Proposte 2013 Aussteller trotz Besucherrückgang zufrieden

Käftige Farben bestimmen die Neuheiten

Auch wenn die Gänge nicht so voll waren wie in den Vorjahren: Die Proposte bleibt die wichtigste Fachmesse ihrer Art für Stoffe. Dass die Verantwortlichen das Konzept jetzt auch nach China tragen wollen, sorgte für viel Diskussionsstoff unter den Ausstellern und Fachbesuchern. Außerdem war die nach wie vor angespannte Marktsituation ein großes Thema. Was die Produkte angeht, fielen unter den Neuheiten neben farbenprächtigen Digitaldrucken und ausgefallenen 3D-Effekten besonders raffinierte Strukturen ins Auge. Akzente setzen sparsam eingewebte Metall-, Lurex- oder Bastfäden.

Mit einem Novum begann die Proposte 2013: Erstmals war die Stoffmesse am Comer See nicht ausgebucht. Hatte es in den Jahren zuvor noch Wartelisten gegeben, blieben diesmal als Folge der noch immer nicht überwundenen Wirtschaftskrise Flächen leer - so mancher Aussteller hatte kurzfristig abgesagt. Dennoch war auch die 21. Auflage eine beeindruckende Leistungsschau. Knapp ein Viertel der Kollektionen war der Kategorie Luxus zuzuordnen, gut ein Drittel gehörten in das hochwertige Segment, während ungefähr 20% dem mittleren Bereich zuzuordnen waren. Der Rest verteilt sich überwiegend auf Unikate sowie Unistoffe.

Die heimische Industrie stellt traditionell die Mehrheit der Aussteller und so kam auch in diesem Jahr knapp die Hälfte der 97 Firmen aus Italien. Neben belgischen, französischen, spanischen und britischen Herstellern zeigten auch die deutschen Vertreter Munzert, Delius, Müller Zell, Pongs und die Schmitz-Werke/Drapilux ihr Portfolio.

Auf den Ständen war man trotz eines offiziell leichten, gefühlt allerdings stärkeren Besucherrückgangs zufrieden. Die Gänge wirkten zeitweise deutlich leerer als noch 2012, was nicht nur eine Folge der wirtschaftlichen Situation sein muss: Am Messe-Mittwoch war in Frankreich ein Feiertag, der Schlusstag fiel auf Christi Himmelfahrt; das hätte der Veranstalter bei der Verlegung von Mittwoch bis Freitag auf Dienstag bis Donnerstag beachten sollen. 2014 wird man wieder zu den alten Tagen zurückkehren.

Positives Fazit der Aussteller

Wie dem auch sei: Das Interesse der 6.151 Verleger, Polstermöbelhersteller, Großhändler, Converter, Contract-Einkäufer und Großkunden an den gezeigten Produkten war lebhaft und es wurde geordert. Für Gunnar Pongs, Geschäftsführer bei Pongs Velours, war der Dienstag einer der besten Messetage, die er je erlebt habe. Auch bei Delius liefen die Geschäfte nach Angaben von Vertriebsleiter Gerd Kramer deutlich besser als im Vorjahr. Und für Kerstin Baron-Breunig, Vertriebsleitern bei Munzert, gilt auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten: "Unbestritten ist die Proposte für die Industrie die beste Messe."

Auch das Resümee von Barbara Schmidt-Zock, Referentin Wirtschaft im Heimtex-Verband, fiel positiv aus: "Im persönlichen Gespräch mit den vier ausstellenden Mitgliedsunternehmen Müller Zell, Munzert, Pongs und Schmitz haben diese übereinstimmend das von reinen Herstellerunternehmen geprägte Ambiente als wichtigen Aspekt herausgestellt." Man treffe hier seine Zielgruppe und dies sei schließlich eines der entscheidenden Kriterien bei einer Messeteilnahme. Für Michael Klöckner von der Handelsagentur Klöckner ist die Proposte ein absolutes Muss: "Diese Messe ist so intensiv. Alle, die sich mit exklusiven Textilien beschäftigen, kommen her. Die Proposte ist nicht nur eine Messe, sondern ein Treffen von ,Textil-Wahnsinnigen und von all denen, die Spaß an schönen Stoffen haben."

Wirtschaftliche Lage bleibt angespannt

Aber die Situation der Branche bleibt insgesamt angespannt. "Jeder Monat ist ein Kampf", erklärte Hubert Reinermann von Sati Deutschland. War schon 2012 ein schlechtes Jahr, geht es 2013 noch weiter abwärts. Viele Editeure hätten ihre Orders reduziert, weil die Nachfrage beim Endkunden sinke. Auch der ungewisse Ausgang der Bundestagswahl sorgt für Unsicherheit ob der steuerlichen Konsequenzen. Dabei läuft das Geschäft in Deutschland noch vergleichsweise gut. Das gelte auch für Osteuropa. In den USA geht es wieder bergauf, auch weil der Dollarkurs die Exporte begünstigt. In Brasilien und anderen Teilen Südamerikas sowie auf dem chinesischen Markt gebe es interessante Projekte. Aber Spanien, Italien und auch Frankreich seien weggebrochen, war in den Gesprächen zu erfahren.

Und natürlich droht weiterhin die billige Konkurrenz aus Fernost. Mit innovativen Produkten, die durch besondere Eigenschaften und hervorragende Qualität überzeugen, stellt man sich hierzulande den Wettbewerbern. Technische Finessen und handwerkliches Können sind gefragt. "Die Verkaufschancen liegen in den Spezialitäten", formulierte es Klaus Munzert.

Für diese Spezialitäten braucht es die richtigen Vorprodukte. Aber die Zahl der Garnlieferanten wird immer geringer. Das verkompliziert die Logistik und macht es immer schwieriger, solche Garne zu bekommen, die die technischen Anforderungen der Webereien erfüllen. Außerdem braucht es eine gewisse Garantie für Nachlieferungen, um eine Kollektion zuverlässig im Markt zu platzieren. Bei Munzert sind das mindestens zehn Jahre. "Es ist schwierig, eine Spinnerei zu finden, die das garantiert", so Kerstin Baron-Breunig. Und eine solche Garantie nutzt im Falle einer Insolvenz des Lieferanten auch nichts mehr. Es kann für Webereien existenzbedrohend sein, wenn sich nicht zügig gleichwertiger Ersatz beschaffen lässt.

Von Preiserhöhungen in der Größenordnung von 2% war in Zusammenhang mit der EEG-Umlage die Rede, deren Kosten an die Kunden weitergegeben werden müssten. Dabei spielt vor allem im Objektgeschäft der Preis eine entscheidende Rolle, weil die Budgets nicht überschritten werden dürften. Hier gebe es harte Konkurrenz, war allgemein zu hören.

Jenseits des Preises orientiere sich der Objektkunde auch an der Höhe der Scheuertouren. "Dabei wären Pillingwerte wesentlich objektiver", so Hannes Neubert, Chefdesigner bei Munzert.

Proposte nimmt chinesischen Markt ins Visier

Das Gastgeberland plagen derweil ganz andere Sorgen: Italiens Wirtschaft durchlebt derzeit die längste Durststrecke der Nachkriegszeit und ist auf dem Weg in eine tiefe Rezession. Nach zuletzt sieben Quartalen mit gesunkener Wirtschaftskraft prognostiziert die EU-Kommission der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone für das laufende Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 1,3%. "Wir haben also eine wirtschaftliche Herausforderung erreicht, die die Historiker als erste tatsächliche Krise definieren werden", bekennt Mauro Cavelli, Vorsitzender der Proposte, in seinem Grußwort im Messekatalog 2013. Für ihn liegt die Zukunft der italienischen Stoffhersteller im Ausland, war auf der Pressekonferenz zu erfahren: "Dabei ist China extrem wichtig und unser erster Angriffspunkt."

Im Reich der Mitte wollen die Macher der Proposte ihren Namen als Marke etablieren und damit gleichzeitig die Stellung der europäischen Textilindustrie auf dem dortigen Markt stärken. Unter dem Schirm der Proposte und in Zusammenarbeit mit der Messe Frankfurt werden europäische Stoffhersteller vom 27. bis 29. August auf einem Gemeinschaftsstand an der Intertextile Shanghai Home Textiles teilnehmen und im Proposte China Pavillon ihre Innovationen zeigen.

In Como war der Messeableger in Asien das große Thema. Seine Befürworter betonen die Chancen auf dem Wachstummarkt, denn europäische Marken genießen dort hohes Ansehen. Ganz anders die Skeptiker: Sie befürchten, die Chinesen seien nur am Know how interessiert. Doch das ficht Mauro Cavelli nicht an: "Wir müssen dahin gehen, wo europäische Spitzenprodukte gefragt sind. China ist ein Schlüsselmarkt."

Deutsche Hersteller skeptisch

Zu den Befürwortern gehört auch Luca Farhanghi, CEO von Lodetex. Die Italiener haben bereits 2012 in Shanghai ausgestellt. "Die Proposte ist in China bekannt. Wenn wir unter ihrer Schirmherrschaft ausstellen, müssen wir nicht so viel erklären." Ähnlich sieht das Martin Auerbach: "Das Interesse an hochwertigen europäischen und speziell deutschen Produkten am asiatischen Markt steigt kontinuierlich. Die Messe Frankfurt bietet mit ihren Veranstaltungen, darunter die Intertextile Shanghai Home Textiles, die richtigen Plattformen gerade für deutsche Qualitätshersteller. Durch die Kooperation mit der Proposte wird der Zugang der asiatischen Einkäufer zu Heimtextilien ,Made in Germany nochmals erleichtert", meint der Geschäftsführer vom Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie.

Allerdings gibt es ein Problem: Von den deutschen Heimtextilern wird wohl keiner in Shanghai dabei sein. Bei ihnen stieß die Ankündigung der Proposte eher auf Unverständnis. Andreas Heydasch von Müller Zell sprach sich klar dagegen aus, die eigenen Innovationen in China zu zeigen. Selbst in Como hatte die Weberei wegen des Musterklaus nicht ihr gesamtes Portfolio dabei. "Einige Entwicklungen werden nur im Haus gezeigt", so Heydasch, der noch auf eine andere mögliche Folge aufmerksam machte: "Viele asiatische Besucher werden sich den weiten Weg nach Como sparen und stattdessen nach Shanghai gehen."

Bernd Kout, Geschäftsführer bei Gebr. Munzert, betrachtet die Sache differenziert, sprach sich aber auch gegen den chinesischen Ableger aus: "Wenn wir es nicht schaffen, unsere Kunden nach Frankfurt zu bekommen - Stichworte: Visa, Sicherheiten, Bürokratie -, können wir nicht die Messegesellschaften dafür verantwortlich machen. Aber was will ich in China? Dort gibt es verschiedenste Handelsbeschränkungen. Und sobald die Chinesen in der Geschäftsbeziehung keinen Vorteil mehr sehen, lassen sie einen fallen - trotz bestehender Verträge."

Hans Schüssel, Geschäftsführer der Weberei Rohleder, die während der Proposte ihre Neuheiten in einer nahegelegenen Villa vorstellte, ist grundsätzlich skeptisch, wenn es um die Transformation gut eingeführter europäischer Messekonzepte in andere Weltregionen geht, weil sich die hiesigen Hersteller die Teilnahme in Fernost kaum leisten können. Gleichzeitig räumte er ein: "All die Möbelmarken boomen in China. Die Verbraucher dort kaufen das Original - und wir die Kopie aus China."

Die Zeit wird zeigen, wer mit seiner Einschätzung richtig liegt. Für die Premiere der Proposte Shanghai haben sich nach aktuellem Stand 23 Unternehmen angesagt. Mit dabei sind unter anderem aus Italien Mario Cavelli, Pozzi Industria Tessile, Clerici Tessuto, Fiorete und Vigano, aus Belgien Nelen & Delbeke und aus Spanien Vilber.

Inspiration aus der Mode

Doch zurück nach Como und den dort gezeigten Kreationen. Die sind oft und gerne beeinflusst von den Trends aktueller Modekollektionen, vor allem was die Farben angeht. Dauerte es in der Vergangenheit noch bis zu zwei Jahren, bis sich neue Töne von den Laufstegen auch in den Interieurs wieder fanden, hat sich diese Zeitspanne zwischenzeitlich deutlich verkürzt: "Als Akzentfarbe wird sofort damit gespielt", erklärte Heco Designerin Petra Götte, die sich auf der Proposte umschaute. "Aktuell sind das Messing- und Gelbvarianten, Oliv und Hummer/Flamingo, jeweils in Kombination mit hellen Naturtönen und Kitt."

Ohnehin wird es insgesamt bunter. Kräftige, freundliche Farben bestimmten die Neuheiten. Vereinzelt wurde es richtig dynamisch mit kräftigem Rot-Orange, Apfelgrün, aber auch Lila und Lime. Dazu wird gerne Pastelliges wie Cremeweiß, Schlamm, Bleu, frisches Limettengrün, Rosé oder Silbergrau kombiniert. Zart eingewebte Metall-, Lurex- oder Bastfäden setzen Akzente und sorgen mit leichtem Glanz für ein bisschen Glamour. Kontraste werden noch bewusster herausgearbeitet. Lurex auf strukturiertem Leinen oder Chintzungen auf unregelmäßigen Fonds erzeugen Lichtreflexe und betonen die Struktur.

Extras werten die hochwertigen Stoffe noch weiter auf. So betont Clerici Tessuto die Konturen eines Blütendessins auf natürliche Art durch eingewebte Bastfäden. Pongs Velours bestickt jedes Gewebe ganz nach individuellem Kundenwunsch. Müller Zell zeigte ein Doppelgewebe mit flottierenden Lurexfäden, die dank raffinierter Anbindungen an einen Wasserfall im Sonnenschein erinnern. Voluminöse und doch leichte Stoffe erzielen die Oberfranken durch Schrumpfeffekte und Bindungswechsel. Mit der Übernahme der Schweizer Weberei von Weissbrod-Zürrer und deren Portfolio im transparenten Bereich hat Müller Zell sein Angebot fürs Objekt entsprechend erweitert und kann so eine zusätzliche Klientel bedienen.

Digitaldruck weiter im Kommen

Voll im Trend liegen Digitaldrucke mit hoher Farbigkeit, aquarelligen Floral-Dessins und Batik-Verläufen. So druckt Lodetex bis 330cm Breite digital, Objektspezialist Delius bringt schon ab einem Quadratmeter jedes gewünschte Motiv auf den Stoff. Neu sind Ikat-Muster und Ethno-Motive mit Farbverläufen, verwaschenen Nuancen oder ausgefransten Rändern.

Eine Fülle an Blumenmotiven war auf Vorhängen und Polsterstoffen zu sehen. Flock- oder digital bedruckt, als Fil Coupé oder Jacquard, mit stilisiertem Design oder mit übergroßen Mustern. Organisch Strukturen wie Steine, Baumrinden oder Schalen werden in körnigen bis 3D-Musterungen umgesetzt.

Rational und streng geben sich abstrakte, geometrische Dessins in Allover. Kreise, auch modifiziert, Zick Zack, Bienenwaben und Streifen zeigen sich in schmückender Ausstattung von farbenfroh bis bikolor minimalistisch, mit Ombreeffekten und als Wechselspiel mit unterbrochenen Rastern.

Der klassische und luxuriöse Bereich überrascht durch verschwenderische Eleganz. Opulenz, Raffinesse, 3D-Strukturen, Hoch-Tief- und subtile Matt-Glanz-Effekte sorgen für Oberflächenspannung. So arbeitet Munzert bei Polsterstoff-Doppelgeweben mit Füllschuss und gewebter Steppoptik, um ausgefallene mehrdimensionale Strukturen mit Buchstaben oder Punkten, Rauten oder Endlos-Linien zu erzielen, aber auch, um eine besondere voluminöse Haptik zu erzeugen. Leinen hat einen großen Anteil an den neuen Kompositionen und wird für hervorragende akustische und wärmeisolierende Eigenschaften herausgestellt. Auf Cellulose basierende Fasern wie Baumwolle, Modal und Viscose bleiben angesagt.

Haptische Stoffe werden mit unterschiedlichsten neuen Garnen und Garnmischungen gearbeitet. Aufwändige Webtechniken und auffällige Garnungleichheiten erzeugen Vintage-Strukturen und abgetretene Oberflächen. Leinwand und Korbgeflechte haben zu neuartigen Stoffkreationen geführt. Brokate, Damaste und konventionelle Jacquards setzen auf eine neue Identität. So schaffen technologische Errungenschaften und ungewöhnliche Garnkombinationen gekörnte Effekte, Matt-Glanz-Effekte und plastische Gewebebindungen: Prägungen, der Einsatz von Wärme und Stickereien führen zu interessanten 3D-Effekten.
aus BTH Heimtex 07/13 (Wirtschaft)