Volksbanken/Raiffeisenbanken-Branchenreport Heim- und Haustextilienhandel

Kaufkräftiges Klientel der Generation 50+ verspricht bessere Perspektiven

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken bieten mit ihrem Informationsdienst "Branchen special' jährlich Einblick in die 100 wichtigsten Zweige der mittelständischen Wirtschaft - Industrie, Handwerk, Landwirtschaft, Handel und Dienstleistungen. Die Publikationen informieren jeweils über die Branchenstruktur, konjunkturelle Perspektiven, betriebswirtschaftliche Verfassung, Wettbewerbssituation und Unternehmenspolitik. Der Heim- und Haustextilienhandel wird hier als wettbewerbsintensive Branche mit knapp ausreichender Ertragslage beschrieben, deren Perspektiven sich jedoch durch Erholungstendenzen im Objektgeschäft und neue, vielversprechende Kundengruppen in der Generation 50+ bessern.

Das Statistische Bundesamt gliedert den Handel mit Heim- und Haustextilien in verschiedene Sparten, die sich an den Sortimentsschwerpunkten orientieren. Die aktuellste Umsatzstatistik bezieht sich auf das Jahr 2005 und weist dafür 3.473 Unternehmen aus, die im Einzelhandel mit Haustextilien tätig waren, also entsprechend Tisch- und Bettwäsche, Bettwaren, Badtextilien und Frottierware führten. Sie sind überwiegend kleinbetrieblich strukturiert und erzielten einen Gesamtumsatz von reichlich 1 Mrd. EUR, so dass sich ein Durchschnittsumsatz von etwa 300.000 EUR je Unternehmen ergibt.

Im Einzelhandel mit Heimtextilien, sprich Teppichen, Gardinen, Deko- und Möbelstoffen wurden 3.637 Firmen erfasst, die zusammen 1,4 Mrd. EUR erlösten. Damit liegt der Durchschnittsumsatz mit 385.000 EUR etwas höher als bei den Haustextilien-Kollegen. Auch ist die Konzentration in diesem Bereich weiter fortgeschritten: allein auf die 12 größten Händler entfiel hier ein Viertel des Gesamtumsatzes.

Zum Einzelhandel mit Tapeten und Bodenbelägen wurden schließlich 2.464 Unternehmen gezählt, die 2005 einen Umsatz von gut 1,2 Mrd. EUR generierten, aus dem sich ein Durchschnittsumsatz von 501.800 EUR pro Betrieb errechnet. Dieser höhere Wert wird mit größeren Auftragsvolumina erklärt, die diese Unternehmen in dem für sie wichtigen Geschäftsfeld Objektausstattung realisieren.

Überraschend hoch ist mit 805 die in der Umsatzsteuer-Statistik 2005 genannte Zahl an Großhändlern. Ihr Gesamtumsatz von 2,7 Mrd. EUR lässt allerdings auf kleinere Betriebsgrößen schließen. Vermutlich handelt es sich zum Teil um Mischunternehmen, die im Einzelhandel und im Großhandel aktiv sind.

Neben dem klassischen Fachhandel werden Heim- und Haustextilien zunehmend über andere Vertriebswege mit unterschiedlicher Bedeutung abgesetzt: Fachmärkte, Möbelhäuser, Fachabteilungen in Kauf- und SB-Warenhäusern, Verbraucher- und Baumärkte, Discounter und Versender.

Ein weiterer Distributionskanal ist das Raumausstatter-Handwerk. Laut Umsatzsteuer-Statistik gab es 2005 6.203 Raumausstatter, die einen Gesamtumsatz von 1,4 Mrd. EUR erwirtschafteten. Nach der Handwerksstatistik fällt der Betriebsbestand deutlich höher aus, was allerdings auf Mehrfachzählungen zurückzuführen sein dürfte. Ende Juni 2007 waren in der Handwerksrolle 17.075 Firmen registriert, 6,7% mehr als zu Beginn des Jahres. Damit setzte sich der Gründungsboom in diesem Handwerksbereich weiter fort, der mit Abschaffung der Meisterpflicht 2004 eingesetzt hatte. Die Klientel der Raumausstatter rekrutiert sich zumeist aus einkommenstärkeren privaten Kunden sowie gewerblichen Auftraggebern.

Ein in der Regel größeres durchschnittliches Geschäftsvolumen kennzeichnet die Aktivitäten der Objekteure, die sich weitgehend auf die Objektausstattung konzentrieren.

Konjunkturelle Perspektiven

Die privaten Konsumausgaben gingen zu Beginn des Jahres 2007 kräftig zurück. Zum einen war dies eine Reaktion auf den Kaufkraftentzug durch die erhöhte Mehrwert- und Versicherungssteuer, zum anderen trugen ins Jahr 2006 vorgezogene Käufe zu dieser Entwicklung bei. Im Verlauf des weiteren Jahres zogen die Konsumausgaben der privaten Haushalte wieder leicht an und schlossen zum Jahresende mit einem Plus von 1,7%, allerdings nur nominal. Real verringerten sie sich um 0,2%.

Dies hatte auch Auswirkungen auf den Absatz von Heim- und Haustextilien: So schrumpfte der Inlandsabsatz der Heimtextilienindustrie im ersten Halbjahr um 4,9%. Von der sinkenden Nachfrage waren nahezu alle Produktgruppen betroffen. Bei textilen Bodenbelägen musste Webware noch höhere Einbußen hinnehmen als Tuftings, jedoch konnten höhere Durchschnittspreise realisiert werden. Dies könnte als Indiz für ein steigendes Qualitätsbewusstsein der Verbraucher gewertet werden, um dass sich die Teppichbodenbranche bereits seit Jahren mit Marketing- und Imagekampagnen bemüht.

Rückläufig stellte sich auch die Nachfrage nach Gardinen, Deko- und Möbelstoffen dar.

Bettwaren litten unter einem Preisdruck, so dass zwar die Absatzmenge stieg, der Umsatz aber nachgab. Dies gilt auch für Kissen mit Ausnahme von Nackenstützkissen. Möglicherweise profitierten diese Nischenprodukte vom zunehmenden Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher sowie dem Trend zum verstärkten Gebrauch von Wellness-Artikeln. Diese Entwicklung wird durch den Einsatz neuer Materialien, Gewebe- und Fasermischungen sowie High-Tech-Ausrüstungen unterstützt.

Eine wichtige Ursache für die Umsatzschwäche im Handel mit Heim- und Haustextilien dürfte auch die 2007 deutlich gesunkene Zahl fertiggestellter Wohnungen darstellen. Besonders für neu errichtete Ein- und Zwei-Familien-Häuser schlägt besteht eine vergleichsweise starke Nachfrage nach textilien Einrichtungsprodukten. Doch konnte der Rückgang im Wohnungsbau durch die gestiegenen Bauinvestitionen im gewerblichen Bereich abgemildert werden. Interessant für die Branche waren vor allem Hotellerie, Shopdesign sowie Büro- und Verwaltungsbauten. Dabei dürften von dieser Entwicklung weniger der klassische kleine und mittlere Fachhandel als vielmehr Objekteure und Raumausstatter profitiert haben.

Für das ganze Jahr 2007 gesehen dürften im Heim-und Haustextilienhandel bestenfalls stagnierende Umsätze realisiert worden sein, bei kleineren Betrieben Umsatzrückgänge.

Die Teilnehmer des Ifo-Konjunkturtests aus dieser Einzelhandelssparte schätzten ihre aktuelle Geschäftslage im Verlauf des Jahres 2007 zunehmend ungünstiger ein. Am Jahresende gaben per Saldo über 50% der befragten Händler eine negative Bewertung ab. Auch gelang es ihnen nicht oder nur teilweise, geplante Preiserhöhungen durchzusetzen. Entsprechend skeptisch waren sie für das Jahr 2008.

Dennoch gibt es auch Anhaltspunkte, die für eine optimistischere Einschätzung der Entwicklung in 2008 sprechen. So dürften zumindest leichte Impulse aus dem Anziehen des privaten Konsums resultieren. Dafür spricht unter anderem der hohe Stellenwert, den Verbraucher dem Thema Wohnen beimessen. Nach den Ergebnissen des GfK-Heimtextil Monitors 2007 gaben 88% der befragten Haushalte an, dass ihre Wohnung der Ort zum Entspannen und Wohlfühlen sei und Heim- und Haustextilien eine entscheidende Rolle für eine angenehme Wohnatmosphäre spielen würden. Mehr als 60% maßen dieser Produktgruppe eine große oder sehr große Bedeutung bei, besonders Bodenbelägen und Fensterdekorationen.

Das Ifo-Institut geht für 2008 von einer Zunahme des privaten Konsums von real 1,5% aus, nominal dürfte sich das Wachstum auf 3,6% belaufen, resultierend aus den zunehmenden verfügbaren Einkommen (nominal + 3,3%, real +1,3%).

Förderlich könnten sich zudem die anziehenden Bauaktivitäten im Altbaubestand niederschlagen. Nach Abklingen der Auswirkungen vorgezogener Investitionen könnten 2008 Sanierungsmaßnahmen im energetischen Bereich wieder zunehmen, forciert durch hohe Energiepreise, günstige Fördermöglichkeiten und die Einführung des Energiepasses für die Vermietung von Immobilien. Dies würde einen verstärkten Ersatzbedarf an Heim- und Haustextilien nach sich ziehen. Auch im Objektgeschäft wird mit einer anhaltenden hohen Nachfrage gerechnet, so dass insgesamt der Umsatz leicht zunehmen könnte.

Betriebswirtschaftliche Verfassung und Kennzahlen

Die Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Verfassung des Heim- und Haustextilienhandels basiert auf unterschiedlichen Quellen, denen es teilweise an Aktualität mangelt. So beziehen sich die jüngsten Ergebnisse aus der Jahreserhebung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2005. Danach ergab sich für den Einzelhandel mit Haustextilien eine Rohertragsquote von 47,8%, der Kosten von 42,3% gegenüber standen. Das betriebswirtschaftliche Vorsteuer-Ergebnis von 5,5% dürfte nicht ganz gereicht haben, die kalkulatorischen Kosten wie Unternehmerlohn und Zinsen auf Fremdkapital zu decken.

Beim Einzelhandel mit Heimtextilien ist das Missverhältnis noch eklatanter: Hier beliefen sich die Rohertragsquote auf 48%, die Kosten auf 45,5%, so dass nur ein Vorsteuer-Ergebnis von 2,5% verblieb, womit deutliche Verluste eingefahren wurden.

Zeitnahere Zahlen liefern die Betriebsvergleiche des Berliner Instituts für Markt- und Wirtschaftsforschung (FfH). Allerdings gibt es auch hier eine Einschränkung: Da Filialisten und Großunternehmen keine Daten eingestellt haben, sind sie nur bedingt repräsentativ.

Die Auswertung weist für Raumausstatter im Jahr 2006 ein betriebswirtschaftliches Vorsteuerergebnis von 11,6% aus. Auch nach Abzug des Unternehmerlohns wurde ein betriebswirtschaftlicher Gewinn von 3,2% erzielt, allerdings ohne Berücksichtigung der Zinsen für Fremdkapital. Dieser positive Abschluss geht hauptsächlich auf die überdurchschnittlich gute Umsatzentwicklung der teilnehmenden Unternehmen zurück. Im Schnitt dürfte sich die betriebswirtschaftliche Lage weniger gut dargestellt haben.

Für den Einzelhandel mit Bettwaren wurde nach dem FfH-Betriebsvergleich eine Betriebshandelsspanne von 47,8% bei Kosten von 34,5% ermittelt. Nach Abzug des fiktiven Unternehmerlohns belief sich das betriebswirtschaftliche Ergebnis auf 8,1%.

Für den Großhandel mit Heim- und Haustextilien liegen Zahlen aus den Betriebsvergleichen des Instituts für Handelsforschung für das Jahr 2005 vor und zwar einerseits für Grossisten mit dem Sortimentsschwerpunkt Bodenbeläge und Heimtextilien und andererseits für Farben und Lacken. Nachteil: Die geringe Teilnehmerzahl erschwert valide Daten, es lassen sich nur Tendenzen festhalten. Danach konnten beide Sparten 2003 und 2004 ihre Kosten senken, 2005 zogen sie wieder an, insbesondere die Aufwendungen für allgemeine Verwaltungs- und sonstige Kosten sowie für die Mitarbeiter.

Die vorhandenen betriebswirtschaftlichen Daten lassen unter Berücksichtigung des nur geringen Umsatzwachstums bei gleichzeitig steigenden Kosten die Ertragslage im Handel mit Heim- und Haustextilien nur knapp ausreichend erscheinen. Da 2007 die Umsätze stagnierten, bei gleichzeitigen Mehrkosten für Miete und Energie, dürfte die Ertragssituation im Schnitt sogar vielfach angespannt gewesen sein. 2008 muss nach Abschluss der laufenden Tarifrunde trotz sinkender Lohnnebenkosten mit einer weiter wachsenden Belastung der Unternehmen gerechnet werden. Außerdem könnten sich Teile der Unternehmenssteuerreform negativ auf die betriebswirtschaftliche Situation auswirken. Die Folgen der Heranziehung von Finanzierungsanteilen aus Miete, Pacht und Leasingraten zur Berechnung der Gewerbesteuer sind derzeit noch nicht absehbar. Höhere finanzielle Belastungen für kleinere Betriebe sind nicht auszuschließen, da nur gut verdienende Kapitalgesellschaften von dem reduzierten Steuersatz bei der Körperschaftssteuer profitieren. Besonders betroffen wären davon Ladengeschäfte in teuren Innenstadtlagen, bei denen der jährliche Freibetrag von 100.000 EUR zum Teil deutlich überschritten wird.

Da die Umsätze 2008 nur leicht zunehmend dürften, kann auch in diesem Jahr die betriebswirtschaftliche Situation nur als gerade ausreichend bezeichnet werden.

Wettbewerbsposition und Unternehmenspolitik

Der kleinere, mittelständische Fachhandel steht unter einem enormen Wettbewerbsdruck. Weil er längerfristig nicht mit den verschiedenen Billiganbietern preislich Schritt halten kann, ist es für ihn überlebensnotwendig, seine spezifischen Vorteile gezielter zu nutzen und auch zu kommunizieren.

Auch eine verstärkte Zielgruppenorientierung könnte einen Ansatzpunkt zur Stabilisierung der Marktposition darstellen.

Ein interessanter Kundenkreis gerade für den Fachhandel ist die Generation 50+. Einerseits wird ihr bereits heute schon hoher Bevölkerungsanteil aufgrund der demographischen Entwicklung weiter zunehmen, andererseits scheint die Bedeutung von Heim- und Haustextilien mit zunehmendem Alter zu steigen. Dies zeigen auch die Ergebnisse einer Befragung im Rahmen des GfK-Heimtextil Monitors 2007. Auf die Frage nach den drei wichtigsten Elementen zur Schaffung einer wohnlichen Atmosphäre wurden Heim- und Haustextilien von Befragten über 50 Jahren eine überdurchschnittlich große Bedeutung beigemessen. Beispielsweise zählten in dieser Altersgruppe 47% die Fensterdekoration zu den wichtigsten Elementen bei der wohnlichen Gestaltung von Räumen (Durchschnitt: 38%).

Zugleich nimmt mit steigendem Alter der Kunden auch deren Qualitätsorientierung sowohl bei den Produkten als auch bei Service und Beratung zu und die Bereitschaft wächst, dafür höhere Preise zu zahlen. Das Potenzial dieser Klientel für den Absatz von Heim- und Haustextilien scheint in der Branche wohl bekannt zu sein, allerdings mangelt es vielfach noch an konkreten Konzepten und Lösungen. Dabei könnten insbesondere beratungsorientierte Fachgeschäfte mit einem zielgruppengerechten Angebot sowie Akzenten in Richtung Convenience und Service das Interesse älterer Kunden noch stärker wecken. Entsprechende Marketingkonzepte sollten jedoch die Focussierung auf die Alterskomponente nur verhalten zum Ausdruck bringen, da es sich hierbei um ein emotional sensibles Thema handelt.

Quelle: VR Branchen special "Handel mit Haus- und Heimtextilien', Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken
aus BTH Heimtex 05/08 (Handel)