Vier aktuelle Urteile für Boden- und Parkettleger

Wie würden Sie entscheiden?

Vier reale Rechtsfälle können Boden- und Parkettleger in der täglichen Praxis helfen. Lesen Sie jeweils den ersten Absatz der Fälle und fragen Sie sich dann: Wie würden Sie entscheiden? Die Auflösung des Falls folgt unmittelbar anschließend. Andreas Hanfland, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt, hat die vier aktuellen Rechtsfälle zusammengestellt.

Fall 1

Der Bauherr (B) beauftragt den Unternehmer (U) mit der Verlegung von Linoleumbelägen in einem Krankenhaus. Als feste Ausführungszeit wurde der 01.01.2005 bis 01.04.2005 vereinbart. Gleichzeitig wurde wirksam eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass U die Arbeiten schuldhaft nicht fristgerecht ausführt. Abgeschlossen wurden die Arbeiten einen Monat später am 01.05.2005. Aufgrund zahlreicher Aufträge stellt U die Schlussrechnung erst am 01.03.2007. B prüft und akzeptiert die Rechnung, zieht jedoch eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 EUR ab, welche sich B bei Abnahme vorbehalten hatte. U wendet ein, dass ihm an der Verzögerung (was auch zutrifft) kein Verschulden trifft. Es gab mehrere bauseits verursachte Verzögerungen, welche U auch immer angezeigt hat. B behauptet jedoch, er habe jeweils nach Erhalt der Behinderungsanzeige die Behinderungen abgestellt, zudem hätte U woanders weiterarbeiten können. U selber kann sich nicht mehr daran erinnern, wann die Behinderungen jeweils abgestellt wurden, meint jedoch dass diese mindestens jeweils 3 Tage gedauert haben. Er klagt daher auf Zahlung der 5.000,00 EUR.

So hat das Gericht entschieden: Die Klage wurde abgewiesen. Ist in einem Vertrag eine feste Ausführungszeit und eine Vertragsstrafe vereinbart und wird die Ausführungsfrist nicht eingehalten, so muss der Auftragnehmer beweisen, dass ihn an der längeren Ausführungszeit kein Verschulden trifft, um die Vertragsstrafe zu verhindern. Hier konnte U zwar darlegen, dass jeweils eine Behinderung vorlag, er konnte jedoch nicht mehr darlegen, wie lange er aufgrund dieser Behinderung nicht mehr arbeiten konnte. Die Rechtsprechung stellt hier sehr hohe Anforderungen. Der Auftragnehmer muss darlegen, in welchem Zeitraum er welche Arbeiten ausführen wollte, wann eine Behinderung eintrat, wie lange er aufgrund dieser Behinderung nicht arbeiten konnte und auch ob er andere Arbeiten nicht vorziehen konnte. Dies konnte U im vorliegenden Fall nicht mehr, da der Auftrag bereits zulange zurücklag und er bis auf die Behinderungsschreiben keine weiteren Aufzeichnungen mehr hatte. Fazit dieser Entscheidung ist, dass es nicht ausreicht, lediglich Behinderungsanzeigen zu schreiben. Es kann nur jedem Handwerker empfohlen werden, ein ausführliches Bautagebuch zu führen, in dem festgehalten wird, wann und wer welche Arbeiten (beispielsweise CM-Messungen, Verlegung von 55 qm Parkett im Raum XY) genau ausgeführt wurden. Bei einer Behinderung sollte genau festgehalten werden, wann diese Behinderung eingetreten ist und welche Auswirkungen die Behinderung hatte, insbesondere wie lange diese Behinderung dauerte und warum nicht anderweitig gearbeitet werden konnte.


Fall 2

Bauherr (B) tritt an den Parkettleger (P) heran, welcher Inhaber eines Parkettlegerbetriebes ist. B möchte seine Villa komplett mit hochwertigem Parkett ausstatten. P wittert hierin ein gutes Geschäft und macht dem B ein Angebot, wobei er jeweils untergliedert in einzelnen Positionen Einheitspreise für seine Leistungen aufführt (Einheitspreisangebot). Das Angebot endet auf 23.512,00 EUR. Aufgrund dieses Angebotes fand am 23.05.2007 ein Gespräch in der Villa des B statt, bei dem der B das Angebot des P uneingeschränkt angenommen hat. Nach Ausführung der Arbeiten stellt P seine Schlussrechnung in Höhe von 23.495,13 EUR auf Basis seines Angebotes. B zahlt aber lediglich 20.000,00 EUR und behauptet, man habe sich bei dem Gespräch am 23.05.2007 darauf geeinigt, dass die Arbeiten zu einem Pauschalpreis von 20.000,00 EUR ausgeführt werden. P verklagt den B nunmehr auf Restwerklohnzahlung.

So hat das Gericht entschieden: Das Gericht hat im vorliegenden Fall die Klage abgewiesen. Sowohl P als auch B haben vor Gericht jeweils glaubhaft geschildert, dass man sich auf einen Einheitspreisvertrag bzw. einen Pauschalpreisvertrag geeinigt hat. Das Gericht wusste nicht, wem es mehr Glauben schenken sollte. Weitere Zeugen gab es nicht. Es musste daher auf die allgemeinen Beweislastregeln zurückgreifen. Dies bedeutet, dass derjenige, der etwas begehrt, beweisen muss, dass ihm der geltend gemachte Anspruch zusteht. Behauptet der Auftraggeber nachvollziehbar, dass ein Pauschalpreis vereinbart wurde, so muss der Auftragnehmer beweisen, dass kein Pauschalpreis vereinbart wurde. Dies konnte P im vorliegenden Fall nicht, da das Gespräch nur zwischen P und B stattgefunden hat. Aufgrund der vorgenannten Beweislastregel hat das Gericht daher die Klage abgewiesen. Fazit der Entscheidung ist, dass jeder Vertrag vor Ausführung nochmals schriftlich fixiert und durch Unterschrift des Auftraggebers bestätigt werden sollte. Ansonsten drohen böse Überraschungen.


Fall 3

Der Handwerker (H) führt für den Bauherrn (B) Bodenbelagarbeiten aus. Die VOB/B ist vereinbart. Ungefähr ein Jahr nach Ausführung der Arbeiten wölben sich die von H angebrachten kunststoffummantelten Fußbodenleisten. Ursache der Wölbungen war eine überhöhte Restfeuchte aus der Wand, welche zum Zeitpunkt der Anbringung der Fußleisten noch vorhanden war. B fordert H unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. H lehnt die Mangelbeseitigung ab. Er habe die Restfeuchte im Estrich ordnungsgemäß geprüft und festgestellt, dass diese in Ordnung war. Die Wand habe er selbstverständlich nicht geprüft, da dieses nicht zu seinen Prüfpflichten entsprechend der DIN 18365 gehört, was auch zutrifft. B klagt gegen H auf Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung.

So hat das Gericht entschieden: Das Oberlandesgericht Köln hat der Klage stattgegeben. H habe seine Prüf- und Hinweispflicht verletzt. Die DIN 18365 sieht zwar die Prüfung von Wandflächen nicht vor. Der Umfang der Prüfpflicht wird jedoch durch die DIN nicht abschließend, sondern nur beispielhaft umschrieben. Für alle Faktoren, die sich unmittelbar auf die Qualität der Werkleistung auswirken können, obliegt dem Unternehmer im vollen Umfang eine Prüfpflicht. Dies treffe auch auf Wandflächen zu, an denen Leisten angebracht werden. Fazit dieser Entscheidung ist, dass sich der Bodenleger nicht allein auf die einschlägigen DIN-Vorschriften zurückziehen kann. Sofern er Sockelleisten anbringt, muss er auch überprüfen, ob hierfür die Voraussetzungen vorliegen, sprich er muss die Feuchtigkeit überprüfen.


Fall 4

In einem Plattenbau in Ost-Berlin sollen einige Wohnungen saniert werden. Der Eigentümer der Wohnungen (E) beauftragt den Bodenleger (U) damit, in insgesamt 6 Wohnungen den alten Bodenbelag aufzunehmen und einen neuen PVC-Belag mit holzimitierender Oberfläche zu ersetzen. Welches Produkt eingebaut werden sollte, hat E vorgegeben und stand nicht zur Disposition. Nachdem die Arbeiten handwerklich absolut ordnungsgemäß ausgeführt wurden, monierte E , dass der Bodenbelag nicht den erforderlichen Trittschallschutz besitzt und forderte den U unter Fristsetzung auf, für ordnungsgemäßen Trittschallschutz zu sorgen. Die Kosten für den Trittschallschutz würde E übernehmen, jedoch nicht die Kosten für das Herausreißen und wieder neu Verlegen des Bodenbelages. Auch würde er nicht die Kosten für das erforderliche neue Bodenbelagsmaterial übernehmen. U lehnt eine Nachbesserung ab, da kein Trittschallschutz vereinbart war. Daraufhin klagt E auf Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung, abzüglich der Kosten für den Trittschall. Das Gericht holt ein Sachverständigengutachten ein, was zu dem Ergebnis führt, dass im Gebäude ein Verbundestrich eingebaut war. Der Verbundestrich war die Ursache dafür, dass die Mindestschallschutzanforderungen der DIN 4109 nach der Verlegung nicht erfüllt werden. Weiterhin führt der Sachverständige aber aus, dass in Sachverständigenkreisen die Meinung vorherrscht, dass der Handwerker die bauseitigen Voraussetzungen zur Durchführung seiner Arbeiten nicht kennen kann und prüfen muss, sodass ihn hinsichtlich der Trittschalldämmung keine Hinweispflicht trifft.

So hat das Gericht entschieden: Das Kammergericht Berlin hat der Klage stattgegeben. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen vertritt das Gericht die Meinung, dass ein Bodenlegerbetrieb auch prüfen muss, ob ein ausreichender Trittschallschutz vorliegt bzw. sich diesbezüglich bei dem Bauherrn Informationen einholen muss. Einem ausgebildeten Bodenleger musste die unzureichende Trittschalldämmung aufgrund eigener Fachkunde offenbar sein. Der U habe daher seine Prüf- und Hinweispflicht gegenüber dem E verletzt. U muss daher die Kosten für das Herausreißen und Wiederverlegen einschließlich Material bezahlen, mit Ausnahme der Kosten für den Trittschallschutz, da diese sowieso angefallen wären. Man kann sicher darüber diskutieren, ob die Entscheidung richtig ist oder nicht. Fazit der Entscheidung ist jedoch, dass Bodenleger bei der Verlegung auch die Trittschallproblematik nicht außer Acht lassen sollten.


Der Autor:
Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.

Kontakt:
Rechtsanwälte Hanfland & Partner
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aus FussbodenTechnik 04/08 (Recht)