Domotex,Hannover

Moderne Webteppiche bleiben Verkaufsschlager


Es hat sich viel getan bei den Teppichen auf der Domotex. Die Rede ist jetzt allerdings weniger von Produkten, als vielmehr von der Hallenstruktur. Die Hallen 14 bis 17 wurden nicht mehr belegt, neue Heimat der Anbieter handgefertigter Teppiche waren die Hallen 19 bis 22. Was sich wie eine Randnotiz liest, sorgte in den letzten Jahren - vor allem aber nach dem unglücklichen Verlauf der Domotex 2009 - für heftige Diskussionen hinter den Kulissen: Nicht jeder wollte einsehen, dass die Zahl der Anbieter in dieser Produktgruppe so weit zurückgegangen war, dass ein Umzug in die besser zu nutzenden Nordhallen sinnvoll sei. Erfreulicherweise waren alle Ängste unbegründet, die neue Struktur wurde von den Besuchern gut angenommen.

"Durch die neue Hallenstruktur wirkt die Messe kompakter und wertiger. Und es macht mehr Spaß, durch die Hallen zu gehen. Wenn das unter dem Strich dann dazu führt, dass mehr geordert wird, ist das natürlich sehr gut", äußert sich Dr. Ali R. Ipektchi, Vorsitzender der European Carpet-Importers Association (EUCA).

Besucher kamen im Vergleich zum Vorjahr wieder in größerer Zahl nach Hannover: "Rund 40.000 Besucher bedeuten ein Plus von 12%. Damit haben wir trotz der schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen das Niveau des Vorjahres übertroffen. Die Zahl der Aussteller lag mit 1.395 Unternehmen übrigens auf Vorjahresniveau", berichtete Stephan Ph. Kühne, Mitglied des Vorstands der Deutschen Messe AG. "Die Stimmung auf der Domotex war in diesem Jahr um ein Vielfaches besser. In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben viele große Unternehmen eine Bestandsreduzierung betrieben. Es scheint, als sei jetzt die Orderbereitschaft der großen Häuser wieder da. Wir sind mit dem Messeverlauf sehr zufrieden", fügt Dr. Ali R. Ipektchi hinzu.

Mit Blick auf echte Trends und Innovationen hielten sich die Aussteller in diesem Jahr bedeckt. Auf der Domotex zeigte sich mehr Evolution als Revolution. Wenn es einen Trend gibt, dann den, dass es keinen gibt. In allen Produktgruppen gibt es Gewinner und Verlierer und auch bei den Farben gibt es keine eindeutige Richtung. Gefragt wurden alle Nuancen der Naturtöne, von Beige bis Braun, weiterhin Rottöne, Schwarz / Weiß und Lila als Modefarbe der letzten Monate.

Positiv entwickeln sich die gut gepflegten Marken und Lizenzen. Zu nennen sind vor allem die Lizenznehmer bekannter Brands wie Esprit und Schöner Wohnen, aber auch von Kinderfiguren wie Lilliefee und Hello Kitty - sie alle haben viel Geld in die Hand genommen, um ihre Produkte auch beim Konsumenten bekannt zu machen und blicken nun mit viel Optimismus in die Zukunft.

Auf der Produktseite bleiben moderne Webteppiche der Verkaufsrenner, angeführt vom weiter allgegenwärtigen Shaggy. Gefragt sind ein dichter, hoher Flor, ruhige Dessins in wohnlichen Farben und ganz besonders Unis. Dennoch lässt sich beobachten, dass der Hype der letzten Jahre abklingt: Viele Einkäufer sehen den Langflor-Teppich am Zenit angekommen - oder schon darüber hinaus.

Eine oft unterschätzte Warengruppe bilden die klassisch gemusterten Maschinenwebteppiche. Gefragt sind hier vor allem durchgemusterte Dessins in dezenten, harmonischen Farbstellungen, gerne auch in Wolle.

Waren Webteppiche jahrzehntelang die Domäne der Belgier, haben sich in der jüngeren Vergangenheit die Türken immer mehr zu einem ernst zu nehmenden Marktteilnehmer entwickelt. Deren Stände waren ständig voller Interessenten, der Kommentar "Geil! Geil! Geil!" eines Verkaufsleiters zeigt die teils euphorische Stimmung. Vor allem bei den Einstiegspreislagen sind die türkischen Weber fest etabliert, bieten sie doch verlässliche Qualität, an den deutschen Markt angepasste Dessinierungen und vor allem eine funktionierende Logistik samt verkehrsgünstig gelegenen Niederlassungen. Belgiens Stärke sind weiter die lang gewachsene Nähe zum Markt, die sich auch in der Produktentwicklung widerspiegelt, sowie die umfangreichen Kollektionen und Farbbänke.

"Um in diesem Segment den Umsatz wie vor zwei Jahren zu erreichen", so erläutert der Einkäufer einer großen Möbelkette, "müssen 20% mehr Ware verkauft werden. Das funktioniert aber!" Dabei sei die Sortimentspflege immens wichtig, aber auch schnelle Lieferungen seitens der Hersteller; Just-in-time-Lieferung ist hier bereits an der Tagesordnung.

Einen schweren Stand hat der Handtuftteppich. Besonders die von Hand konturierten Webteppiche bieten eine preislich interessante Alternative. Erfolgreich sind Anbieter handgetufteter Teppiche da, wo sie die konstruktiven Vorteile voll ausnutzen. Im Gegensatz zu Webteppichen, die immer in großen Stückzahlen produziert werden müssen und bei denen auch die Anzahl und Variationsfähigkeit der Farben eingeschränkt sind, können bei Handtuftteppichen praktisch beliebig viele Farben und Garnarten in beliebiger Musterung eingesetzt werden - auch in kleinen Stückzahlen. Der Handel, der permanent sein Handtuftsortiment pflegt, ist damit erfolgreich und so konnte beispielsweise auch ein Anbieter wie Arte Espina ein positives Messefazit ziehen.

Der Markt von Handwebteppichen ist längst nicht auf den süddeutschen und österreichischen Raum beschränkt. Die Nachfrage nach Teppichen mit lebendigen Strukturen - mit und ohne Flor - in modischen Farben zeigen, welches Potenzial in dieser Warengruppe steckt. Die Möglichkeit, schnell lieferbare Sonderanfertigungen anbieten zu können, macht Handwebteppiche für den Handel zusätzlich interessant.

Sonderanfertigungen sind auch der Trumpf, mit dem die Anbieter von echten Nepalknüpfungen stechen wollen. Die Produktion im Himalajastaat ist in den letzten Jahren sehr stark zurückgegangen. Die Konkurrenz aus Indien ist schlicht deutlich günstiger, die Zahl der Knüpfer in Nepal nimmt gleichzeitig ab. Erfolgreich waren dennoch Anbieter, die ihren Kunden eine optimale Präsentation, einen perfekten Lieferservice und vor allem ein Sondermaßprogramm anbieten können. Out sind starke Muster und die altbekannten Bordüren. Unis und Faux-Unis, dezente Verläufe und Materialmixe aus Wolle und Naturfasern waren am stärksten gefragt.

Auch wenn sie statistisch - vor allem - zu den Nepalteppichen zählen, nehmen die hochwertigen Designteppiche à la Jan Kath oder Rugstar eine Sonderstellung ein. Kaum ein Bereich hat so viele Neugierige angezogen wie die Phalanx der Teppichdesigner rund um die Sonderfläche Souk Deluxe in Halle 20. Auch Menschen, die sonst Teppichen eher ablehnend gegenüberstehen, ließen sich hier begeistern. Sicher sind die Produkte schon preislich so hoch angesiedelt, dass sie nur in kleinen Mengen verkauft werden, sie beweisen aber, dass der Teppich ein Einrichtungsgegenstand ist, der Emotionen wecken kann.

Eine Sonderstellung auf der Domotex nahmen auch in diesem Jahr wieder die Importeure klassischer Orientteppiche ein. Besonders in Halle 21 herrschte die messeuntypische Basar-Atmosphäre. Die Aussteller in diesem Bereich vermeldeten größtenteils gute Verkäufe. Das lag unter anderem daran, dass einerseits die Nachfrage nach Orientteppichen durch die Verbraucher gestiegen ist, andererseits die Lager im Handel leer waren und wieder aufgefüllt werden mussten.

Highlights aus Indien waren Nachknüpfungen von Loribaft-Teppichen und persischen Klassikern wie Tabris, Bachtiar und Moud, jeweils in dezenten Beige-Brauntönen geknüpft. Seidenteppiche aus Kaschmir erleben derzeit ein Trading-up: Aufgrund von Reklamationen wurde an der Qualität des Flors gearbeitet, entweder mit einer dichteren Knüpfung samt dickerem Florgarn oder mit einem längeren Flor.

Aus Pakistan kommen weiter vor allem Zieglerteppiche in den deutschen Markt. Die klassischen Buchara-gemusterten Teppiche sind eine feste Größe, deren Bedeutung etwas zu wachsen scheint. Die moderneren, Gabbeh genannten, aber technisch an den Ziegler erinnernden Teppiche, rundeten zusammen mit den Kazak-Nachknüpfungen die Pakistansortimente ab.

Über eine gesteigerte Nachfrage freuten sich viele Importeure iranischer Teppiche. Das jahrelang konstant gestiegene Preisniveau hat sich stabilisiert, zum Teil sogar nach unten korrigiert. Eine besondere Überraschung war die Nachfrage nach einfachen unifarbenen Gabbeh. Trotz der guten und günstigen Qualitäten aus Indien, verkaufte sich diese Provenienz gut. Homayoun Farhadian ergänzt: "Besonders stark nachgefragt wurden Loribaft, Rizbaft und Kashkuli in satten Farben wie Rot und Blau, aber auch Beige lief gut. Spätestens unsere Glanzwäsche hat viele Kunden dazu gebracht, bei uns in großen Mengen zu kaufen."

Gleiches gilt für die günstigen Provenienzen mit traditioneller Musterung. Am besten umgeschlagen wurden wie in den Vorjahren feine Nain, Tabris und auch Bidjar.
aus Carpet Magazin 02/10 (Wirtschaft)