Ruhe und Westermann: Interview mit Peter Iven, Manfred Endres, Michael Vietze, Marc Brackelmann

Ruhe & Co jetzt auch in Hamburg, Kooperation mit Westermann

Das Großhandelshaus Ruhe & Co war neuen Wegen gegenüber schon immer aufgeschlossen - und hat davon häufig profitiert. Das Familienunternehmen gehört heute zu den Top 10 der Fachgroßhändler für Bodenbeläge und Tapeten in Deutschland - wobei man sich klar als Regionalgrossist versteht und auch keinerlei Ambitionen auf bundesweite Präsenz hat. Jüngst hat Ruhe & Co seinen fünften Standort in Hamburg eröffnet, der Heimatstadt der Gründerfamilie Iven. Direkt nebenan residiert Werkzeug-Spezialist Rolf Westermann mit seinem Bodenleger-Kompetenzzentrum. Ruhe & Co pflegt mit Westermann seit 2006 eine intensive Kooperation, die sich für beide Seiten sehr erfolgreich gestaltet. Durch die räumliche Nachbarschaft will man nun weitere Synergieeffekte generieren. BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Weidt wollte mehr darüber wissen und sprach mit Ruhe-Gesellschafter Peter Iven, Manfred Endres und seinem Sohn Christian, Michael Vietze, geschäftsführendem Gesellschafter von Westermann und Marc Brackelmann, Leiter der neuen Ruhe-Niederlassung in Hamburg.

BTH Heimtex: Gratulation zu Ihren neuen Standorten in Hamburg-Harburg. Es ist ungewöhnlich, dass ein Großhändler und sein Lieferant räumlich so nah zusammenrücken und sogar benachbarte Domizile beziehen. Sicher sorgt das für gegenseitige Befruchtung, aber nicht auch für Konkurrenz? Schließlich bedient Rolf Westermann nicht nur den Großhandel, sondern liefert auch direkt an die Bodenleger. Insofern bewerben Sie sich doch um die gleichen Kunden...

Manfred Endres: Sicher gibt es ein gewisses Wettbewerbsverhältnis: Liefern wir das Werkzeug, oder Westermann direkt. Dennoch möchte ich nicht von Konkurrenz reden. Wir haben klare Vereinbarungen getroffen, wie das geregelt ist.

Michael Vietze: Das sehe ich genauso. Für uns ist das sogar ein durchaus fruchtbarer Wettbewerb, da immer unser Werkzeug verkauft wird - über welche Schiene auch immer.

BTH Heimtex: Wie ist die Idee entstanden, nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich zu kooperieren?

Vietze: Wir arbeiten bereits seit Jahrzehnten hervorragend mit Ruhe & Co zusammen. Ruhe war auch der erste Großhändler, mit dem wir unsere Westermann-Werkzeugkonzept realisiert haben - und das äußerst erfolgreich.

Werkzeug ist für den Großhandel ein C-Artikel. Wir haben unser Konzept 2006 mit dem Ziel gestartet, Werkzeug mehr in den Fokus des Großhandels und seiner Mitarbeiter zur rücken, um eine Umtrags- und Ertragssteigerung zu erzielen. Damals haben wir zusammen mit Ruhe einen Mitarbeiter ausschließlich für dieses Segment eingestellt, der gezielt Ruhe-Kunden besucht, aber von uns gesteuert wurde, weil wir über das Know-How im Werkzeug-Vertrieb verfügen. Das hat sich absolut bewährt: Von 2006 bis 2009 konnten wir unseren Umsatz mit Ruhe um 250 % erhöhen. Das belegt, dass man auch im Bereich Werkzeug durchaus etwas bewegen kann.

BTH Heimtex: Herr Endres, Sie haben schon öfter gewohnte Trampelpfade verlassen und neue Wege ausprobiert. Was hat Sie an dem Westermann-Konzept gereizt?

Manfred Endres: Zum einen, dass es eben ein neuer Weg war; zum anderen war das Konzept sehr gut ausgearbeitet, die Erfolgsaussichten wurden überzeugend dargelegt. Uns wurde ein vielversprechendes Potenzial, eine Vervielfachung des Umsatzes in Aussicht gestellt, wenn wir uns professioneller um das Thema kümmern. Und das Risiko für uns war relativ gering.

BTH Heimtex: Das müsste doch jeden Bodenbelagsgroßhändler hellhörig machen... Haben Sie das Konzept auch anderswo schon so erfolgreich implementiert, Herr Vietze?

Vietze: Nein, bislang war Ruhe hier unser exklusiver Partner. Wir wollen das jetzt ausbauen und sind derzeit mit mehreren Interessenten im Gespräch oder sogar schon kurz vor der Unterschrift.

BTH Heimtex: Gehen Sie dort ähnlich weit wie bei Ruhe, d.h. bis hin zu einem gemeinsam finanzierten Werkzeug-Profi?

Vietze: Nein, nicht zwingend. Auf jeden Fall werden die Großhandels-Mitarbeiter mit unserem Sortiment vertraut gemacht und speziell geschult. Außerdem stellen wir auch Kundenkontakte her.

BTH Heimtex: Nun lässt sich so ein Konzept nicht beliebig oft multiplizieren. Wie viele Großhändler möchten Sie bundesweit für Ihre Idee gewinnen?

Vietze: Etwa zehn.

BTH Heimtex: Langjährige gute Zusammenarbeit und ein gemeinsames Vertriebskonzept waren also die ersten Schritte. Nun sind Sie mit ihrer Standortpolitik noch einen weiter gegangen...

Vietze: Wir waren ohnehin auf der Suche nach einem neuen Standort. Und hatten schon seit längerem den Wunsch, die Zusammenarbeit mit Ruhe noch zu intensivieren.

Für uns ist es elementar wichtig, uns von unserem Wettbewerb zu differenzieren. Wir alle führen ähnliche Programme und Produkte und haben vergleichbaren Service. Wir wollen unseren Kunden aber noch mehr bieten: Ein Komplettsortiment. Hier kann er alles an einem Ort beziehen - vom Werkzeug über die Verlegewerkstoffe bis hin zum Bodenbelag - und sofort mit der Arbeit starten. Davon versprechen wir uns sehr viel.

BTH Heimtex: Ist denn Werkzeug ein typisches Abholprodukt?

Vietze: Nein, hauptsächlich Versandgeschäft. Wir haben hier auch Abholer, doch der Versand dominiert.

BTH Heimtex: Kann der Bodenleger bei Ihnen auch Werkzeug leihen bzw. mieten?

Vietze: Ja. Das haben wir zusammen mit Ruhe wieder eingeführt.

BTH Heimtex: Westermann bietet nur Bodenleger-Werkzeug an. Ruhe hat aber auch andere Gewerke wie Maler und Raumausstatter im Kundenkreis.

Manfred Endres: Deshalb ergänzen wir unser Angebot an Werkzeug mit einem Maler-Programm. Ansonsten führen wir ausschließlich Westermann. Zu unserer Geschäftspolitik gehört eine möglichst hohe Lieferantenkonzentration. Das gilt für alle Bereiche. Davon versprechen wir uns Vorteile in jeder Beziehung.

Mit Westermann verbindet uns tatsächlich eine langjährige Beziehung, die sogar schon vor meiner Zeit begonnen hat. Und ich bin immerhin seit 25 Jahren im Unternehmen. Daher war die Entscheidung auch nicht rein rational begründet, sondern schließt genauso eine emotionale und sogar ethische Ebene ein, die Treue und Loyalität gegenüber langjährigen Geschäftspartnern bedeutet. Das war mit Sicherheit auch ein Grund, warum wir uns mit Westermann an einen Tisch gesetzt und in die Zukunft gedacht haben.

BTH Heimtex: Was zeichnet Westermann gegenüber Mitbewerbern aus?

Manfred Endres: Das kann ich nur erahnen, weil mir der direkte Vergleich fehlt, da wir immer nur mit Westermann zusammen gearbeitet haben. Ich glaube, dass sich das Angebot von Westermann nicht wesentlich von dem anderer Werkzeuganbieter unterscheidet. Für Westermann spricht, dass sie absolut zuverlässig sind und ihr Geschäft nach unseren Maßstäben optimal betreiben. Der wesentliche Vorteil liegt für meine Begriffe in den Personen. Das gilt genauso für die Geschäftsführung wie auch für die Mitarbeiter. Der zwischenmenschliche Bereich funktioniert sehr gut. Was mal wieder beweist: Menschen machen die Geschäfte.

BTH Heimtex: Entscheiden Ihre Kunden nach den gleichen Kriterien? Oder sind sie bei sogenannten C-Produkten wie Werkzeug preissensibel, ist der Preis das einzige oder dominante Entscheidungsmerkmal?

Christian Endres: Nein. Der Preis ist auch in dem Bereich nicht der entscheidende Faktor, sondern immer das Preis-Leistungs-Verhältnis. Und das schließt weitere Faktoren ein, wie zum Beispiel die Zuverlässigkeit. Unsere Kunden leben von unserer Zuverlässigkeit. Es nützt dem Handwerker gar nichts, wenn er die Messingschiene für die Hälfte einkauft und er am nächsten Morgen auf der Baustelle ist und sie nicht an Ort und Stelle vorfindet.

Vietze: Das sehe ich genauso. Preissensibiltät gibt es nur im Objektgeschäft. Ansonsten stehen Zuverlässigkeit und Lieferfähigkeit absolut im Vordergrund. Und Flexibilität natürlich. Es ist wichtig, immer für den Kunden da zu sein und in der Lage zu sein, seine Probleme schnell zu lösen. Dafür haben wir zum Beispiel einen technischen Berater, der für Problemfälle auf die Baustelle fährt und vor Ort hilft.

BTH Heimtex: Stichwort Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Flexibilität. Wie schnell liefern Sie denn?

Marc Brackelmann: Wir hier in Hamburg sind im Nachtsprung an Göttingen angebunden. Alles, was bis 16.30 h bestellt wird, ist am nächsten Morgen hier in Hamburg; alles, was bis 8.30 h bestellt wird, ist noch am gleichen Tag vor Ort. Das gilt übrigens für alle Niederlassungen von Ruhe.

Manfred Endres: Die Struktur unseres Geschäftes verändert sich: die Handwerker geraten immer mehr unter Druck, unterhalten kaum noch Lager, bestellen in immer kürzeren Abständen und erwarten immer schneller Lieferungen. Insofern heißt es heute nicht mehr, "die Großen fressen die Kleinen, sonderen die Schnellen die Langsamen".

Hier kommt uns unser Regionalitätsprinzip zu Gute. Wir haben kurze Wege zu unseren Kunden und wir sind nicht abhängig von Spediteuren, weil wir die Logistk in eigener Regie betreiben. In aller Bescheidenheit: Wir sind mindestens so schnell wie der Schnellste um uns herum. Unser maximaler Maßstab ist "Liefern von heute auf morgen".

BTH Heimtex: Sie unterhalten aber auch ein Handlager bzw. bevorraten Schnelldreher hier vor Ort in Hamburg?

Christian Endres: Wir bevorraten hier vor allem schwere Produkte wie Spachtelmasse, Kleber etc., die zu viel Tonnage für den Nachtsprung bedeuten würden, sowie Artikel des täglichen Bedarfs. Natürlich auch Werkzeug.

BTH Heimtex: Können Sie den Lagerumfang beziffern?

Manfred Endres: Wir haben im Gesamtsortment ca. 4.500 Artikel, von denen 700 hier in Hamburg wie auch in den anderen Niederlassungen vorgehalten werden. Die Kapitalbindung beträgt allein in Hamburg 350.000 EUR.

BTH Heimtex: Wie hoch ist denn der Anteil des Lagergeschäftes am Gesamtumsatz?

Manfred Endres: Zwei Drittel. Das ist relativ niedrig, weil wir stark objektorientiert sind.

BTH Heimtex: Und Westermann? Wie umfangreich ist Ihr Lagersortiment?

Vietze: Ca. 4.000 Artikel - das, was man als großer Anbieter in diesem Bereich vorhalten muss.

BTH Heimtex: Vorhin kam bereits zur Sprache, dass die Produktpalette der großen Werkzeug-Anbieter relativ ähnlich und damit vergleichbar ist. Verlangt das nicht nach einer Eigenmarken-Politik?

Vietze: Nicht unbedingt. Bei Premium-Artikeln stützen wir uns auf Premium-Lieferanten, die wir auch propagieren. Wir sind stolz darauf, Starcke Schleifpapier und Mozart-Klingen zu führen und werben gerne mit guten Namen.

BTH Heimtex: Herr Iven, meine Herren Endres, Herr Brackelmann, Sie nannten bereits Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Flexibilität als wesentliche Leistungsmerkmale und Erfolgsfaktoren Ihres Unternehmens. Freundlichkeit zählt auch dazu...

Peter Iven: Und der persönliche Kontakt. Das ist das Wichtigste. Wir kennen unsere Kunden und unsere Kunden kennen uns.

BTH Heimtex: Alles altbewährte Tugenden. Das hört sich fast ein wenig altmodisch an. Passt das noch in die heutige Zeit?

Manfred Endres: Das ist schlicht und einfach das Grundprinzip von Ruhe & Co. Und eine Grundeinstellung, die mir inne ist, die ich im Unternehmen vorgefunden habe, als ich vor 25 Jahren hier anfing und die alle vertreten. Da bin ich einer von fast hundert.... wir gehen mittlerweile auf 100 Mitarbeiter zu. Emotionale und menschliche Werte spielen für uns eine große Rolle. Sie sind die Basis unseres Unternehmens - beim Umgang mit den Kunden und Lieferanten genauso wie untereinander. Dementsprechend stellen wir Mitarbeiter nicht primär danach ein, ob sie intelligent und ehrgeizig sind, sondern ob sie über normale menschliche Werte wie ein positive Lebenseinstellung, eine angenehme Ausstrahlung, Teamfähigkeit sowie ein Mindestmaß an Kompetenz und Erfahrung verfügen. Alles andere ist zweitrangig, zum Beispiel das Alter. So haben wir hier 15 Mitarbeiter eingestellt, davon mehr als die Hälfte über 50 Jahre alt, weil sie exakt zu unserem Anforderungsprofil passten.

Christian Endres: Uns ist ein gutes Klima innerhalb der Firma extrem wichtig, damit unsere Leute hochmotiviert sind. Denn nur hochmotivierte Mitarbeiter bringen Bestleistungen. Und haben dementsprechend Erfolg. Erfolg wiederum motiviert...

Brackelmann: Ich bin seit August 2010 im Unternehmen und kann bestätigen: Diese Philosophie können alle Mitarbeiter nachvollziehen. Sie wird von ganz unten bis ganz oben gelebt und vorgelebt und sorgt für eine Bindung und Motivation, die ich vorher so noch nicht erlebt habe. Da sind wir sicher besser als mancher Wettbewerber. Positiv ist auch die flache Hierarchie, die Entscheidungen beschleunigt.

Christian Endres: Das ist wieder das Thema Schnelligkeit. Und zugleich Kundennähe. Die Kundennähe wiederum ist eine Frage der Struktur und der Führungsphilosophie. Die Niederlassungen müssen kompetent und autark genug sein, um das operative Nahgeschäft abwickeln zu können. Im Prinzip müssen sie als dezentrale selbstständige Betriebseinheiten wie ein Unternehmer vor Ort entscheiden können.

BTH Heimtex: Was heißt das konkret? Wie weit geht die Entscheidungsfreiheit?

Manfred Endres: Es gibt drei Stufen. Die erste Stufe, das Tagesgeschäft, wird autark vor Ort entschieden. Wenn beispielsweise ein Kunde einen Preis anfragt, hat er den innerhalb von maximal 15 Minuten schriftlich vorliegen.

Die zweite Stufe betrifft mittelfristige Angelegenheiten wie die Planung von Aktionen, Veranstaltungen und die Steuerung des Außendienstes mit Berichtswesen. Das legt unser Prokurist und langjähriger Verkaufsleiter Arnold Freerck (seit 47 Jahren im Unternehmen, Anm. d. Redaktion) gemeinsam mit den Abteilungsleitern in regelmäßigen Tagungen fest.

Und die dritte Stufe der langfristigen, strategisch bedeutsamen Entscheidungen, die auch mit den Gesellschaftern erörtert werden müssen, verantworte ich mit meinem Sohn Christian.

Wobei ich betonen möchte, dass diese Stufen nicht so strikt hierarchisch abgegrenzt sind, wie sich das anhören mag. Jede Sortimentsentscheidung etwa wird gemeinsam von allen drei Stufen getroffen. Wir - d.h. der Außendienst, Abteilungsleiter, Verkaufsleitung und Geschäftsführung, insgesamt 25 Mann - treffen uns regelmäßig alle acht Wochen und besprechen sortimentspolitische Themen, Veranstaltungen und Aktionen. Wir entscheiden bewusst sehr demokratisch. Auch das dient der Motivation. Wer mitentscheidet, identifiziert sich auch.

BTH Heimtex: Das kann ich nachvollziehen, frage mich aber andererseits, ob das nicht Entscheidungsprozesse schwierig gestaltet, nach dem Motto "Viele Köche verderben den Brei"...

Christian Endres: Das ist eine Frage der Vorbereitung und der Präsentation. Wir brauchen und wollen die Zustimmung.

BTH Heimtex: Rube & Co hat sich stetig positiv entwickelt, wenn auch langsam. Sie bevorzugen eine "Politik der kleinen Schritte", hat Herr Iven einmal formuliert. Inzwischen haben Sie die fünfte Niederlassung eröffnet und zählen sich zu den Top 10 der deutschen Bodenbelags- und Tapetengroßhändler. Steht hinter dieser gemächlichen Expansion eine gezielte Strategie oder haben Sie einfach nur Gelegenheiten ergriffen, die sich geboten haben?

Manfred Endres: Nun, es gibt ja schon einen gewissen sanften Zwang zu wachsen, wenn man die Kosten in Relation halten will. Diesem Zwang können auch wir uns nicht entziehen. Zumal die Marktbearbeitung um jeden Standort herum irgendwann eine Sättigung erreicht, was die Ausschöpfung des lokalen Potenzials angeht, und wir gezwungen sind, uns geographisch auszudehnen. Das funktioniert nur über eigene Standorte. Man kann nicht Hamburg von Hannover aus erobern.

Wir hatten Hamburg schon im Hinterkopf, hätten es aber erst in zwei, drei Jahren in Angriff genommen, wenn sich nicht die Gelegenheit mit Westermann ergeben hätte. Wir versprechen uns schon Synergien bei den 1.500 Kunden, die Westermann hier in der Gegend betreut.

BTH Heimtex: Damit schließt sich der Kreis, wir sind wieder bei der Kooperation von Großhandel und Lieferant angekommen. Vorhin fiel in diesem Zusammenhang das Stichwort Lieferantenkonzentration. Darauf möchte ich noch einmal zurück kommen. Eigentlich ist eine Aufgabe, bzw. eine wesentliche Funktion des Großhandels, die Vielfalt des Marktes abzubilden, zu selektieren und zu bündeln. Ist das noch gewährleistet, wenn Sie eine konsequente Lieferantenkonzentration betreiben?

Manfred Endres: Durchaus. Zum einen schmücken wir uns dabei gerne mit Marktführern und Marken. Das hängt mit Konditionen und mit Können zusammen. Wir sind lieber unter den Top 3 als die Nr. 27 bei einem Lieferanten. Und diese Marktführer haben in der Regel ein breites Angebot. Und wo Lücken sind, ergänzen wir sie. Zum anderen gehören wir beim Kernsortiment der Rigromont an. Die Rigromont versetzt uns bei der Vermarktung von Bodenbelägen in die Lage, uns wie ein großer, überregionaler Marktbegleiter darzustellen. In dieser Kooperation bündeln zehn Kollegen aus dem deutschsprachigen Raum ihre Kräfte und gewinnen dadurch ein Einkaufs- und Marktpotenzial, das mit dem eines bundesweit aktiven Großhändlers korreliert und uns ermöglicht, unter der Marke Casa Nova Kollektionen in den Markt zu bringen, die sowohl in der Qualitätsauswahl als auch in der Aufmachung und den Stückkosten vergleichbar sind.

Wir allein als Ruhe & Co könnten das nicht. Insofern ist die Verbindung zur Rigromont für uns von existenzieller Bedeutung.

BTH Heimtex: Und das ziehen Sie auch konsequent durch? Es gibt keine Ruhe & Co-Kollektionen, nur Casa Nova und die Industrie-Koffer?

Manfred Endres: Ja, genau.

BTH Heimtex: Zum Abschluss würde ich gerne noch einen Blick in die Zukunft des Großhandels werfen. Nachdem der dreistufige Vertrieb vor gar nicht langer Zeit sehr kritisch betrachtet wurde, hat er inzwischen wieder an Bedeutung gewonnen. Wie verändert sich künftig sein Geschäft? Wohin wird er sich entwickeln, wo liegen künftige Aufgaben?

Christian Endres: Die wesentlichen Leistungsmerkmale werden die sein, über die wir schon gesprochen haben. Wir müssen nahe am und beim Kunden sein und Funktionen übernehmen, die die Industrie nicht bieten kann, wie Schnelligkeit und Logistik bis hin zur Finanzierung.

Eine Strategie für den Großhandel schlechthin wird es allerdings nicht geben. Das ist auch gut so, sonst würden alle das Gleiche machen.

Für uns kann die Strategie nur heißen, die Schwächen unserer Mitbewerber zu kennen und auch die der Industrie, die zu bestimmten Teilen ebenso unser Wettbewerber ist. Und wir müssen uns um die Bedürfnisse unserer Kunden kümmern, erkennen, was ihnen Nutzen stiftet.

Wie bereits gesagt: Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Freundlichkeit und Kompetenz werden entscheidend sein. Insofern sehe ich für uns eine langfristige Zukunft....

Brackelmann: Der Markt wird noch schnellebiger werden, als er ohnehin schon geworden ist. Und die große Aufgabe des Großhandels wird sein, sich als Dienstleister zu profilieren.

Ruhe & Co Daten + Fakten


Ruhe & Co. Handelsgesellschaft mbH
Hannoversche Straße 55
37075 Göttingen
Telefon: 0551 / 3 89 08-0
Telefax: 0551 / 3 89 08-61
info@ruhe.de
www.ruhe.de

Gründung: 1927 durch Irma Iven, geb. Ruhe
Gesellschafter: Familie Iven, Manfred Endres
Geschäftsführung: Peter Iven, Manfred Endres
Gesamtvertriebsleitung: Christian Endres
Gesamtverkaufsleitung: Arnold Freerck (Prokura)
Mitarbeiter: 100
Standorte: 5 - Göttingen (Stammsitz), Leuna, Braunschweig, Hannover, Hamburg
Sortiment: Bodenbeläge, Zubehör, Tapeten
Eigenmarke: Casa Nova
Kunden: Bodenleger, Raumausstatter, Maler, Fachhandel
aus BTH Heimtex 12/10 (Wirtschaft)