufskultur wieder erarbeiten?

Dario Rasch: Ja. Nur fehlt in der deutschen Handelslandschaft jemand, der flächendeckend oder zumindest in Groß- und Mittelstädten hochwertig Tapeten verkaufen kann. In anderen Ländern funktioniert das.

BTH Heimtex: Hochwertige Ware schließt also eine entsprechende Beratungsleistung ein?

Dario Rasch: Aus unseren westeuropäischen Nachbarländern wissen wir, dass sich die Kunden gute Beratung auch etwas kosten lassen. In Deutschland sind wir noch nicht so weit. Bei uns gibt es nur vereinzelt Einzelhändler mit Initiative, die dann auch erfolgreich sind. Aber eben nicht flächendeckend.

BTH Heimtex: Aber das ist kein neues Problem. Ist hier nicht auch die Industrie gefordert?

Dr. Frederik Rasch: Wir sind bereits aktiv und entwickeln zusammen mit dem Verband der Deutschen Tapetenindustrie einen neuen Showroom. In einer Tapetenboutique soll gezeigt werden, was Tapete heute ist und wie sie in unseren Augen im Handel präsentiert werden könnte. Wann genau es losgeht, wissen wir allerdings noch nicht.

BTH Heimtex: Bei der Vermarktung helfen sicherlich auch klangvolle Namen. Müssen es bekannte Designer sein, um heute noch etwas im Markt bewegen zu können?

Holzapfel: Nein. Der Kunde erkennt ein schönes Produkt auch dann, wenn kein bekannter Name das Etikett ziert.

Dario Rasch: Jeder Hersteller muss selbst entscheiden, ob er einen Stardesigner für seine Kollektion verpflichtet. Die Aktivitäten unserer Wettbewerber in diese Richtung beleben zumindest den Markt. Das kommt uns allen zu Gute.


Tapetenfabrik Rasch Telegramm

Rasch GmbH & Co. KG
Raschplatz 1
49565 Bramsche
Telefon: 05461 / 8110
Telefax: 05461 / 8 11-277
E-Mail: info@rasch.de
Internet: www.rasch.de

Gründung: 1897
Jahresumsatz: 158 Mio. EUR in der Gruppe (2007)
Schwestergesellschaft: Rasch Textil GmbH & Co. KG
Geschäftsführung: Dario Rasch-Schulze Isfort, Dr. Frederik Rasch, Manfred Brosda
Designchef: Bernhard Holzapfel
Verkauf: Michael Wohlfromm
Marketing: Elke Pfeiffer
Verbandsmitglied bei:
- Deutsches Tapeten-Institut GmbH
- Herstellervereinigung Bau+DIY e.V.
- IGI Internationaler Verband der Wandbekleidungshersteller
- VDT Verband der Deutschen Tapetenindustrie e.V.
aus BTH Heimtex 01/09 (Wirtschaft)