Teppiche auf der Domotex

Der moderne Webteppich bleibt Bestseller

Es hat sich viel getan bei abgepassten Teppichen auf der Domotex - weniger auf die Produkte bezogen, als vielmehr auf den Standort der Anbieter von handgefertigten Teppichen. Der wurde von den Hallen 14 bis 17 in die Nordhallen 19 bis 22 verlegt. Nachdem der Umzug im Vorfeld für heftige Diskussionen hinter den Kulissen gesorgt hatte, erwiesen sich die Befürchtungen mancher Kritiker schließlich als unbegründet: Die neue Struktur wurde von den Besuchern gut angenommen. von Tim Steinert

Unter den verschiedenen Produktgruppen bleiben moderne Webteppiche der Renner, angeführt vom unverändert allgegenwärtigen Shaggy. Gefragt sind hoher, dichter Flor, am liebsten uni, oder mit ruhigen Motiven in wohnlichen Farben. Wobei der Hype der letzten Jahre allmählich abzuklingen scheint. Viele Einkäufer glauben den Shaggy im Zenit oder gar schon darüber hinaus.

Vom Handel oft unterschätzt wird die klassisch gemusterte, maschinell gewebte Ware. Hier laufen am besten durchgemusterte Dessins in dezenten, harmonischen Farben, gerne auch in Wolle. Waren Webteppiche jahrzehntelang eine Domäne der Belgier, entwickeln sich zunehmend die Türken zu ernst zu nehmenden Marktteilnehmern. Vor allem bei den Einstiegspreislagen haben sich die dortigen Weber fest etabliert, mit an den deutschen Geschmack angepassten Dessinierungen in verlässlicher Qualität und einer funktionierenden Logistik samt verkehrsgünstig gelegenen Niederlassungen. Die Stärken belgischer Anbieter sind wiederum ihre lang gewachsene Nähe zum Markt, die sich auch in der Produktentwicklung widerspiegelt, sowie die umfangreichen Kollektionen und Farbpaletten.

Einen schweren Stand hat der Handtuftteppich. Besonders die von Hand konturierten Webteppichen machen ihm als preislich interessante Alternative Konkurrenz. Erfolgreich sind die Handtuft-Spezialisten dort, wo sie die konstruktiven Vorteile ihrer Produkte voll nutzen können - beispielsweise Flexibilität und Individualität. Denn im Gegensatz zu Webteppichen, die produktionsbedingt große Losgrößen erfordern und zudem in Farbauswahl und Variationsfähigkeit beschränkt sind, erlauben Handtuft-Artikel praktisch beliebig viele Farben, Garntypen und Musterungen in kleinen Stückzahlen. Einem Händler, der sein Handtuft-Sortiment kontinuierlich pflegt, ist damit auch Erfolg beschieden. Und so konnten auch Handtuft-Anbieter wie Arte Espina ein positives Domotex-Fazit ziehen.

Die Nachfrage nach Handwebteppichen ist längst nicht mehr auf den süddeutschen und österreichischen Raum begrenzt. Markante Strukturen, mit Flor oder als Flachgewebe in modischen Farben, finden auch anderen Orts ihre Kunden und zeigen, welches Potenzial in dieser Warengruppe steckt. Zusätzlich interessant für den Handel wird sie durch die kurzfristigen Liefermöglichkeiten von Sonderanfertigungen.

Die Erfüllung von Sonderwünschen ist auch der Trumpf, mit dem die Anbieter von echten Nepalknüpfungen stechen wollen. Die Teppichproduktion in dem Himalayastaat ist in den letzten Jahren sehr stark geschrumpft. Die Konkurrenz aus Indien ist schlichtweg deutlich günstiger. Dennoch hat Nepalware ihre Berechtigung - und ihre Klientel - wenn sie mit professioneller Präsentation, einem perfekten Lieferservice und vor allem einem Sondermaßprogramm verbunden ist. "Out" sind plakative Muster und die altbekannten Bordüren, die von Unis, Faux-Unis, Farbverläufen und Materialmix abgelöst worden sind.

Auch wenn sie statistisch in der Regel zu den Nepal-Teppichen zählen, nehmen die hochwertigen Designteppiche à la Jan Kath oder Rugstar eine Sonderstellung ein. Kaum ein Bereich zog so viele Neugierige an, wie die Phalanx der Teppichdesigner rund um die Sonderfläche Souk Deluxe in Halle 20. Selbst bekennende Teppich-Ignoranten ließen sich dort begeistern. Was beweist, dass Teppiche durchaus Emotionen wecken können.

Farblich behaupten sich alle Naturtöne von Beige bis Braun, ferner die Rotskala, Schwarz-Weiß und Lila als Modefarbe der letzten Monate.

Positiv entwickeln sich die gut gepflegten Marken und Lizenzen. Zu nennen sind vor allem die Lizenznehmer von Esprit und Schöner Wohnen, die viel Geld in die Hand genommen haben, um ihre Marken dem Konsumenten nahe zu bringen, von dieser Arbeit profitieren und demzufolge optimistisch in die Zukunft blicken.

Eine Sonderstellung auf der Domotex nehmen auch die Importeure klassischer Orientteppiche ein, die in Halle 21 bei messeuntypischer Basar-Atmosphäre versammelt waren und größtenteils "gute Verkäufe" vermeldeten.

Bestseller aus Indien waren Nachknüpfungen von Loribaft-Teppichen und persischen Klassikern wie Tabris, Bachtiar und Moud in Beige-Brauntönen. Seidenteppiche aus Kaschmir erleben derzeit ein Trading-up: Auf Grund von Reklamationen wurde an der Qualität des Flors gearbeitet, entweder mit einer dichteren Knüpfung samt dickerem Florgarn oder mit einem längeren Flor.

Aus Pakistan gelangen weiterhin vor allem Zieglerteppiche in den deutschen Markt. Die klassischen Buchara-gemusterten Varianten sind eine feste Größe, deren Bedeutung etwas zu wachsen scheint. Abgerundet werden die Pakistan-Sortimente von modernen Modellen, Gabbeh genannt, aber technisch an den Ziegler erinnernd sowie Kazak-Nachknüpfungen.

Über steigende Nachfrage freuen sich viele Importeure iranischer Teppiche. Aber: Das jahrelang konstant zunehmende Preisniveau hat sich stabilisiert oder rutscht sogar leicht nach unten. Eine Überraschung war die Nachfrage nach einfachen, unifarbenen Gabbeh. Trotz der guten und preiswerten Qualitäten aus Indien, verkaufte sich diese Provenienz gut. Gleiches gilt für die günstigen Provenienzen mit traditioneller Musterung. Am besten umgeschlagen wurden wie in den Vorjahren, Loribaft-Teppiche, feine Nain, Tabris und auch Bidjar.
aus BTH Heimtex 02/10 (Wirtschaft)