Wohntrends im Weltkulturerbe Zollverein in Essen

Regionalmesse fürs Ruhrgebiet gesucht ... und gefunden?

Eine Raumausstattungs-Fachmesse feierte Premiere: Am 29. und 30. August 2009 fand im Unesco-Weltkulturerbe, dem Essener Zollverein, die Raumtex statt. In nur 100 Tagen hatte Messeveranstalter Christoph Pfister die neue Trendschau aus dem Boden gestampft. In Anbetracht der kurzen Planungsphase war die Mischung gut - gespalten dagegen die Resonanz von Besuchern und Ausstellern.

Klein, überschaubar und stimmungsvoll: In drei ehemaligen Übertagebauten der weltberühmten Zeche Zollverein zeigte die Raumtex aktuelle Wohntrends. Zu sehen gabs Neuheiten aus den Bereichen Heimtextilien, Sonnenschutz, Technik und Ausstattung für Atelier und Polsterwerkstatt. Insgesamt 38 Aussteller und gut 650 Besucher waren an der Messepremiere beteiligt.

Die Präsentation im ungewohnten Rahmen hatte einen gewissen Charme: Vielen Gästen gefielen die übersichtlichen Hallen und die kontrastreiche Inszenierung von wohnlichen Stoffen in der technisch-nostalgisch anmutenden Industriearchitektur. Lob fanden insbesondere die persönliche Atmosphäre und das kompetente Ausstellerfeld. Die Besucher kamen zum Großteil aus dem Ruhrgebiet, viele waren auch aus dem Münsterland, dem Bergischen Land und dem Sauerland angereist. Vermisst wurden allerdings die Fachhändler aus Essen selbst.

Eine Regionalmesse für das Ruhrgebiet

Ralph Kerstiens von der Garotex war hier als Besucher unterwegs. Sein Kommentar: "Fürs erste Mal ist die Raumtex eine wirklich ehrenwerte Veranstaltung - allerdings sehr regional." Darüber, dass gerade im Ballungszentrum Ruhrgebiet ein Herbsttermin unterstützt werden müsse, waren sich die Aussteller immerhin einig. Auch viele Besucher brachten immer wieder zum Ausdruck, dass Raumausstattern und inhabergeführtem Fachhandel eine "eigene" regionale Messe wichtig sei. Aber es gab auch andere, zum Teil sehr kritische Besucherstimmen zur Raumtex: "Das Angebot ist viel zu klein", hieß es zum Beispiel; "Das Ambiente fehlt", lautete ein weiterer Kommentar, oder: "Die Messe ist schlecht ausgeschildert und von den Ausstellern her zu zersplittert." Offenbar hatte das alte Zechengelände mit seinen monumentalen Fördertürmen nicht für jeden seinen Reiz.

"Zur Zeit kann man nur gewinnen"

Tatsächlich war das Angebot nicht übermäßig groß - aber trotzdem rund. Immerhin hatten die Organisatoren die Raumtex in nicht einmal drei Monaten aus dem Boden gestampft. Allerdings hätten einige zugkräftige Namen nicht geschadet. Veranstalter Christoph Pfister hatte einen kleinen Kreis aus den Reihen der ehemaligen Dortmund-Aussteller eingeladen. Er selbst sieht die Veranstaltung als Versuchsballon, will Flagge zeigen: "Wir wollen den Kunden deutlich machen, dass wir da sind." Mit von der Partie waren unter anderem Wölfel, Gerster, Renz Wohndesign Rüger, Rovitex, Leder Schreyeck, Ernst Diekgraefe, Erfal, Kaiser EDV, Florentina und Edi Michel.

"Wir sind mehr als positiv überrascht", äußerte sich Claus Wölfel. Auch bei Renz Wohndesign Rüger ist man zufrieden: "Wir haben gut geschrieben, zur Zeit kann man nur gewinnen." Bei Gerster war man "nicht unzufrieden"; für die relativ geringe Vorbereitungszeit sei das Ergebnis in Ordnung - allerdings habe man sich mehr Besucher gewünscht. Aus Sicht der Biberacher waren die Messestände zu klein und zu wenig Aussteller vertreten. Ähnlich die Reaktion bei Leder Schreyeck: "Die Idee ist gut, aber es waren zu wenig Besucher da", so Dirk Hammes.

Von den Besuchern gut angenommen: die "Raumtex-Ideentour", in deren Rahmen jeder Aussteller die Gelegenheit erhielt, eine Besonderheit aus seinem Programm vorzustellen. "Dadurch kamen viele Kunden, die sich unsere Neuheit angeschaut haben", berichtete Christina Wölfel.

Die Branche muss sich einig werden

Allgemein kritisiert wurde die relativ hohe Standmiete im Verhältnis zu den Besucherzahlen. Der Quadratmeterpreis soll in etwa den Dortmunder und Leipziger Standmieten entsprochen haben.

"Der Hype um den Zollverein rechtfertigt diesen Preis nicht", so Björn Bohland von Ernst Diekgraefe. Ähnlich äußerten sich auch mehrere andere Aussteller in Essen.

Deutliche Kritik wurde auch an der generellen Zerstrittenheit der Branche und den zu zahlreichen Messeterminen in diesem Herbst laut. Klar, das Ruhrgebiet braucht Regionalmessen. Aber: "Die Branche sollte sich künftig besser abstimmen; drei Veranstaltungen allein im Ruhrgebiet verunsichern nur die Kunden und kosten Besucher", empfahl Christoph Rüger. Auch Uwe Bodenschatz von der Rovitex wünschte sich, die Anbieter würden sich einheitlicher präsentieren und "gemeinsam losmarschieren": Es wäre demnach gut, wenn sich ein oder zwei Messetermine durchsetzten.

Ob die Raumtex ihr Ziel erreicht hat, eine neuartige Messetradition an Rhein und Ruhr zu begründen und die Lücke nach der Absage der Ordertage in Dortmund schließen zu können, bleibt abzuwarten. Inwieweit sich die Raumtex erfolgreich weiterentwickelt, wird mit Sicherheit auch stark von den Gesprächen und Planungen der nächsten Monate abhängen.
aus BTH Heimtex 10/09 (Wirtschaft)