VDB Jahrestagung

Heiße Themen in Essen

Essen - Auf der diesjährigen VDB-Tagung in Essen stellte der Verband den Konsumenten und Kunden ganz in den Fokus des Vortragsprogramms. Die in erfreulich großer Zahl erschienenen Mitglieder dürften daraus zahlreiche Anregungen für ihre tägliche Arbeit gewonnen haben. Auf der vorhergehenden Mitgliederversammlung wurde Martin Wartig in seinem Amt als Präsident bestätigt sowie Teile des Präsidiums neu gewählt. Der Abend des ersten Tages war geprägt durch den Champions-League-Halbfinalsieg der Bayern gegen Real Madrid. In dem Spiel klappte es noch mit den Elfmetern.

Mit über 100 Anmeldungen konnte VDB-Präsident Martin Wartig eine erfreulich hohe Teilnehmerzahl in Essen begrüßen. Das interessante Programm und die günstige Lage in der Mitte Deutschlands dürften zu der guten Beteiligung beigetragen haben. Die Stimmung unter den Teilnehmern war entspannt. Warum auch nicht, konnte Wartig doch berichten, dass der Bettenfachhandel sich seit rund drei Jahren im stetigen Aufwind befindet. Als Ursache für diese erfreuliche Entwicklung nannte er die gute Konjunkturlage, wegen der Sparen bei den deutschen Konsumenten derzeit nicht auf der Agenda steht. Der Verbandspräsident räumte auch ein, dass Preissteigerungen aufgrund der erhöhten Rohstoffpreise bei Baumwolle mit zum höheren Umsatz beigetragen hätten. Allerdings hätten die Verbraucher diese Preiserhöhungen akzeptiert, im Vergleich zu anderen Branchen, die bei diesem Thema größere Probleme gehabt hätten.

Auch was die nähere Zukunft betrifft, zeigte sich Wartig in Essen zuversichtlich. Die Rahmenbedingungen seien halbwegs stabil, so dass der Bettenfachhandel Grund zur Zuversicht für die weitere Entwicklung haben dürfe. Ein Problem sei allerdings der Handel übers Internet, wenn er sich nicht an die Spielregeln halte, warnte Wartig, oder wenn die Industrie selbst im Internet als Händler auftritt. Er könne daher nur an die Partner der Zuliefererfirmen appellieren, bei ihren Leisten zu bleiben und ihre Ware ausschließlich über den Fachhandel abzusetzen. Eine weitere Gefahr drohe durch die so genannten Shopping-Clubs, wie Brands4Friends oder Vente Privee. So lange dort modische Artikel aus der Vorsaison verwertet würden, ginge es noch, so Wartig. Kritischer werde es allerdings bei zeitlosen Artikeln. Es könne eigentlich nicht im Interesse der Industrie liegen, auf diese Weise die Vertriebswege der Handelspartner zu schädigen.

Bevor Wartig die Gäste zum allgemeinen Teil begrüßen konnte, musste er turnusgemäß in der Mitgliederversammlung in seinem Amt bestätigt werden. Dies erwies sich als reine Formalie. Veränderungen gab es allerdings im Präsidium. Ines Reusch, geborene Hönscheidt, kandidierte auf eigenen Wunsch nicht mehr für das Ehrenamt. Statt ihrer wählte die Versammlung Klaus Block von Betten Block in Offenbach ins Präsidium. Ebenfalls in ihrem Amt bestätigt wurden Dr. Thomas Nagel und Christoph Schlösser als Vizepräsidenten des VDB.

Aktuelle Situation im Bettenhandel

Der traditionelle Bericht über die aktuelle Lage des Bettenfachhandels durch VDB-Geschäftsführer Axel Augustin eröffnete dann die Reihe der Vorträge. Die Zahlen bestätigten, dass die Bettengeschäfte schon schwerere Zeiten durchmachen mussten. 92 Prozent der befragten Häuser zeigten sich mit dem Umsatz im letzten Jahr zufrieden, darunter waren sogar 42 Prozent sehr zufrieden. Unzufrieden waren nur acht Prozent. Bei der letzten Befragung für 2010 waren nur 25 Prozent sehr zufrieden und ebenfalls 25 Prozent unzufrieden. Erfreulich auch die Entwicklung der Ertragssituation. Mit 48 Prozent (Vorjahr 39 Prozent) konnte fast jeder zweite Fachhändler seine Erträge verbessern, stabil blieben sie bei 40 (36) Prozent. Schlechtere Erträge musste nur jeder neunte Händler melden (11 Prozent), im Gegensatz zum Vorjahr, als mit 25 Prozent jeder Vierte ein Minus bei den Erträgen hinnehmen musste. Ein weiteres wichtiges Kriterium für den Zustand des Bettenhandels ist die Frequenz, also die Zahl der Kassen-Bons. Zwar war die Zahl der Händler, die eine gestiegene Frequenz registrierten, mit 31 (36) Prozent etwas rückläufig. Dafür konnten aber deutlich mehr berichten, dass die Frequenz stabil gehalten werden konnte: 42 (28) Prozent. 28 (36) Prozent zählten in ihren Geschäften weniger Kunden.

Um den Umsatz bei tendenziell weniger Kunden halten zu können, muss der Umsatz pro Kunden gesteigert werden. Das scheint im letzten Jahr durchaus gelungen zu sein, zumindest bei 76 (50) Prozent konnte der Durchschnittsbon gesteigert werden. Stabil blieb er bei 22 (36) Prozent. Das bedeutet, dass ganze zwei (14) Prozent einen rückläufigen Durchschnittsbon zu beklagen hatten. Wen wundert es, dass die Erwartungen für das laufende Jahre angesichts der positiven Werte des Vorjahres durchaus optimistisch sind? 60 (61) Prozent rechnen mit einem Plus im Umsatz, allerdings nur fünf (elf) Prozent ein starkes Plus. Sieben (acht) Prozent stellen sich auf weniger Umsatz ein.

Erstmals fragte der Verband seine Mitglieder nach den Themen, bei denen sie Wachstumspotenzial sehen. Ganz weit vorne mit 88 Prozent ist die Aufgabe als medizinisch orientierter Problemlöser. Angesichts des zunehmenden Durchschnittsalters der Bevölkerung ziemlich plausibel. Gut jeder Zweite (54 Prozent) sieht auch Potenzial als Design orientierter Anbieter. Deutlich weniger Chancen sehen die Befragten bei dem Themen Nahversorger, breites Sortiment (19 Prozent) und Multichannel-Anbieter (16 Prozent). Natürlich wurde auch abgefragt, welche Wünsche die Händler gegenüber ihren Lieferanten haben. Hier die Ergebnisse der wichtigsten Punkte: keine Direktverkäufer 83 (72) Prozent; selektiver Vertrieb 61 (58) Prozent; mehr Unterstützung bei Werbung und Präsentation 59 (53) Prozent; eine höhere Kalkulation 54 (58) Prozent; schnellere Nachlieferung 41 (42) Prozent; Infos über Renner und Penner im Markt 34 (36) Prozent.

Interessant auch die Meinung zu den aktuell größten Problemfeldern des Bettenfachhandels. Etwas geringer wird der Wettbewerb im Internet einschätzt mit 59 (70) Prozent. Deutlich zugenommen hat dagegen die Furcht vor einer allgemeinen Kaufzurückhaltung mit 51 (18) Prozent. Etwas weniger scheint auch der steigende Kostendruck zu beunruhigen, er sank auf 43 (58) Prozent. Der Wegfall guter Lieferanten könnte sich verschärfen, schätzt der Bettenhandel: 27 (21) Prozent. Ebenso die zunehmende Qualitätskonkurrenz: 24 (15) Prozent. Von weniger als einem Fünftel der Befragten werden als weitere Problemfelder genannt Standortverschlechterungen, steigende Verkaufspreise, Finanzierung beziehungsweise Liquidität und zunehmende Billigkonkurrenz. Der letzte Punkt kommt auf magere fünf Prozent.

Facebook-Präsenz - ja oder nein?

Ins eigentliche Thema der Tagung, nämlich die Frage, wie man an Händler am besten auf den Kunden eingeht, leitete Prof. Dr. Klemens Skibicki von der Cologne Business School. Er befasste sich mit dem so genannten Social Commerce, womit Internet-Portale wie Facebook oder Twitter gemeint sind, die man als Anbieter künftig für seien Marketing-Aktivitäten nutzen sollte. Wir befinden uns Skibicki zufolge mitten in einer Revolution der Kommunikationsmöglichkeiten, bei der Facebook eine ganz wesentliche Rolle spiele. Ob man dieses Portag persönlich schätze oder nicht, man sollte sich besser damit auseinandersetzen. Das Handy war zu seinen Anfangszeiten auch von einer großen Zahl der Verbraucher verpönt, ist heute aber eine Selbstverständlichkeit. So werde es auch mit Facebook und anderen Kommunikations-Plattformen geschehen, meinte der junge Professor: "Was heute neu ist, ist morgen selbstverständlich.' Dafür spricht die rasante Entwicklung des Börsenneulings Facebook.

Das Fernsehen hat 13 Jahre gebraucht, bis es von 50 Millionen Menschen genutzt wurde. Twitter erreichte innerhalb von vier Jahren 200 Millionen Nutzer, und Facebook wird nach seinem Start vor gut sieben Jahren inzwischen von mehr als 900 Millionen Menschen genutzt. Zwar sind zwei Drittel der Nutzer in Facebook, um sich dort selbst darzustellen, aber auch immerhin 49 Prozent wegen der Informationssuche. Und dieser Punkt ist für Skibicki der Knackpunkt. Die Leute im Social Web werden als vertrauenswürdiger angesehen als herkömmliche Werbung. Anders ausgedrückt: Kunden haben im Social Web zugriff auf Menschen, denen sie mehr vertrauen als dem Händler. Sein Rat daher an die Tagungsteilnehmer: "Fischen Sie dort, wo die Fische sind.' Das sollte aber auf subtilere Art und Weise geschehen, als klassische Werbung. Skibicki vergleicht die Kommunikation mit einer Gartenparty, wo man die Zielgruppen nicht mit seinen Botschaften penetriert, sondern freundlich zuhört, Anteil nimmt und Sympathie gewinnt. Skibicki hat sicherlich Recht, wenn er sagt, dass man mit altem Denken in neuen Welten nicht erfolgreich sein könne.

Facebook in der Handelspraxis

Sven Schaller, seit Januar Inhaber des Bettenhauses Gailing, nahm den Ball von Skibicki auf und berichtete aus der Praxis des Geschäftes über ein Jahr Kommunikation und Werbung über Facebook. Facebook ist für Gailing interessant, weil das Durchschnittsalter der Facebook-Nutzer gestiegen ist auf inzwischen 38 Jahre. Seine Schlussfolgerung: "Unsere Zielgruppe ist online, auch bei Facebook.' Zwei Ziele möchte Schaller mit der Präsenz in Facebook erreichen: erstens mit den vorhandenen Kunden, der Fanbase, zur besseren Kundenbindung kommunizieren und zweitens die Firma und Produkte bekannt machen, um Frequenz auf der Homepage zu generieren. Die Fans werden bei Gailing bei Laune gehalten durch Gewinnspiele und Wettbewerbe, verbunden mit Anzeigen, die auf die eigene Facebook-Seite verlinken. Zusätzlich Kunden gewinnen möchte Gailing durch regional begrenzte Anzeigen, die bei den richtigen Stichworten bei dem Facebook-Nutzer aufpoppen. Schaller empfiehlt, für das Setzen von Anzeigen ein bestimmtes Budget festzulegen, denn bezahlt wird nach Klicks. Je häufiger die Anzeige angeklickt wird, umso teurer wird sie. Wenn man das nicht deckelt, so Schaller aus eigener Erfahrung, kann es teuer werden. Von der Wirkung solcher Anzeigen ist der junge Mann überzeugt und belegt das mit der Wirkung einer Facebook-Anzeige zur Bettenreinigung in diesem Jahr. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren bekam das Geschäft etwa 30 Aufträge oder 15 Prozent mehr, unabhängig vom Verkauf neuer Füllungen, der noch einmal dazu käme.

Nicht zu unterschätzen ist allerdings der Zeitaufwand, den man bei Facebook betreiben muss. Bei einer E-Mail erwartet der Absender schon eine möglichst umgehende Antwort. Umso mehr trifft das bei Facebook zu. Wenn man Marketing via Facebook professionell betreiben möchte, benötigt man laut Schaller schon jemanden, der sich permanent darum kümmert, wenn auch nicht ausschließlich. Zusammenfassend kam der Geschäftsführer zu dem Schluss, dass soziale Netzwerke an Bedeutung gewinnen, die Präsenz dort als Unternehmen aber noch relativ günstig ist. Außerdem, so seine Erfahrung, funktioniert es immer, über dieses Medium Neugier zu wecken und ein Image aufzubauen. Manchmal kann man den Umsatz sogar messbar steigern. Und Preismarketing funktioniert immer in Facebook. Schaller rät seinen Kollegen daher, es auch einmal mit einer eigenen Präsenz dort zu versuchen: "Am Beckenrand lernt man nicht zu schwimmen.' Denn wenn man sein Geschäft noch über Jahre betreiben möchte, kommt man um Facebook nicht herum.

Den zweiten Tag der Veranstaltung eröffnete Burkhard Nolten mit einer kurzen, Sympathie weckenden Vorstellung seiner Wahlheimat Essen. Seit der Eröffnung des neuen Einkaufszentrums Limbecker Platz mit rund 70.000 qm Verkaufsfläche und etwa 200 Geschäften habe die etwas schwächelnde Einkaufsstadt Essen wieder an Attraktivität und Zustrom gewonnen. Anschließend ging Ariane Hoffmann vom Heidelberger Sinus-Institut auf die verschiedenen Sinus-Milieus ein. Bei diesen Milieus fasst das Institut Menschen zu einer Gruppe zusammen, die sich in Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Dabei unterscheidet man nach sozialer Lage und der Grundorientierung. Das Institut propagiert zehn unterschiedliche Milieus, die Hoffmann in Essen vorstellte und mit typischen Wohnwelten illustrierte.

Neues Konzept für verstaubte Branche

Sehr kurzweilig war die Vorstellung des neuen Handelskonzeptes ZicnZac durch den Gründer Dr. Joachim Bürger. Bei dem Konzept handelt es sich um ein Fachgeschäft für Nähbedarf in einem ganz neuen Zuschnitt, das eines Tages auch als Franchise filialisiert werden soll. Bürger kam per Zufall auf diesen Handelsbereich und bemerkte, dass dort Potenzial vorhanden ist. Zwischen drei und fünf Prozent aller Frauen in Deutschland nähen, mit angeblich steigender Tendenz. Gleichzeitig gibt es 3.300 Händler, die zusammen einen Jahresumsatz von rund 1,3 Mrd. Euro erzielen. Es gibt in diesem Markt allerdings noch kein Filialkonzept. Außerdem präsentiert sich die Szene der Nähgeschäfte wie vor 30 Jahren, wobei es eine strikte Trennung zwischen Stoff- und Nähmaschinen-Anbietern gibt. Obendrein ist eine Ausrichtung auf jüngere Verbraucherschichten bei den vorhandenen Fachgeschäften nicht zu erkennen.

Bürger entschloss sich daher, den Markt mit einem eigenen, anderen Konzept aufzurollen. Dass so etwas durchaus möglich ist, zeigte ihm die Entwicklung von Starbucks oder MacDonalds, die ein etabliertes Produkt (Kaffee, Frikadelle) neu interpretierten und damit sehr erfolgreich wurden. Wobei er sich mit seinem kleinen Start-Up mit diesen Konzernen nicht vergleichen möchte. Bürger, früher Unternehmensberater, beschloss mit einem eigenen Konzept in den Markt zu gehen. Die Rahmenbedingungen: Städte mit mindestens 500.000 Einwohnern, Vollsortimenter für Nähbedarf, Multiplikationsfähig. Stärker eingehen wollte Bürger auf saisonale Tendenzen bei Stoffen, eine klare Zielgruppen-Orientierung und Service beziehungsweise Emotionalisierung.

Heraus kam ein Mega-Store für Nähbedarf mit dem treffenden Slogan: Nadel verpflichtet. Bürger dazu: "Wir adeln das Thema Nähen.' Eingeteilt wurde der zu errichtende Mega-Store in zwölf unterschiedliche Bereiche mit zum Teil sehr interessanten Ideen. Das Geschäft beinhaltet eine Näh-Akademie, in der Frauen (und Männer) gegen Gebühr das Nähen lernen können. Maschinen dafür stehen vor Ort zur Verfügung, mit dem Hintergedanken, dass die Teilnehmer bei Gefallen so ein schickes Teil kaufen. Dann gibt es das Näh-Café Nahtlos. Im Näh-Tec-Store kann man Nähmaschinen kaufen, wobei sich Bürger auf die drei wichtigsten Lieferanten beschränkt. In einem Stoff-Parcours findet der Kunde die passenden Stoffe. Dazu gesellen sich eine LesBar mit Zeitschriften, die Kinderecke Fingerhut, Utensilo, ein Platz zur Unterbringung der Einkaufstasche und Fadenlauf, wo man sämtliches Zubehör findet. Es ist der Anspruch des Konzeptes, dass die Kundin in dem Geschäft sämtliche relevanten Kurzwaren findet, sämtliche relevanten Garne und Fäden sowie sämtliche relevanten Knöpfe. Um das alles unter einem Dach unterzubringen, benötigt das Geschäft eine Verkaufsfläche von 350 bis 400 qm, am besten in einer 2A-Lage. Das Konzept ausführlich vorzustellen, würde den Rahmen sprengen. Während die Nähenthusiasten von dem neuen Konzept begeistert sind, ist der Handel laut Bürger unisono skeptisch über einen langfristigen Erfolg. Was ihn aber nicht verunsichert. Zu besichtigen ist das erste Geschäft in Essen, III. Hagen 37.

Der Preis ist heiß

Zum guten Schluss referierte Prof. Dr. Andreas Kaapke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in unnachahmlicher Form darüber, wie Konsumenten auf Preise reagieren - "Geiz ist geil oder Reiz ist geil?", wobei er besonders auf den psychologischen Aspekt des Kaufs und des Preises abhob. Kunden sind Kaapke zufolge im Konsumverhalten in drei Hauptgruppen und mehrere Untergruppen einzuteilen: Sparer, Optimierer und Tiefpreismeider. Sparer werden unterteilt in Muss- und Kann-Sparer. Optimierer sind eher Preis-orientiert oder eher Qualitäts-orientiert. Die Tiefpreismeider, die Snobs unter den Konsumenten, sind Risiko bewusster oder Hochpreis Sucher. Egal welche Konsumentenschicht man ansprechen möchte, ist es laut Kaapke durch intelligente Preisstellung möglich, den Absatz der Produkte und den Umsatz damit zu optimieren. Vielen Konsumenten ist beispielsweise der tatsächliche Preis einer Ware nicht bekannt. So fragte er in Essen, was wohl eine Packung Toffifee kosten würde. Die Antworten schwankten zwischen 99 Cent und 2,99 Euro. Seine Schlussfolgerung: Viele Artikel werden zu einem zu niedrigen Preis verkauft, wenn man allein vom Ziel der Preismaximierung ausgeht.

Was für einzelne Produkte gilt, trifft auch für Unternehmen zu. Eine Untersuchung hat beispielsweise ergeben, dass die Baumärkte Praktiker und Bauhaus für billiger bei ihren Produkten angesehen werden, als es tatsächlich der Fall ist. Umgekehrt bei Obi und Hornbach. Deren Image ist teurer als die Realität. Allerdings, warnt Kaapke, ist die alleinige Fixierung auf ein billiges Image gefährlich, wie Praktiker anschaulich zeigt, das in erhebliche finanzielle Turbulenzen geraten ist. Die Rezeption eines Preises hängt von zahlreichen Faktoren ab. Beispielsweise davon, wie ein Produkt innerhalb eines Sortiments preislich positioniert ist. Vergleicht man es mit einem billigeren oder mit einem teureren? Oder man schreibt auf einen Prospekt neben den Preis groß das Wort "Aktion'. Das heißt zwar alles und nichts, aber der Verbraucher verbindet damit automatisch ein Preisschnäppchen. Selbst die unterschiedliche Farbgestaltung eines Preises in einem Prospekt hat Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Einschätzung des Preises, mit der entsprechenden Reaktion beim Abverkauf.

Manchmal hilft auch alleine die Menge eines Angebotes, dass der Verbraucher besonders gerne zugreift. So hat man herausgefunden, dass es wesentlich attraktiver und verkaufsträchtiger ist, den Kunden aufzufordern, gleich 18 Süßigkeitsriegel zu kaufen und im Kühlschrank einzulagern, statt nur einen. Wichtig ist auch bei der Auszeichnung eines reduzierten Preises, dass der neue Preis größer geschrieben wird als der ursprüngliche Preis. Umgekehrt funktioniert es nicht so gut. Außerdem sollte man bei der Gegenüberstellung von Preis alt gegen Preis neu auf ausreichend Raum dazwischen achten, denn je größer der Abstand, umso größer ist subjektiv der Rabatt. Verblüffend ist auch der Einsatz einer Rabatt-Karte. Eigentlich sollte es egal sein, ob man mit ihr nach acht Auto-Wäschen eine Wäsche gratis bekommt oder nach zehn, wobei zwei Wäschen vorab bereits abgestrichen wurden. In beiden Fällen erhält man die Gratis-Wäsche ja nach acht bezahlten Wäschen. Trotzdem sind die Verbraucher auf die zwei "geschenkten' Autowäschen abgefahren und steigern den Umsatz um 79 Prozent.

Man muss aber nicht allein über den Preis versuchen, attraktiv und preiswert zu erscheinen. Wem es gelingt, auf andere Art und Weise Sympathien für sich zu gewinnen, kann auch so seinen Umsatz steigern. Besonders effektiv sind kleine Überraschungen. So druckte beispielsweise eine US-amerikanische Bekleidungsfirma in ihre Waschanleitung die zusätzliche Entschuldigung, dass es ihr Leid tue, dass der Präsident ein Idiot sei, man ihn aber nicht gewählt habe. Als ein Foto dieser Waschanleitung im Internet erschien, verdoppelte sich der Umsatz des besagten Artikels schlagartig. Ein Malerunternehmen versteckt nach einem Auftrag irgendwo in der Wohnung einen Teddybär, versehen mit der Aufschrift, dass er sich im Namen des Unternehmens für den Auftrag bedanke. Da es ihm jetzt so gut in der Wohnung gefalle, wolle er jetzt gerne dort bleiben und bitte um Weiterempfehlung des Malergeschäftes. Was sicherlich in den meisten Fällen geschehen sein dürfte.

Am Abend des ersten Versammlungs-Tages lud der Verband die Mitglieder und Industriepartner in das Jagdhaus Schellenberg in Essen ein, ein beliebtes Ausflugsziel im Ruhrgebiet. Bei gutem Wetter muss dieser Ort einen wundervollen Blick auf den Baldeney-See bieten. Diesmal sorgte allerdings regnerisches Wetter dafür, dass man sich lieber in den Räumlichkeiten aufhielt. Spätestens zum Anpfiff des Champions-League Spieles der Münchner Bayern gegen Real Madrid fanden sich sowieso die meisten vor dem eigens dafür organisierten Fernseher ein. Während nach dem schnellen 2:0 durch Madrid die Stimmung kurzzeitig absackte, schnellte sie nach dem 2:1 durch Robbens Foulelfmeter wieder in die Höhe. Nach dem erfolgreichen Shootout im Elfmeterschießen war der Jubel groß. Wie man jetzt, nach dem Finale weiß, ist es allerdings auch für die Bayern deutlich besser, ein Spiel spätestens in der Verlängerung zu gewinnen.


Die nächste VDB-Tagung findet am 24. und 25. April 2013 in Berlin statt.
aus Haustex 06/12 (Wirtschaft)