Interview des Monats: Bodet&Horst, Elterlein

"Unser bi-elastischer Matratzenbezug unterstützt die Wirkung des Matratzenkerns"

Das Unternehmen Bodet & Horst hat in den letzten rund 20 Jahren eine rasante Entwicklung vollzogen, vom kleinen Hersteller von Spannbetttüchern zu einem der führenden Anbieter von Matratzenbezugsstoffen. Firmenchef Gerd-Hermann Horst bezeichnet sein Unternehmen, allein bezogen auf die Umsätze mit der Matratzenindustrie, als unangefochtenen Marktführer für gestrickte Artikel. Haustex besuchte die Geschäftsleitung in Elterlein und sprach mit ihr über die Gründe des Unternehmenserfolgs, neue Produkte und die richtige Strategie in der Produktentwicklung.

Haustex: Bodet & Horst zählt zu den größten Anbietern von Matratzenbezugsstoffen. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen im internationalen Wettbewerb positioniert, Herr Horst?

Gerd-Hermann Horst (überlegt und schmunzelt): Im obersten Drittel. Nein, im Ernst: Wir sind nach unserer Einschätzung der weltführende Hersteller gestrickter, elastischer Matratzenbezugsstoffe.

Haustex: In Bezug auf Menge oder Umsatz?

Horst: Das gilt für beides.

Hans-Peter Schouwink: Aber auch von unserem Produktportfolio her gesehen sind wir sehr breit aufgestellt. Wir führen nicht nur Verbundstoffe, sondern auch Trikotagen, Frottee und Velours. Hinzu kommen bei uns fertige Hüllen sowie Abstandsgewirke, die wir bei unserer Tochterfirma Pressless herstellen, an der wir mit 50 Prozent beteiligt sind.

Horst: Aber all das eben nur gestrickt und nicht gewebt, denn wir führen keine Webware. In diesem Bereich gibt es noch einige andere Hersteller, die insgesamt, auf beide Bereiche bezogen, noch größer sind als wir. Insgesamt kommen wir in diesem Jahr wohl auf einen Umsatz von rund 70 Mill. Euro. Aber ob ich nun der Größte bin oder nur einer der Größten, bringt mir letztlich doch nichts. Entscheidend ist für mich die Entwicklung des Unternehmens. Und die ist sehr erfreulich.

Haustex: Ursprünglich war das Unternehmen in Hörstel angesiedelt, heute liegt der Unternehmensschwerpunkt in Elterlein an der tschechischen Grenze.

Horst: Stimmt. Aber wir sind nicht, wie gerne kolportiert wird, der Wirtschaftsförderung wegen hierher gezogen. Vielmehr hatte es mit dem komplizierten Genehmigungsverfahren für ein Bauvorhaben von uns in Hörstel zu tun, dass wir mit unserer Produktion und Verwaltung nach Elterlein gegangen sind. Trotz ausreichend großem Grundstück wollte die dortige Baubehörde uns einen Neubau nicht so genehmigen, wie wir ihn brauchten. Darum haben wir uns dann nach einem anderen Standort umgesehen. Nach Elterlein sind wir gezogen, weil wir ganz in der Nähe bei TVE ausrüsten lassen, nur 15 km von hier entfernt. Und wir befinden uns hier in einem Wirtschaftsraum, in dem die textile Produktion immer eine große Rolle gespielt hat.

Simone Flechsig: Es war gerade zu Anfang ein sehr großer Vorteil, dass es hier sehr viele Textilingenieure gibt und wir hier einige Leute finden konnten, die schon einmal in einer Strickerei gearbeitet haben. Wir konnten in der Aufbauphase also auf qualifiziertes Fachpersonal zurückgreifen.

Haustex: Seit wann ist Bodet & Horst in Elterlein?

Flechsig: 1997 haben wir hier angefangen zu bauen, seit 1998 läuft die Produktion, die in drei weiteren Etappen weiter ausgebaut wurde.

Haustex: Wie hat sich das Unternehmen gegenüber 1998 verändert?

Flechsig: 1998 waren wir insgesamt bei etwa 150 Mitarbeitern, einschließlich Hörstel, wo anfangs noch etwas produziert wurde. Heute beschäftigt Bodet & Horst weltweit rund 650 Mitarbeiter. Der größte Sprung gelang uns durch die Produktion in der Slowakei, wo heute 450 Leute beschäftigt sind.

Haustex: Nichtsdestotrotz eine imposante Bilanz, denn der Markt für Matratzenbezugsstoffe dürfte in der Zeit nicht so dramatisch gewachsen sein. Worauf führen Sie diesen Wachstumsschub in Ihrem Unternehmen zurück?

Horst: Für einen Strickwarenhersteller ist diese Entwicklung fast normal, denn weltweit geht der Trend für Matratzenbezugsstoffe immer mehr weg vom Gewebe und hin zur Strickware. Davon haben wir als reiner Stricker, der von Anfang an dabei war, stark profitiert. Andere aus dem Webereibereich sind erst später auf den Zug aufgesprungen. Und wir haben von Anfang an auf nachvollziehbare Innovationen gesetzt.

Haustex: Hat Bodet & Horst von Anfang an Matratzenbezugsstoffe hergestellt?

Horst: Als ich 1991 ins Unternehmen kam, produzierten wir mit 23 Leuten hauptsächlich Spannbetttücher, aber auch Kinderbekleidung und Nicki-Velours für Hausanzüge. Der Umsatz lag bei umgerechnet 3 Mill. Euro. Ich habe dann Markforschung betrieben und geguckt, wer im Markt erfolgreich ist. Dafür habe ich Bilanzen studiert, was mir, der ich aus dem Bankenbereich komme, leicht gefallen ist, und habe nach einem Produkt im Maschensektor gesucht, das man in großen Mengen herstellen konnte. Damals gab es gestrickte Matratzenbezugsstoffe nur im hochwertigen Bereich. Wir haben also begonnen, Stoffe für den breiteren Markt herzustellen. Gleichzeitig waren wir die ersten, die überhaupt Produkt-Marketing in diesen Sektor eingeführt haben. Unser erstes Produkt war Green Cotton, was hatten wir da für einen Andrang. Danach kam bei uns Medicott, auch ein großer Erfolg, wir verkaufen heute noch sehr viele Meter davon. Heute vermarkten die anderen Anbieter ihre Produkte auch so, sie finden an fast allen Matratzen Anhänger und Label, die sich auf den Matratzenbezugsstoff beziehen. Die meisten reklamierten Eigenschaften gehen aber fehl und funktionieren nicht.

Haustex: Ist die neue Form des Produktmarketings in Ihrem Sektor ein Grund für die rasante Entwicklung von Bodet & Horst?

Horst: Das zum einen, aber wir sind auch innovativ. Wir müssen umsetzen, was der Endkunde haben möchte. Und er muss am Ende auch verstehen, was er da kauft. Aber der Konsument hat ganz andere Ideen und Wünsche, als es ein Hersteller sich oft vorstellt. Nur wenn man die Probleme und Wünsche des Konsumenten erkennt und umsetzt, wird man letztlich auch das Produkt erfolgreich verkaufen. Dabei darf man ihn aber nicht mit Informationen überfrachten. Man muss maximal drei Argumente liefern, die der Käufer nachvollziehen kann. Nehmen sie beispielsweise die Kindermatratze mit hydrophiler und hydrophober Seite. Das Funktionsprinzip eines solchen Matratzenbezugsstoffes versteht jede Hausfrau. Oder das Problem der Verschimmelung. Ist heute auch ein wichtiges Thema im Hausbau, kennt jeder und versteht es daher auch bei der Matratze. Auf der anderen Seite gibt es heutzutage aber auch vermeintliche Verkaufsargumente, die sehr fragwürdig sind: die Matratze mit Kuhmilch beispielsweise, überspitzt formuliert. So etwas machen wir nicht mit, weil es schlichtweg Blödsinn ist.

Haustex: Aber ist es nicht auch ein Akt der Verzweiflung, um ein optisch identisches Produkt irgendwie unterscheidbar zu machen? Ihr Unternehmen hat doch auch ähnliche Produkte in seinem Programm.

Schouwink: Wir versuchen uns auf die Dinge zu konzentrieren, die nachweislich funktionieren. Allerdings sind wir manchmal auch einfach gezwungen, Produkte anzubieten, weil der Markt es so wünscht und der Wettbewerb auch anbietet.

Horst: Es gibt inzwischen schon Fälle, bei denen einem Matratzen-Hersteller durch einen Fachhändler nachgewiesen werden konnte, dass sein Produkt die postulierte Wirkung nicht hatte und er seine Matratzen zurücknehmen musste. Da können schnell sechsstellige Umsätze verloren gehen. Das wollen wir verhindern und stellen uns lieber die Frage, was eine Matratze wirklich braucht. Das sind Komfort, Haptik und Optik - und Haltbarkeit natürlich. Alles andere ist mehr oder weniger nutzloses Beiwerk. Und die hochwertigen Markenhersteller versuchen ja auch gar nicht erst solche Experimente, weil es einfach unseriös ist.

Haustex: Konnten Sie das vorhandene Know-how, das Sie bei der Produktion von Spannbetttüchern hatten, bei der Produktionsumstellung einfach auf Matratzenbezugsstoffe übertragen?

Horst: Was wir damals nicht gestrickt hatten, war Jacquard. Das habe ich dann später eingeführt. Aber das gestrickte Spannbetttuch gab es ja schon viel länger, und technisch besteht kein großer Unterschied zwischen einem Betttuch und einem Matratzenbezugsstoff. Wir brauchten lediglich größere Rundstrickmaschinen. Und dann hatte ich das persönliche Glück, Leif Norgard von Green Cotton zu treffen oder Professor Grüninger vom Steinbeis-Transferzentrum mit seinem Medicott. Medicott ist ja quasi aus dem Green Cotton entstanden und wurde für uns letztlich viel erfolgreicher.

Haustex: Mit Green Cotton waren Sie wahrscheinlich einige Jahre zu früh auf dem Markt. Kann man sagen, dass Medicott für Ihr Unternehmen den Durchbruch am Markt gebracht hat?

Horst: Als Marke und auch vom Umsatz her, ja. Medicott macht bei uns heute noch mit Abstand den größten Umsatzanteil aus. Wir waren mit unseren Umweltprojekten sowieso immer sehr früh dran. Wir haben beispielsweise schon 1993 das ganze Unternehmen einmal nach Schadstoff-Emissionen untersuchen lassen und Verrottungsversuche von Matratzenbezügen aus 100 Prozent Baumwolle anstellen lassen. Das funktioniert sogar, am Ende kam aus dem Komposthaufen nur noch der Reißverschluss heraus. Wir haben schon immer herumexperimentiert und gingen der Frage nach, wie man den Kunden ans Produkt bekommen könnte.

Haustex: Wie schafft es ein gelernter Banker, sich in die technischen Feinheiten eines gestrickten Matratzenbezugsstoffes einzuarbeiten und innovative Produkte auszutüfteln?

Horst: Für die Warenkunde und die Technik habe ich natürlich meine Leute. Aber worum geht es denn bei der Entwicklung eines neuen Produktes? Im Grunde doch nur um eines, und dafür muss man kein Textilspezialist sein: die Ideen und Wünsche des Endkunden zu verstehen. Dann geht es eigentlich nur noch darum, das im Produkt umzusetzen und gegenüber dem Endkunden entsprechend zu vermarkten. Dann passt es.

Haustex: Das klingt einfach, und viele nehmen für sich sicherlich in Anspruch, die Wünsche der Endkunden mit ihren Produkten zu erfüllen. Aber bei weitem nicht allen gelingt es. Wie filtern Sie denn heraus, was der Konsument wünscht?

Horst: Dafür sind wir alle häufig unterwegs. Und wir haben einen Außendienst, der ständig bei den Kunden ist. Durch den ständigen Austausch der Erfahrungen kristallisieren sich dann häufig Trends heraus. Wer viel unterwegs ist, sieht viel. Und wer viel sieht, bekommt auch Ideen. Im Prinzip geht es immer um Probleme im alltäglichen Leben. Wenn man die versteht und in eine Story umwandelt, die der Endverbraucher nachvollziehen kann, dann hat man es getroffen. Coca-Cola und Marlboro haben so einen großen Erfolg, weil sie den Durchschnittsgeschmack getroffen haben. Mehr muss ich auch nicht schaffen. Dann versteht der Konsument unser Produkt beziehungsweise die Matratze mit unserem Bezugsstoff.

Apollonija Honigsman: Man muss bei der Produktentwicklung die einzelnen Märkte verstehen und vorher genau untersuchen, welchen Geschmack die Verbraucher dort haben. In Holland sind ganz andere Farben gefragt als in Deutschland, das ist überhaupt nicht vergleichbar. Außerdem nehmen wir Trendprognosen von namhaften Designern auf, die berichten, welche Farbtrends zu erwarten sind. Natürlich besuchen wir Messen um zu sehen, was in den nächsten zwei bis drei Jahren an Einflüssen kommen könnte. Und schließlich sammeln und filtern wir, was die Garnlieferanten für die Zukunft anbieten werden. Über allem steht aber, den Konsumenten zu kennen. Vor zwei Jahren kam in England beispielsweise eine Designerin hoch, die alles mit Pünktchen versehen hat. Pünktchen wurden dadurch dort ein Riesentrend, alle wollten Pünktchen haben. Wenn man versteht, woher dieser Trend kommt, kann man viel besser damit umgehen und es natürlich für das Bett und die Matratze umsetzen.

Haustex: Was unterscheidet Bodet & Horst Ihrer Meinung nach von den anderen Anbietern von Matratzenbezugsstoffen?

Horst: Wir sind Spezialist für gestrickte Ware und können praktisch alles im gestrickten Bereich abdecken, weil wir alle nötigen Durchmesser bei den Maschinen haben, bis zu extremen Überbreiten. Wir liefern also praktisch den Trikotbezug für den Schaumkern, das Unterstepp-Material und Obermaterial, und das alles in allen Breiten und technischen Variationen, dann das Abstandsmaterial und schließlich seit rund vier Jahren auch noch die fertig konfektionierte Hülle.

Haustex: Wie reagieren die Matratzenhersteller darauf, dass Sie jetzt auch noch die Hülle herstellen?

Schouwink: Wir bieten damit eine Ergänzung, eine weitere Dienstleistung für unsere Kunden, und keine Konkurrenz. Das wird auch so gesehen. Die Matratze wird immer mehr zum Saison-Geschäft. Von August bis Februar läuft es ganz gut, in den anderen Monaten ist es wesentlich schwächer. Da wir alles im Hause abwickeln, haben wir die Möglichkeit, das Ganze sehr günstig zu gestalten. Günstiger, als es der Matratzen-Hersteller könnte, weil er in der Konfektion nicht eine so hohe Kapazitäts-Auslastung hat wie wir. Wir arbeiten mehrschichtig rund um die Uhr. Wir liefern darüber hinaus auch Hüllen für Nackenstützkissen, glatt oder gesteppt. Für viele Produkte haben wir entsprechende Roboter in der Slowakei, so dass wir das Ganze auch relativ kostengünstig herstellen können. Wir stellen nicht nur Hüllen nach, sondern verfügen auch über eine eigene umfangreiche Hüllen-Kollektion, die wir auch auf der letzten Interzum vorgestellt haben, um unseren Kunden Input zu geben darüber, was man alles machen kann.

Flechsig: Durch die eigene Konfektion verstehen wir natürlich jetzt auch viel besser die Probleme, die ein Kunde bei seiner Konfektion hat. Beispielsweise bei Reklamationen von Maschenspreng-Schäden. Dann steppen wir die Sachen selber und sehen, wie man das Problem beheben kann, um dem Kunden Hilfeleistung geben zu können. Das kann zum Beispiel ein anderes Garn sein, oder andere Nadeln.

Haustex: Welche Rolle spielt Pressless mit seinen Produkten?

Horst: Alles, was 3D und Abstandsgewirke betrifft, kommt aus dem Hause Pressless. Wir haben gerade mit Pressless einen neuen Border entwickelt, bei dem das Klimaband in einem Produktionsprozess direkt mit eingearbeitet wird. Der Matratzenhersteller muss das Klimaband also nicht mehr separat in den Border einnähen. Bei einer normalen deutschen Standardmatratze reden wir über zwölf Meter Naht, die sich der Kunde durch den neuen Border erspart.

Haustex: Klar, dass dadurch Arbeitsminuten und somit Arbeitskosten eingespart werden.

Horst: Nicht nur dass, auch die Qualität gewinnt. Wenn Sie den letzten Matratzentest der Stiftung Warentest lesen, sehen Sie, dass mancher Hersteller Probleme hat, das Klimaband gerade einzunähen. Gleich wird das ganze Produkt heruntergewertet.

Haustex: Seit wann bieten Sie diese Lösung an?

Horst: Wir sind damit gerade auf den Markt gekommen und haben es einigen unserer Kunden vorgestellt. Es ist eine von mehreren Neuheiten, die wir in diesem Jahr anbieten - und sie wird wahrscheinlich Ende des Jahres in die Läden kommen.

Haustex: Wie ist das Unternehmen strategisch aufgestellt?

Horst: Wir setzen zum einen auf Innovationen, zum anderen auf globale Präsenz. Neben Elterlein und Vrbové in der Slowakei sind wir seit Neuestem in El Salvador, dort laufen die Strickmaschinen bereits seit kurzem. Dafür haben wir den Standort USA aufgegeben. El Salvador wird dann den amerikanischen Markt bedienen. In China produzieren wir seit Ende Mai, nur für den heimischen Markt. In der Slowakei erweitern wir zudem die Produktionsfläche um 22.000 qm. Warum machen wir das alles? Wir müssen für die Auslandsmärkte Produktionsstätten vor Ort haben. Es funktioniert nicht mehr, von Europa aus die ganze Welt beliefern zu wollen. Wenn die neuen Standorte rund laufen, können wir über weitere Standorte nachdenken. Beispielsweise fehlt mir noch Südamerika, dort sehe ich einen wirtschaftlichen Aufschwung, und auch Afrika wird kommen aufgrund der Rohstoffe.

Haustex: Worauf kommt es bei einem Matratzenbezugsstoff an? Eine Markenpolitik ist gegenüber dem Konsumenten ja wohl kaum möglich, so dass andere Argumente zählen müssen.

Flechsig: Es kommt natürlich keiner ins Geschäft und wünscht explizit eine Matratze mit einem Bezugsstoff von Bodet & Horst. Aber es kommt schon vor, dass jemand eine Medicott-Matratze haben möchte.

Horst: Eine Matratze wird im Wesentlichen von Frauen gekauft. Darum muss sie gut aussehen und sich gut anfühlen. Warum haben wir denn solche Produkte eingeführt wie Cashmere oder Seide? Weil die Frau es aus der Bekleidung kennt. Und wenn sie Cashmere sieht, wird das Interesse schon mal geweckt.

Haustex: War Bodet & Horst der erste Anbieter in Deutschland, der damit begann, gestrickte Matratzenbezugsstoffe herzustellen?

Horst: Nein, da waren andere vor uns auf dem Markt. Aber wir sind ziemlich zügig auf den Zug aufgesprungen und haben versucht, die Strickware einer breiteren Masse zugänglich zu machen. Wir waren allerdings der Erste, der ein Doppeltuch auf einer Breite von 220 bis 230 cm gestrickt hat, was heute den Hauptteil der Maschinen ausmacht. Davor ging es nur bis 160 und 180 cm. Wir haben also als Erster die Matratzen-Stoffe auf einer Breite produziert, bei der der Hersteller nicht diese großen Schnittverluste hatte. Ein großer Matratzen-Hersteller hatte uns gefragt, ob wir diese Breite produzieren könnten, die andere nicht produzieren konnten, dann würden wir den Auftrag bekommen. Nach vier Monaten hatten wir eine Maschine so umgebaut, dass wir anfangen konnten zu produzieren. Es war damals wahnsinnig schwer, die Maschinenindustrie zu überreden, in die Entwicklung einer neuen Strickmaschine zu investieren. Inzwischen konnten die Firmen hunderte Maschinen dieser Größe verkaufen. Aber wenn man nichts probiert, kann man auch nichts erreichen. Darum muss ich mir den ganzen Tag Dinge einfallen lassen, die anders sind, aber nachvollziehbar. Das gilt im Grunde für das gesamte Unternehmen. Jahr für Jahr entwickeln wir etwa 2.500 verschiedene Stoffmuster.

Haustex: Eine unglaubliche Zahl. Nur gut, dass es sich nur um kleine Muster handelt und nicht alle auch realisiert werden.

Horst: Da kommen aber trotzdem einige Lastwagen-Ladungen voller Muster zusammen.

Schouwink: Und die meiste Arbeit steckt in der Entwicklung. Die ersten 30 m sind durch die Entwicklungsarbeit so teuer wie sonst 1.000 m.

Haustex: Das ist verständlicherweise etwas anderes, als wenn man Muster kostengünstig auf Papier ausdrucken würde.

Schouwink: Nein, mit einem Stück Papier können unsere Kunden nichts anfangen. Sie müssen den Stoff sehen und fühlen.
Horst: Das mussten wir auch lernen und hatte eine unserer größten Fehlinvestitionen zur Folge. Wir dachten auch ursprünglich, wir könnten das locker über einen Computer machen und in einer 3D-Darstellung ausdrucken lassen. Aber der Kunde möchte nicht ein Stück Papier sehen. Das Ding steht jetzt bei uns unbenutzt herum. Würden Sie einen Anzug anhand eines Stück Papiers aussuchen? Also produzieren wir alleine rund 60 t an Mustern.

Haustex: Müssen es denn wirklich so viele sein?

Horst: Gute Frage. Sicher könnten wir daran sparen. Aber ich glaube, wenn wir diese Vielfalt nicht hätten, wären wir nicht da, wo wir heute sind. Letzten Endes bleibt unter dem Strich etwas übrig, also leiste ich mir das Hobby.

Schouwink: Wir sind auf den unterschiedlichsten Märkten unterwegs und brauchen dafür auch die unterschiedlichsten Ausrichtungen. Sonst können wir auf den Märkten nicht erfolgreich arbeiten.

Honigsman: Unsere Kunden in der Matratzenindustrie brauchen zudem immer ein bisschen mehr Stoff. Mit nur einem Meter können sie nichts anfangen. Die müssen das Material beispielsweise versteppen lassen und dafür brauchen sie eine Rolle, die mindestens 10 m hat.

Haustex: In welchen Ländern verkaufen Sie?

Schouwink: Wir sind weltweit in 48 Ländern aktiv. Nachholbedarf haben wir noch in Afrika und Südamerika.

Haustex: Angesichts der Vielzahl an Ländern scheinen die 70 Millionen Umsatz durchaus noch steigerungsfähig.

Schouwink: Wir wollen in der Tat noch weiter wachsen. Die Märkte sind sehr unterschiedlich entwickelt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Anteil an elastischen Stoffen ziemlich ausgereizt. Aber es gibt noch einige Länder, wo Nachholbedarf besteht. England kommt jetzt ganz stark, und gerade auch in Ländern außerhalb von Europa gibt es noch einen recht hohen Drellanteil. Von daher ist noch genügend Potenzial da, weiterhin elastische Stoffe zu verkaufen.

Horst: Wenn Sie den weltweiten Markt für Matratzenbezugsstoffe zusammenrechnen, gestrickt und gewebt, werden Sie, so schätze ich, vielleicht auf ein Umsatzvolumen von rund 1,2 Mrd. Euro kommen. Wenn man bedenkt, dass die ganze Welt darauf schläft, ist das nicht so groß. Da gibt es Branchen, sogar einzelne Unternehmen, die weit mehr umsetzen.

Haustex: Welchen Trend gibt es derzeit bei Matratzenbezugsstoffen, und wie reagiert Ihr Unternehmen darauf?

Horst: Ein Trend setzt sich weiter fort, immer neue Funktionen über Ausrüstung und Garne in den Stoff zu bringen. Da sehe ich aber mittlerweile wenige Ansatzpunkte, Weiterentwicklungen zu machen, weil das Thema der Hausmilbe einfach durch ist. Es gibt inzwischen Lösungen dafür, wie zum Beispiel das Neemöl, das wir auch einsetzen. Im Grunde genommen sind diese Themen abgehandelt. Eigentlich wäre die optimale Lösung zum Thema Hygiene ein Matratzenkern mit Encasing und ein abnehmbarer Matratzen-Bezug, der bei 60 Grad waschbar ist, besser noch 95 Grad, und keine Zusätze enthält. Denn alles, was man an Wirkstoffen auf den Bezugsstoff bringt, lässt sich durch eine Wäsche auch wieder lösen. Daher sollte man auf den Einsatz von Chemikalien verzichten, wenn man ein Problem auch anders lösen kann. Und der zweite Punkt ist doch, ob man das, was man auf eine Matratze als Zusatznutzen drauf bringt, auch wirklich getestet hat. Ich meine damit nicht einen Abrolltest als Simulation, sondern tatsächlich über einen Zeitraum von zehn bis zwölf Jahren. Die Zeit hat man ja gar nicht. Bei nicht abnehmbaren Bezügen muss man allerdings Begleitstoffe aufbringen, die das Hygieneproblem beseitigen.

Wir verzichten in diesem Zusammenhang übrigens schon lange auf die Verwendung von Triclosan. Was wir allerdings sehr wohl verwenden, sind Fasern, die ihre Funktionseigenschaften quasi in die Faser hineingeimpft bekommen haben, so dass sie sich nicht herauswaschen. Ich meine Smartcel Clima und Smartcel Sensitive. Ich bin allerdings generell sehr vorsichtig bei antibakteriellen Ausrüstungen, denn irgendwann könnten die Bakterien eine Resistenz dagegen entwickeln. Wir müssen uns doch fragen, warum in Ländern, die nicht so einen hygienischen Standard haben wie Westeuropa beispielsweise, die Allergien geringer ausgeprägt sind als bei uns? Darum bin ich bei Matratzenbezügen dafür, dass sie abnehmbar und waschbar sind. Wenn nicht, müssen wir das Hygieneproblem lösen mit einem Mittel, das langfristig wirkt. Wenn man bei einer Matratze mit einem Zusatznutzen im Bezugsstoff wirbt, muss dieser Nutzen auch tatsächlich belegt sein, sonst geht der Schuss nach hinten los. Denn für dumm lassen sich die Konsumenten nicht verkaufen.

Haustex: Welche Schlussfolgerung ziehen Sie daraus für Ihr Unternehmen?

Horst: Wir konzentrieren uns lieber darauf, den Komfort der Matratze zu verbessern. Wir reden immer davon, dass Strickware elastisch ist. Das stimmt. Wir bieten jetzt schon Matratzenbezüge an, die durch unterschiedliche Elastizitäten zoniert sind. Jetzt gehen wir aber noch einen Schritt weiter in unserem ganz neuen Produkt. Der Matratzenbezug hatte bislang eine unterschiedliche Längs- und Querelastizität, da die Längselastizität konstruktionsbedingt höher ist als die Querelastizität. Eigentlich müsste es aber umgekehrt sein, da in der Querwirkung weniger Stoff vorhanden ist, der nachgeben kann. Insofern spannt der Bezug gerade an den Stellen, wo es darauf ankommt, also in Schulter- und Beckenzone. Uns ist es nun gelungen, ein Gestrick zu entwickeln, das zum einen längs wie quer die gleiche Elastizität aufweist und zum anderen noch eine deutlich höhere Elastizität als herkömmliche Matratzenbezüge. Dieses Produkt bietet deutliche Vorteile in der Anpassung, erste Untersuchungen belegen das. Der neue Bezug lässt die Wirkung und den Komfort des Matratzenkerns wesentlich deutlicher zum Tragen kommen.

Honigsman: Diese höhere und gleichmäßige Elastizität ist besonders wichtig für Schaummatratzen, da sie anders auf Druck reagieren. Wir haben Stoffe entwickelt, die wirklich Top-Ergebnisse erzielen. Ein normaler Verbundstoff hat Stretchwerte von maximal 18 bis 20 Prozent. Wir können jetzt in beide Richtungen bis 60 Prozent gehen. Insgesamt haben wir rund ein Jahr an der Entwicklung dieses Produktes gearbeitet. Auf der anderen Seite können wir jetzt aber auch Elastizitäten von nur zehn Prozent anbieten. Beim Einsatz haben wir an die Unterseite von nicht wendbaren Matratzen gedacht, die bislang mit einem Gewebe versehen werden. Unser Produkt hat eine gewebeähnliche Optik und die Stabilität eines Gewebes. Man kann es allerdings auch gut als Border verwenden.

Horst: Das Schöne daran ist, dass man diese Eigenschaft tatsächlich nachvollziehen und auch messen kann. Anders als bei irgendwelchen Inhaltsstoffen und ihrer vermeintlichen Wirkung.

Haustex: Wann kommen Sie mit dem Produkt auf den Markt und wie sieht es preislich im Vergleich zu herkömmlichen Produkten aus?

Schouwink: Wir sind damit seit kurzem schon auf dem Markt und haben erste Gespräche mit ausgewählten Kunden geführt. Es ist klar, dass der neue Bezugsstoff etwas teurer ist, aber das klären wir lieber im direkten Gespräch mit unseren Kunden.

Horst: Der neue Border und dieser Bezugsstoff sind wirklich brandneu und werden daher vorerst auch nur selektiv vertrieben. Ich erhoffe mir von beiden Produkten sehr viel.

Honigsman: Für uns steht bei der Neu- und Weiterentwicklung von Produkten das Thema Qualität im Vordergrund. Wir haben schon länger einen Bezugsstoff, der bei 95 Grad gewaschen werden kann. Jetzt haben wir ihn aber so weiter entwickelt, dass er in einer noch besseren Optik aus der Wäsche kommt und leicht wieder auf die Matratze aufgezogen werden kann. Ein anderes Beispiel sind Themen wie Pilling, Snagging, Martindale-Test. Wir können heute Stoffe anbieten, die beste Noten in diesen Kategorien aufweisen. Interessant ist dies vor allem für die Hersteller selbst, die unzählige Matratzen in den Geschäften als Vorführmodelle liegen haben. Die sollten immer und möglichst lange einwandfrei aussehen, obwohl sie nicht wie zu Hause durch ein Laken geschützt werden und durch das Probeliegen stark beansprucht werden.

Flechsig: Ich denke aber auch, dass es auch im privaten Bereich ein Thema ist. Viele Entwicklungen in den letzten Jahren sind zu Viskosen-Qualitäten gegangen, und Viskose neigt nun mal zum Pilling. Ich kann mir daher auch vorstellen, dass man sich beim Bettenbeziehen darüber geärgert hat, dass der Matratzen-Bezug pillt.

Haustex: Es hat sich in den letzten Monaten offenbar viel getan bei Ihnen.

Honigsman: Es gibt aber noch weitere Neuheiten bei uns. Ein Vorteil von Strick- gegenüber Webware ist die Möglichkeit, einen Rapport über die gesamte Breite einer Matratze zu erstellen. Das ermöglicht uns, auch zonierte Stoffe herzustellen, entsprechend der Zonierung der Matratze. Bislang war die Zonierung des Bezugs einheitlich über die gesamte Breite einer Matratze in Streifen konstruiert. Jetzt sind wir aber in der Lage, durch unterschiedliche Bindungen innerhalb einer Zonierung zu differenzieren und unterschiedlich elastische Strickbereiche zu konstruieren. Der Vorteil ist, dass der Bezugsstoff beispielsweise im Schulter- und Beckenbereich besser darauf reagieren kann, ob der Körper flach oder seitlich auf der Matratze liegt. Derzeit testen wir die ersten Musterstoffe. Neben der Funktion der Bezugsstoffe arbeiten wir auch an der Optik und bieten neue farbige Kollektionen in schönen Melange-Tönen.

Haustex: Das war auf der letzten Interzum schon zu sehen, dass Bodet & Horst den Mut zur Farbe zeigt. In deutschen Geschäften sieht man jedoch nach wie vor ein mehr oder weniger einheitliches Weiß.

Horst: Die Strickware, die wir für Matratzen haben, ist unabhängig davon, von welchem Produzenten sie kommt, zu einheitlich. Optisch ist eine Matratze von der anderen in der Tat kaum zu unterscheiden. Das gilt aber überwiegend nur für den deutschen Markt. Im Ausland ist man in dieser Hinsicht experimentierfreudiger und modischer orientiert. So ganz langsam kommt allerdings auch in Deutschland das Thema Boxspring auf, und mit diesen Bettsystemen kommt auch mehr Farbe in die Geschäfte. Ganz abgesehen davon, dass man bei Boxspring-Betten auch wesentlich mehr Textilien verkaufen kann.

Haustex: Wie schafft der Verkauf es, bei der Vielzahl an jährlich neuen Mustern und Qualitäten den Überblick zu behalten und die Kunden richtig zu beraten?

Schouwink: Zum einen haben wir eine Checkliste für unsere Kunden, mittels der wir verschiedene Punkte abfragen, beispielsweise was für ein Stoff es sein soll, welches Material, welcher Nutzen gewünscht ist, welche Inhaltsstoffe nicht gewünscht sind, welche Zertifikate man haben möchte. Danach können wir wesentlich zielgerichteter auswählen, was wir dem Kunden anbieten wollen.

Haustex: Bodet & Horst legt sehr viel Wert auf Design. Wie ist das Designteam aufgebaut?

Honigsman: Da wir in viele Länder verkaufen, müssen wir viele modische Strömungen aufnehmen und das Design breit aufstellen. Der Schwerpunkt des Designs als Basis befindet sich hier in Elterlein. Dann haben wir eine Designerin in unserem Showroom in Belgien für Benelux und Skandinavien. Ich komme zudem aus Slowenien und kenne den osteuropäischen Markt sehr gut. Allerdings stellen wir fest, dass die geschmacklichen Unterschiede zwischen den Ländern und den Kontinenten nicht mehr so stark sind wie noch vor einigen Jahren.

Haustex: In welchen Preiskategorien ist Ihr Unternehmen mit seinen Produkten angesiedelt?

Schouwink: Wir decken vom unteren Bereich über die Mitte bis zum ganz Hochwertigen alles ab. Obwohl wir im unteren Bereich auch nicht mehr alles mitmachen. Irgendwo ist für uns eine Grenze erreicht.

Horst: Wir plädieren dafür, dass man die Kosten, die man in das Produkt steckt, um einen häufig fragwürdigen Zusatznutzen zu erzielen, lieber in die Qualität des Produktes insgesamt investieren sollte. Das ergibt eine bessere Optik und steigert die Haltbarkeit. Immer dünnere Bezüge zu ordern, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein und wird irgendwann ein Ende haben.


Bodet & Horst Telegramm

Bodet & Horst GmbH & Co. KG Gewerbegebiet 9, 09481 Elterlein Tel.: 037349/697-0, Fax: 037349/697-10
E-Mail: contact@bodet-horst.de
Internet: www.bodet-horst.de

Geschäftsführer: Gerd-Hermann Horst, Simone Flechsig
Mitarbeiter: rund 650
Umsatz 2010: geschätzt rund 70 Mill. Euro
Produkte: Matratzenbezugsstoffe, konfektionierte Matratzenbezüge und Kissenbezüge, Trikothüllen, technische Textilien, Abstandsgewirke, Konfektions-Accessoires
Marken: Medicott, Comfort Streeetch, Shenergy, Lyocell Vital
Produktionsstandorte: Elterlein (D), Vrbové (SLO), San Juan (ES), Jiaxing City (China)
Exportquote: 80 Prozent, in 48 Länder
aus Haustex 06/10 (Wirtschaft)