Interface: Interview mit Nachhaltigkeits-Direktor Roman Arratia

"Umweltschutz muss zum Wettbewerbsthema werden"


Interface setzt als weltweit agierender Teppichfliesen-Hersteller auf Produkte, die sich durch innovatives Design auszeichnen und gleichzeitig Funktionalität und Nachhaltigkeit vereinen. Ramon Arratia, Direktor für den Bereich Nachhaltigkeit, gibt im Gespräch mit BTH Heimtex-Redakteurin Petra Lepp-Arnold Auskunft über die "Mission Zero", umweltfreundliche Teppichfliesen und Verlegemethoden sowie Maßnahmen gegen "Green Washing".

BTH Heimtex: Herr Arratia, Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit bei Interface ist die "Mission Zero". Was verbirgt sich dahinter?

Ramon Arratia: Die Mission Zero wurde 1994 von Interface-Gründer Ray Anderson ins Leben gerufen. Bis 2020 wollen wir das erste vollkommen nachhaltige Industrieunternehmen werden. Als eine der ersten Firmen haben wir uns öffentlich dazu bekannt. Die Mission Zero beeinflusst unser gesamtes Handeln nach innen und außen - nicht nur in Bezug auf neue Produkte, sondern auch auf eine intensive Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und Partnern, die durch uns zu nachhaltigem Denken angeregt werden.

BTH Heimtex: Wie geht Interface mit dem Thema "Green Washing" um, also dem nur vorgeschobenen Umweltbewußtsein einiger Unternehmen für ein besseres Image in der Öffentlichkeit?

Arratia: Ich setze mich sehr dafür ein, dass Unternehmen ihre Umwelteinflüsse und die Bestandteile ihrer Produkte in Form von EPDs offen legen. Mittels dieser externen Umweltproduktdeklaration wird Nachhaltigkeit in Zahlen messbar. Die EPDs geben Auskunft über alle umweltrelevanten Informationen entlang des Lebenszyklus, von der Rohstoffgewinnung bis hin zum fertigen Endprodukt. Der Kunde erhält auf diesem Wege relevante Angaben zum Energieverbrauch, zum CO2-Ausstoß, zur Effizienz sowie zu Abfall und wiederverwertbaren Materialien.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Automobilindustrie, wo die Offenlegung des CO2-Ausstoßes pro Kilometer bereits durch eine europäische Gesetzgebung verpflichtend ist. So etwas fordere ich auch für die textile Bodenbelagsbranche. Umweltschutz muss zum Wettbewerbsthema unter Firmen werden. Und dabei spreche ich nicht von grüner Werbung, sondern von transparenten Zahlen, Daten und Fakten.

BTH Heimtex: Hier auf der Consense hat ein Produkt aus Ihrer Teppichfliesenkollektion Biosfera eine EPD nach neuer Europa-Norm erhalten. Was macht diese Fliese nachhaltig?

Arratia: Biosfera ist die weltweit erste Teppichfliese aus 100% recyceltem Nylongarn. Dafür verwenden wir pre- und post-consumer Materialien wie alte Fischernetze oder das Garn von gebrauchten Teppichfliesen. Auch die Rückenkonstruktion enthält recycelte Materialien. Bei der Herstellung haben wir es geschafft, den Garneinsatz mittels der von uns entwickelten Microtuft-Technologie beträchtlich zu reduzieren. Die Designvariante Micro beinhaltet weniger als die Hälfte des Garns herkömmlicher Teppichfliesen.

Einen weiteren Schritt gehen wir mit unserem Cool Carpet-Programm zur Kompensation aller CO2-Emissionen, die wir über den Lebenszyklus unserer Produkte messen. Biosfera ist ein Teil dieses Programms.

BTH Heimtex: Sie beschäftigen sich auch mit der Verlegung.

Arratia: Unsere patentierte Verlegemethode Tac Tiles funktioniert mit transparenten Klebeecken, die unter die Kanten der Teppichfliesen geschoben werden. Wir stellen die Tac Tiles aus PET her, einem Kunststoff, der für seine Langlebigkeit bekannt und zu 100% recycelbar ist. Da bei der Verlegung auf flüssige Klebstoffe verzichtet werden kann, reduziert sich die VOC-Belastung und es gibt auch keine Rückstände am Produkt oder am Unterboden. So wird das spätere Recycling deutlich vereinfacht. Das System ist ein wichtiger Baustein für Green Building-Zertifizierungen.
aus BTH Heimtex 07/12 (Wirtschaft)