BTH Heimtex/B+L-Kundenbarometer Tapete 2012

Wer ist der sympathischste Anbieter von Tapeten?

Die deutschen Tapeten-Anbieter mit geringer Marktdurchdringung gewinnen deutlich an Ansehen beim Fachhandel, während die stark verbreitete Konkurrenz an Zustimmung verliert. Das ist das überraschende Ergebnis der von der BTH Heimtex beim Marktforschungsinstitut B+L in Auftrag gegebenen Kundenbarometers. Ein Grund könnten mögliche Verstöße gegen das Kartellrecht und die daraus resultierenden Gerüchte sein. Infolge dessen findet sich kein "Großer" mehr unter den drei sympathischsten Anbietern. Auf Platz eins landete der Verlag Schmitz Tapeten-Import, gefolgt von Erfurt und P+S.

Das aktuelle B+L-Kundenbarometer Tapete versetzt den führenden deutschen Tapetenherstellern Rasch, Marburg und A.S. Création einen herben Schlag. Im Ranking nach Einzelkriterien wurden sie von den Unternehmen mit geringerer Marktdurchdringung überholt. Lediglich mit seiner Markenstärke liegt Rasch noch auf Platz eins, während A.S. Création für die Warenverkäuflichkeit gelobt wird. Im vergangenen Jahr waren die Gummersbacher mit sechs Bestnoten noch Gesamtsieger. Inzwischen finden sich die weniger dominanten Anbieter auf den vorderen Plätzen. So stufen die Fachhändler Schmitz Tapeten-Import-Gesellschaft am sympathischsten und P+S am freundlichsten ein.

Ein wesentlicher Grund für das Abrutschen der drei präsenten Tapetenhersteller dürfte aus dem Verdacht resultieren, mit wettbewerbswidrigen Absprachen gegen das Kartellrecht verstoßen zu haben. Die Untersuchungen laufen noch. Zwar waren auch P+S sowie Erismann ins Visier der Kartellwächter geraten, doch rückten insbesondere Rasch, A.S. Création und Marburg in den Fokus der Öffentlichkeit. Böse Gerüchte und gegenseitige Schuldzuweisungen machten die Runde. Inzwischen ist der Umgang der drei Unternehmen miteinander von tiefem Misstrauen geprägt.

Die Ergebnisse der Umfrage sollten deshalb nur als Momentaufnahme angesehen werden, in die spontane Gefühlsregungen eingeflossen sind. Dennoch kristallisieren sich Stärken und Schwächen heraus, aus denen sich möglicherweise Handlungswege entwickeln lassen. Da aber bisher immer wieder Kritik an der Bewertung geübt wurde, weil sich das eine oder andere Unternehmen nicht richtig abgebildet sah, nimmt BTH Heimtex das diesjährige Barometer zum Anlass, die Vergleichbarkeit noch weiter zu verbessern. Die Redaktion ist der Meinung, dass Unternehmen mit starker Marktdurchdringung von mehr als 60% und damit zwangsläufig einer höheren Zahl an Bewertungen im Kundenbarometer nicht den Anbietern mit weniger als 30% Präsenz im Fachhandel gegenübergestellt werden dürfen. Zumal sich die Händler die kleineren Anbieter bewusst aussuchen und sie schon deshalb positiv bewerten, während sie die "Großen" schlicht im Sortiment haben müssen. Deshalb werden die Umfrageergebnisse für die beiden Gruppen erstmals getrennt ausgewertet.

Nach wie vor werden die Produzenten mit geringer Marktdurchdringung in Einzelrankings dargestellt, die Ergebnisse für Rasch, A.S. Création, Marburg und Rasch Textil fasst BTH Heimtex in den übergeordneten Rubriken Geld (Preis-Leistungs-Verhältnis, Konditionen, Kulanz, Reklamationsbearbeitung), Dienstleistungen (Lieferzuverlässigkeit, Liefergeschwindigkeit), Image (Verkaufsförderung, Markenstärke), Mensch (Sympathiwert, Freundlichkeit, Qualität Außendienst, Qualität Innendienst), Produkt (Produktqualität, Warenverkäuflichkeit) und Zukunft (Vertriebspolitik, Zukunftsperspektiven) zusammen.

Diese Vorgehensweise unterstreicht deutlicher als bisher die Stärken und Schwächen der vier Großen der Branche. Während Rasch nun bei Image und Produkt punktet, liegt A.S. Création bei Dienstleistungen und Mensch vorn, Rasch Textil bei Geld und Zukunft. Marburg belegt dagegen nur dritte und vierte Plätze.

Auch wenn das Gesamtergebnis einen deutlichen Dämpfer für Rasch, A.S. Création und Marburg bedeutet, sind die Fachhändler dennoch im Großen und Ganzen sehr zufrieden mit ihren Lieferanten. Das zeigt sich in den gegenüber dem Vorjahr sogar noch insgesamt besseren Noten für die einzelnen Kriterien, die wieder recht nah beieinanderliegen. Besonders goutieren die Fachhändler Lieferschnelligkeit und -zuverlässigkeit sowie Freundlichkeit und Sympathiewert. Nachholbedarf gibt es dagegen vor allem bei der Markenstärke, die insbesondere bei Essener und Schmitz verbesserungsfähig ist. Hier erweist sich Rasch als gutes Vorbild. Dennoch werden dem Unternehmen überraschenderweise die zweitschlechtesten Zukunftsperspektiven attestiert. Nur Erismann liegt noch hinter Rasch. Bewertet wurden insgesamt neun Anbieter.

Anbieter mit hoher Marktdurchdringung

Die wichtigste Frage im Kundenbarometer lautete: Wo kauft der Fachhandel am liebsten ein? Bei den großen Vier - Rasch, A.S. Création, Marburg und Rasch Textil - wurden Sympathiewert, Freundlichkeit und Qualität des Innen- und des Außendienstes in der Kategorie Mensch zusammengefasst. Diese wird von A.S. Création mit der Durchschnittsnote 1,96 angeführt, wobei die Freundlichkeit mit 1,85 die beste Bewertung erhielt. Somit liegt A.S. Création beim Einzelranking im Bereich Sympathie zwar an fünfter Stelle hinter Schmitz, P+S, Erfurt und Essener, wobei sich seine Note sogar verbessert von 2,05 auf jetzt 1,89 verbessert hat. Aber der Gummersbacher Hersteller überzeugt insgesamt mit seinen menschlichen Eigenschaften.

Auch mit seinem Dienstleistungsangebot kommt A.S. Création gut bei den Fachhändlern an. Für Lieferzuverlässigkeit und -schnelligkeit erhielt der Produzent die Note 1,54. Im Bereich Produkt liegt A. S. Création ebenfalls gemeinsam mit Rasch ganz vorn, wobei das Unternehmen im Einzelranking mit der Warenverkäuflichkeit die gesamte Konkurrenz hinter sich lässt. Möglicherweise spielen hier die Aktivitäten als Lizenznehmer bedeutender Marken eine Rolle. Bei Markenstärke und Verkaufsförderung nimmt der Hersteller nach Rasch den zweiten Platz ein, sodass ihm insgesamt eine gute Zukunft prognostiziert wird. Kritik üben die Befragten jedoch an den Kriterien Preis-Leistung, Konditionen, Kulanz und Reklamationsbearbeitung.

Die Stärke von Mitbewerber Rasch liegt eindeutig in der Markenkraft, mit der die Bramscher auch im Einzelranking unschlagbar sind. Obwohl schon an der Spitze, ist das Unternehmen seit etwa einem Jahr dabei, seine Marke noch weiter auszubauen. Bei der Heimtextil 2012 stellte es seine dreistufige Markendifferenzierung von consumig bis high end vor. Überzeugt sind die Fachhändler zudem von der Verkäuflichkeit der Tapeten, für die seit Ende 2011 Sigrid Frommberger als Chef-Designerin verantwortlich ist. Zusammen mit A.S. Création liegt Rasch im Kriterium Produkt an vorderster Stelle. Auch die Dienstleistungen können sich sehen lassen. Handlungsbedarf besteht aber im menschlichen Bereich, für den Rasch im Konzert der Vier die schlechtesten Noten erhielt. Dies wundert um so mehr, da das Familienunternehmen in den Vorjahren einen hohen Sympathiewert eingefahren hatte. Was diese weichen Faktoren betrifft, muss offenbar einiges geschehen, um auch bei den Zukunftsperspektiven wieder in der Oberliga mitspielen zu können.

Unbeeinflusst von den Querelen um die Kartellamtsuntersuchungen hat sich Rasch Textil unter den Anbieter mit der stärksten Marktdurchdringung nach vorn gekämpft. Die Rasch-Tochter führt den wichtigen Bereich Zukunft mit der Durchschnittsnote 1,91 vor A.S. Création an und liegt damit im Einzelranking ebenfalls weit vorn. Wie schon im vergangenen Jahr wird das Unternehmen auch für seine Geld-Faktoren geschätzt. Die Fachhändler geben ihm durchweg gute Noten, bemängeln aber den Produktbereich und wünschen sich ein besseres Image. Hier kann die Tochter der Mutter nicht das Wasser reichen. Doch trotz insgesamt guter Platzierungen kommt Rasch Textil bisher wenig sympathisch daher, wie das Einzelranking aufzeigt.

Für die Marburger Tapetenfabrik fällt die Umfrage dagegen enttäuschend aus. Sie hat die rote Laterne des Quartetts. In allen übergeordneten Kriterien nimmt das Traditionsunternehmen, das mit namhaften Designer-Tapeten aufwarten kann und bei den jährlichen Heimtextil-Messen als Innovationsführer gilt, lediglich den dritten und vierten Platz ein. Selbst die populäre Glööckler-Kollektion hat den Abstieg der Marburger im Kundenbarometer nicht aufhalten können, der sich schon im vergangenen Jahr andeutete. Geschätzt werden im Einzelranking Produktqualität und Vertriebspolitik, während die Konditionen und der Innendienst deutlich besser werden könnten. Zwar kann sich Marburg wie alle bewerteten Unternehmen insgesamt über gute Noten freuen, aber die Konkurrenz ist nach Meinung der Fachhändler noch besser. Da darf man gespannt sein auf die Neuheiten, die Kreativschmiede bei der Heimtextil 2013 präsentiert. Eine davon ist die Kollektion von Colani, die BTH Heimtex in der nächsten Ausgabe vorstellt.

Anbieter mit geringerer Marktdurchdringung

Die im Handel weniger präsenten Unternehmen sind die Sieger des diesjährigen Kundenbarometers. Dafür gibt es allerdings auch eine simple Teilerklärung. Wer sich für das Sortiment eines Anbieters mit geringerer Markdurchdringung entscheidet, sucht dieses ganz bewusst aus und bewertet es entsprechend gut, während die übrigen Lieferanten zwingend zum Sortiment gehören. Dennoch verdienen die weniger dominanten Unternehmen einen herzlichen Glückwunsch. Sie begegnen der übermächtigen Konkurrenz in vielen Teilbereichen nicht nur auf Augenhöhe, sondern erweisen sich in etlichen Kriterien als die besseren Lieferanten.

Zwar liegt Pickhardt+Siebert nach Durchschnittsnoten und Punkten insgesamt nur im mittleren Bereich aller bewerteten Anbieter. Aber der expandierende Hersteller führt immerhin die fünf Leistungskriterien Freundlichkeit, Preis-Leistungs-Verhältnis, Konditionen, Außen- sowie Innendienst an. Im vergangenen Jahr waren es noch zwei. Werden nur die Unternehmen mit einer Marktdurchdringung von weniger als 30% betrachtet, heimst P+S sogar sechs erste Plätze ein. Mit seinem Sympathiewert von 1,8 liegt der Hersteller zudem hinter Sieger Schmitz an zweiter Stelle. Sein breit aufgestelltes Sortiment wird als gut verkäuflich betrachtet. Mängel gibt es allerdings bei der Markenstärke. Aber vielleicht trägt der Pop-Sänger Dieter Bohlen mit seiner ersten Kollektion für die Gummersbacher dazu bei, dass P+S eine unschlagbare Marke wird (siehe Seite 134).

Wie P+S gehört auch Erismann zu den Aufsteigern des diesjährigen Kundenbarometers. Führend ist der Breisacher Hersteller insgesamt in den vier Leistungskriterien Produktqualität, Lieferschnelligkeit und -zuverlässigkeit sowie Reklamationsbearbeitung. Beschränkt sich der Vergleich auf die weniger präsenten Anbieter kommt noch Kulanz dazu. Allerdings könnten die Breisacher noch sympathischer wirken und vor allem an ihrer Markenstärke feilen. Daher sind ihre Zukunftsperspektiven verbesserungswürdig. Doch alles in allem kann sich Erismann über eine gute Bewertung freuen, auch nach gesamter Durchschnittsnote. Das Unternehmen braucht sich hinter der großen Konkurrenz nicht zu verstecken, was insbesondere der erste Platz für Produktqualität zeigt. Einen Beitrag dazu mögen die phthalatfreien Produkte geleistet haben. Schließlich ist Umwelt- und Gesundheitsschutz ein Trendthema.

Schmitz Tapeten-Import ist mit der Note 1,7 der Sympathieträger Nummer eins. Der Verlag gehört Christian Schmitz, der zudem die Essener Tapeten-Import-Gesellschaft und den auf das Objekt spezialisierten Verlag Tescoha betreibt. Im vergangenen Jahr wurden Schmitz und Essener wie ein Unternehmen bewertet und erhielten dafür drei Bestnoten. In diesem Jahr werden sie getrennt behandelt. Außer für Sympathie kam Schmitz auch für seine Vertriebspolitik auf Platz eins. In weiteren Einzelkriterien ist Verbesserung möglich, insbesondere Preis-Leistung, Kulanz, Innendienst und Markenstärke. Nach Durchschnittsnoten und Punkten liegt Schmitz Tapeten-Import-Gesellschaft im unteren Bereich der insgesamt neun nach Einzelkriterien bewerteten Unternehmen - doch das ist angesichts der Größe ein nicht zu unterschätzender Erfolg.
Das gleiche gilt für die Essener Tapeten-Import, deren Stärken in der Produktqualität und der Vertriebspolitik liegen. Als echte Marke wird Essener jedoch nicht wahrgenommen. Entsprechend bescheiden bewerten die Fachhändler die Zukunftsperspektiven des Verlags.

Ganz anders Erfurt. Die Befragten meinen, dass das Wuppertaler Familienunternehmen die besten Aussichten für die Zukunft hat - wie bereits im vergangenen Jahr. Im Vergleich der Unternehmen mit geringer Marktdurchdringung wird die positive Entwicklung noch durch erste Plätze für Warenverkäuflichkeit und Markenstärke ergänzt. Allerdings ist Erfurt ein Sonderfall. Das Unternehmen wird als Marktführer für Rauhfasertapeten gehandelt, die nicht mit in die Bewertung eingehen. Von daher liegt der Verdacht nahe, dass die Fachhändler sich bei ihrer Zukunftseinschätzung auf das breite Sortiment aus Rauhfasertapeten, Vliesfasertapeten, Kreativtapten und Terrassensysteme stützen.


BTH/B+L-Handelsumfrage - Panel und Methodik


Das BTH Heimtex/B+L-Kundenbarometer wird in zwei Etappen durchgeführt: In der ersten wird recherchiert, bei welchen Anbietern der Fachhandel überhaupt ordert, woraus sich der Verbreitungsgrad der einzelnen Lieferanten ergibt. Diese Befragung erfolgt gestützt, aber offen. Die Interview-Teilnehmer können also zusätzliche Bezugsquellen zu den von BTH Heimtex vorgegebenen Unternehmen nennen.

In der zweiten Etappe bewerten die Händler detailliert einzelne Anbieter mit (Schul-)Noten: 1 für sehr gut, 2 für gut, 3 für mittel bzw. normal, 4 für ausreichend, 5 für mangelhaft bis schlecht. Für jedes Unternehmen werden dabei konkret 16 Benchmarks abgefragt, darunter objektiv messbare, aber auch subjektiv empfundene.

150 Fachhändler wurden im Oktober 2012 befragt: klassischer Facheinzelhandel, Handwerksbetriebe mit Ladengeschäft und entsprechenden Handelsaktivitäten sowie Fachmärkte in ganz Deutschland, regional verteilt im Norden und Süden, Osten und Westen. Nicht in diese Befragung eingeschlossen sind Filialisten, der Großhandel und Kooperationszentralen sowie Großflächenanbieter wie Discounter oder C+C-Betriebe.
aus BTH Heimtex 12/12 (Wirtschaft)