2. Raumausstattertag des ZVR und Partnertage der Coratex in Garmisch-Partenkirchen

Raumausstatter als Gipfelstürmer

Unter dem Motto "Gipfelstürmer" fand der 2. Deutsche Raumausstattertag in Garmisch-Partenkirchen statt. Das große Branchentreffen präsentierte sich erstmals als Kooperationsveranstaltung des Zentralverbandes Raum und Ausstattung (ZVR) mit Saum & Viebahn und den Dienstleistungskooperationen Coratex und Sofatex. Teilnehmer, Referenten und Aussteller waren begeistert vom gut organisierten Zukunftsforum, den hochkarätigen Vorträgen und Diskussionen.

Rund 400 Teilnehmer aus ganz Deutschland trafen sich in Garmisch-Partenkirchen, um sich über neue Trends und Marktchancen im Raumausstatter-Handwerk zu informieren. Fünf Referenten und Branchenexperten vermittelten tiefe Einblicke und fundiertes Wissen.

Auf einer gesonderten Ausstellungsfläche zeigten insgesamt 19 Partner von Coratex und Sofatex den Teilnehmern neue Produkte und hochwertige Kollektionen.

Ziel des Raumausstatter-Tages war es, den teilnehmenden Betrieben neue Impulse und Möglichkeiten aufzuzeigen, mit deren Hilfe sie sich auch in schwierigeren Zeiten erfolgreich am Markt behaupten können. Fortbildung auf sehr hohem Niveau sei notwendig, um die Qualität in der Branche zu steigern und damit der Dequalifizierungsspirale nach Wegfall der Meisterpflicht entgegenzuwirken, sagte ZVR-Präsident Norbert Berndt bei der Begrüßung im Kongresszentrum Garmisch-Partenkirchen: "Raumausstatter ohne Fortbildung schaden der Branche und sorgen dafür, dass Arbeitsplätze wegfallen."

Saum & Viebahn-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Wechsler ging in seiner Begrüßungsrede auf den Dienstleistungsindex des Meinungsforschungsinstituts Allensbach ein. Danach liegt das Handwerk bei der Beurteilung des Serviceangebots nur im unteren Drittel der Skala, gleichauf mit Banken und Autohändlern. Apotheker und Buchhändler sind Spitzenreiter, wenn es um Dienstleistungen geht. "Wir dürfen nicht warten, bis sich die Rahmenbedingungen ändern, sondern müssen gemeinsam aktiv werden", so Wechsler. Immerhin habe man die Inneneinrichtung täglich vor Augen. Wechsler ermutigte seine Zuhörer, nach der Tagung aktiv zu bleiben, eine Kundenzielgruppe zu ermitteln, bei der Qualitätsinitiative QiH mitzumachen und nicht ein gutes Preis-Leistungsverhältnis zu bieten. "Fordern Sie uns, damit wir Sie zu gegenseitigem Nutzen fördern können", animierte Wechsler die fast 400 Teilnehmer auf.

Fünf aktuelle Themen

Mit fünf Vorträgen und Diskussionsrunden bot die Tagung Fortbildung auf hohem Niveau.

1. Überzeugende Angebote und professionelles Nachfassen

"Wie werde ich Angebots-Profi? Überzeugende Angebote und professionelles Nachfassen" war das Thema der Kommunikationstrainerin Hildegund Wölfel. "Der Weg zum Erfolg schaut heute anders aus als vor 20 Jahren", lautete der Tenor ihres Impulsvortrags. Damals waren Fachwissen, Qualität und Fleiß noch ein Erfolgsgarant. Auf diesen Gebieten ist auch heute noch 100%iger Einsatz gefragt - sie machen aber nur noch 10% des Erfolges aus. "Andere Dinge sind inzwischen noch wichtiger: Image und Wirkung fallen zu rund 30% ins Gewicht, zu 60% geht es um Kommunikation und Kundenansprache: Wie ist meine Wirkung, wie mache ich auf mich aufmerksam, wie spreche ich die Kunden an?" Wichtige Frage beim Angebot: Was will der Kunde von uns? Was wissen wir von ihm? Jedes Angebot sollte individuell sein, mit Argumenten überzeugen, die den Kunden persönlich ansprechen, den Wunsch nach einer Zusammenarbeit wecken, den Wert des Angebots aufzeigen und schließlich ein gutes Gefühl hinterlassen. "Wenn ich das Herz meines Kunden gewonnen haben, gewinne ich auch seinen Kopf."

Der letzte Eindruck bleibt übrigens - auch beim Angebot. Statt das Anschreiben "Mit freundlichen Grüßen" zu signieren, sollte der Händler lieber "Freundliche Grüße aus ..." oder "Freundliche Grüße nach ..." senden. Wichtig ist ein anschließendes Nachfassen am Telefon. "Bleiben Sie dran - hartnäckige Höflichkeit hilft", so Wölfes Motto. Das zeigt dem Kunden, dass man ihn haben will, dass er einem wichtig ist.

2. Erfolgreiche Raumausstatter

Warum sind einige Raumausstatter erfolgreicher als andere? Klaus-Dieter Scholz gab darauf Antworten. "Marketing bedeutet, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun." In seinem humorigen Vortrag riet er zu Freundlichkeitstraining und marktorientiertem Verhalten im Tagesgeschäft. "Es ist keine Frage mehr, ob wir uns verändern müssen. Die einzige Frage ist, ob wir schnell genug sein werden." Die Schnellen fressen die Langsamen, das ist nach seiner Einschätzung eine zentrale Erkenntnis auf dem Weg zum Erfolg.

"Wie denken die Kunden über mich? Wie bringe ich meine Dienstleistungen und mein handwerkliches Können zum Kunden?" Eine Umfrage unter 100 Verbrauchern zeigt nach Scholz Worten, dass die Arbeit des Raumausstatters kaum bekannt ist, dass die meisten Menschen keine Ahnung haben, was ein Raumausstatter eigentlich macht und was er kann. Aber egal, was er macht und was er kann - 90% waren sich einig: Raumausstatter sind zu teuer. In der Regel erwartet man eine gute Beratung, Farbsicherheit, innenarchitektonische Leistungen, Kreativität, handwerkliches Können: eine perfekte Verbindung von Technik und Emotionen also.

Scholz rät dazu, eine Marktstrategie für die Zukunft zu entwickeln: "Langfristig erfolgreich ist, wer strategisch denkt." In einer Analyse werden die Chancen und Gefahren des Marktes und die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens beleuchtet. Im zweiten Schritt geht es um die unternehmenspolitischen Oberziele: Wo will ich eigentlich hin? Wo lege ich die Schwerpunkte, und welche konkreten und operativen Maßnahmen ergreife ich? Dabei ist es wichtig, diese Ziele auch aufzuschreiben. Im dritten Schritt wird die Strategien zum Erreichen dieser Ziele festgelegt.

3. Erträge steigern durch Vor- und Nachkalkulationen

Unternehmensberater Dieter Perk referierte über die Möglichkeiten, durch Vor- und Nachkalkulationen seine Erträge zu steigern. Umsatz minus Material- und Lohnkosten ergeben den Auftragsrohertrag. Neben den Mitarbeiterlöhnen müssen auch sämtliche Betriebskosten berücksichtigt werden. Beim Polstern sollte der Betriebsrohgewinn über 70 % liegen, die Guten haben 80 %. Bei Deko und Gardine müsste der Raumausstatter 55 bis 60 %, bei Sonnenschutz und Markisen 40 % erreichen.

Ziel der Vor- und Nachkalkulation ist es laut Perk, festzustellen, was ich als Unternehmer an einem Auftrag verdienen kann. Bevor das Angebot rausgeht, sollte der Raumausstatter überlegen, wie viel er für seine eigenen Leistungen nehmen kann und ob nach Fertigstellung der Rohgewinn in Ordnung ist. Dabei gilt es zwei wichtige Fragen zu beantworten. Erstens: Wie viel hat das Unternehmen an diesem Auftrag verdient? Und zweitens: Wie viel hat der Unternehmer an diesem Auftrag verdient?

Der Raumausstatter braucht für die Kalkulation von Angeboten ein PC-Programm, das ihm hilft, Entscheidungen für künftige Aufträge zu treffen. Die Software muss einfach zu handhaben sein: Man sollte möglichst sofort erkennen können, ob sich ein Auftrag lohnt - oder ob man neu kalkulieren sollte.

4. Kreativität kontra Normung

"Kreativität kontra Normung" war das Thema der Podiumsdiskussion unter der Leitung von Richard A. Kille. Raumausstattermeisterin Ute Weinem, Raumausstattermeister Alexander Strehlow und Polsterei-Obmann Reinhard Esser diskutierten über die Möglichkeiten, Kreativität und Normen trotz ihrer Gegensätzlichkeit unter einen Hut zu bekommen. Kille: "Immer, wenn eine kreative Dekoration gut gelingt, gibt es keine Diskussionen. Aber wenn es schief geht und der Kunde unzufrieden ist, hat der Sachverständige Schwierigkeiten, Maßstäbe für eine kreative Deko anzusetzen."

Nach Meinung von Kille erhält Kreativität durch Normung ihre Grenzen. Ute Weinem sind Recht und Gesetzmäßigkeit bei kreativen Dingen egal. "Da verkaufe ich Emotionen. Das heißt allerdings nicht, dass Kreativität nicht auch strapazierfähig und hochwertig sein kann."
Obmann Reinhard Esser gab den Rat, mögliche Probleme und warentypische Eigenschaften wie etwa bei Seide in das Angebot mit aufzunehmen. "Dann ist man aus der Haftung/Norm raus."

5. Die Wirtschaftskrise als Chance

Wilhelm Hachtel (MHZ) referierte in seinem Vortrag über "Die Wirtschaftskrise als Chance". Seiner Meinung nach wird die Rolle des Raumausstatters in Fragen des Umgangs mit Energie immer wichtiger: "Wir müssen den Kunden die dramatische Bedeutung dieses Themas klarmachen", meinte Hachtel und erklärte energiesparendende Sonnenschutzsysteme und Möglichkeiten der Energiegewinnung durch Sonnenwärme. Über diesen Vortrag werden wir in der Septemberausgabe von BTH Heimtex ausführlicher berichten.

Mit der Zahnradbahn hoch hinaus

Auch geografisch ging es in Garmisch-Partenkirchen hoch hinaus - und zwar auf die fast 3.000 m hohe Zugspitze. Zwar hatte sich Deutschlands höchster Berg in Wolken gehüllt, aber das konnte die äußerst ausgelassene und positive Stimmung der Gipfelstürmer nicht schmälern. Stimmungsvoll war der Empfang mit urigen Alphornbläsern auf dem Zugspitz-Plateau. Bei bayerischen Schmankerln und zünftiger Musik wurde der Abend zu einer echten Gaudi: Die Jagerbuam heizten in der Blockhütte Sonnalpin ordentlich ein. Und als die Wolken das Gipfelkreuz freigaben, trat ein riesiges Banner mit der Aufschrift "Deutscher Raumausstattertag" wie ein Luftgebilde in Erscheinung. Auch das prächtige Sonnenwendfeuer auf dem Berggipfel dürfte den Teilnehmern noch lange in Erinnerung bleiben.

Raumausstatter, Referenten und Aussteller gaben begeistertes Feedback zu dem Wochenende. Jörg Jordan brachte es auf den Punkt: "Der Veranstaltungsort ist attraktiv, die Beteiligung gut, das Programm sehr interessant. Nicht zuletzt kann man sich hier wunderbar mit Kollegen austauschen. Für die Zukunft wäre es ratsam, den Raumausstattertag noch breiter aufzustellen und einen Branchentag mit anderen Verbänden und Anbietern zu gestalten - noch intensiver und kompakter."
aus BTH Heimtex 07/09 (Wirtschaft)