Herbstversammlung der Interessengemeinschaft der ISP

"Die Schweiz ist keine Preisinsel mehr"

Billiges Parkett von "fliegenden Händlern", ungerechtfertigt hohe Erwartungen bei den Verbrauchern und die zunehmende Bedeutung rechtlicher Fragen für den Parkettleger - die Themen der diesjährigen ISP Herbstversammlung versprachen spannende Reden und Vorträge. Präsident Bruno Durrer und Technik Leiter Bernhard Lysser sorgten dafür, dass die Teilnehmer die Tagung mit reichlich neuem Wissen verließen.

Am 14. September hatte die Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkettindustrie (ISP) zu ihrer Herbsttagung nach Lenzburg geladen. Traditioneller Weise richtete ISP-Präsident Bruno Durrer in der Eingangsrede sein Augenmerk auf den einheimischen Parkettmarkt. Die Quintessenz der Analyse lautete kurz und bündig: "Die Schweiz ist keine Preisinsel mehr." Anlass zur Sorge gibt dem Präsidenten neue Konkurrenz im Binnenmarkt. "Fliegende Agenten und wilde Händler fahren die Schweiz ab und bringen eine vielfältige Menge ausländischer Ware zum direkten Absatz." Diese Verkaufsmethode hebelt nach Ansicht der ISP bewährte Vertriebswege aus und gefährdet die bisher intakten Binnenmarktstrukturen. "Bei solchem Vorgehen", klagt der Verband, "wird nicht selten der gesamte Strauß der sonst üblichen Handelsfunktionen der Vertriebspartner ausgeschaltet.

Kurzfristige Lösungen gegen diese Art des Preiskampfes kann die ISP nicht bieten. Es bleibt bei Appellen an die Marktteilnehmer, sich nicht auf diese Handelschiene einzulassen. "Die Leidtragenden", heißt es, "sind langfristig die einheimischen Produzenten, Grossisten, Verleger und nicht zuletzt die Endverbraucher, die zwar so vermeintlich günstiger zum gewünschten Produkt kommen, aber in Kauf nehmen müssen, dass ihnen eine ganze Reihe von Qualitätsmerkmalen vorenthalten werden."

Es steht allerdings zu befürchten, dass der Konsument die Wertschöpfungskette nicht in gebührender Form erkennt und würdigen kann, sondern sich durchaus von Discount-Preisen verführen lässt. "Sollte diese Entwicklung weitergehen, werden in Zukunft viele gewohnte Dienstleistungen in der heutigen Form nicht mehr angeboten werden und auf der Strecke liegen bleiben." Ein Qualitätsverlust, so die Vermutung, dürfte dem Produkt Parkett und seinem Stellenwert im Schweizer Bodenbelagsmarkt nicht gut bekommen.

Handwerkskunst muss erlernt sein

Unabhängig von den Problemen in den Vertriebskanälen ist eine der wesentlichen Aufgaben der ISP die Information über technische Anwendungsmethoden und die Stärkung der praktischen Verlegekompetenz ihrer Mitglieder. Erklärtes Ziel ist es, aus einem handwerklichen Beruf eine nachhaltige Handwerkskunst werden zu lassen.

Bernhard Lysser, Leiter ISP Technik, führte in einem praxisorientierten Vortrag die Anwesenden mit eindrücklichem Anschauungsmaterial aus seiner Gutachtertätigkeit durch den Verlegealltag. In diesem Jahr habe die Expertisentätigkeit zugenommen, berichtete er. Eine Hauptursache - 25% der Gutachterfälle - bestünde in schlecht ausgeführtem Oberflächenschutz bei der Verlegung. Weitere 16% der Schadensbegutachtungen werden auf das "Sonderklima 2009" mit einem langen, kalten und trockenen Winter sowie einem langen, feuchten Sommer zurückgeführt. "Das Naturprodukt Parkett lebt eben mit der Umgebung weiter", bekennt Lysser, hat aber kein Verständnis für Mängel im Bereich der Verlegung. Dies sei ein Ausdruck für "verrohende Marktsitten", lautet sein mahnender Aufruf an die Branchenteilnehmer, und könne nur durch bessere Schulung und Ausbildung behoben werden. Allerdings sind es nicht immer Mängel bei Material oder Ausführung, die zur Einschaltung eines Gutachters führen. Laut Lysser sind die Erwartungen des Endverbrauchers so immens gestiegen, dass gut 7% aller Fälle aus überhöhten Ansprüchen und Erwartungen resultieren. Die Ursachen sieht Lysser einerseits in einem Wertewandel beim Endverbraucher mit ständig steigenden Forderungen; andererseits in nach wie vor bestehenden Informationslücken, welche zu einer unrealistischen Erwartungshaltung führen. Am Ende ist es dann meist der Verleger, der für nicht erfüllte Erwartungen den Kopf hinhalten muss.

Unterschiedliche Gewährleistungspflichten

Diese Erkenntnis bildete der Übergang zum zweiten Tagungsthema. Hier wies Lysser auf die immer wichtiger werdenden rechtlichen Faktoren hin. Er empfahl den Handwerkern, juristischen Aspekten ihrer Arbeit höchste Aufmerksamkeit zu widmen. In unserer ökonomisierten Gesellschaft, so Lysser, finde nämlich parallel eine Aufrüstung im juristischen Bereich statt.

Bereits bei der Wahl der Vertragsform (Vertrag nach OR vs. SIA-Werkvertrag) kann sich der ausführende Handwerker entscheidende Vor- oder Nachteile einhandeln, die ihn im Falle einer Vertragsstörung empfindlich beeinträchtigen können. Als besonders krasses Beispiel nannte der Referent die Auswirkungen der verschiedenen Gewährleistungspflichten auf den verschiedenen Stufen der Vertriebskette. Beim Hersteller könne die Gewährleistung durchaus nur ein Jahr betragen, während der verlegende Handwerker bei normaler Vertragsgestaltung fünf Jahre Garantie zu geben habe. Die daraus resultierende Haftungslücke würde im Härtefall meist auf die Schultern des Handwerkers abgewälzt.

Hier schließt sich der Kreis zu den von Bruno Durrer angesprochenen "wilden Händlern". Wer sich als Verleger aus kurzfristigem Profitdenken heraus dieses direkten Absatzkanals bediene, warnte der Präsident, bürde sich die Risiken eben jener Haftungslücke auf. Dagegen würde das Problem im Geschäftsverkehr zwischen ISP-Produzenten, Händlern und Verleger nicht bestehen, weil hier ein kulantes Gentlemans Agreement bestünde, welches die Verleger entlaste.

Neben dem eigentlichen Vertragswerk gilt es für Schweizer Verleger, noch eine weitere Reihe von geltenden Richtlinien zu berücksichtigen. Darunter fallen die SIA-Normen, Verbandsrichtlinien und Merkblätter, Hersteller und Verlegeanleitungen und geltende Normen von Drittorganisation, welche in einer ungeschriebenen Normenordnung teilweise gegeneinander konkurrieren können.
aus Parkett Magazin 06/09 (Wirtschaft)