Interview des Monats: Ludger Schindler, Geschäftsführer Meisterwerke Schulte

"Wir sind die baumarktfreie Zone - ohne Hintertür und doppelten Boden"

Mit plakativen Signets hatte Meister seinen Messestand auf dem Branchentag Holz zur "100 % baumarktfreien Zone" erklärt, was erwartungsgemäß polarisierte. Während der Fachhandel verständlicherweise applaudierte, reagierten weniger konsequente Wettbewerber zum Teil "verschnupft", da die Attacke des sauerländischen Unternehmens für viel Gesprächsstoff sorgte. Doch der Hersteller hatte weitaus mehr zu bieten: Erstmals wurde eine patentierte Kopfkantenverriegelung für Laminatböden und Parkett gezeigt, mit der sich Meister einen echten Wettbewerbsvorteil verschaffen dürfte. Zu den Intentionen des provokanten Messeauftritts und zur "Fold Down-Technologie" befragte wir Ludger Schindler, Geschäftsführer der Meisterwerke Schulte.

ParkettMagazin: Auch wenn der Branchentag Holz Vergangenheit ist, sollte ein kleiner Rückblick auf das diesjährige Highlight im Veranstaltungskalender des einschlägigen Fachhandels gestattet sein. Waren Sie mit dem Messeauftritt zufrieden?

Ludger Schindler: Der Branchentag Holz war für Meister ein großer Erfolg. Und das nicht nur, weil wir mit Masterclic Plus auch eine echte technische Innovation zu bieten hatten. In Köln treffen sich traditionell die Inhaber und leitenden Angestellten der Branche. Ihnen haben wir einmal mehr vermitteln können, dass Meister konsequent auf die Partnerschaft mit dem qualifizierten Holzfachhandel setzt - ohne Hintertür und doppelten Boden. Folglich haben wir unseren Stand zur baumarktfreien Zone erklärt ...

ParkettMagazin: ... was in dieser provokanten Form für Aufsehen sorgte.

Schindler: Damit haben wir in der Tat einen Paukenschlag gelandet. Aber es ging nicht in erster Linie um den Effekt. Für uns ist die strategische Partnerschaft mit dem Holzfachhandel ein Bündnis gegen Billigverkauf und Wertvernichtung. Und noch ein weiteres Schwerpunktthema gab es für uns auf dem Branchentag: Wir wollten zeigen, dass man auch in angespannter Konjunkturlage aktiv den Markt gestalten kann. Deshalb haben wir eine umfassende Service-Offensive gestartet. Viele Händler haben das einzigartige Angebot bereits genutzt. In Köln haben sich weitere gemeldet. Zusammen mit ihnen werden wir zeigen, dass hochwertige Produkte und hochwertige Produktpräsentation gerade jetzt gefragt sind.

Für uns ist der Branchentag Holz also eine wichtige Plattform im Dialog mit dem Handel. Deshalb besuchen wir ihn immer im Wechsel zur eigenen Meister-Hausmesse, zu der wir unsere Partner direkt ins Werk nach Meiste einladen.

ParkettMagazin: Die Abgrenzung zur DIY- und Discount-Schiene ist ein altbekanntes Thema. Besteht auf diesem Sektor tatsächlich Handlungsbedarf?

Schindler: Wer den Baumarkt beliefert, sägt an dem Ast, auf dem wir alle im Fachvertrieb sitzen. Und er heizt die Preisschlachten an. Wir bei Meister glauben nicht an "20 Prozent auf alles!". Meister ist eine Premium-Marke. Und das erfordert auch Premium-Vermarktung, Premium-Beratung und Premium-Service. All das gibt es nur im Holzfachhandel. Nur wer als Lieferant konsequent ist, sorgt für gute Erträge und die Zukunftssicherung unserer Branche. In Fragen der Fachvertriebstreue muss man sich entscheiden, da kann man nicht ein bisschen schwanger sein. Wir auf jeden Fall haben uns ganz klar festgelegt. Bei uns weiß der Handel, woran er ist.

ParkettMagazin: Wie definiert man in Ihrem Hause den Begriff "Fachhandel" überhaupt? Oder anders gefragt: Warum muss Großfläche generell schlecht sein?

Schindler: Der Fachhandel differenziert sich über seine Kompetenz in der Präsentation, Beratung und im Service für Systemprodukte. Er beschäftigt Fachleute, die Endkunden eine umfassende Hilfestellung bei der Auswahl des für sie richtigen Produktes geben. Diese Leute denken nicht in Regalmetern, Sonderposten oder Billigangeboten. Sie denken in Lösungen. Und sie stehen zur Herstellermarke, weil nur die nachhaltige Qualität und stetige Weiterentwicklung bietet. Der Fachhandel hat damit ein entsprechend tiefes Sortiment an Produkten und Zubehör. Und er bietet einen Rundum-Service bis hin zur Verlegung. Genau dieses Umfeld brauchen unsere Meister-Produkte. Solange also der Fachhandel so ist, werden wir auf seiner Seite stehen.

Wenn man hiervon einen Negativ-Abzug macht, hat man den Baumarkt: Es geht nur um den Preis. Es gibt nur ein paar Schnelldreher. Und einen kompetenten Berater sucht man meist vergeblich. Wer sich als Marke in einem solchen Umfeld präsentiert und vielleicht sogar größere Teile seiner Umsätze dort generiert, muss sich fragen lassen, ob er seinen Premium-Anspruch nicht längst beim Baumarkt an der Garderobe abgegeben hat.

ParkettMagazin: In City-Lagen ist der Fachhandel kaum noch präsent. Kann es sich ein Anbieter wie Meister überhaupt leisten, dieses Terrain anderen zu überlassen?

Schindler: Nähe zum Konsumenten definiert sich nicht über die Kilometer, die man zu einem Verkaufspunkt zurücklegen muss. Wenn ein qualifizierter Fachhandelsberater sofort versteht, was gewünscht wird und zudem in der Lage ist, die Produkte nach Hause zu liefern oder auch gleich verlegen zu lassen - dann spart der Endkunde Zeit, hat ein schöneres Einkaufserlebnis und die dauerhaft bessere Wahl getroffen. Für jemanden, der durchschnittlich alle 15 Jahre einen neuen Bodenbelag anschafft, kommt es eher auf Kompetenz an. Deshalb muss der Holzfachhandel auch viel deutlicher diese Qualitäten nach vorn spielen, an der Qualifikation seiner Berater arbeiten, seine Ausstellung verkaufsaktiver gestalten. Eine Investition in diese Bereiche macht sich viel mehr bezahlt, als hohe Mieten in City-Lagen zu bezahlen.

Genau an diesen Punkt gehen wir in die Offensive. Mit einem umfassenden Marketing-Angebot helfen wir dem Fachhandel dabei, sich in seinem lokalen Marktumfeld kompetent zu positionieren. Mit unserem Ausstellungs- Service bieten wir eine wirkungsvolle Inszenierung der Mehrwerte, die nur Meister und der Fachhandel gemeinsam bieten können. Und mit dem Lehrgang zum IHK-zertifizierten Meister-Fachverkäufer haben wir für die Ausstellungsberater eine einzigartige Zusatzausbildung entwickelt. Die Rückmeldung derer, die sich auf diese Weise qualifiziert haben, ist eindeutig: Sie verkaufen nachhaltig mehr und besser. Und sie erreichen eine höhere Kundenzufriedenheit. Darum geht es, nicht um Standorte in der Fußgängerzone.

ParkettMagazin: Gelten diese moralischen Prinzipien auch für die Marke Schulte Räume?

Schindler: Was Meister für den Holzfachhandel ist, ist Schulte Räume für den Bodenbelags- und Möbelhandel: Ein zuverlässiger und ertragsbringender Markenpartner, der sich ausschließlich auf den Fachvertrieb konzentriert. Bei Schulte Räume geht es allerdings, wie der Markenname schon sagt, um ganzheitliche Einrichtungstrends. Meister ist die umfassende Systemmarke für Boden, Wand, Decke und Zubehör im Holzfachhandel. So ist jedes Label in seinem Kanal glasklar positioniert.

ParkettMagazin: Zweitmarken kommen und gehen: Das war so beim Parador-Label Locana und bei Go von Hamberger. Warum sollte Schulte Räume ein anderes Los beschieden sein?

Schindler: Schulte Räume ist keine Zweitmarke, also kein Anhängsel der Stammmarke. Sie ist eine völlig eigenständig geführte Kompetenzmarke für einen völlig eigenständigen Vertriebskanal. Das unterscheidet sie auch von den genannten Beispielen. Auf der Domotex wird das wieder sehr deutlich werden. Hier präsentiert sich Schulte Räume mit einem neuen Erscheinungsbild in Produktliteratur und Vermarktungsunterstützung. Wir wollen unseren Partnern im Bodenbelags- und Möbelhandel helfen, Premium-Hartböden ertragsstärker zu verkaufen. Und dazu bedarf es, wie gesagt, ganz anderer Konzepte als im Holzfachhandel. Unsere beiden Marken unterscheiden sich inhaltlich und in ihren Zielmärkten. Schulte Räume ist also kein vertriebstaktischer Spielball für die Stammmarke.

ParkettMagazin: Worin bestehen die Unterschiede in der Sortimentspolitik der beiden Marken?

Schindler: Bei Schulte Räume ist zum Beispiel das Laminatprogramm völlig anders strukturiert. Auch der Domotex-Auftritt hat nichts mit Meister zu tun, sondern erfolgt mit einem reinrassigen Schulte Räume-Stand. Die Sortimente entwickeln sich übrigens dynamisch mit den Absatzmöglichkeiten, weshalb es bei Schulte Räume ab der Domotex auch System-Paneele geben wird. Auch hier zeigt die Marke ihre Eigenständigkeit.

ParkettMagazin: Für Meister scheinen Domotex und Bau kein Thema mehr zu sein?

Schindler: Jede unserer Marken präsentiert sich dort, wo sie die jeweilige Zielgruppe optimal erreicht. Deshalb war Meister auf dem Branchentag und bietet alle zwei Jahre im Wechsel dazu die Hausmesse an. 2008 war unsere Hausmesse mit gut 1.500 Besuchern ein voller Erfolg. Wir zeigen dabei die neuen Sortimente genau dort, wo sie hergestellt werden. Alle unsere Produkte sind deutsche Qualitätsarbeit, made in Meiste. Einen sehr wichtigen Teil nimmt aber auch das Gespräch über neue Marktkonzepte ein. Unsere Hausmesse ist die Plattform für das Win-Win-Verhältnis im Fachvertrieb. Im Herbst 2010 werden wir wieder nach Meiste einladen.


ParkettMagazin: Die so genannte Kopfkantenverriegelung an den Schmalseiten von Parkett- und Laminatdielen hat in den letzten Jahren für viel Gesprächsstoff gesorgt - auch, was Patente anbelangt. Ist dieses Thema nicht überbewertet?

Schindler: Die Kopfkantenverriegelung vereinfacht die Verlegung ganz entscheidend. Bei herkömmlichen Methoden können Schäden durch unsachgemäßes "Einschlagen" nie ganz ausgeschlossen werden. Und auch für Parkettprodukte, die über 2 m lang sind und vollflächig verklebt werden sollen, bringt das neue System eine wirkliche Erleichterung. Warum also kompliziert, wenn es auch einfach geht? Wir bei den Meisterwerken setzen auf die Fold Down-Verriegelungstechnik und glauben, dass sie sich sehr schnell im Markt durchsetzen wird. Sie ist in jedem Fall der neue Standard.


ParkettMagazin: Mit Masterclic Plus bieten die MeisterWerke eine Problemlösung an - wenn auch etwas spät. Bei wem sind Sie Lizenznehmer?

Schindler: Masterclic Plus ist keine Lizenz, sondern unsere Erfindung. Die Meisterwerke arbeiten seit 2006 an dieser Technologie. Für uns steht außer Frage, erst dann Neuentwicklungen auf den Markt zu bringen, wenn sie ausgereift sind. Wir wollen unsere Kunden nicht zu Versuchskaninchen machen. In diesem Fall sind wir vielleicht nicht die ersten gewesen, gehören aber sicherlich zu den besten.


ParkettMagazin: Worin bestehen die Besonderheiten von Masterclic Plus?

Schindler: Die an der Kopfkante verwendete Kunststoff-Feder basiert auf zwei Grundprinzipien, die auch den Kern des Patentes ausmachen: Erstens findet die Verriegelung beim Verlegen der nächsten Reihe statt, und zweitens wird die Kunststoff-Feder durch eine längsseitig angebrachte Vorrichtung nach vorne geschoben. So stellen wir konstruktiv sicher, dass die Kopfverriegelung höhenmäßig fixiert wird. Mit diesem einzigartigen Wirkprinzip der Verbindungstechnik waren wir die ersten und haben sämtliche Schutzrechte zugesprochen bekommen.

Masterclic Plus sorgt durch die integrierte Kunststoff-Feder für eine absolut sichere Verbindung. Der Boden braucht an der Kopfseite nur noch abgesenkt zu werden. Mit dem Verlegen und längsseitigen Einklicken der nächsten Reihe verschiebt sich die Kopffeder und verriegelt. Damit wird das Verlegen einfacher, sicherer und komfortabler. Besonders bei unseren Langdielen wird der Vorteil dieser Technologie mehr als deutlich.


ParkettMagazin: Ist Ihr Verriegelungssystem auch bei anderen Belagtypen anwendbar?

Schindler: Die MasterclicPlus Verriegelung ist sowohl für Parkett als auch für Laminat, Kork und Lino-Fertigböden ab 7 mm Dicke einsetzbar. Bei Laminat haben wir bereits eine zweite Evolutionsstufe des Systems eingesetzt, übernehmen also auch in der Weiterentwicklung unserer Technologie die Führungsrolle.

ParkettMagazin: Werden Sie künftig auch als Lizenzgeber aktiv sein?

Schindler: Wir kümmern uns um Produkte, nicht um die Vermarktung von Schutzrechten. Dennoch wird es für unser Patent sicherlich eine Reihe von Interessenten geben. Mit der Firma Välinge Innovation aus Schweden haben wir deshalb vereinbart, dass sie die Vermarktung der Patente übernimmt. Wir erwarten darüber hinaus einen intensiven Know-how-Transfer und Erfahrungsaustausch mit den Schweden. Das dient dann allen Beteiligten.

ParkettMagazin: Der belgische Laminatbodenhersteller Quick-Step hat bekanntlich das längsseitige Verriegelungssystem Uniclic entwickelt, für das die Meisterwerke als Erste der Branche eine Lizenz erhielten. Wie passt es da zusammen, dass die Belgier ihrerseits Pergo-Patente für die Fold-Down-Verbindung anwenden?

Schindler: Wir sind mit unserem Lizenzgeber Quick-Step Unilin seit vielen Jahren partnerschaftlich verbunden. Nach der Entwicklung von Masterclic Plus wurde der Vertrag natürlich entsprechend angepasst und die Nutzung der Uniclic Technolgie für die Längskante in Verbindung mit Masterclic Plus abgesichert. Wir freuen uns auch auf die weitere Zusammenarbeit mit Quick-Step. Warum dort Vereinbarungen mit Pergo geschlossen werden, müssen Sie schon bei Quick-Step direkt erfragen. Jeder ist für sein Geschäft selbst verantwortlich. Wir jedenfalls sind optimistisch, dass wir mit der Verbindung aus Uniclic und Masterclic Plus ein überlegenes Konzept bieten können. Die bisherigen Stimmen aus dem Markt, zum Beispiel auf der Meister-Messe und dem Branchentag, bestätigen uns in dieser Einschätzung.

ParkettMagazin: Sie haben also eine ganze Reihe von Konzepten im Köcher. Lohnt sich der enorme Entwicklungsaufwand bei der gegenwärtigen Marktrealität überhaupt noch? Es geht doch im Moment ohnehin nur um den Preis?

Schindler: Wir glauben daran, dass der Bessere gewinnt, nicht der Billigere. Der Preis hat nur das Sagen in unserem Markt, wenn wir alle das zulassen. Wir hingegen stehen dafür, dass mit hochwertigen Produkten made in Germany besser und ertragsstärker verkauft werden kann. Der Endkunde möchte die beste Lösung. Und die können wir ihm gemeinsam mit unserer Partnern im Fachvertrieb bieten: Bessere Produkte, bessere Beratung, besserer Service. Erfreulicherweise bestärkt uns die Geschäftsentwicklung der Meisterwerke in dieser Strategie. Der Markt insgesamt hat deutlich verloren. Wir hatten eine konstante Geschäftsentwicklung in unserem wichtigsten Markt Deutschland. Und wir sind gut für die Zukunft aufgestellt.



Meisterwerke Schulte GmbH Firmentelegramm

Zum Walde 16
D-59602 Rüthen
Telefon: 02952 / 8 16-0
Telefax: 02952 / 8 16-66
E-Mail: info@meisterwerke.com
Internet: www.meisterwerke.com

Mitarbeiterzahl: rund 600
Jahresumsatz: (2008) 139 Mio. EUR
Markennamen: Meister, Schulte Räume
Verbandsmitglied bei:
- DKV Deutscher Kork-Verband e.V.
- EPLF Verband der europäischen Laminatfußbodenhersteller e. V.
- FEP Föderation der europäischen Parkett-Industrie
- VDP Verband der Deutschen Parkettindustrie e. V.
Geschäftsführender Gesellschafter: Johannes Schulte, Guido Schulte
Gesellschafter: Anja Schulte
Geschäftsführung: Ludger Schindler
Export: Dieter Cordes
Marketing: Markus Ernst
Marketing Handel: Dagmar Leyser
Produktmanagement: Volker Kettler
aus Parkett Magazin 01/10 (Wirtschaft)