Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung: Workshop "Feuchte"

"CM-Messung ist und bleibt das einzig sichere Verfahren auf der Baustelle"

Die Feuchtemessung von Estrichen zur Beurteilung der Belegreife für die Verlegung von Bodenbelägen ist eine wichtige Schnittstelle zwischen den Gewerken Estrich und Oberboden. Die richtige Messung und Beurteilung des Feuchtegehaltes ist maßgeblich für den Erfolg des Bauvorhabens. In jüngster Zeit aufgetretene widersprüchliche Aussagen zur Feuchtemessung und deren Beurteilung haben zu einer großen Verunsicherung der am Fußboden beteiligten Personen geführt.

Im Rahmen des am 3.9.2009 in Troisdorf stattgefundenen Workshops "Feuchte" stellten die Experten den rund 50 Teilnehmern zu Beginn die Notwendigkeit der Feuchtemessung, die einzelnen Verfahren und deren Grenzen vor. Unter den Teilnehmern waren Estrichleger, Bodenleger verschiedener Gewerke, Messgerätehersteller, Architekten, Bauleiter und Sachverständige.

Nach einer Begrüßung durch den Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF), Dipl.-Phys. Oliver Erning, eröffnete Dipl.-Ing. Egbert Müller (IBF) den theoretischen Teil mit seinem Vortrag zur Belegreife.

Müller stellte die wesentlichen Mechanismen der Austrocknung von Estrichen und die Einflussfaktoren für das Trocknungsverhalten vor. Estriche trocknen bis zum Erreichen der Ausgleichsfeuchte in dem vorherrschenden Klima aus. Da man in der Baupraxis in aller Regel nicht warten kann, bis der Estrich auf den sich bei üblichem Wohnraumklima einstellenden Ausgleichsfeuchtegehalt ausgetrocknet ist, wurde die Belegreife eines Estrichs für die Verlegung von Bodenbelägen eingeführt. Die Belegreife liegt oberhalb der Ausgleichsfeuchte. Grundlage der auch heute noch gültigen Werte der Belegreife waren Untersuchungen im IBF aus dem Jahre 1984.

Die Grenzwerte der Belegreife haben sich über nunmehr 25 Jahre in der Praxis bestens bewährt. Müller stellte die 1984 im IBF durchgeführten Untersuchungen zum Austrocknungsverhalten von Estrichen näher vor und verglich die Ergebnisse mit aktuellen IBF-Untersuchungen an Zementestrichen, die mit CEM I-Zementen und CEM II-Zementen hergestellt wurden. Im Wesentlichen wurden die bislang bestehenden Grenzwerte der Belegreife von Zementestrichen durch die neueren Untersuchungen auch bei mit CEM II-Zementen hergestellten Zementestrichen bestätigt. Die in jüngster Zeit verbreitete Auffassung, dass man mit CEM II-Zement hergestellte Zementestriche nicht nach dem CM-Verfahren messen könne, wurde durch die neueren IBF-Untersuchungen nicht bestätigt.

Deshalb wies Müller in diesem Zusammenhang auch die in jüngster Zeit vertretene Forderung zurück, dass Zementestriche hinsichtlich der Belegreife durch den Estrichleger "freigegeben" werden müssen, mit Hinweis auf die durch den Estrichleger nicht zu beinflussenden Austrocknungsfaktoren (z. B. Baustellenklima etc.). Zudem erinnerte Müller, dass in den Regelwerken der Fachverbände immer nur CM-Werte als Beweis für die Belegreife von Zementestrichen genannt wird. Jede Abweichung davon hat der Handwerker selbst zu verantworten.

Michael Resch (Trotec, Heinsberg) stellte das üblicherweise genutzte elektrische Messverfahren vor. Hierbei wird eine besondere Eigenschaft des Wassers, dessen im Vergleich zu anderen Baustoffen sehr viel höhere Dielektrizitätskonstante, ausgenutzt. Es handelt sich folglich um ein kapazitives Verfahren. Die Unterschiede der Messgeräte liegen im Wesentlichen in der Ausführung der Messelektrode als Kugel, gekrümmter oder im Gehäuse integrierter Platte. Die Mikrowellengeräte unterscheiden sich prinzipiell nur durch einen anderen Frequenzbereich. Die Geräte messen alle zerstörungsfrei, werden durch beispielsweise Metalle, Salze und unterschiedlicher Rohdichten im Estrich mehr oder weniger gestört. Hauptproblem aller Geräte ist aber, dass sich die Empfindlichkeit in der Regel auf die oberen 2-3 cm beschränkt. Durch die Einfachheit der Messprozedur sind sie sehr gut geeignet, durch mehrmalige Messungen den Verlauf der Trocknung abschätzen zu können. Die Feststellung des tatsächlich vorhandenen Feuchtegehaltes bzw. die Bestimmung der Belegreife ist mit ihnen aber nicht möglich.

Dr. Frank Radtke (Radtke Messtechnik, Schweiz) beleuchtete die CM-Messung. Insbesondere stellte er Faktoren dar, die das Messergebnis beeinflussen können. Hier sind besonders die Probenentnahme aus falschen Estrichbereichen, Feuchteverluste beim Vorbereiten des Prüfguts und falsche Prüfungsdurchführung zu nennen. Nach einigen Tipps zur Handhabung wies er auf die wichtige, aber oft vergessene Prüfgutkontrolle am Ende der Messung hin. Durch die Kontrolle des Prüfguts nach der CM-Messung kann darauf geschlossen werden, ob die Zerkleinerung in der CM-Flasche ausreichend gewesen war. Zu grobes Probenmaterial oder gar noch erkennbare Glasscherben der Ampulle deuten auf ein zu geringes "Schütteln" hin, das in der Regel zu geringeren gemessenen Feuchtegehalten führt. Wichtig und eine dem Auftraggeber gegenüber Vertrauen erweckende Maßnahme ist die Kalibrierung des eigenen CM-Messgerätes vor Ort mittels der Prüfampulle. Parallel zur Praxisvorführung nutzten viele Teilnehmer die von Dr. Radtke gebotene Möglichkeit, ihre eigenen CM-Manometer überprüfen zu lassen.

Über die hygrometrischen Verfahren und die Darrprüfung berichtete Dipl.-Ing. Wolfgang Limp (IBF) im Anschluss. Bei den hygrometrischen Verfahren wird die "korrespondierende Luftfeuchte" bestimmt. Über dieses Verfahren wurde in FussbodenTechnik schon mehrfach berichtet, eine einheitliche Prüfvorschrift bzw. ein Grenzwert existiert aber noch nicht. Ohne diese Voraussetzungen ist dieses Verfahren nicht anwendbar. Limp zeigte einige Versuchsergebnisse an Zementestrichen im Bereich der Belegreife. Da hier Werte von über 90 % r.LF. gemessen wurden, ist die Anwendbarkeit fraglich.

Das prüftechnisch recht einfache Darrverfahren dagegen ist ausgereift und wird allseits als "das Verfahren der Wahl" zur Bestimmung des absoluten Feuchtegehaltes anerkannt. Zur Beurteilung dieses Wertes benötigt man aber einen Bezugswert. Aus diesem Grund müsste man immer zusätzlich den Ausgleichsfeuchtegehalt bestimmen. Dafür ist in der Regel aber keine Zeit. Deshalb wird immer auf die für die üblichen Zementestriche gültige Annahme einer Belegreife bei 3,5 M-% zurückgegriffen.

Im Praxisteil, der den ganzen Nachmittag in Anspruch genommen hat, hatten die Teilnehmer Gelegenheit, einzelne Messverfahren an einer etwa 12 m großen Versuchsfläche auszuprobieren. Diese Versuchsfläche wurde vom Institut hergestellt und wies, was den Teilnehmern anfangs verschwiegen worden war, unterschiedliche Dicken zwischen 4 und 10 cm auf.

Zuerst sollten die Teilnehmer mit eigenen mitgebrachten elektrischen Geräten die Fläche abrastern und bezüglich ihres Feuchtegehaltes einschätzen. Die Einschätzungen fielen unterschiedlich aus, von "belegreif", "teilweise belegreif" bis "nicht belegreif". Dabei überraschte, dass gleiche Messgeräte an denselben Stellen unterschiedliche Ergebnisse lieferten: Die Gann Hydromette "UNI2" mit Kugelkopf zeigte ungefähr 20 Digits an. Die Denzelmessgeräte G812 lagen zwischen 0,7 bis 1,0 M-%. Die beiden Caisson-Prüfgeräte VI-D1 lagen um den Faktor 9 auseinander.

Die zweite Aufgabe bestand darin die feuchteste Stelle festzulegen. Mit 3 unterschiedlichen Geräten wurden 3 verschiedene Stellen festgelegt. Nach einer Vorprüfung mit allen elektrischen Geräten (teilweise belegreif) wurden die Teilnehmer gebeten, dort mit ihren eigenen CM-Geräten den Feuchtegehalt zu bestimmen. Bei der Probenentnahme wurden dann die unterschiedlichen Estrichdicken sichtbar, zweimal 4 cm, einmal 10cm. Die am Vormittag erwähnte geringe Eindringtiefe der elektrischen Messgeräte wurde eindrucksvoll bestätigt.

Die CM-Prüfung wurde von den einzelnen Teilnehmern unterschiedlich durchgeführt. Der "Bodenleger" verzichtete auf den etwa oberen Zentimeter des Estrichs. Der "Parkettleger" entnahm aus dem unteren bis mittleren Bereich. Beim 3. Teilnehmer wurde das Prüfgut in ausreichender Menge entnommen, dann aber selektiert. Entsprechend variierten die Messergebnisse (2,3 CM-% bis 2,7 CM-%). Die Aussage "nicht belegreif" wurde aber von allen Teilnehmern gleich lautend getroffen.

Zur Demonstration des Einflusses einer sorgfältigen Prüfungsdurchführung wurde an der tatsächlich feuchtesten Stelle eine Probestelle angelegt und daraus das Prüfgut gleichmäßig entnommen, homogenisiert, eingewogen auf drei Gruppen verteilt. Einer Gruppe wurde aufgetragen, beim Schütteln "faul" zu sein, eine Gruppe sollte sich an die "Schnittstellenkoordination" halten und eine weitere Gruppe sollte über die ganzen 10 Minuten Messdauer schütteln. Sowohl bei den Ergebnissen (2,3 CM-% bei der "faulen" Gruppe, 2,9 CM-% bei der "Schnittstellenkoordination" und 3,3 CM-% bei der "fleißigen" Gruppe) als auch bei der Prüfgutkontrolle zeigten sich deutliche Unterschiede. Diese bewusst produzierten extremen Unterschiede sollten den Teilnehmern verdeutlichen, wie wichtig eine sorgfältige Probenentnahme und Prüfungsdurchführung, sowie Prüfgutkontrolle ist. Die erste CM-Runde hat gezeigt, dass bei sorgfältiger Prüfung die Streuung relativ gering ist. Entscheidend ist der Mensch, nicht das Prüfverfahren.

Im weiteren Verlauf führte Dr.Radtke eine neue, von ihm entwickelte Probenentnahme, mit dem "Saugbohrer" vor. Die elegante Probenentnahme ergibt sofort ein fein zerkleinertes Prüfgut, an dem direkt eine hygrometrische Messung (r.LF.) und anschließend eine CM-Prüfung durchgeführt werden kann. Die Probenennahme erfolgte direkt im Bereich der feuchtesten Stelle. Es wurden 86 % r.LF. sowie 2,5CM-% ermittelt. Eine Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte aus dem normal entnommen Prüfgut ergab nach 5min 100%.

Auch die Praxisversuche haben gezeigt, die CM-Messung das einzig sichere Verfahren auf der Baustelle ist, die Belegreife eines Estrichs zu bestimmen. Eine sorgfältige Probenentnahme und Prüfungsdurchführung ist aber Voraussetzung. Die Grenzen, aber auch der Nutzen der elektrischen Messgeräte wurde klar herausgearbeitet.

Ziel des Seminars war es, beim Messen und Beurteilen der Feuchte eines Estrichs mehr Sicherheit zu erlangen. Dieses Ziel wurde nach übereinstimmenden Aussagen der Teilnehmer erreicht. Das Seminar wird am 25. November 2009 in Troisdorf (Infos unter www.ibf-troisdorf.de) wiederholt.
aus FussbodenTechnik 06/09 (Wirtschaft)