Die neue Generation des Teppichhandels

Thibault van Renne ist erst 26Jahre alt, spricht 6 Sprachen, reist regelmäßig in die Ursprungsländer und führt ein Teppichgeschäft - alleine. Sie glauben das nicht? Es stimmt aber. Carpet XL besuchte den Ausnahme-Teppichhändler im belgischen Gent und lies sich erklären, wie das Konzept des sympathischen Teppichbegeisterten funktioniert.

Vor gut eineinhalb Jahren eröffnete Thibault van Renne sein Geschäft in der zentralen Fußgängerzone der belgischen Universitätsstadt Gent. Der kleine Laden ist kaum größer als 100 Quadratmeter - aber er bietet den Kunden was sie suchen. Zu mehr als 90 Prozent bestreitet Thibault van Renne sein Geschäft mit allen Arten von modern dessinierten Knüpfteppichen. "Nepalesische Ware und moderne Teppiche aus Afghanistan und Pakistan; außerdem Gabbeh und Luribaft", beschreibt er seine Sortimentsschwerpunkte.

Er will nur hochwertige Qualititäten verkaufen, bunte Handtufts oder trendige Langflorteppiche kommen ihm nicht ins Haus. Eine Entscheidung, mit der er gut gefahren ist: Schon in seinem ersten Jahr hatte er beruflich Erfolg und 2007 laufen die Geschäfte bisher noch besser. "Ich bin sehr zufrieden", sagt er, um aber sofort nachzuschieben, dass "auch sehr viel Einsatz dahinter steckt".

Ganz tief in seinem Innern tut Thibault van Renne die Konzentration auf moderne Teppiche aber schon ein bisschen weh: "Ich schätze alte Teppiche sehr - ich liebe etwa Isfahan - aber ich kann so etwas hier leider nicht verkaufen", bedauert er. Immerhin: Einen kleinen Stapel klassischer Ware bietet er seinen Kunden an.

Doch wie funktioniert sein Konzept? Wie kann man heute ein Ladengeschäft in einer solchen Lage erfolgreich führen? "Die strikte Kontrolle der Fixkosten ist die Basis für meinen Geschäftserfolg" meint er. Also arbeitet van Renne komplett alleine. Nur eine studentische Aushilfe unterstützt ihn gelegentlich. Der glückliche Umstand, im eigenen Haus in hervorragender Lage zu sitzen hilft Miete zu sparen.

Außerdem setzt van Renne nahezu ausschließlich auf eigene Importe direkt aus den Ursprungsländern - Bilder an den Wänden, die ihn vor Ort im Orient zeigen, legen davon Zeugnis ab. "So sehe ich mehr, erfahre viel - und kann deshalb oft besondere Stücke zuerst anbieten".

Ist van Renne auf Einkaufsreisen, bleibt das Geschäft geschlossen. Im vergangenen Jahr war das Geschäft insgesamt zwei Monate lang wegen diverser Handelsreisen geschlossen. Während er geschäftlich im Iran, in Pakistan oder Afghanistan - ja, trotz der unsicheren Lage auch dort - unterwegs ist, hängt ein Schild an der Tür: "Ich bin auf Reisen, um schöne Teppiche für Sie auszusuchen."

Auch geschlossen bleibt das Geschäft am Donnerstag, hier macht er seine Hausbesuche bei den Kunden. Neben der Beratung im Laden hat der Besuch bei seiner Klientel direkt vor Ort für ihn eine extrem hohe Bedeutung. "Wenn ich die Kunden daheim besuche und ihre Einrichtung sehe, so kann ich danach viel bessere Empfehlungen abgeben: Welcher Teppich passt optimal zu den Vorhängen, zum Sofa oder zur sonstigen Einrichtung", schildert er.

Trotzdem: So jung - und schon so ein "alter Teppichhase"? Einen wichtigen Grund dafür gibt es: "Ich wurde mitten in die Teppich-Aktivitäten meines Vaters hineingeboren", klärt er auf. Sein Vater, Luc van Renne, arbeitete erst lange Jahre als Lehrer, bevor er sein Teppich-Hobby zum Beruf machen konnte: "Ich kann mich an viele Wochen meiner Kindheit erinnern, in denen unsere Garage bis obenhin vollgestopft mit Teppichen war".

Die Qualität seiner Teppiche ist für Thibault extrem wichtig - das hat der Junior schon vom Senior gelernt. "Mein Vater und ich untersuchen auf den Knien jeden einzelnen Teppich direkt im Herkunftsland. Das sorgt dort immer für Aufsehen - oft für Gelächter, manchmal aber auch für Ärger...", sagt er.

Und wie ist das "Teppich-Verhältnis" zwischen Vater und Sohn? Da denkt der Sohn kurz nach und lobt: "Mein Vater hat mir sehr viel beigebracht. Davon profitiere ich noch immer."
aus Carpet Magazin 04/07 (Handel)