Direktmarketing

Der Erfolg wird maßgeblich von der Adresse bestimmt

Direktmarketing ist seit jeher ein Erfolg versprechendes Medium für den Einzelhandel. Wenn nur nicht die hohen Portokosten wären. Um so mehr gilt, was auch früher schon Voraussetzung für den Werbeerfolg war: Die Zielgruppe ist nach ihrem potentiellen Bedarf sorgfältig auszuwählen. Welches sind die besten Adressen? Dieser Beitrag gibt darauf Antworten.

Wer als Einzelhändler Direktwerbung treiben will, muss als Erstes entscheiden, ob er seine Kunden ansprechen will oder aber Personen, die er zu Kunden machen möchte. Um die bestehenden Kunden zu neuen Käufen zu animieren, wird am besten die vorhandene und hoffentlich gepflegte Kundenkartei eingesetzt. Wer aber Menschen ansprechen will, die den Weg in seinen Laden zum ersten Mal finden sollen, muss seine Zielgruppe genau auswählen.

Ein bekannter Lehrsatz lautet: Ein schlecht gestaltetes Mailing - an die richtige Adresse geschickt - ist immer noch erfolgreicher, als das bestgestaltete Mailing an die falsche Adresse. Falsche Adressaten sind solche, die entweder kein Geld oder keinen Bedarf für Investitionen in ihr Zuhause haben. Welches aber sind die richtigen Adressen?

Diese Adressen sind eindeutig solchen Personen zuzuordnen, die ihren Wohnsitz wechseln. Wer umzieht, hat zwangsläufig Bedarf für neue Gardinen, Bodenbeläge, Tapeten, Möbel etc. Jeder zehnte Einwohner Deutschlands zieht im statischen Mittel jährlich einmal um. Nach Angaben der Deutsche Postadress GmbH (einem Tochterunternehmen der Deutsche Post AG) beträgt der Konsumbedarf aller Umzieher in der Umzugsphase rd. 33 Mrd. EUR - und davon allein 2,9 Mrd. für Farben, Tapeten und Bodenbeläge sowie 0,9 Mrd. EUR für Gardinen und Vorhänge. Die Gesamtausgaben pro Umzug belaufen sich im Schnitt auf 5.650 EUR je Haushalt.

Wie kommt der Einzelhandel an Umzugsadressen?

Neben spezialisierten Adressenverlagen **1) kann sich der Werbungtreibende unmittelbar an die Deutsche Postadress GmbH **2) in Gütersloh wenden. Viele Umzieher stellen einen Nachsendeauftrag für Ihren Posteingang in der Post-Filiale oder online. Und damit kommen die Adressen automatisch zustande. Basis für Adressen ist die Acxiom Haushalts- und Privatpersonen-Datenbank, die aus der genannten Quelle und aus weiteren Quellen gespeist und ständig aktualisiert wird.

Allerdings sind die Umzugsadressen nicht über Postadress direkt zu beziehen. Sie werden nur über autorisierte Letter-Shops herausgegeben. Das sind Mailing-Dienstleister, welche drucken, kuvertieren, versenden etc. Das dürfte für den Einzelhandel keine Problem sei, denn Letter-Shops sind reichlich im Telefonbuch verzeichnet. Überdies werden Mailing-Aktionen vom Einzelhandel ohnehin selten in Eigenregie durchgeführt. Man nimmt also Kontakt zu einem dieser Dienstleister auf und grenzt die Zielgruppe ein. Umzugsadressen sind selektiert nach der Zeit verfügbar, die seit dem Umzug vergangen ist: bis zu drei Monate, vier bis sechs Monate und sieben bis zwölf Monate. Die frischesten Adressen sind am teuersten **3). Die Mindestabnahmemenge beträgt 5.000 Adressen.

Die Post bietet den Werbungtreibenden über die Letter-Shops weitere Selektionsmöglichkeiten der Umzugsadressen an. So kann nach sieben Typologien ausgewählt werden: junge Singles in Städten, Familien in Gründung, Familien ohne Kinder etc. Diese Zielgruppen lassen sich außerdem mit dem Merkmal Ein- und Zweifamilienhaus-Besitzer kombinieren. Sowohl für die genannte Selektion nach Typologien als auch für die zusätzliche Selektion nach Merkmal wird ein Aufschlag auf den Adressenbezug pro 0/00 **4) erhoben.

Beispiele für einige Regionen

Die Gretchenfrage für den Einzelhändler ist: Decken sich diese Umzugsadressen mit seinem Einzugsgebiet? Was nützen die besten, am Bedarf orientierten Adressen, wenn sie sich außerhalb des eigenen Aktionsradius befinden? Postadress orientiert sich einerseits an Postleitzahlen und andererseits an Städten. Ein Beispiel für das PLZ-Gebiet 36. Eine Auszählung für die PLZ-Gebiete 36000 bis 36999 ergab für bis zu drei Monate alte Adressen 2.893, für vier bis sechs Monate alte Adressen 2.605 und für sieben bis zwölf Monate alte Adressen die Zahl von 4.805 Adressen.

Der Werbungtreibende zahlt für die Anmietung entweder den Preis für die Mindestmenge (5.000 Adressen) oder mietet mehrere Adresskategorien zusammen an. Sollten aus dem so gemieteten Adressenbestand manche Adressen geografisch nicht mit dem eigenen Vertriebsgebiet übereinstimmen, werden sie halt vor dem Mailing-Versand aussortiert. Postadress hat exemplarisch einmal die vorhandenen Umzugsadressen für Berlin ausgezählt. Sind sie bis zu drei Monate alt, konnten im Dezember 2006 14.585 geliefert werden, sind sie vier bis sechs Monate alt, standen 14.787 zur Verfügung und bei einem Alter von sieben bis zwölf Monaten konnte Postadress 28.733 Adressen bereitstellen. Berliner Einzelhändler, ebenso wie die in anderen Großstädten ansässigen Kollegen können also aus dem Vollen schöpfen und beste Bedarfsadressen punktgenau auf ihr Zielgebiet anmieten.

Übrigens: die sich aus der Mailing-Aktion ergebende Response, wie man die Reaktion der Angesprochenen heute neudeutsch nennt, kann durch die werbende Firma selber erfolgen. Das bedeutet: Die Adressen der Personen, die auf das Mailing reagieren, dürfen vom Werbungtreibenden in die eigene Adressdatenbank übernommen werden.

Nachzutragen wäre noch, dass die Post auch Umzugsmedien heraus gibt, in denen geworben werden kann. Wer einen Postnachsendeauftrag gestellt hat, erhält einen Umzugsratgeber, in welchem mit DIN A5-großen Anzeigen inseriert werden kann. Später bekommt der Umzieher noch eine Auftragsbestätigung mit Kuponbogen und ein persönliches Umzugs-Scheckheft incl. Beilagen an die neue Adresse gesandt. In letzteren kann auch regional, in den anderen Medien allerdings nur bundesweit geworben werden. Daher kommt die Möglichkeit nur für die Industrie bzw. für deutschlandweit agierende Handelsfirmen in Frage.

Auch Umzugsadressen vor dem Umzug?

Die Umzugsadressen von Postadress sind für die Direktwerbung erst dann verfügbar, wenn der Umzug erfolgt ist. Damit sind sie zumindest in der ersten Zeit durchaus wertvoll. Denn viele Anschaffungen werden erst nach dem Einzug ins neue Haus vorgenommen. Noch spannender wäre es, Personen ein Mailing schicken zu können, bei denen der Umzug noch bevorsteht. Denn in den Wochen vor dem Wohnungswechsel wird überlegt, ob die alten Gardinen noch verwendbar oder aufgrund anderer Maße oder des fortgeschrittenen Alters neue anzuschaffen sind, welche Tapeten und Bodenbeläge zu besorgen sind und manches mehr. Aber wie kommt man an solche Umzugsadressen heran?

Die Antwort lautet: über Möbelspeditionen. Sie sind es, die den Umzug bewerkstelligen und gewöhnlich drei, vier Wochen - manchmal noch länger - vor dem Umzugstermin Angebote abgeben bzw. den Vertrag mit den Umzugswilligen schließen. Dem Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) gehören bundesweit 1.150 Möbelspediteure an, so dass eine flächendeckende Versorgung der umziehenden Bevölkerung gewährleistet ist.

Der Werbung treibende Einzelhändler sollte Kontakt mit ortsansässigen Möbelspeditionen aufnehmen und anfragen, ob er von ihnen entsprechende Adressen erhalten kann. Und zwar solche von Personen, die wegziehen als auch von Personen, die zuziehen. Bedarf für Raumausstattungsprodukte entsteht so und so.

Falls die Adressen unter Hinweis auf den Datenschutz nicht herausgegeben werden, schlägt man dem Spediteur vor, seiner Post an die Kunden einen Werbebrief oder Flyer des Händlers beizulegen. Die ist auch als Service zu verstehen. Denn welcher Umziehende kennt schon Heimtextilien- bzw. Raumausstattungsgeschäfte in der Region, in die man zieht? Also denn, ein Versuch lohnt sich.

Noch eine Idee

Nach dem Motto 'Werben, wo Bedarf ist" ging schon in den 80er Jahren ein Braunschweiger Heimtextilienhändler vor. Er suchte sich als Zielgruppe die Bauherren von Ein- und Zweifamilienhäusern aus und setzte folgende Idee in die Tat um: In den Neubaugebieten seines Einzugsbereichs nahm er sich die Rohbauten der Ein- und Zweifamilienhäuser vor und hängte an die frei zugänglichen Wohnungs- oder Haustüren einen kleinen Beutel mit Flyer und Warenproben. Diese Werbung fanden die Bauherren an den Wochenenden vor, wenn sie ihre halb fertigen Häuser besuchten, um nach dem Baufortschritt zu schauen.

Der Händler hängte seine Werbebotschaft übrigens an einem Fleischerhaken auf, der im Haushalt hie und da nützliche Dienste leistet, gerne auch an südlichen Badestränden an den Sonnenschirm gehängt wird, um Badeutensilien zu deponieren. Leider wurden die Haken von ungebetenen Gästen gestohlen. Von da ab hängte der Händler seine Werbung immer erst am Sonnabendmorgen aus.

Alle beschriebenen Möglichkeiten der Direktwerbung haben nur dann den gewünschten Erfolg, wenn alle relevanten Faktoren stimmen. Als da wären: die Bedarfssituation, die Qualität des Mailings und das optimale Timing. Dreh- und Angelpunkt aber ist die Qualität der Adresse. Sie entscheidet maßgeblich über den Erfolg des Ganzen.

Jürgen Bruhn


**1)
- Pronto Business Media GmbH, Zollhausweg 5, 83646 Bad Tölz
- Schober Services GmbH, Max-Eyth-Str. 6-10, 71254 Ditzingen/Stuttgart
- Cosmos Computer & Marketing KG, Wikingerweg 2, 20537 Hamburg
- Couvert-Versand-Service GmbH, Wrangelstr. 100, 10997 Berlin
**2) Deutsche Post Adress GmbH, Am Anger 33, 33332 Gütersloh
**3)
- Adresszugänge der letzten 0 bis 3 Monate, 175,00 EUR p.Tsd.
- Adresszugänge der letzten 4 bis 6 Monate, 150,00 EUR p.Tsd.
- Adresszugänge der letzten 7 bis 12 Monate, 130,00 EUR p.Tsd.
**4) 20,00 EUR p.Tst.
aus BTH Heimtex 11/07 (Handel)