Wie steht der Großhandel zur Tapete?

"Wir wünschen uns Werbung für die Tapete - überall und zu jeder Tageszeit "

Die Tapete bleibt für den Großhandel ein interessanter Sortimentsbaustein, auch wenn er im Umsatz keinen vorderen Platz mehr einnimmt. Wer die Tapete pflegt, macht nicht nur Zusatzumsätze, sondern bedient damit auch eine Kundengruppe, die mit ihrem Bedarf sonst in andere Vertriebskanäle abwandern würde. Zum Kollektionswechsel 2003/2004 hat BTH Heimtex-Redakteurin Marianne Nehm führende Grosshändler gefragt, wie sie den Markt einschätzen und wie sie die Chancen für die Tapete in ihrem Sortiment zukünftig sehen.

Der Kollektionswechsel 2003/ 2004 ist gelaufen. "Vorsichtiger und verhalten" habe sich der Großhandel bewegt, heißt es von Industrieseite, dennoch zeigt man sich in der Endaberechnung zufrieden. Der Großhandel selbst bekräftigte auf Anfrage von BTH Heimtex den Stellenwert des alle zwei Jahren anstehenden "großen" Kollektionswechsels. "Neue Kollektionen geben immer einen Kaufimpuls", begründet Herzog-Geschäftsführer Carsten Weerts sein "Ja" zum Wechsel, "laufende Kollektionen verlieren an Dynamik". Aber: In diesem Jahr wurde eindeutig selektiver gemustert. "Wir haben uns beteiligt, jedoch nicht mit der kompletten neuen Palette der Industrie, sondern nur mit einer Auswahl.", bringt Dr. Frank Jung, Vorstand des Malereinkaufs Rhein-Ruhr, die eigene Sicht - und die etlicher Kollegen - auf den Punkt.

Dabei wird zum einen die Blattzahl reduziert, zum anderen konzentrieren sich viele auf weniger Lieferanten. Manfred Endres, Geschäftsführender Gesellschafter von Ruhe: "Wir mustern weniger Kollektionen, um damit etwas mehr Spielraum für Zwischenkollektionen im nächsten Jahr zu haben."

Natürlich hat die Konsumflaute auch Einfluss auf das Orderverhalten: "Zum Kollektionswechsel auslaufende Kollektionen werden schon jetzt bestandsmäßig erheblich runtergefahren, um das Restrisiko zu minimieren", sagt Wilfried Hoffmann von Ullmann. Endres ergänzt: "Lagerbestellungen für die auslaufenden Kollektionen werden im Hinblick auf Abwertungen vorsichtiger gehandhabt und mitunter bedienen wir uns dann schon mal für Kundenaufträge zimmerweise bei der Industrie." Der Großhandel reagiert damit auch auf das veränderte Orderverhalten seiner Kunden, die "momentan und wohl auch in Zukunft weniger Tapeten bevorraten, sondern bedarfsgerecht und auftragsbezogen ordern."

Vliestapeten weiter im Aufwind

Auch wenn die Stimmung allmählich eine Besserung zu erfahren scheint, wird kurzfristig noch nicht mit einem nachhaltigen Aufschwung gerechnet. Neue Impulse oder sogar spürbare Zuwächse werden allenfalls von den neuen Kollektionen erwartet, die nun produziert und Anfang 2004 auf den Markt kommen. "Der Bedarf an schönen Tapeten ist nach wie vor da", ist Hoffmann überzeugt, "aber die Tapetenvielfalt macht es unseren Kunden nicht leicht, das richtige Lagersortiment auszuwählen - es kristallieren sich nur noch selten Renner heraus. Wir haben deshalb Aufbau und Inhalt unserer neuen Sortimente gravierend verändert."

Grundsätzlich sind laut Endres bei Papier und Schaum "überdurchschnittliche Verluste" zu beobachten, Vliestapeten seien dagegen in allen Preislagen und Stilrichtungen im Aufwind. Winfried Sonnen sieht dabei die leichte Verarbeitung als ein wesentliches Argument. Bei Ullmann ist ebenfalls Vliesware stark gefragt, außerdem satinierte und tuchmatte Heißprägen. Hometrend Inku-Geschäftsführer Siegfried Ruf stellt ebenfalls ein erstarktes Interesse an hochwertigen Produkten fest.

Während bei Konsumware der Preis das wichtigste Kriterium bei der Kaufentscheidung ist, spielt im gehobenen Genre das Design die Hauptrolle. Sonnen: "Bei der klassischen, gemusterten Tapete steht das Design im Vordergrund. Wer eine gemusterte Tapete sucht, will die Tapete als Gestaltungsselement einsetzen. Der Preis ist dann zweitrangig."

"Der Preis verliert bei speziellen Themen wie Mode, Stiltapeten oder Kinderzimmer an Bedeutung", bestätigt Wilfried Hoffmann. "Unter Preisdruck sind wir nur bei Standardartikeln wie einfachen Putzstrukturen, Glas-/Raufaserimitaten, einfachsten Papierprägen."

Großhandel wünscht sich mehr Unterstützung von der Industrie

Einigkeit herrscht im Großhandel darüber, dass man das Produkt Tapete aktiv unterstützen muss. Das reicht von ständig neuen Aktions- und Themenkarten über Raumfotos, Prospekte und das Angebot von Deko-und Schaufenster-Paketen bis hin zu aufwändigeren Kampagnen. Der Malereinkauf Rhein-Ruhr pflegt die eigenen Querschnittskarten, um den Kunden "verarbeiterfreundliche, aktuelle, schlagkräftige Verkaufsinstrumente an die Hand zu geben". Außerdem wurden in jeder Niederlassung Studios eingerichtet, die die Kunden auch für Beratungssgespräche mit ihren Kunden nutzen können.

Ruhe & Co engagiert sich stark für die Tapete: "Wir führen das "Tapeten & Friends"-Konzept individuell weiter, veranstalten im November und Dezember drei Termine an unseren Standorten, aktivieren unseren Tapeten-Center-Club weiter und unterstützen nach Kräften die Verkaufsförderungskonzepte der namhaften Tapetenhersteller." Dafür fordert er auch von der Industrie "Werbung für Tapete - überall, morgens, mittags, abends und nachts"

Wilfried Hoffmann bedauert, dass "die Unterstützung des Großhandels immer weniger wird". Industrie und Verlage suchten immer mehr den direkten Vertriebsweg und würden zudem den Musterabschnitt-Versand einschränken.

Er wünscht sich mehr Präsenz in der Publikumspresse und mindestens zweimal im Jahr einen Endverbraucher-Prospekt." Winfried Sonnen schlägt in die gleiche Kerbe: "Wir würden uns mehr Unterstützung wünschen. Die gemeinsam initiierte Aktion "Tapeten & Friends" ist nach unserer Meinung ein guter Ansatz und sollte unbedingt mit mehr Leben erfüllt werden."
aus BTH Heimtex 10/03 (Tapeten, Wandbeschichtungen)