Kährs-Karelia/Upofloor: Mega-Fusion

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Die Parketthersteller Gustaf Kähr aus Schweden und Karelia/Upofloor aus Finnland haben ihre im Oktober vorigen Jahres angekündigte Fusion Anfang Dezember umgesetzt und sind damit zum führenden Hersteller von Holzfußböden in Europa geworden. Der gemeinsame Umsatz wird mit 300 Mio. EUR pro Jahr beziffert. Nach Ablauf von etwa 100 Tagen seit der Fusion hat ParkettMagazin Europa-Geschäftsführer Robert Bieger einige Fragen zur neu entstandenen Firmengruppe und auch zur Vermarktung des neuen Kährs-Zweischichtparketts gestellt.

ParkettMagazin: Welche Bedeutung hat die Fusion für die europäischen Märkte - ganz aktuell unter Berücksichtigung des Zusammenschlusses Bauwerk/Boen?

Robert Bieger: Bei der Fusion von Kährs mit Karelia-Upofloor handelt es sich um eine optimale Konstellation, weil sich beide Partner mit starken Marktstellungen in unterschiedlichen Märkten ergänzen. So ist Kährs marktführend in den skandinavischen Märkten Schweden und Norwegen, wohingegen Karelia-Upofloor in Russland und Finnland marktführend ist. In anderen Märkten, wo Kährs sehr stark vertreten ist, wie z. B. in Deutschland, UK und den USA, wird Karelia-Upofloor wertvolle Unterstützung von Kährs erhalten. Insgesamt ist das gemeinsame Unternehmen das mit Abstand am internationalsten aufgestellte in der Parkettbranche. Der Zusammenschluss von Bauwerk und Boen zeigt, dass diese Unternehmen für sich aus eigener Kraft keine Möglichkeit sahen, sich international auszudehnen.

Wir gehen davon aus, dass beiden Fusionen - die unserer Unternehmen sowie die Fusion von Bauwerk und Boen - nicht die einzigen Konsolidierungen in der Branche bleiben werden. Durch diese Zusammenschlüsse wird sowieso schon ein zusätzlicher Druck auf andere Unternehmen der Branche entstehen.

Wir beobachten überdies, dass es kleinen und mittleren Herstellern immer schwerer fällt, die Vermarktung zu organisieren. Der Kostendruck auf die Produktpreise ist dort so groß, dass Vertriebs- und Verkaufskosten in einem notwendigen Maße nicht mehr zu bewältigen sind. Ein anderer, möglicherweise noch stärkerer Veränderungsdruck entsteht durch die Entwicklung der Substitution von Laminatböden durch die Vinylböden, sprich Designbeläge. Diese Entwicklung ist ein so starker Trend, dass der eine oder andere Laminatbodenhersteller, der auch Parketthersteller ist, ganz gehörig durchgeschüttelt werden wird. Die Reaktionen auf beide Entwicklungen - der mangelnden Größe und der massiven Portfolioprobleme - werden sehr spannend zu beobachten sein.

PM: Mit einer Karelia-Produktionsstätte in der Nähe Moskaus und einer weiteren in Rumänien bieten sich für Karelia ideale Voraussetzungen, um die osteuropäischen Märkte zu bedienen. Wird jetzt die Parkettwelt zwischen Kährs und Karelia aufgeteilt, oder anders gefragt, wird Kährs künftig die westeuropäischen und Karelia die osteuropäischen Märkte mit jeweils zwei Marken bedienen? Oder wird es im zentraleuropäischen Vertrieb künftig eine Zweimarken-Strategie unter der Führung von Kährs geben?

Bieger: Wir haben uns dafür entschieden, alle unsere Kunden, seien es Kunden von Kährs oder Karelia-Upofloor, wie gehabt zu bedienen. Weder bei Produkten, noch im Service, wird es Veränderungen geben. Die Interessen der Kunden werden vollumfänglich respektiert. Die Marktorganisationen werden so aufgestellt, dass alle Kunden aller Marken den bestmöglichen Service bekommen. Für Deutschland und Zentraleuropa wird Kährs die Verantwortung für alle Marken und Kunden übernehmen, da sich Karelia-Upofloor die letzten Jahre etwas zurückgezogen hatte. Alle Marken und Produkte werden jedoch beibehalten. Dadurch werden die klare Differenzierung und die Authentizität der Marken und Produkte bewahrt. Die Kunden können somit ihre jeweilige Marke in der bisherigen Produktkonfiguration wie gehabt vermarkten.

PM: Vor etwa 6 Jahren unternahm Karelia/Upofloor einen weiteren Vorstoß in den deutschsprachigen Raum, der allerdings nicht von Erfolg gekrönt war. Nach unserem Kenntnisstand werden die Produkte der Finnen jedoch nach wie vor von Trumpf-Fertigparkett vermarktet. Gibt es für den deutschsprachigen Raum schon weiterführende Pläne?

Bieger: In Deutschland werden wir mit dem bisherigen Partner Trumpf weiterhin zusammenarbeiten. Das Unternehmen Trumpf ist seit 20 Jahren Kunde von Karelia. Es ist ein sehr solides und verlässliches Unternehmen, in dessen Hände wir die Marke Karelia gut aufgehoben sehen. Einer Intensivierung der Marktaktivitäten seitens unseres Kunden Trumpf sehen wir mit viel Optimismus entgegen. Durch die klare Differenzierung der Marken und Produktkonfigurationen wird Trumpf in seinem angestammten Absatzkanal weiter wachsen können - unabhängig und differenziert von der Marke Kährs und den Kunden von Kährs. Es wird keine Überschneidungen geben, also eine ideale Konstellation.

PM: Welche Auswirkungen wird die Fusion auf den Standort Nybro haben, wo bekanntlich unter sehr beengten Verhältnissen gearbeitet wird?

Bieger: Die Pläne für die Produktionsstandorte sind nicht spektakulär. Der Standort Nybro/Schweden steht ganz und gar außer Frage und wird sogar aufgewertet. Es sind schon erhebliche Investitionen getätigt worden und es sind weitere bereits vom Aufsichtsrat genehmigt . Der Standort Nybro/Schweden ist eminent wichtig für alle unsere Kunden und für unsere Marke - somit für unser Business-Modell. Die Grundsatzentscheidung in Nybro permanent zu investieren, wurde schon vor der Fusion begonnen umzusetzen und ist auch nach der Fusion bestätigt worden. Die "Beengung" kann problemlos verändert werden, es ist genügend Geld für Veränderungen und Erweiterungen vorhanden. Das Unternehmen Kährs ist finanziell sehr gesund. Es hat ein hervorragendes Jahr hinter sich mit einem Jahresergebnis in fast zweistelliger Prozenthöhe - und das von einem um 10% gestiegenen Gesamtumsatz. Dazu hat Deutschland mit einer Umsatzsteigerung von 25% erheblich beigetragen.

Es gibt wohl nicht viele Unternehmen in der Branche, die ähnlich finanziell gesund sind und mit so einem finanzstarken Eigentümer wie Triton ausgestattet sind.

PM: Hat es durch die Fusion personelle Veränderungen geben?

Bieger: Im Bereich Parkett sind alle Mitarbeiter in die neue Konstellation übernommen worden. Die Funktionen wurden weitgehend beibehalten. Veränderungen gab es nur in Teilbereichen des funktionalen Organigramms, z. B. im Produktmanagement. Dort haben wir eine Category Management Struktur implementiert. Dies hat aber keine Nachteile hinsichtlich der Beibehaltung des Arbeitsplatzes für die Mitarbeiter/innen.

Verändert wurden auch die Funktionen im Bereich Marktmanagement. Hier haben wir die jeweils stärkeren Organisationen als Führungselement installiert. Alle Mitarbeiter/innen des Vertriebs bleiben dem Unternehmen aber erhalten.

PM: Mit der Übernahme von Karelia/Upofloor erweitert sich das Produktportfolio von Kährs um elastische Bodenbeläge. Ist daran gedacht, dieses Upofloor-Produkt künftig in den Kährs-Vertrieb zu integrieren?

Bieger: Das Upofloor Produktsegment elastischer Beläge ist ein sehr spannendes Thema. Es bietet innerhalb des Portfolios ökologisch sehr interessante Produkte für langfristig wachsende Objektmarktsegmente wie beispielsweise Health Care/Krankenhäuser und Praxen, Education/Schulen und Kindergärten. Die Produkte der elastischen Beläge werden weiterentwickelt und in der Bedeutung innerhalb des Unternehmen zunehmen. Dieser Bereich soll von der Produktseite her mit einem eigenständigen Category Management separat geführt werden und mit einer eigenen Verkaufsorganisation arbeiten, die außerhalb der Stammmärkte unterstützt wird vom Kährs Vertriebsmanagement. Harm Siemer von Upofloor wird als Verkaufsleiter die Verkaufsverantwortung für Zentraleuropa haben und an mich berichten. Der Bereich Verkauf elastischer Bodenbeläge wird personell aufgerüstet werden. Wir stellen sogar neue Mitarbeiter/innen für den Verkaufsaußendienst ein.

PM: Als Premium-Lieferant des Holzgroßhandels hat Kährs bislang vorwiegend dreischichtiges Parkett und Furnierboden über diesen Vertriebsweg erfolgreich vermarktet. Das neue Kährs-Zweischichtparkett benötigt einen Absatzkanal zum Parkett- und Bodenlegern, die beide in der Regel nicht beim Holzgroßhandel kaufen. Lässt sich daraus ableiten, dass Sie für das Zweischichtparkett einen neuen Vertriebsweg über den Bodenbelagsgroßhandel erschließen müssen?

Bieger: Der angestammte gewerbliche Kunde des Holzhandels ist nun mal der Schreiner und Zimmerer. Es gibt vereinzelt Holzhändler, die auch an Bodenleger und Parkettleger vermarkten. Deswegen ist Ihre These nur bedingt richtig, weil es eben durchaus Holzhändler gibt, die Zweischicht-Parkett professionell vermarkten.

Nichtsdestotrotz werden wir uns sicherlich auch um Zweischicht-Könner aus dem Bereich des Bodenbelagsgroßhandels bemühen, wenn wir eine professionelle Marktabdeckung und Absatzentwicklung generieren wollen. Und das ist unsere Intension.
aus Parkett Magazin 03/13 (Wirtschaft)