Mood 2013: Die Stimmung war besser als die Lage

Die Qualität stimmt

Angesichts eines deutlichen Aussteller- und Besucherrückgangs besteht bei der Brüsseler Möbelstoff- und Heimtextilien-Fachmesse Mood Handlungsbedarf über den für 2014 angekündigten Umzug in die Halle 5 hinaus. Zumindest stimmte in diesem Jahr die Qualität der Besucher, so dass das Messefazit insgesamt positiv ausfällt.

Emotion lautete das Motto der diesjährigen, inzwischen fünften Auflage der Brüsseler Fachmesse Mood. Gemeint war natürlich das Angebot an Möbel- und Dekorationsstoffen sowie Tapeten - und die wussten auch zu gefallen. Für schlechte Emotionen/Stimmung sorgten allerdings zunächst einmal die gesunkenen Aussteller- und Besucherzahlen. 200 Firmen aus 25 Nationen zeigten ihre Neuentwicklungen mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf Möbelstoffen, die bei 95% der Aussteller im Programm waren, vor Deko und Gardine (66%) und Wandbekleidungen (15%). Das waren 15 Unternehmen weniger als im Jahr zuvor. Kreative Firmen wie Müller-Zell und Lodetex, aber auch Trevira, die nach 17 Jahre Sponsoring nicht mehr in Brüssel dabei waren, wurden mit ihren stets aufs Neue innovativen Stoff-Kreationen vermisst. Immerhin verbuchte der Contract Bereich einen erfreulichen Zuwachs auf 66 Aussteller.

Aussteller und Besucher bleiben weg


6.200 Besucher interessierten sich für die gezeigten Sortimente. 2012 waren es noch 7.000, 2010 sogar mehr als 8.000. Wie es hieß, fehlten Kunden aus den südosteuropäischen Krisenstaaten und aus arabischen Ländern. Auch die deutsche Möbelindustrie schickt kaum noch Einkäufer auf die Mood. Der Termin sei wegen der anstehenden Hausmessen und M.O.W. grundsätzlich ungünstig, heißt es. "Deswegen gehen viele Produzenten lieber zur Proposte", so Bruno Lehmann von Hornschuch: "Der Markt zerfällt, die Entwicklung ist bedenklich." Die parallel stattfindende Designmesse Indigo verzeichnete mit 102 Ausstellern übrigens ein Plus von 2%.

Angesichts der Entwicklung der Mood forderte Michael Klöckner von der Agentur für schöne Stoffe: "Die Messe muss sich etwas einfallen lassen. Nebenan im Sheraton-Hotel präsentieren immer mehr Firmen ihre Neuheiten und machen der Mood Konkurrenz. Auf den Gängen trifft man mehr Lieferanten und Handelsvertreter als Kunden." Matthias Krüger von der Personal- und Unternehmensberatung Krüger, Väth & Partner sieht die Mood schon auf dem Weg zur Regionalmesse. Und Martin Auerbach, Geschäftsführer im Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie meinte: "Es ist schon erschreckend, einen solchen Schrumpfungsprozess erleben zu müssen; viele Beteiligte machen sich ernste Sorgen um die Mood."

Bei der Suche nach den Gründen wird natürlich auf die EU-Finanzkrise und die zumindest zum Teil daraus resultierende Krise der europäischen Textilindustrie verwiesen. Die Strukturen haben sich verändert, eine ganze Reihe von Unternehmen ist sogar vom Markt verschwunden. Immerhin erklärte die Messeleitung, es gebe erste Anzeichen eines Aufschwungs in der Industrie. Das mochte stellvertretend für andere deutsche Firmen Kerstin Baron-Breunig, Vertriebsleiterin Munzert, so nicht bestätigen. Nach einem guten Jahresbeginn sei der Einbruch in der Urlaubszeit sogar noch deutlicher ausgefallen als in der Vergangenheit. Zumindest hat sich die Lage auf den Rohstoffmärkten weiter stabilisiert - wenngleich die Chinesen gerade bei Baumwolle große Mengen einkaufen. Für Polyester seinen wegen der steigenden Ölpreise geringfügige Preiserhöhungen angekündigt. Ein größeres Problem bedeute die EEG-Umlage - gerade mit Blick auf die Ausrüstungspreise. "Das ist nicht so schön in einer Zeit, wo der Markt ohnehin schwierig ist", so Baron-Breunig.

Zurück zur Mood: "Ein paar Aussteller hier machen es richtig gut, und die muss man packen", so der Kommentar von Andreas Heydasch, ehemaliger Müller-Zell Geschäftsführer. Ohnehin lautet die positive Erkenntnis der Mood 2013: Fehlende Masse bedeutet hier nicht fehlende Klasse. So mancher Besucher war positiv überrascht von dem, was er geboten bekam. Und trotz des Besucherrückgangs bewerteten viele Aussteller die Messe als gut. Dem Publikum wurde durchweg eine hohe Qualität bescheinigt. "Wir haben gute Gespräche geführt", zog Bernd Kout Bilanz. "Die Kunden haben sich viel Zeit genommen. Aber kommen die 2014 wieder?", fragte sich der Geschäftsführer von Gebr. Munzert.

Weniger Masse, aber nicht weniger Klasse


Christoph Stieger von der schweizer Weberei Engelbert Stieger berichtete von namhaften Verlegern etwa aus Japan und Übersee am Stand. "Man muss Präsenz zeigen, damit der Kunde nicht woanders kauft", zieht er den Schluss. Bei Castilla Textil, einem Familienbetrieb aus Spanien, sprach man ebenfalls von neuen Kontakten aus aller Welt. Und Bernd Wiebusch von der Handelsagentur Barckmann meinte: "Vor allem Kunden aus dem skandinavischen Raum kommen zahlreich und schreiben auch gute Aufträge. Wir als Handelsvertreter brauchen die Mood als Bühne."

Diese Bühne wird 2014 übrigens in einer anderen Halle stehen. Dann findet die Messe in der Halle 8, dem Patio und der Halle 5 statt. Letztere galt bei der Weltausstellung 1935 als Symbol des Fortschritts und ist ein schönes Beispiel für Art Déco in Brüssel. Aber nicht alle Aussteller begrüßen den Umzug.

Der angesichts der nackten Zahlen besorgte Martin Auerbach war mit dem Angebot der Mood 2013 ebenfalls zufrieden: "Ich bin von dem Ambiente sehr angetan, denn hier gibt es ganz überwiegend hochwertige, tolle Stoffe mit topmodernen Designs und Konstruktionen zu sehen." Wenn man sie denn sehen kann, denn Auerbach stellte zu den Messeständen fest: "Eingeschränkt wird der Blick leider durch die offensichtlich wieder in Mode kommenden Burgen. Ich kann nur hoffen, dass sich solch ein Trend nicht wieder durchsetzt."

Gelungene Trendshow


Stammgast in Brüssel ist Donata Apelt-Ihling, Apelt Stoffe. Sie sieht die Messe geradezu als Pflichtveranstaltung. Neben dem Kontakt zu Geschäftskunden gefiel ihr in diesem Jahr besonders die Trendshow: "In den großen textilen Installationen mit den verschiedenen Farbbereichen wurden Textil, Farbe, Stile und Modernität gut in Einklang gebracht. Die Vorträge auf dem Trendforum waren sachlich und anwenderorientiert."

Die angesprochene Trendshow beeindruckte mit vier Zukunftsszenarien: Materialien und Farben von "Terre Natale" sind mit Erde, Wasser, der Natur und der Heimat verbunden. Den veränderten Blick auf die Welt spiegelt "So(u)laris" wieder. Transparenz und Offenheit, Lockerheit, Liebe und Ehrlichkeit sind Grundwerte, die mit zarten Tönen assoziiert werden. Farbe kann auch pure Emotion sein. Optimismus und Euphorie verleihen dem Thema "Colorfools" Ausdruck. "Foils", Folien, wird eine große Zukunft prophezeit. Ihre Ästhetik symbolisiert neues Vertrauen. Nach den Vorträgen von Trendexperten wurde abends zum Netzwerken in die Mood Media Bar eingeladen.

Die Verleihung des "Blue Drop Awards" gehört zu den Messe-Highlights. Die Blue Drop Musterbank zeigte die 50 nominierten Stoffe, aus denen die Gewinner gekürt wurden. Mit einem Blue Drop Award für Innovation wurde die oberfränkische Weberei Gebr. Munzert für ihre 3D-Entwicklung "Origami" ausgezeichnet, die von der gleichnamigen japanischen Technik inspiriert ist. Bei der Herstellung fügen sich stabile Einzelflächen zu einem plastischen Ganzen und es entstehen verblüffende 3D-Effekte. Möglich macht das ein Herstellungsverfahren, welches spezielle Faltenmuster entstehen lässt, die bereits im Rohgewebe durch die Jacquard-Technik vordefiniert werden. Dafür gab es im Sommer bereits einen Red Dot Award und die Entwicklung beschert der oberfränkischen Weberei interessante Neukunden, bei denen man früher keine Chance gehabt habe, so Kerstin Baron-Breunig.

Weitere Entwicklungen: Après, über das einfache Waschen und Färben hinaus nachbehandelte Stoffe, veredeln das Produkt zusätzlich. Kreative Finishs machen die Gewebe hochwertiger, individueller und damit schwerer zu kopieren. Produkte mit eingewebten Füllstoffen, Schrumpfgarnen oder Polypropylen werden entsprechend ausgerüstet. Heraus kommen der "Used-Look" oder Stoffe mit dezentem metallischem Schimmer, mit Matt-Glanz-Effekten oder 3D-Wirkung. Insgesamt setzt die Branche auf individuelle Besonderheiten, die nicht jeder hat und die nicht leicht zu kopieren sind.

Die neuen Polsterstoffe präsentieren sich frisch und in lichten Farben mit nordischen Assoziationen, vor allem in hellen Grün- und Grautönen. Gerne wird die Uni-Ausstattung der Polstermöbel mit ausdrucksstarken Kissen kombiniert, sowohl knallig in der Kolorierung mit Orange/Beere oder Türkis als auch dezent mit Naturtönen, Grau, Beige oder Schoko. Ob mit mattem, kurzflorigem Samt - fast in Vintage-Optik -, als Bouclé oder fein strukturiert mit hohem Leinenanteil: Die aktuellen Bezugsstoffe zeigen Frische, Modernität und modischen Pep. Und bestechen durch Haptik, Materialität und Schwere der Ware.

Digitaldruck nimmt auch im Heimtextilienbereich eine immer größere Rolle ein. Die Industrie hofft hier auf einen neuen Wachstumsmarkt. So zeigte als neuer Mood-Partner Hewlett Packard, was digital möglich ist. Das Unternehmen stellt die Drucker her und präsentierte individuell gedruckte Raumgestaltungsgrafiken, Wandtapeten sowie Digitaldruck-Lösungen, die zusammen mit Stardesigner Karim Rashid im Tapeten- und Stoffbereich entstanden sind.

Termin für die nächste Mood: 9. bis 11. September 2014.

Birgit Genz
aus BTH Heimtex 11/13 (Wirtschaft)