Verlegewerkstoffe und Bodenbeläge auf der Domotex 2012

Gute Stimmung, umstrittenes Konzept und drei Trends

Angesichts erfreulicher Umsätze im Jahr 2011 und voller Messestände herrschte gute Stimmung unter den Bodenbelags- und Verlegewerkstoffherstellern. In Erwartung eines ebenso guten Jahres 2012 investiert die Branche in neue Produkte und sogar ganze Produktionsstätten - trotz der Belastung durch gestiegene Rohstoffkosten. Bei den Verlegewerkstoffen gibt es zudem drei große Trends: Umweltverträgliche Produkte, breites Angebot aus einer Hand und Schulterschluss mit dem Fachhandwerker.

Die große Mehrheit der Aussteller auf der Domotex zeigte sich mit dem Umsätzen 2011 sehr zufrieden. Allerdings waren sich alle einig, dass die enorm gestiegenen Rohstoffkosten kräftig auf die Erträge drücken. Weniger einheitlich waren die Reaktionen auf die neue Hallenaufteilung sowie den ersten, als "Gipfeltreffen der Parkett- und Laminatbranche" angekündigten Wood Flooring Summit. Auf der einen Seite war aus den Hallen 7 und 9 zu hören: "Das neue Konzept hat super geklappt. Weiter so!" Andererseits sieht das Lager der Hersteller textiler und elastischer Beläge die Bedeutung der Domotex für sie aufgrund des diesjährigen Schwerpunktes Parkett und Laminat und des Wegbleibens wichtiger Anbieter aus dem eigenen Segment schwinden. Letzteres sorgte auch bei Großhändlern und Objekteuren für Unmut, der in der Frage kumulierte: Lohnt sich ein Besuch überhaupt noch?

2013 dürfte das Problem noch drängender werden, denn dann steht wieder die konkurrierende BAU in München an. Zumal für viele Firmen aus der gesamten Branche andere Präsentationsformen an Bedeutung zu gewinnen scheinen: Regionalmessen, Hausmessen, Veranstaltungen im eigenen Showroom oder Roadshows, mit denen gezielt unterschiedliche Abnehmer angesprochen werden.

2012 aber galt: Diejenigen Anbieter textiler und elastischer Beläge, die sich auf den Weg nach Hannover gemacht hatten, fanden an den vier Messetagen kaum einen Augenblick zum Verschnaufen. Die Stände waren stets gut gefüllt, das Interesse an Produkten groß und die Stimmung gut. Dass der Markt für getuftete Beläge, im Gegensatz zu Nadelvlies- und gewebten Produkten, auch 2011 geschrumpft ist, lässt die Hersteller immer öfter neue Wege beschreiten. Die führen sie in Richtung höherwertigerer Produkte und neuer Vermarktungskonzepte. Letztere bewerben Teppichböden emotionaler, verankern ihn im Lebensstil - neudeutsch Lifestyle - der Menschen und kommunizieren den Kauf als Erlebnis. Ganz gleich, ob als Rollenware oder abgepasst.

Der Kunde mit seinen individuellen Wünschen beim Einrichten seiner vier Wände rückt dabei immer stärker in den Fokus. Das hat auch die Domotex mit dem Leitthema "Customized Living" aufgegriffen - frei übersetzt: maßgeschneiderte, kundenspezifische Produkte fürs Leben und Wohnen. Der Trend zur Individualisierung ist zwar nicht neu, wird aber immer ausgeprägter. Dabei nutzen die Unternehmen immer stärker das Internet. Dort wird allen Zielgruppen, vom Endkunden über den Handel bis zum Architekten, eine ganze Palette von virtuellen Dienstleitungen geboten, mit deren Hilfe sie sich genau den Bodenbelag in Art, Form, Design und Farbe kreieren können, den sie benötigen.
Gespannt sein darf man auch darauf, wie sich das Segment Designbeläge 2012 entwickelt. Im Verlauf des Jahres kommen Qualitäten auf den Markt, die komplett aus mitteleuropäischer Produktion stammen. Das ist mit einem höheren Service verbunden und wird den boomenden Markt prägen, auch preislich.

Drei Trends bei Verlegewerkstoffen

Die Hersteller von Verlegewerkstoffen müssen bei der Neuheitenvorstellung weit im Voraus planen. Die lange Bearbeitungszeit der bauaufsichtlichen Zulassungen durch das DIBt in Berlin von mehr als einem Jahr sorgen für Innovationshemmnisse - das beklagten gleich mehrere Klebstoffhersteller in Hannover. Die Folge: Neue Produkte kommen in Deutschland erst später auf den Markt. Der Messebesucher merkt davon nichts. Bei den Verlegewerkstoffen gibt es drei große Trends: Umweltverträgliche Produkte, breites Angebot aus einer Hand und Schulterschluss mit dem Fachhandwerker.

Trend 1
"Natürlichkeit ist voll im Trend", sagt Klaus Stolzenberger, Markenverantwortlicher bei Pallmann. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Zwar ist das Thema nicht neu, doch so viele "grüne" Angebote wie in diesem Jahr hat es vorher auf der Domotex nicht gegeben. Loba hat dazu eine praktische Übersicht zusammengestellt, in der die wichtigen Nachhaltigkeits- und Gesundheits-Siegel erklärt werden und Überschneidungen tabellarisch gelistet sind. "Eigentlich reichen das Ü-Zeichen und der Emicode", stellt Loba in dieser Broschüre fest. Alle Hersteller betonen Nachhaltigkeit, Lösemittelfreiheit und die Reduzierung bzw. Vermeidung von Emissionen. Und das gleich auf zwei Ebenen, nämlich unter und über dem Bodenbelag.

Trend 2
Komplettanbieter zu sein ist offensichtlich das Ziel vieler Verlegewerkstoffhersteller. Uzin Utz hat diesen Schritt mit seiner Markenvielfalt vollzogen und zusätzlich Ende 2011 noch die Bodensparte des Schweizer Klebstoffherstellers Collano übernommen. Bona ist ähnlich breit aufgestellt und Wettbewerber wie Mapei, Berger-Seidle und Stauf haben zu ihren Kerngeschäften ebenfalls das bisher fehlende Teilsegment - Lack oder Klebstoff - hinzugenommen. Kiesel hatte schon 2008 beide Sparten integriert. Andere fühlen sich für eine Erweiterung des Angebots zu klein oder zu spezialisiert und holen sich lieber einen Partner an Bord. Bei Loba und Wakol funktioniert dies seit Jahren. Gemeinsam ist allen Herstellern der Wunsch, aufeinander abgestimmte Produkte zu liefern, die den Verarbeiter bei der Stange halten und Reklamationen ausschließen.

Trend 3
Viele Marketingstrategen stellen derzeit Menschen in den Vordergrund, die sich für Produkte und Marken engagieren. Handwerker auf großflächigen Plakaten, in Anzeigen und im Internet. Loba war dabei Vorreiter, Uzin und Thomsit ziehen jetzt nach. Und weil man weiß, dass eine junge Generation nachrückt, die ohne Smartphone keinen Schritt aus dem Haus geht, prangt auf vielen Gebinden ein QR-Code. Über diesen praktischen Internet-Zugang kann der Handwerker auf der Baustelle Produktdaten abrufen oder per Verlegevideo auf dem Handy-Display sehen, wie mans richtig macht.
Angebot an Klebstofftypen
fordert den Handwerker

SMP, STP, SPU, PU, PUR, MS, MSP, EP und was es sonst noch so an Abkürzungen für moderne Klebstoffe gibt - da geht leicht der Überblick verloren. Der Boden- und Parkettleger muss schon genau nachschauen, für welchen Zweck er welches Produkt aufziehen soll. Wo ein S auftaucht, ist in jedem Fall Silan dabei. In Österreich, so heißt es, seien Dispersionsklebstoffe bei der Parkettverlegung gut im Rennen, in Deutschland würden die Verleger eher SMP-Klebstoffe akzeptieren. Wer isocyanatfrei arbeiten will, kann sich eines SPU-Hybridklebstoffes bedienen. Aber muss er das überhaupt? "Ein Gesundheitsproblem mit Isocyanaten sehen wir nicht, denn dieser Stoff ist nur ein Reaktionspartner im Klebstoff und im menschlichen Körper des Nutzers nicht nachweisbar", sagt Laborleiter Dr. Wolfgang Kahlen von Berger-Seidle. Das habe ein Biomonitoring ergeben.
aus FussbodenTechnik 02/12 (Wirtschaft)