ZVPF: Deutscher Sachverständigentag, Feuchtwangen

Materialunverträglichkeiten, Hohlstellen und "Biholz" im Fokus

Der diesjährige Deutsche Sachverständigentag des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik in Feuchtwangen unter der Leitung von Sönke Stoltenberg war mit 160 Teilnehmern wieder ein voller Erfolg. Das WM-Spiel der Fußball-Nationalmannschaft gegen Serbien wurde kurzerhand in das Vortragsprogramm integriert. Auch Fachthemen gab es in der Bayerischen Bauakademie wieder reichlich. FussbodenTechnik rückt die Themen Beseitigung von Hohlstellen von Franz Manfred Weber sowie diverse Schadensfälle von Prof. Dr. Andreas Rapp in den Vordergrund. Das Thema Parkett-Seitenverleimung von Wilhelm Schmidt wird in der kommenden Ausgabe behandelt.

Sönke Stoltenberg, beim Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik Obmann für das Sachverständigenwesen, konnte beim Deutschen Sachverständigentag für Parkett, Fußbodentechnik sowie Unterböden wieder viele Teilnehmer begrüßen - darunter Sachverständige, Verarbeiter und Vertreter der Industrie.

Prof. Dr. Andreas Rapp (Universität Hannover) stellte eine Reihe von aktuellen Schadensfällen vor.

Fall 1: Materialunverträglichkeit von Calciumsulfatestrich und Grundierung

In einer Wohnung kam es zu Ablösungen von Parkettstäben, obwohl es keinerlei Anzeichen von Feuchteeinwirkung gab und auch keine besonders großen Beanspruchungen auf den Boden wirkten. Die Grundierung haftete zwar am Klebstoff an der Stabunterseite, aber nicht am Estrich. Laut Rapp hatte der Verleger den Estrich ordnungsgemäß angeschliffen. Das Kuriose: In den Raumecken, wo weniger geschliffen worden war und keine Grundierung zum Einsatz kam, war die Haftung zwischen Kleber und Untergrund besser.

Rapp führte auf einer zweiten Baustelle Versuche mit anderen Grundierungen des gleichen Herstellers durch. Er kam zu dem Ergebnis, dass auch die Vorstriche, die nicht für Calciumsulfatestrich freigegeben waren, funktionierten. Nur die explizit für Calciumsulfatestriche vorgesehene Grundierung fiel durch. Der Referent kam zu dem Schluss, dass eine Materialunverträglichkeit zwischen Grundierung und Calciumsulfatestrich vorlag.

Aus dem Auditorium kam die Idee, dass der Zentralverband eine zentrale Stelle einrichten könnte, der Produktfehler und Produktunverträglichkeiten gemeldet werden. Für diesen Vorschlag gab es breite Zustimmung. Tagungsleiter Sönke Stoltenberg brachte die Problematik auf den Punkt: "Das ist eine tolle Idee, die wir schon einmal versucht haben umzusetzen. Es mangelt nicht daran, die Ergebnisse zu lesen, es mangelt aber daran, den Input zu liefern." Bundesinnungsmeister Joachim Barth rief dazu auf, ohne Scheu entsprechende Fälle zu melden. "Wir sind daran interessiert. Es soll nicht daran scheitern, dass wir keine solche Datenbank einrichten."

Fall 2: Geräuschentwicklung in Verbindung mit weichen Klebstoffen

Rapp hatte eine Reihe von Parkett-schadensfällen bearbeitet, bei denen weiche Klebstoffe beim Begehen des Belages für Geräusche sorgten. Man spricht von Knarren, Knistern, Schmatzen oder Krachen - hier gibt es auch regional unterschiedliche Bezeichnungen. In einigen Fällen kam es zum "Vorführeffekt": Nicht jedes Mal, wenn die entsprechende Stelle betreten wird, tritt das Geräusch auf. Der Referent fragte bei den Zuhörern nach: Immerhin 30 % der Sachverständigen hatten ähnliche Fälle mit weich eingestellten Klebstoffen zu beurteilen. In 10 % der Fälle handelte es sich um andere Klebstoffe, einen Fall gab es mit einem hart eingestellten Klebstoff.

Als Ursache hatte Rapp ermittelt, dass Bio-Öl in die Fugen des Dielen-Parketts hinein gelaufen war. Beim Be- und Entlasten gab das Parkett nach. Das Knackgeräusch entstand durch einen Nachklebeeffekt des Öls. Die zentrale Frage lautete: Ist das ein Mangel?

Rapp: "In dem konkreten Fall ja, da zusätzlich zahlreiche große Hohlstellen unter dem Parkett vorhanden waren." Es war offensichtlich am Klebstoff gespart und die falsche Zahnung verwendet worden. Nach zwei Jahren konnte man in jeder Heizperiode feststellen, dass sich die Zahl der Hohlstellen vergrößerte. Der Boden musste komplett saniert werden.

Rapp erklärte: "Oft ist der Fall aber nicht so eindeutig und dann fragt der Richter, ob ein neu verlegter Parkettboden knistern, knacken oder schmatzen darf. Bei Klima- und Fußbodentemperaturwechsel ja. Wie ist das aber bei einem schwimmend verlegten Holzfußboden beim Begehen? Wie ist das mit vollflächigen verklebten Mehrschichtparkettböden?"

Zu dieser Frage gab es sehr unterschiedliche Meinungen:

-Franz Manfred Weber, Sachverständiger: "Es kommt darauf an, um welches Geräusch es sich handelt."

-Willi Nürnberger, Parkettleger: "Wir haben doch mal vereinbart, dass eine Hohlstelle dann ein Mangel ist, wenn sie eine Bewegung aufweist."

-Richard Kille, Sachverständiger: "Wenn wir zu der Erkenntnis kommen sollten, dass ein verklebter Parkettboden durchaus knistern, knarren, knacken oder schmatzen darf, dann rutschen wir wieder in eine Hinweispflicht rein. Wir müssen dann sagen, lieber Kunde, Du kriegst von mir einen ganz tollen Boden, aber der kann knistern, knarren, schmatzen. Das kann ja wohl nicht sein."

Rapp fasste zusammen: "Die Mehrzahl von Ihnen ist der Meinung, das auch ein vollflächig verklebter Boden in gewissem Umfang Geräusche von sich geben darf - das sehe ich genauso." Sönke Stoltenberg war mit dem Ergebnis nicht glücklich: "Wenn wir sagen ,kann auftreten’ und ,in einem gewissen Umfang’, dann ist das eine sehr schwammige Aussage. Bei Geräuschen ist ein Höchstmaß an Sensibilität gefordert. Wir müssen uns auch fragen: Wären wir bereit, das in unserem Wohnzimmer zu tolerieren? Wir haben ja die Möglichkeit, solche Dinge abzustellen." Der Sachverständige Norbert Strehle pflichtete ihm bei: "Wir bewegen uns da auf sehr dünnem Eis, wenn wir versuchen, einen solchen Sachverhalt als normal darzustellen. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Und wenn ein Geräusch aufgrund eines Fehlers des Parkettlegers entsteht, dann ist das ein Mangel."

Fall 3: Deckschichtablösung von Mehrschichtparkett

Bei Rapps dritten Fall kam es bei einer 15 mm Eichen-Landhausdiele zur Deckschichtablösung. Die Decklage klang hohl und konnte mit wenig Kraftaufwand in voller Breite von Hand abgerissen werden. Es fiel auf, dass sehr wenig Klebstoff (ein Harnstoff-Formaldehydklebstoff) unter der Deckschicht aufgetragen worden war. Der Lieferant versuchte sich damit zu rechtfertigen, dass die Temperaturen der Fußbodenheizung überschritten worden wären. Rapp konnte dies ausschließen. Es gab keine Fugen oder Schüsselungen. Den Beweis erbrachte ein original eingeschweißtes Paket mit Parkett, das in einem Nachbarraum ohne Fußbodenheizung gelagert worden war. Auch hier löste sich die Deckschicht ohne Kraftaufwand ab.

Für Rapp war der Fall eindeutig: Bei der Verklebung von Deckschichten darf man nicht am Leim sparen. Außerdem können die immer kürzeren Presszeiten in der Produktion dazu führen, dass der Klebstoff nicht ausreichend aushärtet. Bei Klebstoffen mit hohem Formaldehydanteil reicht eine kurze Wärmephase beim Pressen aus, um die Aushärtung zu gewährleisten. Bei Reduzierung des Formaldehydanteils kann es zu Fehlverklebungen kommen.

Im vorliegenden Fall kam hinzu, dass der ökologisch orientierte Kunde mit dem Verarbeiter Parkett aus europäischer Produktion vereinbart hatte. Stattdessen kam das Parkett aus Asien. Juristen nennen eine derartige Vereinbarung eine Verletzung der Herkunftsbeschaffenheit - damit lag bereits ein Mangel vor.

Franz Manfred Weber ergänzte: "Ich habe bei Deckschichtablösungen häufig gehört, das seien Einzelfälle. Ich sammle die Fälle jetzt seit Februar 2010: Ich habe 44 gemeldete Fälle nur in NRW. Eingesetzt waren unterschiedliche PUR-Schmelzklebstoffe, aber auch andere Klebstoffe. Bei Restfeuchte kann es innerhalb von zwei bis vier Jahren zu Ablösungen kommen."

Fall 4: "Biholz" schüsselt

Ein Kunde bestellt schwimmend verlegtes Zweischicht-Parkett. Er bemängelt, er habe 6 mm Buche Nutzschicht bestellt und weniger bekommen. Der Verleger, ein Tischler, nahm das Parkett mit in seine Werkstatt und doppelte oben noch eine Schicht Buche auf. Ergebnis: Diese eigenwillige Konstruktion schüsselte stark. In Anlehnung an Bimetall nannte Rapp die Konstruktion "Biholz". Hintergrund: Ein Bimetall ist ein Metallstreifen aus zwei Schichten unterschiedlicher Materialien, die miteinander verbunden sind. Charakteristisch sind dabei Formänderungen in Abhängigkeit von der Temperatur. Ursache sind unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten der verwendeten Metalle. Bei "Biholz" führt Feuchteeinwirkung zu vergleichbaren Veränderungen.

Rapp untersuchte sechs Holzproben bei fünf verschiedenen Luftfeuchten. Erwartungsgemäß waren die Formänderungen dieses Materials extrem. "Selten finden wir aber so krasse Fälle von Biholz-Konstruktionen wie hier, dass ganze Dielen oder Parkettelemente falsch konstruiert sind, die nicht schwimmend verlegt werden dürfen", ergänzte Rapp. Häufig habe man aber ein Stück Biholz im Bereich der Nut in jedem Dreischichtparkett. Das biegt sich aber trotz Riss wieder vollständig zurück.

Zurück zum Schadensfall: Der Tischler musste sein Biholz wieder entfernen.

Tipps zur Vermeidung von Hohlstellen


• Mindestens die Ebenheitstoleranz beim Unterboden einhalten; besser ist es, die erhöhten Anforderungen der DIN 18202 Teil 3 Zeile 4 zu erfüllen (max. 3 mm Unebenheiten bei 1 m Messtrecke)
• Festigkeit und Sauberkeit des Untergrundes vor der Klebung überprüfen
• Bei der Auswahl des Klebers Aufbau, Art und Größe bzw. Dimension (großformatig) des Holzbodens beachten
• Klebstoffart (Dispersions-, PU-, Kunstharzklebstoff) und Einstellung (elastisch, schubfest) auswählen
• Raumluft-Klima vor Ort mit in Betracht ziehen (Quellung/Schwindung)
• Bei vollflächiger Klebung genügend Klebstoff auftragen
• Bei Dispersionsklebstoffen und einigen elastischen Klebstoffen: Begehen des verlegten Holzbodens während der Abbindezeit vermeiden, ggf. Beschweren des verlegten Bodens.
aus FussbodenTechnik 05/10 (Wirtschaft)