Gesprächsrunde Handwerk und TKB, Frankfurt/Main

Kommen jetzt Verlegewerkstoffe mit Vanilleduft?

Auf der Agenda der jüngsten Gesprächsrunde Handwerk und TKB in Frankfurt am Main standen 16 Themenvorschläge, von denen schwerpunktmäßig zwei ausführlich behandelt wurden: Die Festschreibung der CM-Messung in der Estrichnorm DIN 18560 Teil 4 und die bevorstehende Geruchsprüfung von Verlegewerkstoffen. Die Teilnehmer der Handwerksverbände Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF), des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) und des Zentralverbandes Raum und Ausstattung (ZVR) nutzen die offene Gesprächsrunde zum Meinungsaustausch mit der Klebstoffindustrie (TKB/IVK).

Und täglich grüßt das Murmeltier": Im gleichnamigen Film erlebt der Schauspieler Bill Murray mehrfach einen identischen Tagesablauf, ohne ihn ändern zu können. So ähnlich ist es auch bei der Diskussion über die Bestimmung der Estrich-Restfeuchte durch die CM-Messung. Bei der diesjährigen Gesprächsrunde Handwerk und TKB diskutierten die Teilnehmer aus den Handwerksverbänden und der Technischen Kommission Bauklebstoffe in Frankfurt über die Festschreibung der CM-Messung in der Estrichnorm DIN 18560 Teil 4. Der Normenausschuss unter der Leitung von Oliver Erning vom Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung hatte diese Methode normativ festgeschrieben, nachdem sie Jahrzehnte lang geübte Praxis war (FussbodenTechnik berichtete). In den vergangenen vier Jahren gab es wiederkehrend Diskussionen über alternative Messmethoden.

Die an der Gesprächsrunde Handwerk und TKB teilnehmenden Handwerksvertreter fühlten sich von der Festschreibung der CM-Messung in der Estrichnorm überrumpelt. Besonders die durch Bundesinnungsmeister Joachim Barth vertretenen Parkettleger ärgerten sich über den in der Estrichnorm festgeschriebenen Entnahmeort der Estrichprobe: In der Estrichnorm wird der gesamte Estrichquerschnitt genannt. Im Gegensatz dazu messen Parkettleger traditionell mit Estrich-Stemmgut aus dem unteren Drittel des Estrichs. Barth bemängelte außerdem, dass er nicht rechtzeitig informiert worden wäre, obwohl die Haltung der Parkettleger zwischen den eng zusammen arbeitenden Verbänden Bundesverband Estrich und Belag sowie Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik bekannt gewesen sei. Aus dem Auditorium kam der Hinweis, dass der ZVPF sehr wohl informiert worden wäre, aber dass dort wohl Informationen nicht weitergegeben worden wären.

Kritik kam auch von dem TKB-Vorsitzenden Dr. Frank Gahlmann: "Wir sind nicht einverstanden mit der Festschreibung der CM-Messung in der Estrichnorm DIN 18560 Teil 4, weil sie dort einfach nicht hingehört." Diese Meinung teilte Oliver Erning, Obmann des Normenausschusses der DIN 18560, nicht: "Es ist wichtig, dem Handwerker ein normativ verankertes Messverfahren zu Verfügung zu stellen. Es handelt sich um eine Eigenschaft des Estrichs, deshalb ist es auch vollkommen in Ordnung, diese Eigenschaft und das Prüfverfahren in die DIN 18560 aufzunehmen. Wenn wir uns die DIN 18560 anschauen, sind dort sehr viele Prüfverfahren aufgeführt. Es ist eine Philosophie der DIN 18560, neben den zu erfüllenden Eigenschaften auch die dazugehörigen Prüfverfahren aufzuführen. So muss man nur eine Norm kaufen."

FussbodenTechnik stellt die gegensätzlichen Positionen von Oliver Erning (Pro Festschreibung der CM-Messung) und Joachim Barth (Contra) vor (s.u.).

Am Ende einer langen Diskussion war eine Lösung in Sicht: An der Belegreife ändert sich für den Parkettleger nichts. Entnimmt er das Estrichprüfgut wie immer aus dem mittleren bis unteren Drittel, darf er weiterhin ab 2,0 CM-% verlegen. Prüft der Parkettleger unabhängig vom Oberbelag, also nach Estrichnorm DIN 18560 Teil 4 über den gesamten Estrichquerschnitt, müsste der Belegreifegrenzwert für Parkett angepasst werden. In der Gesprächsrunde sprach man sich übereinstimmend für 1,8 CM-% aus. Erst bei diesem Wert darf der Parkettleger mit der Verlegung starten. Dieser Grenzwert sollte in die Parkettnorm aufgenommen werden. Das wäre eine Möglichkeit, mit der beide Kontrahenten nach eigener Aussage leben könnten.

Verlegewerkstoffe mit Vanille-, Zitrone- oder Apfelduft

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es künftig Verlegewerkstoffe mit Vanille-, Zitrone- oder Apfelduft geben wird. Nachdem bereits Immobilienmakler erfolgreich Objekte mit Apfelkuchengeruch versehen, um die Attraktivität der Objekte zu steigern, hat man ein ähnliches Vorgehen auch schon Holzhändlern und Modeketten am jeweiligen PoS erlebt. Jetzt hat diese Entwicklung auch die Verlegewerkstoffe erreicht. "Die Verlegewerkstoffhersteller werden indirekt gezwungen, Parfümstoffe in ihre Produkte hinzuzugeben", berichtete Dr. Thomas Brokamp, Technischer Geschäftsführer von Bona Deutschland. Hintergrund für die Pläne ist die Einführung von Geruchsprüfungen für Bauprodukte. "Es besteht der politische Wunsch, Bauprodukte geruchlich zu bewerten, weil die Luftwechselraten in den Gebäuden sinken", erklärte TKB-Vorsitzender Dr. Frank Gahlmann. Man versucht, die Luftqualität dadurch zu verbessern, dass weniger Stoffe emittieren.

Die Industrie kritisiert die Einführung der Geruchsprüfung vehement: Die Geruchswahrnehmung eines Prüfers ist nach ihrer Überzeugung stark abhängig von dem kulturellen Hintergrund aus dem die Person kommt. Dr. Frank Gahlmann berichtete, dass an der Bundesanstalt für Materialkunde bereits orientierende Untersuchungen durchgeführt wurden. In der Industrie herrscht Unsicherheit, ob die Entwicklung "mehr Gefahr oder mehr Chance" darstellt, wie Dr. Frank Gahlmann sagte. Um sicher zu gehen, dass man eine Geruchsprüfung besteht, werden sehr wahrscheinlich Vanille-, Zitronen- oder Apfelduft in Verlegewerkstoffen kommen. Das verlegende Handwerk wird sich daran gewöhnen müssen.

Teilnehmer Gesprächsrunde Handwerk und TKB


-Willi Nürnberger (ZVPF)
-Dr. Norbert Arnold (TKB)
-Jörg Baumann (Malerverband)
-Dr. Thomas Brokamp (TKB)
-Richard A. Kille (ZVR)
-Karsten Krause (ZVPF)
-Joachim Barth (ZVPF)
-Dr. Christian Schäfer (TKB)
-Dr. Frank Gahlmann (TKB)
-Michael Urban (TKB)
-Oliver Erning (IBF/BEB)
-Ulrike Bittorf (BEB)
-Ingo Niedner (BEB)
-Heinz-Dieter Altmann (BEB)
-Peter Schwarzmann (BEB)
-Dr. Matthias Hirsch (TKB)


Pro CM-Messung in DIN 18560 Teil 4 - Oliver Erning


"Für eine erfolgreiche Fußbodenkonstruktion ist es zwingend erforderlich, dass der Oberbelag erst verlegt wird, wenn der Estrich seine Belegreife erreicht hat. Dafür benötigt man ein geeignetes Messverfahren auf der Baustelle. In den letzten Jahren hat es hier leider ein paar Verwirrungen gegeben. Deshalb ist es wichtig, für den Handwerker ein normativ verankertes Messverfahren zu Verfügung zu stellen. Zum einen konnte man bisher keine solche Aktivitäten feststellen, zum anderen handelt sich um eine Eigenschaft des Estrichs. Deshalb wurde das Prüfverfahren für diese Eigenschaft, wie auch für alle übrigen Estricheigenschaften, in die DIN18560 aufgenommen.

Es gibt auch kleine Ergänzungen, die das Messverfahren noch sicherer machen und die Reproduzierbarkeit erhöhen. Das Messverfahren selbst wird sicherlich nicht mehr angezweifelt, da mehrere Untersuchungen (u.a. im IBF) bestätigt haben, dass die CMMessung das sicherste Verfahren zur Bestimmung der Belegreife auf der Baustelle ist. Dies hat neben BEB und ZDB auch die Arbeitsgruppe Feuchte im ZVPF so bestätigt."(Anmerkung der Redaktion: siehe www.chemotechnik.de/feuchtemessung-mitteilung.html).

Strittig ist nur die Querschnittsmessung im Vergleich zur Messung im mittleren bis unteren Bereich. Die Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs-und Flächenkühlungssystemen in Neubauten fordert grundsätzlich die Entnahme der "Durchschnittsprobe über den ganzen Querschnitt des Estrichs". Nur bei Parkett soll die Probe traditionsgemäß im unteren bis mittleren Bereich entnommen werden. Hat der Estrich etwa einen anderen Feuchtegehalt, wenn er mit Parkett belegt werden soll? Man erkennt, dass diese Probenentnahme eher politisch als technisch begründet ist. Die Feuchte in einem Estrich ist schon alleine wegen der einseitigen Austrocknung nicht gleichmäßig verteilt. Deshalb muss eine Probe aus dem oberen, mittleren und unteren Bereich unterschiedliche Feuchtegehalte aufweisen. Wichtig ist aber ausschließlich das gesamte Feuchtepotential des Estrichs, deshalb muss man es auch über den gesamten Querschnitt messen.

Contra CM-Messung in DIN 18560 Teil 4 - Joachim Barth


Der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik begrüßt die sehr ausführliche Beschreibung der Vorgehensweise bei der CM-Messmethode, nicht aber die Einbeziehung in die Estrichnorm und die "verordnete" Messung über den Querschnitt. In der Estrichnorm werden Estriche beschrieben, weswegen die Beschreibung der CM-Methode darin ebenso wenig etwas zu suchen hat, wie z.B. in den Parkettnormen die Normenreihe DIN EN 13183, Teile 1 - 3, in denen die elektrische Widerstandsmessung, die kapazitive Messung und die Feststellung der Holzfeuchte nach der Darrmethode beschrieben werden. Wie in den Parkettnormen ein Hinweis auf die Messmethoden enthalten ist, hätte ein entsprechender Hinweis auf eine zweckmäßige und übliche Messmethode in der Estrichnorm völlig ausgereicht. Auch die Tatsache, dass die Feuchtemessung eines Estrichs nicht nur das Estrichlegerhandwerk tangiert, sondern in erster Linie alle nachfolgenden Gewerke, steht gegen die Einbringung.

Völlig falsch und unverständlich ist, dass in der Beschreibung die Querschnittsmessung vorgeschrieben wird. Diesbezügliche Hinweise auf eine bessere Reproduzierbarkeit im Rahmen der Querschnittsmessung bzw. größere Fehlerquoten bei der Messung der Estrichfeuchte im unteren Drittel entbehren jedes Beweises. Im Gegenteil, anhand von Millionen von Quadratmetern schadensfrei verlegter Parkettflächen, deren Estriche durch Messung der Feuchte im unteren Drittel geprüft wurden, ist die Funktionsfähigkeit hinreichend bewiesen.

Mit der Querschnittsmessung, deren korrekte Probenahme übrigens nicht durchführbar ist, wird der völlig ausreichenden Beschreibung in der "Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in bestehenden Gebäuden" unnötig widersprochen. Es gibt keinen einzigen Grund, von der bewährten Praxis abzuweichen.



Leserbrief


Betrifft: "Kommen jetzt Verlegewerkstoffe mit Vanilleduft?"

Beduftungen sorgen für zusätzliche Raumbelastung

Seltene Blüten treibt offensichtlich die Angst vor schlechten Bewertungen bei künftig geforderten Geruchsprüfungen für die bauaufsichtliche Zulassung von Bodenbelags-Verlegewerkstoffen. Die zunehmende Zahl von Allergikern (geschätzt 30 % der Bevölkerung) und vor allem Chemikaliensensitiven (5 bis 10%) bewegt zwischenzeitlich sowohl den Gesetzgeber, künftig für die Zulassung von Bauprodukten auch Fragen der Geruchsbelastung mit einzubeziehen, als auch die Rechtssprechung, unangenehme Gerüche, unabhängig ob "gesundheitsschädlich" oder nicht als Reklamationsgrund anzusehen.

Um bei diesen vom Deutschen Institut für Bautechnik für Bodenbelags-Verlegewerkstoffe geplanten Geruchsprüfungen besser abzuschneiden, diskutieren Hersteller offensichtlich ernsthaft den Einsatz von "Geruchsstoffen", um unangenehme Gerüche zu überdecken.

Der Vorschlag von Verlegewerkstoffen mit Vanille-, Zitrone- oder Apfelduft ignoriert die jahrelange Warnung von Umweltbundesamt, Allergiker-Organisationen und Umweltärzten vor jeglicher Art von "Beduftungen", die nicht nur für Sensitive oft unerträglich sind, sondern generell eine zusätzliche Raumluftbelastung darstellen und deren gesundheitliche Unbedenklichkeit grundsätzlich in Frage gestellt wird.

Ein Denkfehler findet sich glücklicherweise in diesen offensichtlich unüberlegten Herstelleraussagen: Gerüche werden bekanntlich ausgelöst durch so genannte Lösemittel (VOCs) deren Emissions-Summenwerte seit langem einen wesentlichen Faktor bei der gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten darstellen.

Mit der Zugabe von "Geruchsstoffen" werden diese Emissionswerte aber natürlich erhöht - anstatt also die Raumluftbelastungen insgesamt zu reduzieren, werden vorhandene Belastungen noch verstärkt durch zusätzliche "Lösemittel", deren teilweise allergenes Potential am Beispiel "Zitronengeruch" durchaus nachgewiesen ist. Leider ist die Idee gar nicht so neu - so wirbt ein Gips-Spachtelmassenhersteller bereits seit Jahren mit seinem "Wandfüller mit Citrusduft".

Wünschenswert wäre, wenn die Hersteller mehr Zeit und Geld in die Entwicklung geruchsärmerer Produkte setzen würden, anstatt unangenehme Gerüche mit "Parfüm" überdecken zu wollen. Auch Bauunternehmer und Handwerker, die zunehmend bereits in den Ausschreibungen mit vorgegeben VOC-Höchstwerten konfrontiert werden (vor allem viele Schul- und Kindergartenausschreibungen, aber auch Bauverträge mit gesundheitsbewussten privaten Bauherren), werden kaum begeistert sein, wenn sie sich mit "parfümierten" Baustoffen/Hilfsmitteln zusätzliche VOC-Emissionen einfangen, die ein Erreichen dieser Zielwerte erschweren.

Josef Spritzendorfer, Geschäftsführer Sentinel-Haus Stiftung e.V.
aus FussbodenTechnik 01/13 (Wirtschaft)