Comfortex 2011

Produkte, Praxis, Perspektiven

Die Comfortex hatte in diesem Jahr allen Grund zum Feiern. Nicht nur, weil es die 20. Ausgabe der Fachmesse für Raumgestaltung war, sondern auch, weil das Messeangebot einen deutlichen Qualitätssprung gemacht hat. Noch nie waren so viele kompetente und zugkräftige Aussteller aus dem Dekostoffbereich vor Ort wie 2011. Ein kleiner Wermutstropfen nur, dass nicht mehr Besucher als im vergangenen Jahr kamen. Auch die Workshops, Vorträge, praktischen Vorführungen und Sonderschauen wären die Reise nach Leipzig wert gewesen.

Auf der Comfortex 2011 zeigten 163 Aussteller aus 8 Ländern ihre Ideen und Produkte für modernes Wohnen und Objektausstattung - das waren immerhin 20% mehr als im vergangenen Jahr. Auch die "Stoffräume" mit den Premiumverlagen Création Baumann, Jab Anstoetz, Nya Nordiska, Romo, Sahco sowie Zimmer & Rohde hatten ausstellermäßig zugelegt. Erstmals zeigten alle Mitgliedsfirmen des Deco Teams Flagge.

Die Anzahl der Anbieter von Trevira CS Einrichtungstextilien unter den Ausstellern der Comfortex ist ebenfalls weiter angestiegen. Rund ein Viertel hatten Objektstoffe aus den schwer entflammbaren Markenfasern im Programm. Für Anke Vollenbröker, Leiterin Marketing und Business Development von Trevira, hat die Messe mittlerweile einen hohen Stellenwert: "Hier findet der Raumausstatter nicht nur die bedeutendsten Anbieter von hochwertigen Trevira CS Kollektionen, sondern auch zahlreiche Anregungen für seine tägliche Arbeit. Ein weiterer Pluspunkt ist die fast zeitgleich stattfindende Gastgewerbemesse Gäste, die zusätzlich Entscheider aus dem wichtigen Hotelsegment anziehen dürfte."

Die Besucherzahlen blieben in diesem Jahr allerdings auf dem Vorjahresniveau. Insgesamt knapp 20.000 zählten die Veranstalter auf Comfortex, Cadeaux Leipzig (Lifestyle/Geschenke), Midora (Uhren/Schmuck) und Aha (Werbeartikel). So war denn auch die Resonanz der Aussteller sehr unterschiedlich. Allseits gelobt wurde aber das gute Angebot und die gestiegene Attraktivität der Comfortex.

Nicht alle Aussteller zufrieden

Firmen, die seit Jahren nicht in Leipzig ausgestellt hatten, waren in der Regel mit der Ordertätigkeit und der Besucherfrequenz zufrieden. "Schon zur Messehalbzeit hatten wir doppelt so viele Ordervolumen wie vor vier Jahren", resümierte Thomas Schmölz von Kobefab. Hilmar Carl von Höpke ergänzte: "Wir waren fünf Jahre nicht in Leipzig und sind mit niedrigen Erwartungen hergekommen. Aber die wurden übertroffen." Bei Gardisette war von einer sehr guten Frequenz die Rede und auch Björn Boland von Ernst Diekgraefe, einem treuen Stammkunden der Comfortex, war sehr zufrieden: "Wir hatten mehr als 100 Kontakte am ersten Tag."

Firmen wie Albani, Gerster oder Unland äußersten hingegen deutliche Kritik: Sie vermissten Möbelverbände, Einkäufer hätten gefehlt. Es sei unverständlich, dass eine so kompetente Messe nicht mehr Kunden anlockt. Und das, obwohl Leipzig in der Mitte Deutschlands liegt, gut zu erreichen ist und als Stadt attraktiv.

In der Präsentation "Tapete macht Deutschland schöner" stellten Hersteller wie A.S. Création, Coswig Wallcoverings, Erismann, Marburger, P+S International und die Tapetenfabrik Rasch ihre Wohnkonzepte vor. Mit einer großen Vielfalt an Motiven, Farben, Strukturen und Materialien zeigten die Unternehmen die Trends der kommenden Saison. Ergänzt wurden die Präsentation durch Vorführungen von Lothar Steinbrecher, der als "Tapeten-Papst" in der Fachwelt einen hervorragenden Ruf genießt. Premiere feierten Digitaltapeten von Tetenal, die individuell nach Kundenwünschen gefertigt werden und damit unzählige Gestaltungsoptionen eröffnen. Für bunte Messehallen sorgten auch die Farbenhersteller Akzo Nobel, Hallesche Lackfabrik, Keimfarben, Meffert und Zero Lack.

Praxis nicht vergessen

In Fußbodenforum, Trendraum und Postercamp wurden Trendthemen praxisnah aufbereitet. Das Polstercamp lud an fünf Stationen zum Mitmachen und Ausprobieren ein. Das Spektrum reichte dabei von der Polster-Restaurierung über Polsterheftung und Neuanfertigung bis hin zu Design-Themen. Im Boden-Bereich konnten sich die Besucher nicht nur über Innovationen der Branche informieren, sondern in Workshops auch den sachgerechten Umgang mit den neuesten Produkten erlernen. Torsten Grotjohann vermittelte Interessenten aus Hotellerie und Gastronomie, wie man mittels "Schneller Renovierung" Bodenbeläge ohne Nutzungsausfall, Schmutz- und Lärmbelästigung erneuern oder durch unterschiedliche Optiken und Materialien Flächenbereiche und Wegeführungen darstellen bzw. Einrichtungsthemen und -stile unterstützen kann. In den Trend Workshops konnten unter der Mithilfe von Bernhard und Natalija Zimmermann Collagen und Moodboards gefertigt werden, um die eigenen Ideen für ein Raumkonzept zu entwickeln.

Lohnende Zielgruppe: Generation 50plus

Über die Marktmacht 50plus und Erfolgsstrategien für diesen Milliardenmarkt referierte Hans-Georg Pompe beim Fachpressegespräch. "Deren Bedeutung mit einer Kaufkraft von rund 720 Mrd. EUR pro Jahr wird von den deutschen Unternehmen nach wie vor unterschätzt", erklärte der Buchautor und Marketingexperte. Dabei seien die sogenannten Best Ager gerade für die Lifestyle-Branchen eine interessante Zielgruppe. Doch profitieren würden nur Firmen, die mit einem emotionalen Mehrwert verführen und ihr Marketing sehr zielgenau ausrichten könnten. "Diese anspruchsvollen, lebensbejahenden Menschen möchten charmant umworben, verzaubert und begeistert werden. Wer sie klisscheehaft als Senioren anspricht, wird sie nicht als Kunden gewinnen" so Pompe. Nach seiner Erfahrung suchen sie Vertrauen und Vereinfachung, emotionale, wirtschaftliche Sicherheit, Entlastung beim Einkauf, Nutzen und Lösung sowie Orientierung und Service für einen Erlebniseinkauf. Im Jahr 2035 wird Deutschland seiner Einschätzung nach die älteste Bevölkerung der Welt haben. Aber: 50plus hat eine mentale Verjüngung um 14 Jahre durchgemacht, beim Aussehen erscheinen sie 8 Jahre jünger. "Die Gruppe ist sensibel, heterogen, aktiv - und eine vernachlässigte Zielgruppe."

Die legt Wert auf Gesundheit und Wohlbefinden, Genuss und Lebensqualität, Wertschätzung und Empathie, Identifikation mit Lebensgefühl, charmante Aufmerksamkeit, Entspannung und Erlebnisse, Sicherheit und Verlässlichkeit, Geborgenheit und Transparenz sowie auf Kontakt zu Gleichgesinnten und Menschen mit gleichen Hobbys. 50plus sind potentielle Premiumkäufer, die ein tolles Ambiente, Designprodukte und Lifestyle suchen. Und sie möchten mehr Homing, Retroprodukte und Lichtdesign sowie Gemütlichkeit, Sinnlichkeit und Leidenschaft. Der Preis spielt nach Pompes Auffassung nur für 10% eine entscheidende Rolle, während 75% wegen mangelnder Wertschätzung oder schlechtem Klima im Geschäft den Einkaufsort wechseln. Sein Rat: "Verkäufer, helft beim Kaufen, werdet zum Kundenversteher mit wertschätzender Beziehungspflege - real und online -, Wohlfühl- und Erlebnispräsentationen sowie Events am POS."

Neuheiten-Telegramm

Als Vollsortimenter für Gardine und Sonnenschutz präsentierte Unland die neuen Trends dieser Produktsegmente in Farbwelten. Sky ist die neue Farbwelt für Genießer, in Kit finden sich die Basics wie Weiß und Grau, Green bingt frisches Grün für ein natürliches Empfinden. Zudem wurden auch die Sonnenschutz-Neuheiten der Produktlinie Unland Sun im Bereich Plissee, Rollo, Jalousie und Vertikalanlagen vorgestellt. Premiere feierte die neue Objektkollektion der Saterländer mit trendigen, konsumigen Farbwelten für alle Segmente der Objektausstattung.

Mit Weihnachtstraum setzt Apelt auf die klassische Form von Weihnachten. Sterne, Girlanden, Hirsche kommen in Gold, Silber und Weiß, Rot, Eosblau und einem tiefen Aubergine daher.

Fuggerhaus favorisiert auch im Herbst/Winter auf Themenwelten und zeigte Artistic mit großformatigen Blumenmotiven, Nordic mit frischen Farben und grafischen Designs sowie World Edition mit raffinieren Webtechniken und neutralen, erdigen Farben.

Mit ihrer aktuellen Weißwarenkollektion präsentierte Ado experimentelle Ansätze in traditionellen Techniken. Eine Kollektion, die Leichtigkeit mit Natürlichkeit sowie Purismus mit Romantik verbindet. Gewebt oder gewirkt, bestickt oder bedruckt, als Scherli oder in Ajourbindung, mit Schrumpfgarneffekten oder in Leinenoptik - Weiß demonstriert hier eindrucksvoll, dass es als Solist stehen kann. Durch die große Bandbreite an Nuancen, Techniken und Stilrichtungen spannen die Aschendorfer den gestalterischen Bogen von Eleganz über Landhaus bis hin zu Design.

Neue multifunktionale Heimtextilien präsentierte Gerber Spitzen und Stickereien aus Auerbach. Die Kollektion umfasst klassische Spitzen und Stickereien, ebenso jahreszeitliche Accessoires und modernes Design. So wurde ein für Plauen typisches Stickereiprodukt in Ätztechnologie vorgestellt, das auf eine klare, avantgardistische Formensprache setzt. Kreisende Fadenstrukturen in Quadraten erinnern eher an Korbgeflecht denn an Textil, so dass man erst auf den zweiten Blick Spitze assoziiert.

Mit "Jette Wallpaper" präsentierte Tapetenhersteller A.S. Création die erste Kollektion der Designerin Jette Joop. Das Programm verbindet moderne, kreative Dekore in trendorientierten Kolorits mit hohen Qualitätsansprüchen und dem symbolischen Designverständnis der Gestalterin: Crossover im Design. Jette Wallpaper wird von zwei Themen geprägt: Magic und Delicate. Magic ist eine Momentaufnahme des modernen Wohnens mit luftigen Streifen und ornamentalen Dessins, geprägten Hoch-/Tief-Effekten und charmanter Vintage-Anmutung. Bei Delicate treffen formale Blockstreifen auf verspielte Motive wie Kolibris im Blütenmeer sowie filigrane Streifen und Rankenmuster.

Gemeinsam mit der Wohnzeitschrift Zuhause Wohnen entwickelte die Marburger Tapetenfabrik die gleichnamige Kollektion feminin-sinnlicher Vliestapeten. 66 Tapetendessins wie großformatige Blumenmotive, üppige Paisleymuster und Retrodesign sowie 7 Borten in 5 Hauptmotiven sollen speziell den Geschmack der urbanen Frau Mitte 30 treffen.

Wandbeläge der ganz anderen Art brachte Mobilare mit nach Leipzig: lebendiges Grün aus Heckenteilen und unterschiedliche Pflanzen für Fassaden und Innenwände sowie für Dächer. Die fix und fertig montierten Module lassen aus kahlen Wänden begrünte Wohlfühloasen werden. Die stylischen Paneele sind für die Gestaltung von Innenräumen gedacht. Daneben zeigte die innovative Firma Wände aus Korkbaumrinde und Alusion, eine moderne Alu-Schaumwand mit der Optik von schäumendem Wasser.

Ein Blick in die Zukunft

Einen inspirierenden Blick in die Zukunft der Wandbekleidung boten Studenten der Studienrichtung "Textil" des Fachbereichs Design an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle. Prof. Bettina Göttke-Krogmann ließ ihren Studierenden dabei freie Hand, sie sollten Neues wagen und experimentieren. Einzige Vorgabe: Es muss an die Wand. So entstanden überraschende Kompositionen von filigranen Feng-Shui-Arbeiten bis zu robusten Beton-Strick-Wänden.

Unter dem Titel "Textil-Betont" haben Frauke Maler und Sylvia Riegger Beton als Werkstoff gewählt und ihn mit Strick in knalligen Farben kontrastiert. Der in Beton gegossene Strick wirkte als strukturierendes Element mit robustem 3-D-Effekt, den man sich gut in öffentlichen Räumen vorstellen kann.

Sehr viel filigraner sind die Arbeiten von Julia Lansmann: "Meine Wände sollen rauschen. Der Wind soll sie verändern." Um die Bewegung in der Fläche darzustellen, verwendete sie vor allem natürliche Materialien wie Papier, Leinen und Baumwolle. Dabei dominiert Grau als Mischung aller Farbtöne. Es sorgt für ein farbliches Grundrauschen und weißt nur kleine weiße und farbige "Störungen" auf.

"Geheime Liebschaften" nannte Katharina Jebsen ihre Tapetenkollektion in träumerisch leichter Atmosphäre. Die schlichte Eleganz der anmutigen Flächen aus Feng Shui- und asiatischem Reispapier wird durch die Wahl zarter Weiß- und Cremetöne betont. "Weniger ist mehr" war dabei Jebsens Motto.

Julia Kortus Idee war eine Tapete, die sich langsam auflöst und so nach einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren Platz für neue Ideen an der Wand schafft. Durch die Verwendung eines besonderen Materials aus der Stickerei sowie eigens entwickelten Kleister und Druckfarben löst sich der Stoff durch den Kontakt mit Luftfeuchtigkeit tatsächlich auf. Aufgedruckt sind zufällig angeordnete Buchstaben, die in der richtige Reihenfolge den Satz ergeben: Ich verliere mein Antlitz.

Die grün-goldenen Wandbeläge von Friederike Guminski erinnern mit ihren floralen Mustern an den maroden Charme kleiner Landschlösser. Inspiration kam aus der Natur. Die Plastizität ihres "Goldenen Waldes" wird durch einen speziellen Kleister geprägt, den sie bewusst als Stilmittel einsetzt.

Für Catharina Ibe begreift Wände als wesentlichen Bestandteil des Lebensraumes. Sie entwickelte daher ein Design, das zum vorhandenen Raumkonzept passt. Bei der Ideenfindung ließ auch sie sich von der Natur inspirieren und griff die Strukturen von Flechten, Pilzen und Baumschwämmen auf. Als vorherrschendes Material verwendete sie Kork, der mit streng grafischen Rasterstrukturen kontrastiert wird. Diese werden durch Siebdruck- und Laserverfahren aufgebracht. Um die typische Korkoptik zu erhalten, entschied sie sich für einen lasierenden Farbauftrag. Am Kork faszinierte die Künstlerin nicht nur die ästhetische Qualität, auch die Raumeigenschaften überzeugten sie. Kork ist wärme- und schalldämmend, schwer entflammbar und wasserabweisend, geruchsneutral, gut beheizbar und hygienisch.

Mit der optischen und akustischen Wahrnehmung von Räumen beschäftigte sich schließlich Suse Brand. Entstanden ist eine Kollektion von Textilien, die als Oberflächenmaterialien für Wandpaneele eingesetzt werden und die Raumakustik verbessern. Klang und Gestaltung sollen zu einer Einheit verschmelzen. Die Designs zeigen gleichmäßige und aufgebrochene Streifen sowie amorphe Musterungen, die an abgeblätterte Wände oder poröse Steinstrukturen erinnern. Neben klaren Kontrasten finden sich ebenso harmonische Überlagerungen und melierte Flächen. Die Kombination aus Hören und Sehen spielt für die Studentin eine zentrale Rolle, denn "optische und akustische Reize beeinflussen unsere Empfindungen in besonderem Maße". Mit ihren Kreationen möchte Brand Inseln der Ruhe und der Privatheit schaffen - auch in belebten Restaurants oder hektischen Messehallen.
aus BTH Heimtex 10/11 (Wirtschaft)