Jahrestagung Fachverband Matratzen-Industrie

Interessante Themen im Fokus

Bad Essen - Zur turnusgemäßen Mitgliederversammlung und Verbandstagung trafen sich die Mitglieder des Fachverbandes Matratzen-Industrie in diesem Jahr in Bad Essen. Gastgeber war das assoziierte Mitglied Agro International.

Ausführlich beschäftigten sich die Mitglieder auch mit dem Thema Compliance. Dies wahrscheinlich auch vor dem Hintergrund der immer noch laufenden Ermittlungen des Bundeskartellamtes. Compliance steht laut einer Definition in Wikipedia für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, regulatorischen Standards und die Erfüllung weiterer, wesentlicher und in der Regel selbst gesetzter ethischer Standards und Anforderungen. Geschäftsführer Dr. Ulrich Leifeld forderte nach eigenen Angaben ausdrücklich zur Beachtung des Kartellrechts auf, benannte Rechtsgrundlagen und Regelungen sowie Möglichkeiten, den eigenen Informationspflichten nachzukommen. Er betonte, dass ein bestimmtes, festgelegtes Prozedere einzuhalten sei: "Für den Fall, dass bei einer Mitgliederversammlung oder einem Verbandstreffen wettbewerbsrelevante Informationen besprochen oder unzulässige Absprachen getroffen werden, besteht für jeden Anwesenden die Gefahr der Beteiligung an einem Verstoß gegen das Kartellverbot", warnte Leifeld. Unter Einbeziehung einer Kanzlei von Fachanwälten wurde eine eigene Compliance-Richtlinie entwickelt, die von allen stimmberechtigten Mitgliedern ohne Enthaltungen und Gegenstimmen angenommen wurde. Sie bildet künftig die Basis aller Aktivitäten des Verbands und wird auch in der Vereinssatzung verankert. Weiterhin wurde berichtet über die aus einer GWB-Novelle resultierenden rechtlichen Änderungen und daraus resultierende Konsequenzen für die Verbandsarbeit.

Der Leiter des Technik-Ausschusses, Winfried Weber, erstattete Bericht über den Verlauf des PUR-Projekts zu Dauergebrauchseigenschaften von Schaummatratzen mit unterschiedlichen Schnitten. Der an dem Projekt beteiligte Verband der Polyurethan-Weichschaum-Industrie e.V. (VWI) wurde allerdings inzwischen aufgelöst. Da zur Beendigung des Projekts nur noch die Prüfung zweier Matratzen seitens des IHD in Dresden aussteht, hat der VWI jedoch zugesagt, seine zurückgestellten finanziellen Mittel zur Prüfungsdurchführung zu verwenden. Des Weiteren informierte Weber über den Stand der Dinge bei der Entwicklung einer neuen DIN-Norm für Matratzen. Er erhielt seitens der Mitglieder die Zusage, letzte noch ausstehende Untersuchungen beim Ergonomie-Institut München und beim Hohenstein Institut durch die Bereitstellung von Matratzen zu unterstützen. Nach der vollen Tagesordnung am Nachmittag lud die AGRO International GmbH am Abend zum geselligen Teil der Veranstaltung. Zur Auflockerung trat man an zum Bad Essener Bauerngolf, einem nicht ganz ernst gemeinten Wettkampf, zu dem man Schnittchen und Fassbier reichte. Disziplinen waren unter anderem Minigolf mit Holzschuhschlägern und Hufeisen-Zielwerfen.

Am zweiten Tag der Veranstaltung folgte die Verbandstagung mit Gästen. In diesem Jahr mit dabei waren Dirk-Uwe Klaas und Achim Hannott vom HDH/VDM, Andreas Brandenburger und Takayuki Kato vom weltweit größten Reißverschlusshersteller YKK, Maik Steppat von Advansa sowie die Fachpresse. Klaas und Hannott stellten die Arbeit des HDH und VDM vor, um für eine Mitgliedschaft in ihrem Verband und die Nutzung von Synergien zu werben. Der Verband wird dieses Angebot prüfen und seine Mitglieder entscheiden lassen.

Schwerpunkte der PR- und Öffentlichkeitsarbeit des Verbands für die Jahre 2012 bis 2014 sind der Relaunch der Verbands-Website mit deutlich erweitertem Verbraucher- und Presseportal, eine intensivere Betreuung von Journalisten sowie die erneute Teilnahme an der Verbrauchermesse Heim+Handwerk in München mit Infofläche und Vorträgen. Der Vorschlag von Gerald Malter, Geschäftsführer von Dunlopillo, die Kernbotschaften des Verbands nochmals auszuformulieren und zu überarbeiten, wurde seitens der Mitglieder befürwortet und der Marketing-Ausschuss mit der Umsetzung beauftragt.

Beim Thema Messepolitik und imm cologne 2013 wurde intensiv über die aktuelle Situation diskutiert: Die Koelnmesse sieht sich in der erfreulichen Situation, dass das Sleep-Konzept für die Halle 9, das in den vergangenen Jahren zusammen mit dem Matratzenverband stetig fortentwickelt wurde, voll aufgegangen ist. Schon ein halbes Jahr vor der nächsten Messe 2013 ist die Halle laut dem Verband vollständig ausgebucht. Zudem liegen Anmeldungen und Vergrößerungsanfragen vor, so dass die Halle unter Berücksichtigung aller Anfragen zu 30 Prozent überbucht wäre. Es zeigt sich also, dass die Sleep-Halle zu einem echten Zugpferd innerhalb der Branche geworden ist. Dass somit nicht alle Anmeldungen und Vergrößerungswünsche berücksichtigt werden können, ist die Kehrseite der Medaille. Überlegungen, die Sleep-Lounge des Verbands in der Hallenmitte zu verkleinern und die schon traditionelle Branchenparty meet@sleep am Messedienstag in einen Hallen-Anbau auszulagern, wurden jedoch verworfen, da gerade die Lounge und der damit verbundene Auftritt des Verbands in der Halle 9 für deren Wertigkeit stünden, so die Begründung. In Kürze werden Verband und Koelnmesse in die Planung der Sleep-Lounge einsteigen, auf der dann am Messedienstag, dem 15. Januar 2013, auch die meet@sleep wieder wie gehabt stattfinden soll.

Nach einer einstündigen Werksführung durch die Produktion von AGRO standen im letzten Teil der Verbandstagung die so genannten technischen Themen auf der Tagesordnung: Die Teilnehmer erhielten Informationen über Konsequenzen durch das Inkrafttreten der Europäischen Textilkennzeichnungsverordnung, bei denen es um veränderte Informationspflichten seitens der Hersteller geht. Im Zusammenhang mit einem Bericht über die Ergebnisse der ersten Sitzung des Ausschusses der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der Kriterien des Eco-Labels für Matratzen in Sevilla bekräftigte der Verband seine Position gegen die Verwendung von Flammschutzmitteln in Matratzen. Diese Haltung deckt sich mit denen von Verbraucherorganisationen, die wegen der Körpernähe von Matratzen einen vollständigen Verzicht auf Flammschutzmittel wünschen und in der Sitzung der Kommission die Vorlage von Studien ankündigten, die nicht nur die Gefahren von Flammschutzmitteln belegen, sondern auch Alternativen - wie von Natur aus schwer entflammbare Materialien - aufzeigen.

Beim Thema Nano-Silber informierte die Geschäftsführung über aktuelle Ergebnisse von Konferenzen und laufende Studien zum Thema Nanosilber, vor allem über die "Conference on Nanosilver" des Bundesinstituts für Risikobewertung, BfR. Nach ausgiebiger Sichtung bisheriger internationaler Forschungsergebnisse sowie noch nicht geklärter Fragen befürchtet das BfR, dass durch den Einsatz von Nano-Silber die Gefahr der Resistenz von Mikroorganismen gegen Silber entstehen und mit einer Resistenz gegen Antibiotika einhergehen könnte. Das BfR kommt zu der Auffassung, dass nanoskaliges Silber als antimikrobiell wirksame Substanz außerhalb klinischer Anwendungen nicht in breitem Umfang in Verbraucherprodukten eingesetzt werden sollte. Dr. Andreas Muscat von Sanitized erläuterte die Wichtigkeit einer klaren Trennung der Verwendung von Silber generell sowie nanoskaligem Silber.

Ein Thema, mit dem sich der Verband proaktiv auseinandersetzt, ist das Matratzen-Recycling. Mit Verweis auf Frankreich, Spanien und den Niederlanden wird deutlich, welche Lösungen andere EU-Länder für die umweltfreundliche Entsorgung von alten Matratzen gefunden haben: Während in den Niederlanden ein Modell der Privatisierung praktiziert wird und dort bereits private Firmen zum Recycling von Matratzen entstanden sind beziehungsweise entstehen, arbeiten Spanien und Frankreich an staatlichen Regelungen, bei denen die grundlegende Verantwortung auf Seiten der Hersteller liegen wird. Durch anstehende EU-Regelungen ist zu vermuten, dass dieses Thema auch auf deutscher Ebene bald akut werden könnte. Deshalb ist es dem Verband sehr wichtig, schon jetzt eine klare Position zu dem Thema zu entwickeln, um von kommenden Entwicklungen nicht überrascht zu werden und neben den ökologischen Gesichtspunkten auch für die ökonomischen und sozialen Anliegen der Branche einzutreten.

Außerdem wurde bekannt, dass die Mitgliedsfirmen Carpenter und MFO zum Jahresende aus dem Verband ausscheiden werden. Dem Vernehmen nach zieht sich das amerikanische Unternehmen Carpenter prinzipiell aus jeglicher Verbandsarbeit zurück. Bei der Zusammenarbeit von MFO und Matratzenverband hat sich wohl gezeigt, dass die Grundinteressen zu unterschiedlich sind. Der Verband bedauert diese Austritte sehr, denn "unsere Mitglieder sind die Voraussetzung dafür, dass wir etwas bewegen können - und das nicht nur zahlenmäßig, sondern vor allem auch durch ihr Engagement," so Leifeld. Der Verband möchte in Zukunft die Akquisition neuer Mitglieder verstärken.


Gastgeber Agro International


Agro International ist ein Tochterunternehmen der Agro Holding in Bad Essen und weltweit tätiger Entwickler, Produzent und Lieferant von Federkernen. Der Konzernumsatz lag 2010 bei rund 80 Mill. Euro. Etwa 87 Prozent des Konzern-Umsatzes werden mit ausländischen Kunden erzielt. Das Unternehmen wurde 1948 durch Anelise Grothaus gegründet. Das Familienunternehmen wird durch den heutigen Inhaber Wolfgang Grothaus geführt. Die Agro-Gruppe beschäftigt durchschnittlich rund 550 Mitarbeiter, Agro International rund 400 Arbeitnehmer. Das Unternehmen ist zertifiziert nach ISO 9001 (Qualitätsmanagementsystem) und seit diesem Jahr auch nach ISO 50001 (Energiemanagementsystem). Pro Tag verarbeitet das Unternehmen rund 200 t Draht zu Federkernen. Man arbeitet im Dreischichtbetrieb zwischen fünf und sechs Tagen in der Woche. Die Produktpalette umfasst die sehr robusten Bonnell-Federkerne, Leichtfederkerne und Taschenfederkerne.
aus Haustex 08/12 (Wirtschaft)