Interview mit Geschäftsführer Hinrich Klatt

"Neue Tätigkeitsfelder zu erschließen hat für uns Priorität"


Parkett im Holzhandel: Herr Klatt, bei einer überdachten Hallenfläche von mehr als 14.000 m lässt sich leicht erahnen, dass der Schwerpunkt Ihres Unternehmens im Großhandel liegt. Das heißt jedoch nicht, dass das Endkundengeschäft halbherzig betrieben wird, wie Ihr attraktiv gestalteter Fachmarkt verdeutlicht. Wie viel Prozent Ihres Gesamtumsatzes entfällt auf den Einzelhandel?

Hinrich Klatt: Etwa 10%, wobei man wissen muss, dass es beim Groß- und Einzelhandel gewisse Abgrenzungsprobleme gibt. Zum besseren Verständnis: Am Standort Lübeck haben wir schon immer Einzelhandel betrieben, aber nie in Konkurrenz zum Handwerk, vielmehr in einer Art Symbiose. Deshalb bieten wir Endkunden auch keine Verlegeleistung, sondern vermitteln sie an Handwerksbetriebe, die dann die Möglichkeit haben, ein Gesamtpaket aus Ware und Montage zu verkaufen. In der Umsatzstatistik taucht dieser Posten natürlich nicht unter Einzelhandel auf, da es sich um ein klassisches Großhandelsgeschäft handelt.

An dieser Stelle lässt sich Groß- und Einzelhandel vielleicht auch nicht wirklich trennen. "Mit Holz bauen und leben" ist ein eher ganzheitlicher Ansatz. Wo es zum Schluss zum Bedarf kommt, ist nicht vorhersehbar, aber wir werden immer irgendwie mit im Boot sitzen.

PiH: Welche Produktgruppen bevorraten Sie im Einzelhandel?

Klatt: Vorwiegend Fußböden und Innentüren sowie teilweise Gartenholz, insbesondere Terrassenbeläge in großer Vielfalt, Sichtschutzelemente und die Holzland HQ-Gartenwelt - ein Geschäftsfeld, das wir ausweiten wollen, nachdem jetzt die erforderlichen Außenflächen zur Verfügung stehen.

PiH: Was den Einzelhandel betrifft, dürfte ihre Mitgliedschaft bei der Holzland-Kooperation vorteilhaft sein?

Klatt: Besonders deutlich wird das an unserem Fachmarkt, der von Holzland geplant und realisiert wurde. Unser Beitrag bestand darin, einige Projekte zu besichtigen und anschließend unsere Vorstellungen zu formulieren. Nach zwei Treffen mit der Holzland-Planungsabteilung waren wir erst wieder bei der Bemusterung der Ausstellung gefordert. Ohne die Hilfe von Holzland wäre das kaum zu schaffen gewesen. Die Mitgliedschaft in einer Verbundgruppe lohnt sich jedoch in vielfacher Hinsicht. Denken Sie nur an die Konditionsvorteile im Einkauf, die ein einzelnes Unternehmen nie erzielen könnte.

PiH: Kommen wir zum Großhandel: Wo liegen dort die Sortimentsschwerpunkte?

Klatt: Als Holzgroßhändler sehen wir uns als absoluter Vollsortimenter mit einem Schwerpunkt im konstruktiven Bereich. Übrigens: Für unseren Verwaltungsneubau kamen - abgesehen von Heizung/Lüftung, Sanitär und Elektrik - ausschließlich Materialien aus unserem Sortiment zum Einsatz, ob Holzkonstruktion, Außendämmung und Putz, Fenster und Türen, Decken, Dachaufbau oder Fußböden einschließlich Isolierung.

PiH: Welchen Umsatzanteil haben die wichtigsten Produktsegmente?

Klatt: Die Umsatzanteile klar zu definieren, ist nicht einfach. Zum Beispiel werden Terrassendielen bei uns nicht unter "Holz im Garten" erfasst, sondern als Hobelware. Auch Massivholzdielen werden unter Hobelware erfasst und nicht unter Fußböden. Über alle Standorte hinweg macht der Bereich Holz (Konstruktionsholz, Hobelwaren, Brettschichtholz, Bauholz etc., Anm. d. Red.) 36% aus. Es folgen Holzwerkstoffe und Holz-Kunststoffe (22%), Fenster & Türen (23%), Trockenbau (10%) und Fußboden (9%).

PiH: Gibt es Sortimentsbereiche, mit denen sich Ihr Unternehmen vom Branchendurchschnitt abhebt?

Klatt: Es gibt zwar einen statistischen Branchendurchschnitt, aber nicht den Durchschnittsbetrieb. Die Firmen haben ihre Stärken über viele Jahre hinweg entwickelt, je nachdem wie sie in Abhängigkeit vom Wettbewerbsumfeld ausgerichtet waren. Ein Unterscheidungsmerkmal unseres Unternehmens könnte darin bestehen, dass Bau-elemente einen relativ hohen Anteil haben. Das trifft vor allem auch für Sonderanfertigungen zu, die in dieser Region sehr stark beim Großhandel angesiedelt sind.

PiH: Die größte Bedeutung im Großhandel dürfte die Belieferung des Handwerks haben?

Klatt: Absolut, wobei ich die Bezeichnung Handwerk gern durch holzverarbeitende Betriebe ersetzen möchte. Das sind im wesentlichen Tischler und Zimmerleute, die sich vermehrt weiterentwickeln zu reinen Holzrahmenbauern, Plattenverarbeitern, Treppenbauern sowie zu Spezialbetrieben, die sich kaum noch zum konventionellen Handwerk zählen lassen. Leider gibt es in unserer Region viel zu wenig Industriebetriebe, die Holz verarbeiten wie das früher beim Schiffsbau der Fall war.

PiH: Ist für Sie der werkstattlose Handwerker ein Thema?

Klatt: Wenn eine gewisse Kontinuität gewährleistet ist, durchaus. Unser breit gefächertes Programm und der hohe Anteil an vorgefertigten Elementen und Halbfabrikaten im Lager ist da sicher hilfreich. Die Nutzung von immer weiter vorgefertigten Teilen ist ja auch im traditionellen Handwerk inzwischen sehr verbreitet. Die Grenzen sind hier sehr verschwommen. Die geforderte Vielfalt kann nur ein starker Händler wirklich effektiv darstellen.

Allerdings ist nicht zu verkennen, dass der Übergang vom werkstattlosen Handwerker zum werkstattlosen Schwarzarbeiter eine Grauzone beinhaltet. Auf diesem Terrain sind meist Alleskönner unterwegs, die wir gerne dem Baumarkt überlassen. Dessen breitgefächertes Angebot kommt dieser Klientel ohnehin sehr entgegen.

PiH: Stellt die neue EU-Holzhandelsverordnung für Sie ein Problem dar?

Klatt: Das Thema trifft uns natürlich nicht unvorbereitet. Dass wir direkt bei den Erzeugern kaufen und diese schon sehr lange kennen, ist ein Vorteil. Dennoch: Das Überprüfen der gelieferten Ware ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Bis jetzt haben wir bei unseren eigenen Importen nichts zu beanstanden gehabt, und wir gehen davon auch für die Zukunft aus.

PiH: Welche Bedeutung haben Baustoffe für Ihr Unternehmen?

Klatt: Produkte aus dem Bereich Baustoffe haben uns schon immer sehr intensiv beschäftigt. Wenn der Zimmermann einen Dachstuhl kauft, ist es naheliegend, ihm auch die Isolierung, Gipskarton und Folien anzubieten. Für einen zusätzlichen Impuls sorgte in diesem Segment, dass mit der Übernahme von Hagendorf + Sielmann in Hamburg eine Abteilung zur Verfügung stand, die fast ausschließlich Trockenbauer belieferte.

Neue Tätigkeitsfelder zu erschließen, hat für uns Priorität. Unter anderem spielt das Thema energetische Sanierung im Zimmereibereich eine zentrale Rolle. Das geht inzwischen soweit, dass wir für die Dachdämmung Polyurethan-Dachdämmsysteme auf Lager haben, was im Holzhandel eher selten der Fall ist.

Genauso wichtig ist es in Erfahrung zu bringen, welche unserer Produkte in benachbarten Branchen benötigt werden und was unsere Kunden in anderen Lieferantenbranchen kaufen, wir aber auch in unserem Sortiment führen. Neben der Sortimentsfunktion darf auch die Logistik nicht zu kurz kommen. Mit seinen Lagerkapazitäten sowie der Möglichkeit, kostengünstig und effizient zu kommissionieren, ist unser Lübecker Standort ein Pfund, mit dem es sich wuchern lässt.

PiH: Ihre angestammte Region mit Niederlassungen in Rostock und Hamburg bietet demnach genügend Wachstumsmöglichkeiten?

Klatt: Verglichen mit Ballungsgebieten in Nordrhein-Westfalen stellt sich unser Markt sehr überschaubar dar. Dennoch: Mit Hamburg als Oberzentrum vor der Tür, das weit nach Schleswig-Holstein strahlt, sehe ich gute Wachstumschancen, ohne in einen massiven Verdrängungswettbewerb treten zu müssen.
aus Parkett im Holzhandel 03/13 (Wirtschaft)