Zwei aktuelle Urteile für Parkett- und Bodenleger

Bleibt der Handwerker auf den Verlegekosten bei mangelhafter Lieferung von Ware sitzen?

Andreas Hanfland, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt, hat zwei aktuelle Rechtsfälle zusammengestellt, die Boden- und Parkettlegern in der täglichen Praxis begegnen können. Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (Fall 1) hat in der Parkettbranche bereits für einige Aufmerksamkeit gesorgt.

Fall 1

Der Holzhändler H. liefert dem Parkettleger P. nicht ordnungsgemäßes Material. In vorliegendem Fall sollen es 40 qm Zweischichtparkett mit Decklage aus Buche sein. Das Parkett weist nach Feststellungen des Sachverständigen S. aufgrund mangelhafter Verklebung der Decklamellen mit dem Träger Stippungen und Ablösungen auf. Der Bauherr rügt gegenüber P., dass er diesen Zustand nicht hinnimmt. P. baut das Gesamtparkett zurück und verlangt vom Lieferanten H., nachdem er ihn zuvor mit kalendermäßiger Fristsetzung vergeblich zur Nachlieferung und Kostenübernahme aufgefordert hat, zur Zahlung der Gesamtkosten von 4.000 EUR auf.

Einem jeden Werkunternehmer, hier also dem P., ist klar, dass für den Fall des Vorliegens einer mangelhaften Leistung, hier Deckschichtlamellenablösungen, der Bauherr gem. §§ 634, 635 BGB so genannte Nacherfüllung begehren kann. Der P. ist also verpflichtet, den schadhaften Boden rückzubauen, das Gewerk komplett neu zu erstellen und auch die Kosten für das Aus- und Einräumen des Mobiliars zu tragen. Die vorstehende Verpflichtung ist völlig verschuldensfrei, der P. haftet quasi im Wege einer gesetzlichen Garantie.

Mehrfach haben wir schon darauf hingewiesen, dass der reine Handel des Parketts zwischen dem H. und dem P. als so genannter Kaufvertrag zu qualifizieren ist. Gem. § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer P. als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Fraglich ist nun, was nach dem Gesetzeswortlaut als Nacherfüllung zu verstehen ist. Trägt H. nur die Kosten für die Parkettneulieferung oder hat er darüber hinaus auch die Kosten für den Rückbau des vorhandenen, mangelhaften Parketts und die Neuverlegekosten zu übernehmen?

So hat das Gericht entschieden:
Aufgrund der Gesetzesänderungen nach der so genannten Schuldrechtsreform im Jahre 2002 war die Rechtsprechung bisher uneinheitlich. In einem Fall, in dem es um die Lieferung frostbeständiger Fliesen ging, aber nicht frostbeständige Fliesen geliefert wurden, hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe zunächst entschieden, dass der Käufer P. Anspruch sowohl auf die Neulieferung der Fliesen als auch Erstattung der Rückbau- und Neuverlegekosten direkt gem. § 439 BGB gegenüber dem Händler habe. Dem sind andere Oberlandesgerichte, insbesondere Köln und Stuttgart, nicht gefolgt.

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15. Juli 2008 klargestellt, dass der sog. Nacherfüllungsanspruch i.S.d. § 439 BGB beim Kaufrecht ausschließlich die Neulieferung der Ware umfasst. Gem. § 439 Abs. 2 BGB hat der Verkäufer, also hier der Händler H., zudem die Rückbaukosten des Parketts zu tragen, mehr nicht!

Bleibt der Parkettleger nun auf seinen Folgekosten für die Neuverlegung des Materials, also den Lohn- und Hilfsstoffkosten (Spachtelung/Klebung) sitzen?
Der Bundesgerichtshof stellt ausdrücklich klar, dass es einen derartigen Anspruch auf Ersatz der Verlege- und Hilfsstoffkosten gibt, dieser Anspruch jedoch verschuldensabhängig ist. Es handelt sich um einen reinen Schadensersatzanspruch, den der P. nur dann durchsetzen kann, wenn er dem Händler H. nachweisen kann, dass dieser zumindest fahrlässig (oder vorsätzlich) es zu verantworten hat, dass mangelhaftes Material geliefert wurde. Kann der P. einen derartigen Nachweis nicht führen, scheidet ein entsprechender Ersatzanspruch aus!

Fazit: Es bleibt also - wie vor der Schuldrechtsreform - die missliche Situation, dass der Werkunternehmer P. gegenüber dem Bauherrn zunächst verschuldensunabhängig für die "volle" Leistung haftet, jedoch gegenüber dem Händler H., also seinem Kaufvertragspartner/Verkäufer für die Erstattung der Folgekosten entsprechendes Verschulden nachweisen muss.


Fall 2

Ein Bodenleger wurde im Jahre 2002 beauftragt, in einem Krankenhaus einen PVC-Belag zu verlegen. Dabei schrieb der Bauherr in seinem Leistungsverzeichnis ein bestimmtes Produkt vor. Die Arbeiten wurden in mehreren Bauabschnitten durch den Bodenleger ausgeführt. Bereits nach dem ersten Bauabschnitt traten Nahtkantenöffnungen und Flankenabrisse auf. Der Bodenleger versuchte - vergeblich - diese Mängel zu beseitigen. Der Auftraggeber klagte daraufhin vor dem zuständigen Landgericht zu erwartende Sanierungskosten in Höhe von rund 200.000 EUR ein.

So hat das Gericht entschieden:
Grundsätzlich sind Nahtkantenöffnungen und Flankenabrisse, gerade in einem Gebäude mit erhöhten hygienischen Anforderungen, selbstverständlich als Mängel zu bezeichnen. Fraglich ist jedoch, ob im vorliegenden Fall der Bodenleger hierfür auch in Anspruch genommen werden kann. Die im Rahmen des geführten Rechtsstreits erstellten Sachverständigengutachten konnten keinen handwerklichen Ausführungsfehler des Bodenlegers nachweisen. Die Sachverständigen stellten vielmehr fest, dass der verlegte PVC-Belag einen überproportionalen Materialschrumpf aufweist und die hieraus resultierenden hohen Materialspannungen ursächlich für die festgestellten Rissbildungen im Nahtkantenbereich sind.

Das Landgericht kommt zunächst zu der Feststellung, dass das Gewerk des Bodenlegers damit mängelbehaftet ist, wofür er die Haftung zu übernehmen hat. Grundsätzlich haftet der Auftragnehmer unabhängig davon, auf welchen Umstand der Mangel seines Gewerks beruht. Dass im vorliegenden Fall der Bauherr den zur Ausführung gelangten PVC-Belag konkret vorgegeben hat, ist dabei ohne Belang. Das Landgericht führt dazu aus, dass nach § 13 Nr. 3 VOB/B der Auftragnehmer auch dann für einen Mangel haftet, wenn dieser auf die Leistungsbeschreibung oder auf die Anordnung des Auftraggebers zurückzuführen ist, soweit er nicht eine ihm nach § 4 Nr. 3 VOB/B obliegende Bedenkenanmeldung getätigt hat.

Entscheidend ist damit die Frage, ob der Bodenleger Bedenken gegen den vom Bauherrn im Leistungsverzeichnis vorgegebenen PVC-Belag anmelden musste. Der Auftragnehmer ist grundsätzlich nach Treu und Glauben verpflichtet, den Auftraggeber nach Möglichkeit vor Schäden zu bewahren. Daraus resultiert, dass er in jedem Falle etwaige vorhandene Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung oder aber das vorgegebene Material gegenüber dem Auftraggeber mitzuteilen hat. Die Prüfungspflicht des Auftragnehmers ist dabei auf die Erkennbarkeit aller etwaigen Problemstellungen aufgrund der eigenen Fachkunde beschränkt. Der Bundesgerichtshof formuliert insoweit deutlich: "Er (der Auftragnehmer) schuldet nur das dem neuesten Stand der Technik entsprechende normale Wissen."

Mehrere Oberlandesgerichte haben inzwischen entschieden, dass bei vorgeschriebenen Baumaterialien der Auftragnehmer in der Regel nicht verpflichtet ist, eigene technische Versuche oder aufwendige Materialprüfungen vorzunehmen. Diesen Grundsätzen folgend hat im vorliegenden Fall das Landgericht festgestellt, dass dem Bodenleger eine Prüfungspflicht im Hinblick auf das Schrumpfverhalten des vorgegebenen PVC-Bodenbelages nicht obliegt und mit dieser Begründung die Klage abgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts hat gleichwohl für das Bodenlegergewerbe einen faden Beigeschmack. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass in den Jahren 2002 und 2003, in denen die Arbeiten ausgeführt wurden, Handwerksbetriebe von Weichmacherwanderungen bei PVC-Belägen keine Kenntnis hatten. Das Landgericht führte jedoch weiter aus, gestützt auf die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen, dass durch die in den Jahren 2004, 2005 und 2006 in neuer Fassung veröffentlichten Kommentare zu DIN 18299 und DIN 18365 die Probleme um Weichmacherwanderungen in PVC-Belägen allgemein bekannt geworden sind. Auch wenn das Gericht weiterhin darauf hinweist, dass die VOB dies bis zum Jahre 2008 nicht berücksichtigt, so deutet das Landgericht jedoch an, dass zumindest ab dem Jahr 2006 die Problematik von schrumpfenden PVC-Belägen einem Bodenbelagsbetrieb bekannt sein muss!

Mit anderen Worten: Hätte der Bodenleger den Auftrag im Jahre 2006 ausgeführt ohne Bedenken gegen den vom Bauherrn ausgeschriebenen PVC-Belag anzumelden, so wäre er im vorliegenden Fall zur Zahlung der eingeklagten 200.000 EUR verurteilt worden!

Der vorliegende Fall zeigt nochmals eindringlich, wie wichtig es ist, dass gerade Handwerksunternehmen die neuesten Entwicklungen der Fußbodentechnik u.a. in der Fachpresse verfolgen und ggf. entsprechend reagieren.


Der Autor: Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.

Kontakt:
Rechtsanwälte Hanfland & Partner
Helmut-Kumpf-Straße 5
57368 Lennestadt
Tel.: 02723/60008
aus Parkett Magazin 06/08 (Recht)