Aquafil

Zurück zum Rohstoff


Was sich bei Aquafil bereits auf der Domotex 2010 angekündigt hatte, bewahrheitete sich im weiteren Verlauf des Jahres: Auf eine "fantastische Messe" folgte ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr, das mit einem Rekord-Absatz (+19 %) und einem Umsatzzuwachs in fast gleicher Größenordnung auf 425 Mio. EUR endete.

Dabei profitierten die Italiener von der Erholung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds: "Das Automobilgeschäft zog schon ab dem ersten Quartal wieder an", erinnert sich Bruno Torresani, Prinzipal des Faserherstellers, der in den drei Geschäftsfeldern BCF-Garne, Textilgarne und technische Kunststoffe aktiv ist. Der hochwertige Wohnbereich zeigte positive Tendenzen und das Objektgeschäft stabilisierte sich auf "vernünftigem Niveau".

Torresani verhehlte nicht, dass Aquafil auch Entwicklungen bei Mitbewerbern zu Gute kamen - wie die Insolvenz von Laufaron und die Ankündigung von Invista, in Europa die Produktion von Bodenbelags-Typen einzustellen.

Nicht zuletzt konnte das Unternehmen aber die Früchte eigener Anstrengungen ernten: Die Expansion im asiatisch-pazifischen Raum und in den USA sowie Investitionen in neue Produkte mit dem Schwerpunkt auf das zukunftsträchtige Recycling-Garn Econyl gaben der Nachfrage Nahrung.

Während sich Absatz und Umsatz höchst erfreulich entwickelten, litten Marge und Ertrag unter der "zum Teil dramatischen Preissituation" auf den Rohstoffmärkten. Zur Verdeutlichung nannte Torresani das Beispiel Caprolactam - Ausgangsbasis für die Produktion von Polyamd 6 -, dessen durchschnittliches Preisniveau um 43 % nach oben schoss, getrieben von einer sprunghaft gestiegenen Nachfrage aus Asien, besonders aus China. "Das konnten wir natürlich nicht in vollem Umfang durch Preisanpassungen auffangen", sagte Torresani. Stattdessen habe man mit Rationalisierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen sowie einem Upgrading im Produkt-Mix versucht, dem drohenden Abschmelzen der Marge entgegenzuwirken - und war damit auch in akzetablem Umfang erfolgreich.

2011 bleiben nach Torresanis Überzeugung die Bedingungen schwierig - und schwer einzuschätzen. Das gilt weniger für die Nachfrage-Seite, als vielmehr für Verfügbarkeit und Preis der Rohstoffe. "Das wird die Schlüsselfrage und zugleich unsere größte Herausforderung sein". Er geht davon aus, dass der Einfluss der asiatischen Kunden eher noch zu- als abnimmt, was sich durch weiter steigende Caprolactam-Preise zu beweisen scheint.

In Arco ist man dennoch zuversichtlich, an das starke Vorjahr anknüpfen zu können. Zielmarken für 2011 sind eine Absatzerhöhung um 13 %, ein Umsatzplus von 11% im angestammten europäischen Markt durch Innovationen und die Erschließung neuer Segmente, ein Wachstum von 25 % in Übersee durch Marktanteilsgewinne in China, Asia-Pacific und USA und einen Ausbau der Kapazitäten in China und USA noch im ersten Quartal.

Ein wichtiger Baustein der Zukunft von und für Aquafil ist Econyl. 2007 hatten die Italiener das PA 6-Recyclinggarn vorgestellt, das zu 70 % auf wiederverwertetem Abfallmaterial aus der Produktion besteht und konnten Anker als Partner für ihr ambitioniertes Projekt gewinnen. Gemeinsam trommelten sie unermüdlich für Econyl, auch wenn es in den Anfängen in der Performance noch Schwächen aufwies. Das ist inzwischen längst vorbei und Econyl wird auch von anderen renommierten Herstellern wie Vorwerk, Interface Floors, Toucan T, Lano, Ege, Desso, Balsan und Modulyss verarbeitet. "Die Funktion stimmt, nun bauen wir die Kreativität weiter aus."

Heute ist Aquafil für Econyl kein Recyclingprodukt mehr, sondern Rohstoffquelle. "Der Vorteil von PA 6 ist, dass es ohne jeglichen Qualitätsverlust immer wieder recycelt werden kann und absolut gleichwertig mit dem Primär-Polymer ist," erklärt Deutschland-Geschäftsführer Martin Pfeiffer. Dafür hat Aquafil das chemische Recycling optimiert, bei dem verschiedenste postconsumer und postindustriellen PA 6-Reste - Fischernetze, Kunststoffteile, technische Textilien - gesammelt, zu Granulat eingeschmolzen und weiterverarbeitet werden. "Dabei ist auch noch die Energiebilanz deutlich besser als bei Neuware." Der Prozess findet in Slowenien statt. Dort hat Aquafil in entsprechende Anlagen investiert.

Das ist übrigens nicht das einzige nachhaltige Engagement des Chemieunternehmens: Giulio Bonazzi aus der Gründer- und Inhaberfamilie kümmert sich persönlich um die Beteiligung von Aquafil an regenerativen Energiequellen wie solar- und wasserkraftgetriebenen Energieparks in Süditalien und im Trentino.
aus BTH Heimtex 02/11 (Wirtschaft)