Interview des Monats: ABK, Gütersloh

"Das vergangene Jahr war das bisher beste in der Geschichte des Verbands"

Generationswechsel im Einkaufsverband ABK. Zum Ende des Jahres verlässt Geschäftsführer Hans-Günter Schucht das Unternehmen und übergibt das Staffelholz an seinen Nachfolger Thomas Fehr (siehe dazu auch den separaten Artikel in dieser Ausgabe). Zeit, einmal Bilanz zu ziehen und in die Zukunft des Verbandes zu blicken. Haustex besuchte Schucht und Fehr in Gütersloh und unterhielt sich mit ihnen über Sortimente, Marken, Produkte und Zukunftsstrategien.

Haustex: Herr Schucht, in wenigen Wochen scheiden Sie aus der ABK aus. Wie steht Ihr Verband heute da?

Hans-Günter Schucht: Die ABK hat 56 Gesellschafter und betreut 132 Verkaufsniederlassungen in Deutschland und Österreich. Wir wollen uns aber gerne in Richtung guter mittelständischer Fachgeschäfte weiter entwickeln und vergrößern. Der Zusammenschluss von Ambra und Bettenkreis zur ABK mit Beginn des Jahres 2004 lief nicht ohne Probleme ab. Das ist ja auch natürlich und verständlich. Wenn zwei Gruppen mit unterschiedlicher Tradition und liebgewonnenen Eigenarten zusammenwachsen, gibt es natürlich Reibungspunkte und unterschiedliche Auffassungen. Inzwischen sind wir aber zu einer Einheit zusammengewachsen und haben diese Anfangsprobleme hinter uns gelassen. Durch den Zusammenschluss haben wir ein Umsatzvolumen erreicht, mit dem wir eine wirtschaftlich solide Basis für die Zukunft geschaffen haben und für weiteres Wachstum gewappnet sind.

Ein wichtiger Bestandteil unserer Philosophie ist es, dass wir die Eigenständigkeit der Anschlusshäuser wahren, hegen und pflegen. Wir verstehen uns als Dienstleister im Vorfeld. Wir wollen nicht mehr leisten, als die Mitglieder von uns wünschen, aber das wollen wir perfekt auf die Beine stellen. Der Verband ist gut strukturiert und hat sein Selbstverständnis und Selbstbewusstsein gefunden. Finanziell sind wir gut aufgestellt, verfügen über eine funktionsfähige Infrastruktur, auch durch einen verlässlichen Partner bei der Zentralregulierung, mit dem wir schon seit 15 Jahren zusammenarbeiten. Sie erfolgt reibungslos zu durchaus annehmbaren Konditionen. Wir haben eine gute Lieferantenstruktur, so dass ich in aller Bescheidenheit sagen kann, dass ich Herrn Fehr ein geordnetes Haus übergebe.

Haustex: Wie gut geht es der ABK wirklich?

Schucht: Das Jahr 2007 war für die ABK, von der Ertragslage des Verbandes aus gesehen, ein absolutes Topjahr, besser war es weder zu früheren Ambra- oder ABK-Zeiten. Wir haben ein hervorragendes Ergebnis erzielen und an die Gesellschafter auszahlen können. Jeder, der bei der Gründung der ABK vor fünf Jahren seinen Gesellschafteranteil eingezahlt hat, hat dieses Geld bis heute mit 173 Prozent verzinst bekommen. Und das Gesellschaftskapital ist obendrein ja auch noch vorhanden. Bei einem Einkaufsvolumen von beispielsweise rund 500.000 Euro hat ein Gesellschafter bis jetzt auf seinen Gesellschafteranteil von 7.000 Euro eine Verzinsung von gut 12.000 Euro erhalten. Eine Bank, die Ihnen so eine Rendite bieten kann, müssen Sie mir erst noch zeigen.

Thomas Fehr: Dazu kommen noch die Boni, also die Erträge, die jedes Haus durch seine Zentralregulierung erhält. Sie werden auf der Chef-Tagung verteilt, die deshalb scherzhaft auch gerne Scheck-Tagung genannt wird. Der Bonus liegt im Schnitt über alle Lieferanten und alle Anschlusshäuser bei rund 2,4 Prozent des zentral regulierten Umsatzes.

Haustex: Wovon lebt der Verband, wie finanziert er sich?

Schucht: Außer dem Bonus und dem Gesellschafterkapital fließen dem Verband das Aufkommen aus Delkredere und Zentralregulierungsgebühren zu, die die Lieferanten freundlicherweise zahlen. Und da wir hier mit einem sehr schlanken Kostenapparat arbeiten, sind wir in der Lage, mit dem Geld auszukommen, das dadurch zusammen kommt. Davon können wir die Räumlichkeiten, das Personal und die Zentralregulierung bezahlen.

Um es also klar zu sagen: Die Mitgliedschaft im Verband kostet die Mitglieder keinen Cent. Wir arbeiten für sie, was die Grundleistungen angeht, absolut kostenfrei. In der Verbandszentrale arbeiten einschließlich des Geschäftsführers sechs Leute. Damit wickeln wir alles ab, auch das Lagergeschäft, für das aber auch 400-Euro-Kräfte beschäftigt werden. Das führt mitunter dazu, dass der Geschäftsführer auch schon mal den Blaumann anziehen muss, um den LKW zu entladen. Ich weiß daher gut, wie mit Paletten und einem Gabelstapler umzugehen ist und wie ein LKW zu leeren ist.

Sie merken, hier läuft alles reibungslos. Aber jetzt müssen auch neue Wege für den Verband gefunden werden. Daher bekommen wir mit Herrn Fehr einen Jüngeren in die Geschäftsführung. Er wird mit neuem Schwung und neuem Leben in die Zukunft gehen. Denn ich denke, wir müssen von einem Einkaufsverband, der wir aktuell sind, hin zu einem Marketing-Verband. Die Anschlusshäuser als Einzel-Händler müssen sich dann natürlich auch einem neuen Konzept mehr oder weniger anpassen können, ohne auf ihre Eigenständigkeit verzichten zu müssen. Das darf nicht passieren.

Haustex: Schließlich ist nach einem bekannten Spruch all Business local.

Schucht: Dass, wie Sie sagen, Business local ist, wird gerade jetzt und in Zukunft besonders wichtig. Die Fachgeschäfte müssen sich im Ort und vor Ort profilieren, denn uns wächst doch die Struktur der Bevölkerung entgegen. Wir sind genau in der Phase, wo es den Fachgeschäften wieder besser gehen wird und sie mehr Zulauf durch anspruchsvollere Kundschaft mit überdurchschnittlichem Einkommen erhalten. Mag man sie Golden Fifties oder Sixties nennen. Sie stellen Anspruch an Wellness, Qualität, vor allem aber an Service in allen erdenklichen Facetten. Diese Punkte kann keiner besser bieten als ein Fachgeschäft. Das muss vor Ort dokumentiert werden und funktioniert nicht über einen Verband einheitlich bundesweit wie bei einem Konzern, denn dort, das sehen wir in der aktuellen Situation, funktioniert es ja offenbar nicht.

Wenn wir das Potenzial gemeinsam ausschöpfen, sieht die Zukunft des Fachhandels so gut aus wie nie zuvor. Ich kenne noch die Zeiten, als die Kauf- und Warenhäuser die Fachgeschäfte verdrängt haben. Der Kern, der sich bis jetzt gehalten hat, hat die besten Chancen, auch die kommenden Jahre zu bestehen und zu expandieren.

Fehr: Allerdings nur, wenn der Fachhändler seine Hausaufgaben macht. Der Inhaber muss im Bewusstsein der Verbraucher noch stärker in den Vordergrund gerückt werden: Ich bin der Inhaber, ich berate kompetent. Da können wir unsere Häuser marketingtechnisch gut unterstützen. Die Werbemöglichkeiten ermöglichen heute eine bessere Personalisierung als noch vor ein paar Jahren. Aber die Hausaufgaben müssen vorher schon gemacht sein, denn das anspruchsvollere Publikum kann ich nicht mit einem veralteten Ladenbaukonzept ansprechen.

Haustex: Erklärtes Ziel ist es also, weitere Anschlusshäuser gewinnen zu können. Wo wollen Sie die herholen? Sind die guten Häuser nicht schon alle in irgendeiner Form gebunden?

Schucht: Es gibt immer noch erstaunlich viele, und darunter erstaunlich viele, die noch nicht wissen, welche Vorteile ihnen dadurch entgehen, dass sie nicht in einem Verband sind. Allein wenn es um so banale Dinge wie Zentralregulierung und die Erstellung eines Kernsortiments geht, bei dem ein Haus mit einer Dokumentation versehen wird von Artikeln, Preisen und Leistungen der Lieferanten. An dem kann man sich entlang hangeln und hat dadurch mehr Zeit, sich darum zu kümmern, worauf es letzten Endes ankommt, nämlich den Endverbraucher anzusprechen. Die Sortimente werden von Kommissionen zusammengestellt, die sich aus in der Regel sechs gestandenen Einzelhändlern zusammensetzen. Sie werden also nicht von uns als Verband oktroyiert. Wer also diese daraus entstehenden Vorteile eines Verbandes nicht nutzt, egal ob ABK oder eines anderen, der macht einen gewaltigen Fehler. Jeder Verband ist besser als keiner.

Haustex: Wie ist Ihr Verband strukturiert?

Schucht: Wir haben, wie bereits erwähnt, in Gütersloh eine ganz kleine Mannschaft, und jede Entscheidung, die hier vorbereitet wird, wird in Teams getroffen: für einzelne Warengruppen, Marketingstrategie, Dienstleistungen und EDV. Alles was wir an Leistungen anbieten, kommt aus der Mitte der Mitglieder. Wir müssen das Erarbeitete bündeln, strukturieren, vorbereiten, damit es in relativer kurzer Zeit abgewickelt wird, denn die Mitglieder müssen ja auch vor Ort in ihrem Geschäft sein und dürfen nicht zu lange in Gütersloh hängen. Jede Kommission besteht aus Mitgliedern, die sich dafür besonders prädestiniert fühlen oder seitens der Mitglieder als solche angesehen werden. Man kann ja auch aus den Umsatzstatistiken ersehen, wer in einer Warengruppe besonders gut ist. Eine Kommission sollte so zusammengesetzt sein, dass sie alle Mitgliedshäuser möglichst authentisch repräsentiert.

Haustex: Gibt es das typische ABK-Haus?

Fehr: Ich habe in den letzten Monaten schon sehr viele Hausbesuche bei Verbandsmitgliedern gemacht, aber ein typisches daraus herausgreifen kann ich nicht. Die Häuser sind sehr heterogen, es gibt große und kleine. Das kleinste Haus im Verband erzielt etwa 20 Prozent des größten Geschäfts. Aber es kann sein, dass ein kleines Haus in einem Warensegment mehr umsetzt als ein großes auf seiner Fläche. Diese Individualität pflegen wir ja auch gerade als Verband.

Haustex: Gerne wird in diesem Zusammenhang das Argument gebracht, dass die ABK sowieso ein durch Rüdiger Baretti dominierter Verband sei. Stimmt das?

Schucht: Das hören wir erschreckender Weise auch immer wieder, aber da ist absolut nichts dran. Natürlich ist Rüdiger Baretti unser größter Gesellschafter mit dem größten Anteil von Häusern und Umsatz, die hinter ihm stehen. Aber jedes seiner Fachgeschäftshäuser ist ein einzelnes Haus, ist einzelnes Mitglied im ABK und wird als einzelnes Haus bei uns geführt. Baretti selbst fungiert allein als Aufsichtsrats-Mitglied und bringt sich in seine Warenkommission Matratzen ein, in der er besonders firm ist. Innerhalb des Verbandes ist er Gesellschafter wie die anderen auch und erhebt auch keinen besonderen, darüber hinaus gehenden Anspruch. Was zu diesem Ruf führen mag, ist die Markenkollektion Baretti. Sie hat aber nichts mit Baretti als Person zu tun, außer, dass er uns den Markennamen und das Logo zur Verfügung stellt. Es obliegt aber nicht seiner Kontrolle, welche Artikel diesen Markennamen tragen. Von daher ist es weit hergeholt, dass die ABK ein Baretti-Verband sei.

Haustex: Skizzieren Sie doch bitte kurz, welche Service-Leistungen die ABK anbietet, über die Zentralregulierung und die Entwicklung eines Kernsortiments hinaus?

Schucht: Da fällt mir erst einmal der ganze Bereich Werbung ein. Wir verfügen über eine Werbemappe mit Inseraten und Aktionsunterstützungen für Weihnachts- oder Osterverkäufe, Räumungs- und Schlussverkauf und was es nicht noch alles gibt. Außerdem haben wir hier in Gütersloh mit Herrn Portmann einen EDV-Experten, der die Wartung der Kassensysteme von hier aus betreibt und Problemintervention betreibt, wenn sich zum Beispiel wieder eine Kasse aufgehängt hat. Das alles kostet unsere Mitglieder null Komma null, so lange von Gütersloh aus gearbeitet werden kann. Wenn er ins Anschlusshaus kommt, kostet er auch nur einen Bruchteil von dem, was eine externe EDV-Firma kosten würde.

Fehr: Wir reagieren auf Zuruf, auf die Wünsche unserer Mitglieder. Wir bereiten natürlich auch Messen vor, reservieren dazu auf Wunsch Karten oder Zimmer. Wenn etwas vorgeschlagen wird, was hier noch nicht genannt wurde, dann machen wir das selbstverständlich auch, sofern es für eine Mehrheit der Häuser sinnvoll ist. Wir tun nicht das, was wir für richtig halten, sondern was die Anschlusshäuser von uns wollen.

Haustex: Ihr Verband verfügt über drei Eigenmarken. Wie decken sie den Markt ab?

Schucht: Traumsiegel ist für den unteren Preisbereich, Baretti für die Mitte bis gehobene Mitte. On top kommt Royal Dream, königliches Schlafen. Diese Markenstrategie ist gewachsen aus dem Zusammenschluss der beiden Verbände Ambra und Bettenkreis. Ob das für die Zukunft Bestand haben wird, wird Herr Fehr im nächsten Jahr kritisch durchleuchten. Die Frage stellt sich, ob eine Drei-Marken-Strategie noch sinnvoll ist, oder ob man mit nur zwei Marken oder nur einer Marke nicht doch eine bessere Marktdurchdringung erreichen kann. Mit unserem auf der letzten Musterung vorgestellten Royal-Dream-Matratzenstudio haben wir aus unserer Sicht schon mal einen sehr guten Schritt voran getan. Die ersten Studios sind bereits installiert. Demnächst werden insgesamt 20 Studios in ABK-Häusern stehen. Das Studios verleiht der Marke einen tollen Auftritt, der durch einen sehr schönen Flyer noch unterstützt wird, sowohl optisch, als auch was die Entwicklung der Marke angeht.

Fehr: Wir fassen bei diesem Studio das Sortiment aller drei Marken erstmals zusammen, denn die zwei Rahmen kommen aus der Traumsiegel- beziehungsweise Baretti-Kollektion. Es hätte nur zur Verwirrung beigetragen, wenn wir diese Namen beibehalten hätten.

Schucht: Ich habe noch nie in meiner Ambra- und ABK-Zeit erlebt, dass auf einer Musterung spontan 17 Komplettsysteme geschrieben wurden. Denn wenn ein Händler sich dafür entscheidet, muss er sein vorhandenes Matratzensortiment umkrempeln. Insofern ist die Zahl von 17 Shops als sehr gut zu bewerten. Und es werden sicherlich noch einige folgen, denn der Erfolg der ersten Studios ist sehr gut, außerdem wertet seine Optik ein Fachgeschäft auf. Solch eine Serviceleistung entgeht einem einzeln handelnden Einzelhändler. Ihm bleiben nur die Markenshops, und damit bleibt er in der Vergleichbarkeit. Außerdem profitiert er nicht von der interessanten Kalkulation, die unser System bietet. Denn natürlich müssen wir unseren Anschlusshäusern einen Anreiz bieten, dass sie auf Bewährtes verzichten und sich solch einen Shop ins Geschäft setzen. Das Neue muss besser sein als das, was er bisher hatte: qualitativ, von der Logistik, der Sortimente und natürlich von der Marge.

Haustex: Sie erwähnten Anfangs den Wunsch, weitere Unternehmen für die ABK gewinnen zu wollen. Was muss so ein Haus an Eigenschaften mitbringen?

Fehr: Zu allererst die Bereitschaft, im Verband aktiv mitarbeiten zu wollen, sich zu öffnen und einen Teil seiner Aufgaben an den Verband zu übertragen.

Schucht: Und er muss solvent sein. Geradezu ein Heiligtum des Verbandes ist die Tatsache, dass wir jede Rechnung in der ersten Kondition zahlen, und das gilt auch für die Anschlusshäuser. Das ist der Grundsatz Nummer eins im Verband, die heilige Kuh, die nie geschlachtet werden darf. Wer das nicht leisten kann, ist nicht unser Partner. Es würde doch bedeuten, dass er sich für die Zeit über die erste Kondition hinaus Geld bei den Kollegenhäusern leihen würde. Das wäre ein zinsloses Darlehen durch den Verband. Diese Art von Bankgeschäften wollen wir bitteschön nicht betreiben. Wir wollen auch weiterhin nach außen dokumentieren, dass wir Zahler in der ersten Kondition sind. Punctum. Der Lieferant kann sich hundertprozentig darauf verlassen, dass er sein Geld innerhalb von zehn Tagen erhält. Deshalb haben wir doch auch diese gute Kapitalverzinsung.

Haustex: Herr Fehr, wie erlebten Sie Ihren Einstieg bei der ABK?

Fehr: Die Einarbeitung begann bereits vor meinem offiziellen Arbeitsbeginn. Von Herrn Schucht und dem Aufsichtsrat der ABK wurde ich gleich in alle wichtigen Entscheidungen mit einbezogen. Die große Menge an Fachliteratur zeigt, wie vielfältig und komplex die Branche ist. Deshalb bin ich sehr froh, auf ein kompetentes und sehr gut harmonierendes Mitarbeiterteam bei ABK zurückgreifen zu können. Zudem hatte ich wie erwähnt bereits die Möglichkeit, zahlreiche Anschlusshäuser kennen zu lernen. Es ist auffallend positiv zu bewerten, wie vielfältig die einzelnen Fachgeschäfte in ihrer Struktur sind, wie unterschiedlich die Waren präsentiert und die Kunden angesprochen werden. Wenn möglich, möchte ich noch bis zum Ende dieses Jahres alle ABK-Anschlusshäuser besucht haben.

Haustex: Worin liegt für Sie der Reiz der neuen Aufgabe?

Fehr: In einer Branche zu arbeiten, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gerade als innovativ gilt, reizt und motiviert mich. Ich glaube, man tut dem Bettenfachhandel unrecht, wenn man ihn pauschal mit Attributen wie "verstaubt" oder "langweilig" etikettiert. Ich habe in den letzten Wochen eine Vielzahl von gut strukturierten, optisch ansprechend gestalteten und konsequent auf die Kunden- und Marktbedürfnisse ausgerichteten Häusern kennen gelernt. Sicher gibt es auch noch eine Reihe von Häusern, die ihre Hausaufgaben in den Fächern Marketing, Ladengestaltung oder Warenpräsentation noch erledigen müssen. Hier gilt es meiner Meinung nach anzusetzen. Ich sehe es als eine meiner Hauptaufgaben an, "das Erledigen der Hausaufgaben" zu initiieren und zu begleiten.
Haustex: Was wird sich bei der ABK unter Ihrer Führung ändern?

Fehr: Bei der ABK handelt es sich um einen kerngesunden Verband, der grundsolide wirtschaftet. Das ist für mich der Garant für zukünftige Veränderungen, denn nur auf solider wirtschaftlicher Basis lassen sich notwendige Veränderungen initiieren. Eine primäre Pflicht als neuer Geschäftsführer der ABK ist es sicherlich, den Verband nach innen und außen zu stärken. Nach innen, indem ein stärkeres "Wir-Gefühl" aufgebaut wird, ein "ich bin stolz, Gesellschafter der ABK zu sein". Nach außen, Herr Schucht hatte es ja schon angedeutet, indem man gute und leistungsstarke Bettenhäuser einlädt, Mitglied dieser starken Gemeinschaft zu werden.

Haustex: Wie wollen Sie das "Wir-Gefühl" stärken?

Fehr: Man kann es nicht "par ordre de Mufti" erzwingen. Es entsteht vielmehr dadurch, dass man dem Einzelnen klar macht, dass er in einer starken Kooperation mehr erreichen kann denn als Einzelkämpfer. Es ist ja nicht gottgegeben, dass ein Bettenfachhändler alles alleine machen muss, keinen um Rat fragen darf und schon gar nicht von den Erfahrungen anderer lernen soll. Ich bin der festen Überzeugung, dass der erfolgreiche Bettenfachhändler der Zukunft sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren wird und all die Dinge, die sein Verband besser kann, bei ihm "einkauft".

Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass der Verband in den Augen der Fachhändler diese Kompetenzen auch besitzen muss. Bei der ABK ist diese Kompetenz im Bereich Einkauf/Sortimente ohne Wenn und Aber vorhanden, im Bereich Marketing werden wir die bisherigen Maßnahmen in ihrer Wirkung bewerten und auf den Prüfstand stellen.

Haustex: Worin besteht Ihrer Meinung nach die Kernkompetenz des Bettenfachhandels?

Fehr: Die Kernkompetenz des Bettenfachhandels ist die persönliche und kompetente Ansprache der Kunden. Sie ist aber nicht automatisch ein Wettbewerbsvorteil, da sie der Kunde ohnehin von einem Fachgeschäft erwartet. Die Beratung durch den Fachverkäufer muss vielmehr beim potenziellen Käufer Begeisterung für das Produkt wecken. Meines Erachtens sollte die Beratung im Bettenfachgeschäft vier Ziele erreichen: 1. Höherpreisig anbieten, ohne Kunden damit zu verprellen. 2. Neben dem Kopf auch die Sinne der Kunden ansprechen, denn 90 Prozent aller Verkaufsentscheidungen werden emotional getroffen. 3. Zusatz- und Ergänzungsprodukte anbieten (Cross Selling), ohne dabei aufdringlich zu wirken und, last but not least, die Kundenberatung, sprich den Verkauf, erfolgreich abschließen. Gerade an dem ersten Punkt, dem höherpreisigen Verkaufen, scheitern viele Verkäufer, da sie selbst vom Preis dieses Produktes nicht überzeugt sind. Hier gilt es in Seminaren die Fachverkäufer regelmäßig zu schulen. Denn neben der notwendigen Fachkompetenz muss dem Verkäufer auch die Begeisterung am erfolgreichen Verkaufen vermittelt werden.

Haustex: Besitzen alle Bettenfachhändler diese Kernkompetenz?

Fehr: Die persönliche und kompetente Ansprache des Kunden beginnt bereits mit Betreten des Ladens. Ohne dass ein Wort gewechselt wird, ist die Entscheidung des Kunden, dort zu kaufen oder nicht zu kaufen fast schon gefallen. Oftmals entscheiden Äußerlichkeiten, kleine Dinge, wie achtlos abgestellte Dekomaterialien in den Ecken, abgetretener Teppichboden, vergilbte oder alte Plakate an den Wänden darüber, ob der Kunde kauft. Das setzt sich natürlich darin fort, wie der Verkäufer gekleidet ist, ob er ein gepflegtes Äußeres hat und endet schließlich in einer kompetenten, für den Kunden verständlichen Beratung. Nur wenn alle Faktoren zusammen für den Kunden stimmig sind, führen sie zum Verkaufsabschluss. Ich glaube, dass sich viele Bettenfachhändler noch viel zu sehr um ihre Ware kümmern. Darum, die besten Matratzen, die besten Bettwaren einzukaufen und sie vergessen dabei, dass der Kunde eigentlich nicht das Bett oder die Zudecke an sich kaufen möchte, sondern eine Lösung für sein ganz spezifisches Schlafbedürfnis haben möchte.

Haustex: Wie kann die dafür notwendige Mitarbeitermotivation erreicht werden?

Fehr: Motivierte Mitarbeiter, die mit Spaß verkaufen, wünschen sich alle Unternehmen. Aber Motivation kann man nicht erzwingen, sie wird vielmehr erzeugt durch die innere Einstellung zum Unternehmen. Ist der Mitarbeiter stolz in seinem Unternehmen zu arbeiten, ist er auch ein motivierter Mitarbeiter, der mit Spaß und Enthusiasmus verkauft. Um das zu erreichen, gibt es nur einen Weg: Kommunikation. Sie ist das Instrument zur Prägung einer Unternehmenskultur und zur Steigerung der Mitarbeitermotivation. Nur wenn der Mitarbeiter weiß, wohin die Reise geht, fährt er auch mit. Deshalb muss man Mitarbeiter in Entscheidungen mit einbeziehen, beispielsweise wenn es darum geht, Veränderungen am Sortiment vorzunehmen oder den Laden neu zu gestalten. Auch das Übertragen von Verantwortung, zum Beispiel für eine bestimmte Warengruppe, trägt signifikant zur individuellen Motivation bei. Die Hauptlast der Kommunikation liegt beim Unternehmer. Er hat Vorbildfunktion und lebt die Unternehmenskultur. Ist seine Kommunikation klar und sind seine Entscheidungen eindeutig, schafft dies Vertrauen. Vertrauen wiederum ist die Basis für Motivation und letztendlich für den Unternehmenserfolg.

Haustex: Kommt mit Ihnen, Herr Fehr, eine neue Marketingstrategie?

Fehr: Es wird sicherlich Veränderungen in der Marketingstrategie geben. Herr Schucht sprach es bereits an, es gibt bei der ABK mit Traumsiegel, Baretti und Royal Dream drei Exklusivmarken, die in ihrer Gesamtheit auf die Fläche zu bringen sind. Es gilt deshalb, die geschaffene Markenphilosophie weiter zu entwickeln und zu optimieren, um eine stärkere Wiedererkennbarkeit auf der Fläche zu erreichen. Das gemeinsam mit Optimo neu entwickeltet Royal Dream Studio ist hierzu sicherlich ein richtigerer Ansatz. Daneben gilt es, für die einzelnen Häuser individuelle und speziell auf den jeweiligen regionalen Markt zugeschnittene Kommunikations- und Marketinglösungen zu entwickeln. Die Marketingaktivitäten der ABK müssen so gestaltet sein, dass trotz aller Individualität ein Höchstmaß an Standardisierung erreicht wird, nicht zuletzt aus Kostengründen. Ich denke deshalb an eine Art Baukastensystem, aus dem sich unterschiedliche Werbe- und Marketingmaßnahmen zusammenbauen lassen. Am Ende steht ein Unternehmensauftritt, der die Erwartungshaltung der Kunden an ein Bettenfachgeschäft hinsichtlich Funktionalität, Qualität und Design optimal repräsentiert.

Haustex: Wo gibt es Ihrer Ansicht nach weiteren Handlungsbedarf im Verband?

Fehr: Neben der bereits diskutierten klaren Zielgruppenfokussierung sehe ich beispielsweise auch Handlungsbedarf auf den Feldern Internet, Direktmarketing und Erfahrungsaustausch. Viele Fachhändler unterschätzen nach wie vor die Bedeutung des Internet als Informationsmedium. Gerade die Zielgruppe 50+ ist hoch Internet-affin. In aller Regel wird sich vor dem Besuch eines Fachgeschäftes über das jeweilige Produkt und den möglichen Lieferanten ausführlich informiert. Bettenfachhändler, die keine oder nur über eine nichts sagende oder unattraktiv gestaltete Homepage verfügen, haben Wettbewerbsnachteile. Ich stelle mir vor, unseren Anschlusshäuser auch hier eine Art Baukastensystem für den Aufbau einer Homepage anzubieten. Direktmarketing wird nur bei den wenigsten Bettfachhändlern betrieben. In aller Regel scheitert es schon an der systematischen Erfassung der Kundendaten. Dabei könnte es doch so einfach sein. Über das Kassensystem werden die Kundendaten in aller Regel ja bereits erfasst. Eine Zuordnung des gekauften Produktes und des Bonwertes sollte selbstverständlich sein. Auf dieser Basis ließen sich die Bestandskunden regelmäßig anschreiben. Kundenbindung und Cross Selling sind hier die Stichworte. Auch hier kann der Verband durch die Bereitstellung von Checklisten und Textbausteinen inhaltliche und gestalterische Unterstützung anbieten. Last but not least sehe ich im regelmäßigen Erfahrungsaustausch unserer Anschlusshäuser noch erhebliches Entwicklungspotenzial. Gerade der regelmäßige Austausch von Zahlen, Daten, Fakten und Ideen mit anderen Kollegen bedeutet, die eigene Position richtiger einzuschätzen, die eigenen Aktivitäten kritisch zu hinterfragen und von den Ideen der Kollegen zu profitieren.

Haustex: Was sind die Kernzielgruppen des Bettenfachhandels?

Fehr: Alle Welt spricht von der Alterung der Gesellschaft. Was für die sozialen Sicherungssysteme ein Riesenproblem ist, ist für den Bettenfachhandel eine große Chance. Vor dem Hintergrund des enormen Kaufkraftpotenzials der Zielgruppe 50+ ist die systematische Hinwendung auf diese Zielgruppe betriebswirtschaftlich zwingend geboten. 2010 werden etwa 40 Prozent der Bevölkerung älter als 50 Jahre sein, das sind rund 33 Millionen Menschen. Deren Kaufkraft beträgt ca. 650 Mrd. Euro. Dies ist ein gigantischer Markt. Hinzu kommt, dass diese Generation konsum- und lifestyle-orientiert denkt und lebt und damit nicht nur die theoretische Möglichkeit, sondern auch die Wahrscheinlichkeit von Konsum im Schlafbereich steigt. Wichtig ist es, diese Zielgruppe adäquat anzusprechen. Die meisten Menschen möchten zwar alt werden, aber als "Senioren" nicht identifiziert und angesprochen werden. Erfolgreich wird also eine Strategie sein, die typische Problembereiche älterer Menschen löst, ohne seniorenspezifisch zu wirken. Als Beispiele können hier für den Bettenfachhandel ausreichende und komfortable Sitzmöglichkeiten, Preisauszeichnungen und Warenbeschreibungen in gut lesbarer Schrift, Lieferservices, Hausberatungen oder Reparaturdienstleistungen beim Kunden angeführt werden. Ein bedeutender Faktor im "Best Ager Marketing" sind die Bettenfachverkäufer. Sie müssen sich in die Lebenswelt älterer Menschen hineindenken können und sind gefordert, von den Herstellern abstrakt und technisch formulierte Produkteigenschaften in eine verständliche, den Nutzen aufdeckende Sprache zu übersetzen. Auch hier sehe ich noch einen großen Nachholbedarf, womit wir wieder beim notwendigen Schulungsbedarf wären.

Haustex: Wird es Veränderungen in den Produktsortimenten geben?

Fehr: Der Umsatz mit den ABK-Sortimentslieferanten liegt mit 67 Prozent bei Bettwaren und 68 Prozent bei Matratzen in einem hohen Bereich und zeigt die sehr gute Akzeptanz unser Anschlusshäuser. Das bedeutet, wir haben ein schlüssiges Produktsortiment mit einem logischen Preisaufbau. Trotzdem gilt es natürlich die jeweiligen Sortimente immer wieder auf Aktualität und Marktakzeptanz zu überprüfen. Sollte es sich zeigen, dass wir bestimmte Produkte aus den Kernsortimenten nur noch selten und bei einigen wenigen Anschlusshäusern auf die Fläche bringen, müssen wir meines Erachtens den Mut haben, unsere Sortimente entsprechend zu bereinigen. Eine Sortimentsbereinigung sollten wir auch da vornehmen, wo wir von der Qualität und Funktionalität identische Produkte von unterschiedlichen Herstellern haben.


ABK Telegramm

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Gründung: 2004 (Zusammenschluss aus Ambra und Bettenkreis)
Geschäftsführer: Hans-Günter Schucht (bis 31.12.2008), Thomas Fehr (seit 01.07.2008)
Eigenmarken: Traumsiegel, Baretti, Royal Dream
Mitarbeiterzahl: 6
Verbandsmitglieder: 56
Anschlusshäuser: 132
Service: unter anderem Erfa-Gruppen, Intranet
aus Haustex 11/08 (Wirtschaft)