Domotex Russia feiert Premiere in Moskau

Ein schwieriger Markt mit guter Perspektive

Die Deutsche Messe hat das Potential des boomenden russischen Marktes erkannt und mit der Domotex Russia die Marktlücke bei reinen B2B-Messen für die Bodenbelagsbranche besetzt. Westeuropäische Unternehmen wie die Dura, Bauwerk, B.I.G oder Balta nutzten die Möglichkeit, ihre Produkte dem russischen Fachpublikum zu präsentieren und so fiel die Premiere zwar noch klein, aber schon fein aus. von Jochen Lange

Premiere in Moskau: Zum ersten Mal fand dort die Domotex Russia statt. Der Ableger der Domotex Hannover präsentierte sich im Verbund mit Heimtextil (Heimtextilien) und R+T (Sonnenschutz, Tore). "Auf der Domotex Russia konnten die Fachbesucher die bisher breiteste Palette an Bodenbelägen in Augenschein nehmen, die jemals in Russland auf einer B2B-Messe gezeigt wurde", sagte Martin Folkerts, Direktor Hannover Fairs International.

Russland und die Staaten der russischen Föderation sind einer der weltweit größten Märkte für Bodenbeläge. Das Volumen wird auf insgesamt mehr als 440Mio.m geschätzt (Stand 2008, Quelle: Domotex). Noch dominieren elastische Bodenbeläge, aber der Trend geht zu Hochwertigerem wie Parkett und Teppichböden. Außerdem ist auch Laminat auf dem Vormarsch, prognostizieren die Verantwortlichen der Domotex Russia. 2012 werde das Gesamtvolumen von vor der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder erreicht, insgesamt prosperiere der russische Bausektor stark.

"Doch um Zugang zu diesem boomenden Markt zu bekommen und dann auch erfolgreich zu verkaufen, müssen Firmen aus dem Ausland einige Dinge beachten", erklärt Martin Folkerts. In erster Linie braucht man russische Partner, die die Gegebenheiten kennen, Agenturen oder so genannte Distributoren. Sie waren eine der Hauptzielgruppen der Domotex Russia.

So handhabt es auch Natalia Malikova. Angesichts gestiegener Durchschnittseinkommen und wachsenden Qualitätsbewusstseins sieht die Verkaufsleiterin von Bauwerk Parkett in Russland für ihr Unternehmen gute Entwicklungsmöglichkeiten. Obwohl es natürlich auch inländische Bodenbelagsproduzenten gebe und diese ihre Anteile in den kommenden Jahren ausbauen werden, sei der Markt insgesamt von Importen geprägt; trotz Zöllen und Abgaben bis zu 30% des Warenwertes.

Optimistisch ist Malikova auch für die Domotex Russia: "Es ist immer schwierig, eine Messe zum ersten Mal durchzuführen. Viele Aussteller sind skeptisch warten erst einmal ab. Die Premiere zeigt aber, dass die Deutsche Messe ein guter Veranstalter ist. Ich bin mir sicher, dass im kommenden Jahre mehr Aussteller und Besucher kommen werden."

Zur ersten Auflage kamen laut Schlussbericht immerhin 4.120 Fachbesucher aus Russland und den GUS-Staaten. 145 Firmen stellten auf dem Crocus Expo-Gelände aus.

Sehr eng ist auf dem russischen Markt die Zusammenarbeit mit dem Großhandel, erläuterte Dimitrie Knopfmacher, General Manager von B.I.G. in Russland. Das liege an der enormen Größe des Landes: Kein Hersteller oder Importeur könne das Gebiet von der Ostsee bis zum Pazifik mit der eigenen Logistik versorgen. Knopfmacher schätzt, dass zwei Drittel des gesamten Volumens über den Großhandel abgewickelt werden. Daneben spielen DIY- und Baumärkte als Absatzkanal eine wichtige Rolle.

Beaulieu ist selbst mit lediglich fünf Außendienstlern in Russland unterwegs. Dennoch sei mit dieser Besetzung eine glaubwürdige Marktpräsenz zu erreichen, sagt Knopfmacher. Denn rund 75% des Geschäftes werde in Moskau gemacht. Dort müsse man präsent sein. "Unsere Kunden kommen aus dem ganzen Land in die Hauptstadt." Von Bedeutung sind außerdem noch Sankt Petersburg im Westen und Wladiwostok im Osten.

Was bei dem Rundgang sowohl durch die Ausstellungshalle der Domotex Russia als auch die Hallen der Heimtextil Russia und R+T Russia ins Auge fiel, war der hohe Anteil von Frauen am Standpersonal - ganz im Gegensatz zu Bodenbelagsmessen in Deutschland. "Wir haben nur Frauen als Vertriebsleiterinnen, weil wir gute Erfahrungen mit weiblichen Führungskräften gemacht haben", erklärt Dimitrie Knopfmacher, der seit 15 Jahren in Russland tätig ist. Auch die Dura setzt auf eine Frau als Vertriebschefin. Sie leiste gute Arbeit, lobt Geschäftsführer Jochen Rieger.

Das Fuldaer Unternehmen ist bereits seit einigen Jahren in Russland aktiv. Für Rieger war es daher eine Selbstverständlichkeit, auf der Russland-Premiere der Domotex auszustellen. Zumal das Label "Made in Germany" im russischen Markt ein hohes Ansehen genieße. "Mit unserer Qualität und unserem Service können wir uns von den inländischen Herstellern absetzen", so Rieger.

Dem Vorurteil, Geschäfte seien in Russland mit einem großen Unsicherheitsfaktor behaftet, tritt Dimitrie Knopfmacher entgegen: "Seit einigen Jahren ist es hier transparenter und organisierter. Es gibt sehr klare Regeln. Wer sich daran hält, wird auch Erfolg haben."

Die Premiere der Domotex Russia hält er insgesamt für gelungen: "Sie ist nicht groß - aber gut. Ihr Fokus allein auf Bodenbeläge ist richtig. Ihr Einzugsbereich sollte in den kommenden Jahren jedoch noch vergrößert werden und dann auch jenseits des Urals reichen." Allerdings sei der Zeitpunkt - drei Monate vor der Domotex in Hannover - nicht optimal.

Einen Dekor- oder Farbtrend für Russland auszumachen, fällt nach dem Messerundgang schwer. Manches ist für den deutschen Betracher sehr schrill. Anderes erinnert an Bodenbeläge, wie man sie auch bei uns überall findet. "Holzdekore, speziell Eiche, sind sehr wichtig. Der Geschmack ist eher konservativ - Grau, Beige und Anthrazit werden bevorzugt. "PVC mit strukturierten, harten Oberflächen", fasst Knopfmacher seine Erfahrungen zusammen. Andere Hersteller klagten allerdings über die Vielfalt der Geschmäcker, die analog der Ausdehnung des Landes von europäisch bis asiatisch reichen. Wer überall präsent sein will, muss daher mehr Designs und Positionen produzieren und vorrätig halten, als ihm vielleicht lieb ist.


Deutsche Stimmen zur Heimtextil Russia


Auf der parallel zur Domotex Russia stattfindenden Heimtextil Russia stellten unter anderem Döfix, Sati und Stoeckel & Grimmler im deutschen Gemeinschaftpavillion unter dem Label "Made in Germany" aus. Die beiden Letzteren zeigten sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Messe. "Wir haben in Moskau Kontakte zu Großkunden knüpfen können", berichtet Stoeckel & Grimmler Vertriebsleiter Marc-Oliver Jayme zufrieden. Sein Team konzentrierte sich auch im Standkonzept rein auf Esprit. Gezeigt wurden Ready Mades und die Couponware.

Sati Geschäftsführer Hubert Reinermann berichtete, dass seine russischen Kollegen einige Neukunden gewinnen konnten. Gezeigt wurden die Neuheiten 2012. Das Unternehmen wird auch im kommenden Jahr auf der Domotex Russia ausstellen.
aus BTH Heimtex 11/12 (Wirtschaft)