Tretford steigt ins Recycling ein

Neue Eco-Fliese soll auch das Objektgeschäft beflügeln

Mit seiner Eco-Fliese betritt Tretford Neuland. Zwar besteht der Flor weiterhin aus natürlichen Materialen wie Kaschmir-Ziegenhaar. Aber der Vlies-Rücken wird künftig nicht mehr aus PVC, sondern recyceltem Textilmaterial zusammengesetzt. Damit steigt der Weseler Hersteller in die Produktion recycelbarer Teppichböden ein. Ausschlaggebend für diese Veränderung sind die verschiedenen Zertifikate, die Wiederverwertbarkeit höher einstufen als den Einsatz natürlicher Rohstoffe.

Bei Weseler Teppich beginnt ein neues Zeitalter. Zwar hat sich das 1961 gegründete Unternehmen mit seiner Marke Tretford von Anfang durch die Verwendung natürlicher Stoffe wie Kaschmir-Ziegenhaar der Nachhaltigkeit verschrieben. Das galt bisher aber nur für die Teppich-Oberfläche. Nun stellen die Weseler auch den unteren Teil auf umweltschonende, recycelbare Produkte um. Mit diesem Start in die Wiederaufbereitung reagiert Tretford auf die Zertifizierungen für den Objektbereich, die statt Natürlichkeit vor allem Recycling in den Mittelpunkt stellen.

Scharfe Kritik übt Geschäftsführer Rudolph Welcker aber daran, das jedes Land sein eigenes Siegel habe. Um die Kosten für die Hersteller zu senken, forderte er europäische, wenn nicht gar internationale Standard-Zertifikate. "Wenn man in Deutschland in ein öffentliches Gebäude will, muss das Produkt vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) auf Nachhaltigkeit geprüft sein", erläutert Welcker. Weitere bekannte Siegel mit nahezu gleicher Zielsetzung sind das britische BREAM (Environmental Assessment Method) und das amerikanische Leed (Leadership in Energy an Environmental Design). Doch damit nicht genug. Auch andere Länder hätten ihre eigenen Siegel. Dabei seien Unterschiede kaum festzustellen. Daher reiche ein zumindest für die europäischen Staaten geltendes Siegel völlig aus. "Wir haben Europa, ohne Europa zu haben. Wenn wir alle Zertifikate haben wollten, müssten wir dafür 300.000 EUR im Jahr bezahlen", meinte Welcker. Mittelständische Unternehmen könnten das Geld kaum aufbringen. "Die bekommen auf einmal Konkurrenz von großen Unternehmen, die vorher gar nicht bestand."

Ziel ist die Wiederverwertung

Aber nicht nur die große Zahl an teuren Qualitätssiegeln erschwere den Zugang zum Objektgeschäft. Welcker stört sich auch daran, dass diese überwiegend einseitig auf Recycling ausgerichtet seien. "Recycelte Nylon-Produkte erhalten bessere Noten als Natur-Produkte, die natürlich nachwachsen", erklärt Firmensprecherin Anne Surlemont. Das entbehre jeglicher Logik, denn auch natürliche Stoffe ließen sich schließlich recyceln. Daher sei es sinnvoll, Natur- und Synthetikmaterialien in unterschiedlichen Kategorien zu beurteilen.

Da diese Forderung aber noch nicht umgesetzt wird, konzentriert sich Tretford jetzt auf den Einstieg in die Produktion komplett wiederverwertbarer Teppichböden unter Einsatz natürlicher und recycelbarer Rohstoffe. Einen ersten Schritt in diese Richtung unternimmt der Hersteller mit der Eco-Fliese. Ihr Obermaterial besteht - wie bei Tretford üblich - zu 80 % aus Kaschmir-Ziegenhaar und 22 % Schurwolle. Auch die für Tretford-Teppich bekannte Rippe bleibt. Neu ist dagegen der Vlies-Rücken. Er wird nicht mehr aus PVC, sondern zu 70 % aus recyceltem Polyester-Material zusammengesetzt, das Klebebett aus Naturlatex gebildet. Nach Einführung der Eco-Fliese für den Privatbereich soll der Belag Plus 7 für das Projekt folgen.

"Die Eco-Fliese ist leichter als ihre Vorgänger", betont Welcker. "So fangen wir schon mal an, den Umweltschutz zu stärken. Denn geringere Gewichte sind gut für den Transport." Die Eco-Fliese wiegt statt bisher 4,8 kg nur noch 3,8 kg und ist selbst klebend. Ihre Oberfläche kann nach Angaben Surlemonts einfach abgezogen und wiederverwertet werden. Daraus ließe sich beispielsweise ein Filz herstellen. "In fünf Jahren sind wir dann so weit, dass wir im ökologischen, ökonomischen und sozialen Sinne unsere eigenen recycelten Produkte herstellen können", ist Welcker sicher. Voraussetzung seien aber erhebliche Investitionen in die Maschinen, die nach und nach auf die veränderten Anforderungen eingestellt würden.

Tretford wirbt mit Geschichten

Um auch den Verbraucher über den neuen Weg zu informieren, hat Tretford seine Öffentlichkeitsarbeit verändert. "Wir erzählen jetzt Storys rund um unser Produkt", erläuterte Welcker. Im Mittelpunkt dieser Geschichten steht ein kleiner Nomadenjunge aus der Mongolei mit einer Kaschmirziege. "Dieser Junge steht für das, was Tretford ist. Ein Unternehmen, das Verantwortung für die Umwelt und den Menschen trägt", macht Surlemont deutlich. Die Nomaden bewirtschafteten die Weiden der Mongolei und züchteten die Kaschmirziege. Der Verkauf ihrer Wolle sei eine der Haupteinnahmequellen des Landes. Diese ökologischen und ökonomischen Zusammenhänge stelle Tretford mit seiner Werbung dar.

Der Erfolg hat sich bereits eingestellt. "Bei uns liegt der Fliesenanteil am Gesamtumsatz inzwischen schon bei 30 %, mit steigender Tendenz", meinte Welcker. Mit 90 % gehe der überwiegende Teil der Fliesen bisher an den privaten Kunden. Aber auch im Objektbereich entwickle sich die Nachfrage positiv, was unter anderem an der Größenreduzierung von 60 x 60 cm auf 50 x 50 cm liege. Dadurch lasse sich die Fliese noch leichter verlegen. "Mit Recycling und natürlichen Materialien sind wir bei vielen Architekten gut angesehen", weiß Welcker. Viele interessante Projekte in Paris, den USA, Irland, Großbritannien aber auch Deutschland seien mit Tretford-Produkten ausgestattet. "Viele sind froh, dass wir seit zwei Jahren wieder einen objekttauglichen Belag haben."

"Viele unserer Kunden sind Wiederholungstäter", betont Surlemont. Das gelte sowohl im Objekt- als auch im Privatbereich. 65 % des Gesamtabsatzes seien auf Empfehlungen oder gute Erfahrungen mit den Tretford-Produkten zurückzuführen. Der Endverbraucher, der sich für die Nischenmarke Tretford entscheide, sei gut informiert und lasse sich nicht durch irgendwelche Zertifikate täuschen. Unter der Kundschaft fänden sich Rechtsanwälte und Ärzte, aber auch einfache Menschen, die ihren Kindern oder Enkeln mit gesunden Produkten etwas Gutes tun wollten. Auch die ältere Generation greife mehr und mehr auf die rutschfesten Teppiche zurück. "Ich habe insgesamt den Eindruck, dass Teppichboden im Wohnbereich seine Talfahrt überwunden hat", macht die Sprecherin der Branche Mut.

Doch Welcker warnt vor zu großen Erwartungen. Die Mengen der 80er Jahre würden nicht mehr erreicht werden. "Erfolgreich ist man heute nur noch über Qualität", sagte der Geschäftsführer.

Und die bietet Tretford nach seinen Angaben auch bei seinen Tapeten an. "Wir sehen uns eben als Produzent schöner Produkte für das Wohnen." Die ausgefallenen Tapeten des Unternehmens profitierten von der allgemeinen Renaissance der Wandbekleidung.

Weseler Teppich/Tretford Daten + Fakten


Weseler Teppich GmbH & Co. KG
Emmeldumer Straße 218
46485 Wesel
Tel.: 0281 / 819-10
Fax: 0281 / 819-38
info@tretford.de
www.tretford.de

Gründungsjahr: 1961
Markennamen: Tretford, Tretlon
Jahresumsatz: > 25 Mio. EUR
Mitarbeiter: 100
Inhaber: A. A. Haverhals-Pugh
Geschäftsführender Gesellschafter: Jan H. Haverhals
Geschäftsführung: Rudolph H. Welcker, Udo Miroslawski
Presse-/Öffentlichkeitsarbeit: Anne Surlemont
Produkte:
- Textile Bodenbeläge- Sockelleisten- Treppenkantensysteme- Treppenstufenmatten- Schmutzfangmatten- Tapeten
aus BTH Heimtex 12/10 (Wirtschaft)