Imm Cologne 2012 zeigt Einrichtungstrends

Runder, natürlicher, bunter


Kleiner, runder, natürlicher und in den Farben kraftvoller: Die Möbel von heute brauchen weniger Platz, haben weniger Ecken und sollen bei allem Design schon von weitem nach "richtigem Holz" aussehen. Gleichzeitig werden sie in der Handhabung immer bequemer. Das ist der Eindruck, den man auf der diesjährigen Möbelmesse Imm Cologne gewinnen konnte.

Die nüchternen Zahlen zuerst: 1.100 Aussteller aus 54 Ländern zählte die Koelnmesse auf der diesjährigen Möbelmesse Imm Cologne. Dazu 115.000 Besucher, also deutlich weniger als 2011, als die alle zwei Jahre stattfindende Küchenschau "Living Kitchen" für einen regelrechten Ansturm von 138.000 Fachleuten und Endverbrauchern gesorgt hatte. Im Vergleich zu 2010 vermeldete Gerald Böse allerdings ein Besucherplus von 14 % und damit war der Vorsitzende der Geschäftsführung der Koelnmesse sehr zufrieden. "Mit diesem Schwung kann 2012 ein sehr gutes Möbeljahr und unsere Möbelindustrie die Konsumlokomotive für Deutschland sein', lautete auch die Einschätzung von Dirk Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Möbelindustrie.

Einrichten ist heute untrennbar mit Textilien, Wandbekleidungen und Teppichen verbunden. So werden Möbel und dekorative Stoffe, Tapeten und Bodenbeläge sehr oft zusammen ausgewählt. Auf der Imm kommt all dies inzwischen zusammen: Mit Pure Textile im letzten Jahr und dem neuen Format Living Interiors in diesem hat die Veranstaltung konsequent ihren Weg von der Möbel- zur Einrichtungsmesse fortgesetzt. Living Interiors zeigte stimmig inszenierte Einrichtungswelten aus Möbeln, Bad, Boden, Wand und Licht. Das kam beim Publikum an.

Inspiration fanden sie auch im Pure Village, als stimmungsvolle und designorientierte Umgebung eine Plattform mit besonderem Flair. Wie auf einer Piazza gab es eine offene Struktur. Die Aussteller konzenrierten sich auf wenige Produkte, inszenierten diese aber ähnlich wie in einer Kunstgalerie. Das Ergebnis: eine lebendige Mischung aus Marken- und Produktinszenierungen, wie geschaffen für Entdeckungen.

Trendthema Natur

Das große Trendthema 2012 heißt Natur. Natürliche Materialien strahlen Ehrlichkeit und Authentizität aus. Auf der einen Seite leben die Menschen mit Hochtechnologie im Kleinformat, auf der anderen Seite holen sie sich vermehrt naturnahe Produkte in die eigenen vier Wände: unbehandeltes Holz, gebrauchtes Holz - etwa alte Schiffsplanken -, Filzsitze, Echtmoss als Wandbild, Kork oder Dielenfußboden, eine Holzbadewanne, gepresste Gräser in gläsernen Duschtrennwänden. In Köln fand man Regale, die neben weißen Lackoberflächen auch Teile aus gebürsteter Eiche umfassten. Überhaupt ist Eiche das zur Zeit angesagteste Holz in deutschen Wohnungen - verarbeitet als Tisch, Bett, Schrank oder Fußboden. Daneben behält Nussbaum seine wichtige Stellung, wirkt wertig und elegant. Im helleren Farbspektrum bleiben Buche, Ahorn, Esche, Erle und Birke präsent. Die Käufer achten dabei zunehmend auf die Verwendung heimischen Holzes, auch von Obstbäumen.

Und die Möbel werden kleiner, den immer mehr Singles haben kleinere Wohnungen und brauchen zierliche und multifunktionale Möbel. Durch die Verschmelzung der verschiedenen Wohnbereiche müssen Möbel außerdem leicht und flexibel sein. Denn sie werden immer dort eingesetzt, wo sie gerade gebraucht werden, statt über Jahre am selben Ort stehen zu bleiben.

Auch Polstermöbel werden deshalb wieder kleiner und zierlicher, behalten aber ihre Funktionen und werden in der Handhabung sogar immer bequemer und individueller. Lehnen lassen sich per Knopfdruck höher oder niedriger stellen, Sofas können leicht ihre Sitzfläche vergrößern. Ein Beispiel von der Imm: ein dreisitziges Sofa, bei dem jede Rückenlehne und Fußstütze nach Wunsch einstellbar ist - und wenn der mittlere Platz frei bleibt, kann dieser einfach vorgeklappt und zu einem Tischchen umfunktioniert werden. Individuell eben: "Der Konsument wünscht sich Möbel, die zu möglichst 100 % seine Bedürfnisse erfüllen', so die Trendexpertin des Verbands der Deutschen Möbelindustrie, Ursula Geismann.

Pimp my Home

Die Formen werden deutlich runder. Abgerundete Ecken wirken harmonisch, einladend und gefällig. Ein Sinnbild für flexible Möbelstücke sind die Poufs, die viele Aussteller im Programm hatten: Runde gepolsterte Sitzgelegenheiten, die in der Wohnung herumgetragen werden können und überall hinpassen. Aber natürlich waren auch noch große Sofalandschaften zu sehen.
Vorbei ist die Zeit der klotzigen Schrankwand: Wohnwände werden immer kompakter und schmaler. Mit dem Einzug eleganter Flachbildschirme und der Digitalisierung von Informationen braucht man nicht mehr so viel Stauraum. LED Lichttechnik ist bei der Möbel- und Einrichtungsbranche angekommen und schafft neben eneriesparender Beleuchtung auch viel farbliche Atmosphäre.

Ein wichtiges Motto der kommenden Saison wird "Pimp my Home" sein. Dazu gibt es genügend Accessoires und Dekorationsideen, die die eigenen vier Wände auch mit kleinem Budget verschönern. Das merken auch immer mehr Möbelhersteller und wagen schräge Entwürfe, die im individualisierten Markt begeisterte Abnehmer finden.

Insgesamt ging es recht farbenfroh auf dem Messegelände zu. Neben Naturtönen setzten die Designer auf satte Farbtöne wie dunkles Orange und Lila. Ein Comeback feierte die Farbe Blau, die lange aus der Möbelbranche verschwunden war. Und während Gelb in der Mode bereits seit letztem Sommer Trend ist, leuchtet es nun auch im Wohnbereich. Die Bandbreite reicht dabei von Senfgelb über Currytöne bis zu sonnigen Nuancen. Designer und Hersteller kombinieren in diesem Jahr Senfgelb zu nüchternem Grau, Kaffeefarben mit Cremetönen und zarte Sorbet-Nuancen mit Himmelblau. Weiß wird bleiben, denn man es kann mit jeder anderen Farbe gut kombinieren.

Hauptsache bunt

Ebenfalls bunt kommen Muster in Polsterbezugstoffen daher. Ob als Streifen, Zacken, floral oder abstrakt - Hauptsache bunt. Bei allen Stoffen spielt die angenehme Haptik eine wichtige Rolle. Romantik, gepaart mit Modernität ist angesagt, geschmackvolles Design und Natürlichkeit. Viele Stoffe sind nicht mehr glatt, sondern haben eine reliefartige Struktur, die zum Sitzen einlädt und anschmiegsam wirkt. Das Trendthema Natur zeigt sich bei Bezügen in echtem Leder oder Tierfell, viel Wolle und Wollfilz - gern auch in Strick.

Beim Design setzen viele Hersteller auf edel wirkende Oberflächen: Hochglanz und Echtholz bei Schränken, glattes Leder oder samtige Bezüge bei Polstern. Schranktüren und Schubladen haben keine Griffe, Flachbildschirme sind in vielen Schrankwänden von vornherein integriert. Bei den Kunden ist die Hinwendung zu gutem Design und qualitativ hochwertigen Produkten in allen Segmenten auffällig. Es scheint, als würde das steigende Qualitätsbewusstsein mit einer Hinterfragung der Jahrzehnte lang betriebenen Wegwerfgesellschaft in Zusammenhang stehen.

Die Verbraucher sind offenbar auch wieder offener für witzige Neuheiten. Für Aufsehen sorgten in Köln etwa die Teppiche der deutschen Firma Miinu. Die von Hand in der Türkei gefertigten Unikate setzen sich aus mehr als fünfzig Jahre alten anatolischen Teppichstücken zusammen. Türkische Designer kombinieren bunt gestreifte Kelims aus dem Westen des Landes mit Angora-Webarbeiten aus Zentralanatolien. Das Ergebnis ist extrem farbenfroh und schrill.
aus BTH Heimtex 03/12 (Wirtschaft)