EUCA Jahreshauptversammlung 2012

Frischer Wind im Importeursverband

Auf seiner Jahreshauptversammlung hat der Verband der europäischen Teppichimporteure EUCA die Marktentwicklung des abgelaufenen Jahres zusammengefasst. Es war ein Jahr, dass die Importeure vor große Aufgaben stellte: Die Produktionen in den Ursprungsländern gehen laufend zurück und im Iran sorgte eine Devisenkurs-Achterbahn für Kopfzerbrechen. Positiv ist zu beurteilen, dass der Verband von Jahr zu Jahr proaktiver wird und selbstständig Lösungsansätze für die veränderte Marktsituation sucht.

Zu den letzten wichtigen Terminen des Teppichjahres gehört die Jahreshauptversammlung des europäischen Importeursverbands EUCA. Dass es sich um einen wichtigen Termin handelt, hat sich aber scheinbar noch immer nicht bei jedem Importeur herumgesprochen: Die Zahl der anwesenden Mitglieder war in diesem Jahr - noch - geringer als sonst. Das ist umso bedauerlicher, als dass immer mehr jüngere Mitglieder den Weg in die Hamburger EUCA-Geschäftsstelle gefunden haben und ein frischer Wind zu spüren ist. Die Importeuere tauschen in Länderberichten ihre Erfahrungen aus. Intensiv wurde über die Zukunft des Teppichhandels diskutiert und wie der Verband Hilfestellung für eine höhere fachliche Kompetenz geben kann. Außerdem gab es ein erstes positives Resümee für die vom Arbeitskreis für Öffentlichkeitsarbeit entwickelte Internetseite.

In einem neuen Stil wurden die Länderberichte in diesem Jahr vorgetragen. Da die offiziellen Importstatistiken so viele Ungereimtheiten aufweisen, dass sie nicht mehr mit gutem Gewissen zur Situationsanalyse herangezogen werden können, setzte der Vorstand auf die geballte Kompetenz der anwesenden Mitglieder. So wurden die Einschätzungen der Vorstandsmitglieder durch die Erfahrungen der anwesenden Importeure ergänzt. Allgemein wird von kaum mehr vorhandenen Stocks bei den Produzenten berichtet und - mit wenigen Ausnahmen - von stabilen bis leicht steigenden Preisen.

Peter Meumann konnte aus Indien berichten, dass der wirtschaftliche Boom des Landes einen großen Einfluss auf die Teppichproduktion im Land hat. Viele Arbeitskräfte seien abgewandert und auch die in den letzten Jahren gestiegenen Rohstoffpreise hätten Einfluss auf die Warenbeschaffung beziehungsweise die Preise. Hohe Preissprünge wie in den letzten Jahren seinen allerdings nicht mehr zu erwarten. Die einzige Ausnahme seien Kaschmir-Seidenteppiche, da die Produktionszyklen hier deutlich länger sind und die stark gestiegenen Preise für Seide erst jetzt durchschlagen.

Die indischen Produzenten arbeiteten heute fast ausnahmslos auf Bestellung. Stocks gibt es laut einhelliger Mitgliedermeinung in Indien heute so gut wie keine mehr. Die Lieferzeiten sind entsprechend lang und der Anteil der Teppiche, die mit Luftfracht nach Europa kommen, ist stark angestiegen. Dafür ist die Durchschnittsqualität der Ware höher: Einstiegslagen werden heute von Webteppichen - zum Beispiel aus der Türkei - abgedeckt. Außerdem seien sowohl die Produzenten, als auch die Einkäufer heute deutlich sensibler, was selbst kleine Qualitätsmängel angehe.

Eine Herausforderung für die Importeure ist auch eine neue Regelung der indischen Regierung: Es darf nur noch gegen gesicherte Zahlungen exportiert werden, also gegen Vorkasse oder mit einer Kreditversicherung.

Die Situation in China sei mit der aus Indien vergleichbar - nur deutlich dramatischer - berichtet Peter Höge. Besonders auf Seiten der Knüpfteppiche gibt es auf Grund des Wirtschaftsbooms und den damit zusammenhängenden hohen Löhne kaum noch Produktion. Trotzdem sind die Teppichpreise für chinesische Ware derzeit stabil bis sinkend. Heute dürften nach China mehr Knüpfteppiche importiert als exportiert werden. Etwas anders sehe es bei der weniger arbeitsintensiven Handtuftware aus: Hier sei China immer noch ein wichtiges Produktionsland.

Insgesamt sei zu erwarten, dass die Produktion handgefertigter Teppiche in China in den nächsten 10 Jahren völlig zum Erliegen kommen könne. Grund ist der Plan der neuen chinesischen Regierung, den Lebensstandard der Bevölkerung durchgängig stark anzuheben, indem die Gehälter in der nächsten Dekade verdoppelt werden. Da China eine Planwirtschaft hat, ist davon auszugehen, dass diese Lohnerhöhungen auch kommen werden. Die Produktion von handgeknüpften Teppichen wäre bei einem solchen Lohngefüge unmöglich. Und auch von Hand getuftete Teppiche - bei denen die Lohnkosten etwas weniger ins Gewicht fallen - dürften einen sehr schweren Stand haben. Die Rolle Chinas für den Markt handgefertigter Teppiche ist in den letzten Jahren klein geworden und wird in den nächsten Jahren weiter kleiner werden.

Wenig Erfreuliches hatte auch Tobias Graebener aus Nepal zu berichten. Die Rolle des Himalaya-Staates für die weltweite Teppichproduktion werde von Jahr zu Jahr kleiner. Viele Nepali verlassen das Land, wodurch sie zwar nicht unbedingt mehr Geld verdienen, aber ein höheres Ansehen im sozialen Umfeld genießen würden. "Im Land gibt es ein Manufaktur-Sterben", erklärte Graebener. Es würde kaum noch Ware unter 80 Knots produziert. Grund dafür sei die hohe Qualität der indischen 60 Knots-Ware, die kaum noch von originaler Nepalware zu unterscheiden sei. Außerdem sei die Innovationskraft in Indien deutlich höher.

Einfluss auf die Teppichproduktion in Nepal hat auch die politische Situation im Land. "Einiges ist wohl besser geworden, seitdem die Maoisten an der Regierung beteiligt sind. Generalstreiks, die das Wirtschaftsleben für einige Tage komplett lahm legen, gibt es aber noch immer regelmäßig", erzählte Graebener. Preissteigerungen wie in den letzten Jahren seien aber nicht zu erwarten, auch wenn der Einfluss der Gewerkschaften noch immer sehr groß sei.

Afghanistan entwickelt sich immer mehr als wichtiges Ursprungsland für Teppiche. Das Land hat eine alte Knüpftradition und damit ein großes Potenzial an guten Knüpfern. Zwar gibt es auch hier Abwanderungen in andere Wirtschaftszweige, aber nicht so extrem wie in Indien oder gar China. Durch die gleichzeitig zurückgegangene Nachfrage nach Knüpfteppichen im Allgemeinen ist die Preissituation stabil. Etwas anders sieht es im Nachbarland Pakistan aus. Durch die Inflation im Land sind die Preise für alle Warengruppen stark gestiegen.

Die Situation im Iran ist nach dem Bericht von Dr. Ali Ipektchi von Unsicherheiten und ständigen Veränderungen geprägt. Auf Grund der allgemeinen Wirtschaftslage im Land ist die Inflation weiter in einem zweistelligen Bereich, die Teppichpreise für Produktionsware steigen entsprechend. Als noch größeres Problem für die Importeure iranischer Teppiche zeigen sich die Wechselkurse des Rial zum Dollar beziehungsweise Euro. Vor allem in der zweiten Hälfte 2012 ist der Kurs dramatisch abgestürzt: um über 50%. Das hatte zur Folge, dass die Teppichpreise in sehr kurzer Zeit extrem angestiegen sind. Zwar hat sich der Kurs zum Jahresende wieder verbessert, die Unsicherheit bei in Importeuren ist aber immer noch groß.

Für viel Diskussion bei den EUCA-Mitgliedern sorgte die Lagebeschreibung im Einzelhandel. Die Beobachtungen des Vorstands zeigten, dass die Teppichabsätze in absoluten Zahlen besser sind, als es die Entwicklung der Importe von Knüpfteppichen vermuten ließ. Grund ist die Verschiebung in den Teppichsortimenten weg von hochpreisigen Knüpfteppichen hin zu günstigen Maschinenwebteppichen. Vertriebsschienen, die leicht verkäufliche Einstiegspreislagen richtig bedienen, sind derzeit sehr erfolgreich. Für das Jahr 2013 hat sich EUCA das Ziel gesetzt, einen Arbeitskreis zu bilden, der die Situation im Handel analysiert und vor allem Konzepte entwickelt. Hauptsächlich geht es darum, wie der Handel so unterstützt werden kann, um höherpreisige Knüpfteppiche wieder besser zu verkaufen.

Das Jahr 2012 stand bei EUCA ganz im Zeichen der Öffentlichkeitsarbeit. Der entsprechende Arbeitskreis hatte eine firmenneutrale Internetseite entwickelt und online gebracht, die sowohl Endkunden, als auch Verkäufern Fachwissen rund um den handgefertigten Teppich vermittelt. Die Zugriffzahlen auf die Seite sind überraschend gut ausgefallen, bedenkt man, dass bis jetzt nicht für die Seite geworben wurde. Für das Jahr 2013 wird an Konzepten gearbeitet, um die Zugriffzahlen auf die Seite www.handgefertigte-teppiche.de weiter zu erhöhen.

Auch in diesem Jahr war die Deutsche Messe AG, der Veranstalter der Domotex, bei der Jahreshauptversammlung dabei. Alexander Wurst, Bereichsleiter für die Fachmessen in Hannover, und Thilo Horstmann, verantwortlich für den Bereich der handgefertigten Teppiche auf der Domotex, gaben Einblicke in die Entwicklungen der Domotex in Hannover und deren internationale Ableger.

Durchweg Positives konnte EUCA-Geschäftsführer Peter Fliegner über Care & Fair berichten. Die Brancheninitiative gegen illegale Kinderarbeit konnte viele Sponsoren für diverse Projekte finden. So übernahm ein kanadischer Importeur die laufenden Kosten für zwei Projekte in Indien. Der Hamburger Rotary Club Hafen City sponserte neben einer neuen Ambulanz für die Klinik in Kathmandu auch das nepalische Straßenkinder- Projekt Bal Kendra. Über die Erfolge der Women Empowerment Projekte in Indien hatte Carpet XL schon berichtet.

Bemerkenswert ist das Engagement der Londoner John-Lewis-Stiftung, die in Bhadohi eine weiterführende Schule für Mädchen finanziert. Hier können Schülerinnen, die die Care & Fair-Schulen nach der 8. Klasse verlassen, kostenlos weiterlernen.
aus Carpet Magazin 01/13 (Wirtschaft)