Parador-Geschäftsführer Volkmar Halbe über Marken und neue Marktsegmente

"Mit extravagantem Design den Weg ins Objekt gefunden"


Vor etwa drei Jahren hatte Parador erstmals bedeutende Designer verpflichtet, um seinen Laminatböden ein künstlerisch anspruchsvolles Profil und somit Exklusivität zu verleihen. Seinen Ruf als Trendsetter untermauerte das Coesfelder Unternehmen Anfang 2011, indem zwölf weitere avantgardistische Dekore vorgestellt wurden. Auch hier handelt es sich um die Entwürfe international erfolgreicher Architekten und Designer. Trotz ihrer Sonderstellung sucht man die Böden im Holzhandel meist vergeblich. Zur Vermarktungsstrategie und Markenpolitik von Parador befragten wir Geschäftsführer Volkmar Halbe.

ParkettMagazin: Herr Halbe, mit faszinierenden Dekoren weltberühmter Designer haben die Laminatböden von Parador einmal mehr für großes Aufsehen gesorgt. Dass sich der Handel bei der Vermarktung der Produkte zurückhält, scheint für Sie kein Grund zu sein, das kreative Experimentierfeld zu verlassen. In welcher Dimension bewegt sich die Absatzmenge?

Volkmar Halbe: Jede unserer Laminatboden-Kollektionen hat ihre Bedeutung und ihre spezielle Wirkungsmechanik. Bei der "Laminat Edition 1" geht es darum, die Markenkraft mit Innovation und Faszination zu unterstreichen. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Kommunikation durch die Designer unglaublich gepusht wurde. Zur wirtschaftlichen Bedeutung kann ich sagen, dass die Absatzmenge im sechsstelligen Quadratmeterbereich liegt. Interessant war für uns, dass die Kollektion ihren Weg ins Objekt gefunden hat, obwohl wir, historisch betrachtet, kein Spieler in diesem Segment sind. Zurückzuführen ist das unter anderem auf die Architekturkompetenz der für uns tätigen Designer.

PM: Gibt es konkrete Beispiele?

Halbe: Allen voran ist hier das neu eröffnete Nhow Hotel in Berlin zu nennen (siehe separater Bericht s.27). Karim Rashid entwickelte in Zusammenarbeit mit Parador drei Laminatböden für die Hotelzimmer in der Farbe des jeweiligen Gebäudeteils; wir haben etwa 8.000 m geliefert. Dieses Betätigungsfeld bereitet eine Menge Spaß, so dass wir uns entschlossen haben, das Objektgeschäft gezielt anzugehen.

PM: Demnach scheinen diese Böden für den Holzhandel kein Thema zu sein?

Halbe: Es sei denn, der Holzhändler fungiert als Objektlieferant, wofür es durchaus einige Beispiele gibt. Im Bodenbelagshandel ist die Affinität zum Objekt bereits etwas stärker ausgeprägt.

PM: Könnte der Möbelhandel für die Vermarktung der Edition 1 eine Option sein?

Halbe: Der Möbelhandel ist in Deutschland - von wenigen Ausnahmen abgesehen - für den Verbraucher kein Suchfeld für Hartböden. Deshalb macht es für uns auch keinen Sinn, dort impulshaft unseren Designboden zu positionieren. Ganz anders ist das in Österreich.

PM: Als einziger Bodenbelagshersteller nimmt Parador viel Geld in die Hand, um mit ganzseitigen Anzeigen in Wohnzeitschriften den Bekanntheitsgrad der Marke sowie die Nachfrage zu steigern. Die Werbebotschaft scheint sich auf die Internet-Adresse "www.parador.de" zu beschränken. Wie ist das zu verstehen?

Halbe: Über Jahre hatten wir den Fokus auf unsere Produkte gerichtet, aber das ist nicht mehr nötig. Für die Werbung in Wohnmagazinen wählen wir allgemeine Bildinstallationen, die nicht im Studio aufgenommen wurden, sondern authentisch sind. Diese Motive sollen dazu verführen, sich mit der Marke Parador tiefer auseinanderzusetzen. In unverfälschter Form ist das am ehesten auf unserer Internet-Plattform möglich. Das scheint zu funktionieren, wie sich anhand der Zugriffszahlen feststellen lässt.

PM: Wie haben sich die werblichen Aktivitäten auf den Bekanntheitsgrad von Parador ausgewirkt?

Halbe: Wir bewegen uns seit einigen Jahren bei einer gestützten Markenbekanntheit zwischen 25 und 30%. Für dieses "Grundrauschen" benötigen wir ein Marketing-Budget, das 4 bis 5% vom Gesamtumsatz ausmacht. Mit TV-Werbespots haben wir vorübergehend deutlich über 30% erreicht. Das ist aber gar nicht nötig. Die aktuelle Intensität - erzeugt durch die Präsenz in den sieben Kerntiteln der Wohnzeitschriften - ist völlig ausreichend für Parador, um von seiner Zielgruppe wahrgenommen zu werden.

PM: Welchen Sinn macht es, zusätzlich Lizenzmarken wie Schöner Wohnen, Esprit home und Laura Ashley aufzunehmen? Noch vor wenigen Jahren verfolgten Sie die Strategie, sämtliche Vertriebskanäle mit dem Label Parador zu beliefern, den angestammten Holzhandel ebenso wie die Baumärkte und den Bodenbelagshandel in seinen unterschiedlichen Facetten.

Halbe: Um Zielgruppen zu erreichen, die auf Schöner Wohnen-, Esprit home- oder Laura Ashley-Laminatböden zugreifen, hätte die Marke Parador verwässert werden müssen, denn die Lizenzkollektionen setzen die Preisleiter konsequent nach unten fort. Aus heutiger Sicht war es geradezu genial, dass wir diesen Gedanken vor gut zwei Jahren aufgegriffen haben und alle für Hartbeläge relevanten Label sichern konnten - auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten. Somit deckt die Hauptmarke Parador mit einer eigenen Design-Handschrift und einer klar definierten preislichen Untergrenze ausschließlich das Premiumsegment ab.

PM: Unter den Lizenzmarken dürfte die Schöner Wohnen-Kollektion in Deutschland am erfolgreichsten sein?

Halbe: Das ist richtig. Schöner Wohnen hat sich bereits mit Farben, Tapeten, Textilbelägen etc. etabliert und ist die herausragende DIY-Marke in Deutschland. Sie zielt auf die "bürgerliche Mitte", das sind Verbraucher, die sich geschmacklich absichern wollen und Mainstream-Produkte favorisieren. Wenn wir hier mit frechen Dekoren experimentieren würden, ginge das schief. Die Schöner Wohnen Kollektion umfasst Laminat- und Parkettböden, Massivholzdielen, Dekorpaneele sowie Sichtblenden und Terrassendielen.

Esprit home ist dagegen fachhandelsorientiert und sehr stark im Bodenbelagshandel vertreten, wo es unter der Marke bereits Textilbeläge und Tapeten gibt. Sie verkörpert weniger traditionelle Werte, sondern ist jugendlich und experimentell ausgerichtet. Laura Ashley zielt auf UK und ist dort ähnlich erfolgreich auf der Großfläche positioniert wie Schöner Wohnen hierzulande. Das Angebot beider Marken umfasst Laminat und Parkett.

PM: Funktionierten alle Lizenzmarken vom Start weg oder mussten Sie Korrekturen vornehmen?

Halbe: Bei der Esprit home galt es, dem Fachhandel zu verdeutlichen, dass auch die Palette ein wichtiges Verkaufselement darstellt. Denn um Enttäuschungen zu vermeiden, müssen die Schnelldreher unter den Produkten für den Verbraucher sofort verfügbar sein.

PM: Inwieweit nehmen die Lizenzgeber Einfluss auf die Kollektionsgestaltung?

Halbe: Die Stilrichtungen werden mit Collagen vorgegeben, so dass wir bei der Zusammenstellung der Dekore eine Orientierungshilfe haben. Dieser Input kommt uns sehr gelegen, denn wir wissen ja, dass die Marken sehr gut auf die jeweiligen Zielgruppen ausgerichtet sind.

PM: Kann es vorkommen, dass man zwei oder drei Ihrer Marken auf einer Verkaufsfläche antrifft?

Halbe: Sogar alle vier, aber das sind Ausnahmen.
aus Parkett Magazin 06/11 (Wirtschaft)