Tendence

Pflichttermin im internationalen Messekalender

Frankfurt - Sie hat wieder die ihr angestammte Aufgabe als Ordermesse in der zweiten Jahreshälfte erfüllt. Die Internationale Frankfurter Herbstmesse Tendence, die Ende August fünf Tage lang stattfand, konnte zwar wie erwartet weniger, dafür jedoch orderstärkere Besucher begrüßen. Bereits im Vorfeld hatte Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt GmbH, auf Neupositionierung und geänderten Fokus der Messe hingewiesen. Der Schwerpunkt sollte auf dem europäischen Markt liegen und als Marktsegmente wurden die beiden Bereiche Einrichten und Wohnen sowie Schenken - also Living und Giving - definiert.

Die Ausstellerzahl 2.055 aus 66 Ländern ist zwar leicht gestiegen gegenüber 2010 (2.049), dagegen kamen nur 52.000 Besucher (2010: 56.968) aus 101 Ländern. Insgesamt belief sich der Anteil ausländischer Besucher auf 22 Prozent, und davon stammten rund 80 Prozent aus den europäischen Nachbarländern. Die Top-5-Nationen auf Besucherseite waren die Schweiz, die Niederlande, Italien, Österreich und Frankreich. Mit dieser realistischen Betrachtungsweise der immer wieder diskutierten fehlenden Internationalität - man sprach bereits von "Regionalmesse" - begibt sich die Situation auf positiveren Kurs. Aussteller und Besucher zeigten allgemein Zufriedenheit. Das trifft auch zu für den Branchenbereich Haustextilien, der nahezu unverändert vertreten war. Allerdings gibt es hier immer wieder noch Verstimmung über "unrichtige" Platzierung oder wenig Eingehen seitens der Messeleitung auf Teilnehmerargumente. Preis- und Kostenvergleiche mit den "kleineren" Messen in Deutschland und selbst in Frankreich werden weiterhin nicht unbedingt pro für Frankfurt gezogen.

Die meisten Aussteller - 326 - stellt immer noch China, gefolgt von 222 aus Indien (18 mehr als 2010). Einschränkung in diesem übergroßen ausländischen Ausstellerbereich gehört zur neuen Tendence-Strategie. Die 844 (2010: 808) deutschen Markenhersteller, darunter wichtige "Rückkehrer", bedeuteten bereits erfreuliche Verbesserung. Die Tendence soll ihren Status als wichtige Plattform für Trends und vor allem als Orderplatz für den deutschen und europäischen Einzelhandel vor allem für Weihnachten 2011, aber auch für die Frühjahrssaison 2012, beibehalten.

Akzent auf Qualität und Information

Der Einzelhändler, ob im Bereich Textil, Wohnaccessoires, Geschenkartikel oder GPK, der Neues für das Herbst/Wintergeschäft suchte und eventuell Zusatz- und Ergänzungssortimente aufbauen möchte, wurde fündig. Zur Inspiration oder Erweiterung der Qualitäts- und Materialkenntnisse wurde viel getan. Das traf auch zu für die Stand- und Präsentationsgestaltung der Aussteller. Die große Bedeutung des Weihnachtsgeschäfts für den Handel hat eine repräsentative Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag der Messe Frankfurt zum Thema "Schenken und Geschenke" bestätigt. Wenn es um Geschenke geht, sind die Deutschen großzügig. Rund 400 Euro je Bundesbürger gaben sie in den letzten zwölf Monaten für Aufmerksamkeiten und Mitbringsel aus. Damit werden rechnerisch in Deutschland aktuell jährlich Geschenke im Wert von rund 27 Mrd. Euro gemacht. Mehr als die Hälfte der Befragten kaufte laut Studie in den vergangenen zwölf Monaten Geschenke ausschließlich in Geschäften - trotz der wachsenden Bedeutung von E-Commerce. Persönliche Beratung und Produktvorführungen vor Ort können demnach punkten gegen die Konkurrenten im Netz. Lediglich jeder Siebte kauft seine Präsente ebenso häufig im Geschäft wie im Internet. Nur knapp zwei Prozent bestellen ihre Geschenke überwiegend online, ausschließlich über das Internet kaufte keiner der Befragten ein.

Die beliebtesten Anlässe zum Geschenkkauf sind Geburtstage und Weihnachten. Mit zunehmendem Alter steigt die Bereitschaft, mehr Geld für Geschenke auszugeben: von 70 Euro jährlich über etwa 219 Euro bei Befragten im Alter von 30 bis 39 Jahren und die über 70-Jährigen sogar 275 Euro. Wer Trends folgt, kauft zu mehr Anlässen, wobei Frauen tendenziell mehr Anlässe zum Beschenken finden als Männer. Sicher liegen Geschenke nicht nur im Bereich der so genannten Geschenkartikel. Laut Thomas Grothkopp vom Bundesverband für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur e.V. (GPK) konnten Fachgeschäfte für Tisch- und Küchenausstattung, Geschenkartikel und Wohnaccessoires im 1. Halbjahr 2011 eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von 1 Prozent verzeichnen. Der Juni verlief nicht optimal, doch letztlich entscheiden die letzten vier Monate über den Gesamtverlauf des Jahres. Bei der weiterhin soliden Kaufstimmung der Kunden ist die Branche optimistisch, das kleine Plus halten zu können. So die Meldung Ende August 2011. Stärkere Veränderungen verzeichnet der Bundesverband GPK in den einzelnen Warengruppen. Die stärksten Steigerungen mit 30 Prozent gab es bei Elektrokleingeräten und im Bereich Garten/Outdoor mit 13 Prozent, gefolgt von 6 Prozent bei Küchenausstattung und Hausrat. Die Tischausstattung verläuft uneinheitlich, Geschirr und Tischaccessoires verloren jeweils mehr als 10 Prozent. Allerdings kann hier im Weihnachtsgeschäft wieder zugelegt werden.

Neue Werte bei Wohnen und Schenken

Wertigkeit und Nachhaltigkeit prägen die Produkte, Qualität bei Gestaltung und Produktion setzen die Konsumenten mehr und mehr voraus. Die Verbindung von anspruchsvollem Design und Humor kennzeichnet ein breites Angebotsspektrum von Produkten aus unterschiedlichsten Materialien. Die eigene Kreativität verleiht Massenware eine individuelle Note. Das gilt vor allem für Weihnachten, wo die Produkte farblich in warme Rottöne und Weiß getaucht sind und festlich von Blau dominiert werden. Im Wohnbereich werden Materialinnovationen vom Nachhaltigkeitsanspruch beeinflusst. Bambus erobert den Markt. Außergewöhnliche Kombinationen unterschiedlicher Materialien verwandeln traditionelle Produkte in moderne Klassiker. Der moderne Mensch bewegt sich im persönlichen Naturszenario und in der Urbanität. Wie es der Einrichtungsspezialist Lambert ausdrückt, verbinden sich Einfachheit und Natürlichkeit im Wohnbereich mit Elementen des Industrielooks und elegant-klassischen Details. Das scheint ausgeprägt internationaler Trend zu sein, ein spannender Mix aus Kontrasten, eine modern geprägte Natürlichkeit: Filz trifft auf Neopren, Eiche auf Linoleum. Natur wird zum Gestaltungselement und bestimmt die Farben: Brauntöne, abgedämpfte Gelbnuancen, herbstliche Laubfarben, kombiniert mit Türkis, dunklem Blau oder Violett. Rosen, Eulen und natürlich Hirsche finden sich bei Haustextilien, ebenso Streifen und Karovariationen.

Die nächste Tendence findet vom 24. bis 28. August 2012 statt. (gk)


Materials Revisited


Das Frankfurter Museum für Angewandte Kunst organisiert seit über 30 Jahren die Triennale für Form und Inhalte. Das Museum mit seinen reichen Sammlungen zur angewandten Kunst bietet Anregung und Orientierung zu allen Fragen der Gestaltung. Vom 6. Oktober 2011 bis 29. Januar 2012 zeigt die Ausstellung des Museums für Angewandte Kunst Frankfurt innovative Arbeiten von über 100 Künstlerinnen und Künstlern in den Bereichen Möbeldesign, Mode, Keramik und Tischkultur unter dem Motto "Materials Revisited". Als exklusiven Vorgeschmack auf diese Triennale präsentierten 18 Künstler auf der diesjährigen Tendence den vielfältigen Einsatz von Material als Werkstoff und Inspirationsquelle.


Africa Chic


Ein eigener Teil für sich, aber für die Branche von langsam zunehmender Bedeutung, weil sich viel Anregungen und Inspiration boten, einfach schöne, fremdartige, traditionelle Handarbeiten bzw. Kunsthandwerk, das heißt Textilien und Schmuck, teils hergestellt in Initiativgruppen als Teil der Kulturförderung afrikanischer Staaten. Überwiegend handelt es sich um Manufakturen. Diese Gemeinschaftspräsentation von 24 Unternehmen aus acht afrikanischen Ländern fand zum ersten Mal statt und umfasste ausschließlich das designorientierte Luxussegment. Federführender Organisator und Ansprechpartner ist die Firma Trade and Fairs Consulting mit Sprecher Skander Negasi (www.tradeandfairs-consulting.com). Unternehmen aus Kenia, Uganda, Tansania, Äthiopien, Ruanda, Namibia, Ghana und Südafrika präsentierten Produkte aus den Bereichen Interior Design, Textilien, Schmuck. Enge Kontakte bestehen bereits mit Kunden wie Harrods oder Barneys New York. Das Konzept ist laut Messebericht gut aufgegangen und soll zur Ambiente 2012 wieder aufgelegt werden.


Das Besondere ist gefragt


Jeder Textilhersteller, der konzeptionell denkt und Zusatzsortimente beliefern möchte, zeigte Bettwäsche, meist mit Nachtwäsche, zunehmend auch für das Kind. Wichtig dabei ist das Besondere, das heißt gute Materialien, viel Uni und interessante Verarbeitung. Manufakturen mit individuellen Aufträgen sind gefragt. Ein weiteres Thema zum Wohlfühlen, aber ebenso wie Bettwäsche durchaus ein Prestigeartikel, sind Plaids und Decken, die in hochwertigen Materialien immer mehr zur Luxusklasse werden. Sie unterscheiden sich in Qualität, Dessins und Farben und bieten als Marke immer Besonderes.


Premiere für den Home&Trend-Award


"Vom Verbraucher getestet - für den Verbraucher empfohlen" lautet das Credo, unter dem die unabhängige Initiative LifeCare auf der Frankfurter Tendence 2011 das neue Gütesiegel verlieh. Produkte aus der Einrichtungsbranche bekamen dort zum ersten Mal das Qualitätssiegel "Trendprodukt des Jahres" für ihre herausragenden Eigenschaften in den Bereichen Design, Innovationsleistung, Produktnutzen, Ergonomie und Ökologie zugesprochen. Über den Preis, der in den Kategorien Bad+Wellness, Garten+Freizeit, Möbel+Raumausstattung und Heimtextilien+Dekoration vergeben wird, entschieden neben einer Jury aus namhaften Designexperten, Wirtschaftsforschern, Architekten oder Lifestyle-Experten auch die Endverbraucher selbst, welche Produkte den Award verdient haben. "Für Hersteller, Produktentwickler und Designer ist dieses ehrliche Feedback der Verwender eine tolle Bestätigung und gleichzeitig eine hervorragende Grundlage für das Konzept zukünftiger Produkte", sagt Harald Schultes, Vorsitzender der Initiative LifeCare. Das Signet "Trendprodukt des Jahres" soll dem Verbraucher ein objektives Gütesiegel und damit eine wertvolle Orientierungshilfe im nahezu unüberschaubaren Produktdschungel geben. Der Verbraucher sei heute wieder bereit, in Markenprodukte zu investieren, unter der Voraussetzung, dass diese qualitativ hochwertig seien und seinen Ansprüchen entsprächen, so Schultes.
aus Haustex 10/11 (Wirtschaft)